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2022/05/16 00:15:57
Roland Geiger via Regionalforum-Saar
[Regionalforum-Saar] Sensationelle Wende im Tholeyer De nkmalstreit – doch der Ärger um die Abtei geht wei ter
Datum 2022/05/17 08:23:31
Roland Geiger via Regionalforum-Saar
[Regionalforum-Saar] Nachtrag zu Gerhard Koepkes Juch-Vortrag
2022/05/01 14:46:20
Roland Geiger via Regionalforum-Saar
[Regionalforum-Saar] Tagebücher als Quellen. For schungsfelder und Sammlungen seit 1800
Betreff 2022/05/18 08:59:51
Roland Geiger via Regionalforum-Saar
[Regionalforum-Saar] Vortrag über die Rolle des ev angelischen Pfarrers Carl Juch bei den St. Wendeler Unruhen v on 1832
2022/05/16 00:15:57
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[Regionalforum-Saar] Sensationelle Wende im Tholeyer De nkmalstreit – doch der Ärger um die Abtei geht wei ter
Autor 2022/05/17 08:23:31
Roland Geiger via Regionalforum-Saar
[Regionalforum-Saar] Nachtrag zu Gerhard Koepkes Juch-Vortrag

[Regionalforum-Saar] Vortrag über die Rolle Carl J uchs bei den St. Wendeler Unruhen von 1832

Date: 2022/05/16 10:05:18
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heute in der SZ:

Vortrag über die Rolle Carl Juchs bei den St. Wendeler Unruhen von 1832 : Wurde geistiger Reichtum zum Fallstrick?

Mit der Rolle des Pfarrers Carl Juch im St. Wendeler Vormärz hat sich Gerhard Koepke in seinem Vortrag beschäftigt. Er zählte zu den Protagonisten bei den Unruhen 1832. Was vor allem beruflich Konsequenzen hatte.

Von Evelyn Schneider

Alte Fotografien, Karten, Gemälde und Aufnahmen von historischen Schriftstücken illustrieren den Vortrag von Gerhard Koepke. Dieser ist Teil der Reihe „St. Wendel im Vormärz“. Passenderweise beleuchtet der ehemalige Superintendent des evangelischen Kirchenkreises Saar-Ost darin die Rolle von Carl Wilhelm Reginus Juch, einem evangelischen Pfarrer und Lehrer, der zusammen mit Kollegen 1831 die Keller‘sche Gesellschaft, eine bürgerlich-liberale Opposition, begründete. Der Referent gibt einen kurzen Überblick über die Quellen, die ihm zur Verfügung standen. An einer Stelle hatte er, der von Hause aus kein Historiker sei, dafür aber ehemaliger Pfarrer, einen Vorteil: Er konnte die Kirchenchronik einsehen.

„Ich entführe Sie in das Jahr 1824“, kündigt Koepke, der aktuell Vorsitzender des Adolf-Bender-Zentrums ist, den Besuchern im Maximiliansaal des historischen St. Wendeler Rathauses an. Damals gehörte die heutige Kreisstadt zum Fürstentum Lichtenberg. Es herrschte ein ausgeprägtes Staats- und Rechtsbewusstsein. Werte wie Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, die während der Französischen Revolution beschworen wurden, waren noch in den Köpfen der Menschen. Diese Haltung traf mit Ernst I. von Sachsen-Coburg und Gotha (Titel ab 1826) auf einen Landesherrn, der sich als einen souveränen Fürsten verstand. Im Zuge des Wiener Kongresses hatte er 1816 die Kantone Baumholder, Grumbach und St. Wendel erhalten, erhob sie 1819 zum Fürstentum Lichtenberg. „Zwischen der neuen Regierung und den Regierten war es von Anfang an schwierig“, merkt Koepke an.

In jenem Jahr 1824 kam Ernsts Gattin, Herzogin Luise, nach St. Wendel. Keine freiwillige Reise, sondern eine Verbannung. In ihrem Gefolge war der 23-jährige Hofprediger Carl Juch. Dieser wurde am 11. Dezember 1801 in Gotha geboren. Später studierte er Philosophie und Theologie in Jena. „Das war die politischste Universität zu jener Zeit und die Wiege der Burschenschaften“, erläutert der Referent. Liberalismus und Sozialismus bestimmten Juchs Studentenleben, wobei er in dieser Zeit nie aufgefallen sei.

In St. Wendel wurde Juch Konrektor am Herzoglichen Lyzeums und zugleich erster Pfarrer der Stadt, in der zu diesem Zeitpunkt gerade einmal 41 evangelische Seelen lebten. Eine Kirche gab es noch nicht, die Gottesdienste wurden in jenem Saal, in dem der Vortragende und die Zuhörer gerade zusammengekommen sind, abgehalten.

