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2011/07/13 09:11:48
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] Burgenvermittlung und Burgenp ädagogik
Datum 2011/07/13 18:45:42
anneliese.schumacher(a)t-online.de
[Regionalforum-Saar] Vortrag Roland Geiger am vergangenen Sonntag
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[Regionalforum-Saar] Burgenvermittlung und Burgenp ädagogik
Autor 2011/07/13 22:57:43
Rolgeiger
Re: [Regionalforum-Saar] Vortrag Roland Geiger am vergangenen Sonntag

[Regionalforum-Saar] Göttert, Karl-Heinz: Di e Ritter

Date: 2011/07/13 09:15:28
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)...

Göttert, Karl-Heinz: Die Ritter [85 Schwarz-Weiß-Abbildungen].
Stuttgart: Reclam 2011. ISBN 978-3-15-010807-9; Hardcover mit SU; 298
S.; EUR 22,95.

Rezensiert für H-Soz-u-Kult von:
Regina Schäfer, Historisches Seminar, Johannes Gutenberg-Universität
Mainz
E-Mail: <rschaef(a)... explizit in der Tradition von Joachim Bumke nimmt Karl-Heinz
Göttert auf rund 280 Seiten die Ritter in den Blick. Er hat damit mehr
als doppelt so viele Seiten zur Verfügung wie der Historiker Joachim
Ehlers in seinem 2006 veröffentlichten Überblicksband[1], den Göttert
offenbar nicht kennt.

Bieten beide Darstellungen eine Einführung in die Geschichte der Ritter,
könnten sie kaum unterschiedlicher in der Anlage sein. Karl-Heinz
Göttert untergliedert den Band in 36 etwa gleich lange Kapitel. Dennoch
schreibt er einen flüssigen, durchgehenden Text, der mit einer "ersten
Orientierung" beginnt und einem Epilog abschließt. Göttert geht es "um
das Verständnis eines Lebensentwurfs mit seinen verschiedenen Facetten
und zuletzt um die Frage, was davon trotz seines Untergangs noch in uns
steckt bzw. was genau wir eigentlich überwunden haben (oder auch nicht)"
(S. 8f.). Dieses Thema möchte er nicht systematisch, sondern punktuell
behandeln (S. 9). Bei den Quellen verzichtet er daher auf eine große
Breite und wählt stattdessen Hauptwerke, "deren Inhalte besser bekannt
sind, bzw. sich leichter vermitteln lassen" (S. 9). Insbesondere die
Epik wird ausführlich referiert und interpretiert, aber auch
Spruchdichtung und Chroniken und ebenso Lyrik oder spätmittelalterlichen
Autographien und Wappenrollen/Heroldsbücher zieht Göttert heran. Dabei
geht er mehrfach so vor, dass er ein Thema, zum Beispiel die
Schwertleite, zunächst an chronikalischen Quellen (insbesondere die
Schilderungen des Mainzer Hoffest von 1184) erörtert, danach ein Kapitel
zur Schwertleite in der Literatur anschließt (Kapitel 8 und 9).

Göttert möchte damit nach eigener Aussage keine Polarisierung "das
historisch-reale Rittertum etwa im Gegensatz zum literarisch-fiktiven"
erreichen, sondern beide Quellengruppen seien "ungefähr gleichwertig
berücksichtigt, wenn auch mit gutem Grund strikt auseinandergehalten"
(S. 8). Hinzu kommen als dritte Quellengruppe die bildlichen
Darstellungen, die dem Band auch in großer Zahl beigefügt sind, wobei
zwangsläufig die Reproduktionsqualität in dem kleinen Band eher
durchschnittlich ist.

Dennoch kann man sich als Historiker des Eindrucks nicht erwehren, dass
die literarischen Quellen deutlich überwiegen. Dies zeigt sich auch bei
den Kapitelüberschriften, wenn höfische Freude in der Literatur,
höfische Krisen in der Literatur, der ideale Hofmann Tristan
nacheinander abgehandelt werden (Kapitel 24-26), Quellen wie
Hofordnungen oder Urkunden aber nicht erörtert werden. Eine solche
Schwerpunktsetzung als germanistischer Gegenentwurf zum Beispiel zum
genannten Band von Ehlers wäre zwar durchaus auch begrüßenswert. Doch
ergibt sich das Problem, ob die zentralen Fragen des Bandes - "Gab es
tatsächlich diesen Ritter, der zum Wunschbild wurde, und wie ist er
entstanden?" (S. 15, und in Variationen auf dem Klappentext) - anhand
dieser Schwerpunktsetzung bei den Quellen zu beantworten sind.

Dabei bringt Göttert interessante, neue Aspekte zur viel erörterten
Ritterthematik, zum Beispiel zur Tradition der antiken Tugendlehre, in
welcher das höfische Idealbild des Ritters steht (Kapitel 21: Antike
Wurzeln höfischen Benehmens) oder zur Karikierung des Ritterbildes in
Form des komischen Ritters.

Auf Fußnoten wurde - wie bei Einführungen durchaus üblich - verzichtet.
Am Ende eines jeden Kapitels wird weiterführende Literatur genannt,
wobei Göttert insbesondere die Klassiker (vor allem Duby, Keen, Bumke)
und die einschlägigen Sammelbände (zum Beispiel Fleckenstein, Turnier;
ders., Curialitas) anführt, die für ein breites Publikum allerdings auch
am besten zu greifen sind. Leider bietet der Band auch kein Register,
was gerade angesichts der intensiver behandelten Einzelwerke bedauerlich
ist.

Die Darstellung liest sich eingängig und flüssig, auch wenn es Göttert
zumindest für meinen Geschmack mit dem lockeren Ton etwas übertreibt und
floskelhaft schreibt (allein auf S. 16: "Das gibt es auch sonst im
Deutschen", "auf jeden Fall", "schon früher" "und noch etwas macht die
Sache kompliziert", "gewissermaßen"). Den Klappentext ("Aber hat es die
Ritter wirklich gegeben? War das Mittelalter so, wie wir es in
Kindertagen träumten? Ritter zu werden, das war immer, auch im hohen und
späten Mittelalter, eine schöne Phantasie, ein Spiel. [...]"; ähnlich
auch auf der Rückseite des Einbandes) hat vermutlich der Verlag zu
verantworten, wobei nicht ganz klar ist, auf welche Leserschaft hier
gezielt wird.

Doch sollte man sich von dem reißerischen Klappentext nicht abschrecken
lassen. Das Bändchen erörtert eine breite Palette von Aspekten zur
Ritterproblematik - vom Wort Ritter bis zu den Ritterorden - und bietet
zugleich einen guten Überblick über die mittelalterliche Literatur zu
diesem Thema. Für ein breites Publikum ist es gut geeignet. All jenen,
die sich für das soziale Phänomen des Ritters interessieren, sei der
Band von Ehlers zur Ergänzung empfohlen.

Anmerkung:
[1] Joachim Ehlers, Die Ritter. Geschichte und Kultur, München 2006.