Der Auswanderer Nicola Marschall aus St. Wendel kam im US-Bürgerkrieg zu Ruhm
Der gebürtige St. Wendler Nicola Marschall gilt in den USA bis heute als "Künstler der Konföderation". Der saarländische Auswanderer entwarf sowohl die Flagge als auch die Uniformen der Südstaaten.
Von SZ-Mitarbeiter Klaus Friedrich
Geboren wurde Nicola Marschall
1829 in St. Wendel als Sohn eines Tabakfabrikanten. Da er als Kind einen
Gehörschaden erlitt, wurde er von der Wehrpflicht im preußischen Heer
befreit und konnte so bereits als 16-Jähriger an der renommierten
Düsseldorfer Kunstakademie studieren. Was ihn 1849 bewog, seine Heimat
zu verlassen, lässt sich nicht mehr mit Gewissheit sagen. Fest steht
jedoch, dass er nur einer von Tausenden war, die Mitte des 19.
Jahrhunderts aufgrund drückender politischer, wirtschaftlicher oder
sozialer Not aus dem heutigen Saarland auswanderten.
In
den Vereinigten Staaten ließ er sich in Manion (Alabama) nieder und
machte sich als Lehrer bald einen ebenso hervorragenden Namen wie als
Porträtist. Um seine Malerei zu perfektionieren, kehrte Marschall 1857
für zwei Jahre nach Europa zurück.
Während er sich dort aufhielt, spitzte sich in den USA der Konflikt um die Sklavenfrage zu und mündete 1861 im offenen Krieg zwischen der Union - den "Nordstaaten" - und der Konföderation - den "Südstaaten". Die Konföderierten jedoch hatten zunächst weder eine Staatsflagge noch eigene Uniformen und so erhielt Nicola Marschall bald Besuch von Mary Clay Lockett, einer einflußreichen Dame, die ihn bat, eine Fahne für den neuen Staatenbund zu entwerfen. "Ich nahm", erinnerte er sich später, "auf der Stelle Papier und Bleistift und fertigte drei verschiedene Skizzen an. Die erste wies zwei rote und einen weißen Streifen auf, sowie mehrere weiße Sterne in blauem Feld, - die Anzahl der Staaten, die sich damals losgesagt hatten -, das Feld in der Ecke links oben".
Diese Skizzen übergab Marschall an Mary Clay Lockett, und als sich diese in der Tür umdrehte und ihn zudem noch um eine Idee für eine mögliche Armeeuniform bat, ließ sich Marschall spontan von den eleganten grauen Waffenröcken jener österreichischen Scharfschützenabteilung inspirieren, der er während seines Europaaufenthalts begegnet war. Einen Tag später legte er seine kolorierten Zeichnungen vor und schon wenige Wochen darauf zogen - zu Marschalls eigener Überraschung - die neuen "Bundesstaaten von Amerika" in eben diesen Uniformen in den Krieg, sein "Stars and Bars"-Banner stolz vor sich hertragend. Bald meldete sich auch Nicola Marschall zur Armee und zog den von ihm entworfenen Soldatenrock an.
Aus dem Krieg zurückgekehrt, heiratete er, gründete eine Familie und siedelte 1873 nach Louisville (Kentucky) um. In den folgenden Jahren reiste der Künstler durch den Süden der USA und fertigte Porträts wohlhabender Bürger, Politiker und Offiziere sowie darüber hinaus sämtlicher Präsidenten von Grant bis Roosevelt an. 1908 gab er das Malen auf, 1917 starb er hochbetagt und vielgeehrt in Louisville, wo man bis heute an den St. Wendler Künstler erinnert.
Wie viele Gemälde Marschall im Laufe seines Lebens schuf, ist schwer zu sagen, da ein vollständiges Verzeichnis seiner Arbeiten bislang nicht existiert, seine Bilder weit zerstreut sind und sich zudem meistens in Privatbesitz befinden. Um so bemerkenswerter erscheinen vor diesem Hintergrund jene drei Gemälde - darunter das Porträt seines Vaters -, die sich heute in der ständigen Ausstellung des Stadtmuseums Sankt Wendel befinden.
Beitrag vom: 09.04.2011, SZ