Es sind auch einige private Fakten über den Pfarrer bekannt. „Er hatte eine katholische Frau“, merkt Koepke an. Wobei das damals wohl weniger Aufsehen erregte, als sich vermuten ließe. 26 Jahre alt war Carl Juch, als er die fünf Jahre jüngere Wilhelmine Regine Riotte, auch Minna genannt, heiratete. Von vier Kindern liegen die Geburtsurkunden in Archiven vor. 1828 wurde Sohn Carl Wilhelm geboren, 1830 die Zwillinge Ernst und Albert (diese Namen trugen auch die beiden Söhne von Herzogin Luise und Ernst I.) und 1832 die Tochter Emilie Catharina. Drei weitere Kinder seien früh verstorben. „Es fehlt der Hinweis auf die Konfession der Kinder“, so Koepke. Und auch die Informationen, ob Minna Riotte vielleicht die Konfession gewechselt hatte. Vermutlich wurden die Söhne nach dem Glauben des Vaters, die Tochter nach dem der Mutter erzogen. Im Jahr 1828 lebten bereits 214 evangelische Bürger in St. Wendel.

Ab 1830 brodelte es in der Region. Mehrere Aspekte kamen zusammen, welche die Bürger gegen die Obrigkeit aufbrachten. So wurden alte Forderungen unter anderem nach Trennung von Verwaltung und Justiz wach. Zusätzlichen Zündstoff lieferte der Lichtenberger-Preußische Zollvertrag, der ohne Anhörung des Landraths, einem Gremium bestehend aus sieben gewählten Mitgliedern, in diesem Jahr geschlossen worden war.

1831 gründeten die Lehrer Carl Juch, Johannes Schue und Philipp Sauer den politischen Stammtisch, die Keller‘sche Gesellschaft, die sich im Wirtshaus von Peter Keller, dem heutigen Sprinnrad, traf. Hier wurde aus Presseberichten vorgelesen, die Freiheit propagiert und die Regierung kritisiert. Die Obrigkeit beobachtete das Geschehen, aber auch die Predigten Juchs, die als politisch eingestuft wurden. Dies hatte Konsequenzen. Zunächst wurde ihm Anfang 1832 das Predigen untersagt, dann wurde er im März suspendiert – zunächst als Pfarrer, zwei Monate später auch als Konrektor des Lyzeums.

Es kam der 27. Mai, jener Tag, an dem in St. Wendel – parallel zum Hambacher Fest – das Bosenberg Fest gefeiert wurde. In coburgischen Akten ist zu lesen, dass Carl Juch von einer Feldkanzel aus eine Rede gehalten und dabei Wein getrunken habe. Nach diesen Unruhen griff die Regierung streng durch. Protagonisten der Bewegung wie Juch wurden inhaftiert. Aus dem Arrest schrieb er einen Brief, wehrte sich gegen die Vorwürfe, beteuerte, dass er keine Revolution, sondern nur eine Reformation gewollt habe und unter einer Gemütskrankheit leide. Letztlich wurde er Anfang 1833 zu einer dreimonatigen Haftstrafe verurteilt, die er aber aufgrund der Zeit in Untersuchungshaft nicht mehr absitzen musste.

1834 trat Ernst I. das Fürstentum Lichtenberg an Preußen ab. Für Juch sollte das keine Besserung bedeuten, er wurde nicht geduldet, verließ mit seiner Familie im Oktober 1834 St. Wendel in Richtung Gotha. Dort starb er 1858 im Alter von 57 Jahren an einem Magen- und Darmleiden. Zwischenzeitlich hatte er wieder mal Anstellungen als Lehrer erhalten. „Aber er hat nie wieder richtig Fuß gefasst“, sagt Koepke. Der Theologe und Philosoph sei für seine Werte eingetreten, verfolgt und mundtot gemacht worden.

Wie ist also Juch zu bewerten? Auf der Leinwand blendet Referent Koepke verschiedene Aussagen ein, die andere über den Pfarrer getroffen hatten. So wurde er als „Einpeitscher“, aber auch als  „gutmütig mit zu geringer Welterfahrung“ beschrieben. Sein Nachfolger als Pfarrer in St. Wendel, Friedrich Moerchen, schrieb einmal: „so gerieth ihm leider der Reichthum seines Geistes zum Fallstrick“. Mit diesem Zitat hat Gerhard Koepke seinen Vortrag überschrieben.



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Auf einen Blick

Die Vortragsreihe „St. Wendel im Vormärz“ endet am Donnerstag, 19. Mai. An diesem Termin hält Franz-Josef Kockler ab 19 Uhr einen Vortrag zu dem Thema: „Die „Keller‘sche Gesellschaft“ – Die Unruhen des Jahres 1832 im Fürstentum Lichtenberg und ihre gerichtliche Aufarbeitung“. Veranstaltungsort ist der Maximiliansaal im historischen Rathaus in St. Wendel.

Anmeldung: Stadtarchiv, per Telefon (0 68 51) 8 09 19 60 oder per Mail: archiv(a)... de

Hinweis: Im Gebäude gilt Maskenpflicht.