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2022/11/04 10:10:59 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] „Es hat mich so gereizt, dass ich bedenkenlos Ja gesagt habe" |
Datum | 2022/11/06 19:25:45 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] unverhofft |
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2022/11/20 18:36:52 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] „Vorgestern in St. Wende l“ - alt und neu |
Betreff | 2022/11/07 18:00:26 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Durch Schönheit zur Freiheit . Die Welt von Weimar-Jena um 1800 |
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2022/11/04 10:10:59 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] „Es hat mich so gereizt, dass ich bedenkenlos Ja gesagt habe" |
Autor | 2022/11/06 19:25:45 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] unverhofft |
Date: 2022/11/04 10:15:45
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)...
auch vor drei Jahren in der Saarbrücker
Zeitung:
Die
Richter-Fenster von Tholey
Von Cornelius Stiegemann
Aktualisiert am 05.09.2019 – Lesedauer: 6 MINUTEN
https://www.katholisch.de/artikel/22831-die-richter-fenster-von-tholey
Tholey ? Gerhard Richter gestaltet die Kirchenfenster von
Tholey:
Damit machte das saarländische Benediktinerkloster
deutschlandweit
Schlagzeilen. Bruder Wendelinus Naumann erzählt im
katholisch.de-Interview
warum sie den berühmten Künstler anfragten und vor welchen
Herausforderungen
die Mönche jetzt stehen.
Vor zwei Wochen wurde bekannt, dass der weltberühmte Künstler
Gerhard Richter
drei Fenster der Abteikirche von Tholey gestaltet, die seit 2018
restauriert
wird. Am Mittwoch wurden die Entwürfe vorgestellt. Der
Kunstexperte des
Klosters, Bruder Wendelinus Naumann, spricht im
katholisch.de-Interview, über
Touristenströme, Richters überraschendes Angebot und Mathematik
als Annäherung
an göttliche Perfektion.
Frage: Bruder Wendelinus Naumann, wie bekommt man eigentlich
einen
weltberühmten Künstler dazu, drei Kirchenfenster zu gestalten?
Naumann: Ganz banale Antwort: Man muss den Mut haben, eine Bitte
an ihn zu
richten. Unsere Bitte war mutig und sie fiel auf fruchtbaren
Boden.
Frage: Wie hat sich Gerhard Richter mit dem Raum beschäftigt, in
dem sein Werk
eine so wichtige Rolle spielen soll?
Naumann: Richter hat uns offiziell nie besucht. Der Musiker
Bernhard Leonardy,
der Kontakt zu ihm hatte, hat unseren Brief an ihn
weitergeleitet. Darin haben
wir ihm mitgeteilt, dass unsere Abteikirche saniert wird und
dass wir uns
freuen würden, wenn er trotz seines hohen Alters ein Fenster
gestalten könnte.
Uns wurde daraufhin kein "Nein" – womit ich gerechnet hatte –
übermittelt, sondern im Gegenteil: Wir wurden über das Büro
gebeten, Richter die
Maße der Fenster und die weiteren baulichen Details zukommen zu
lassen.
Daraufhin kam das überraschende Angebot Richters, die drei
Hauptchorfenster zu
gestalten.
Frage: Der Vorschlag kam von Richter?
Naumann: Richtig. Wir haben uns natürlich gesagt, ein
bedeutender Künstler muss
auch an einer bedeutenden Stelle platziert werden, aber wir
hatten ursprünglich
die Sakramentskapelle im nördlichen Seitenschiff im Blick. Der
Hauptchor war
zwar auch erwähnt, aber das erschien uns sehr unwahrscheinlich,
weil die Fläche
ja viel größer ist als die der Fenster im Seitenschiff.
Frage: Warum braucht die Abteikirche denn überhaupt neue
Fenster?
Naumann: Die letzte umfassende Sanierung hat in den 1960er
Jahren stattgefunden
und es war bekannt, dass es einen großen Sanierungsstau gab. Im
Rahmen einer
Erfassung der Schäden ging es dann auch um die Fenster: Durch
Glaskorrosion
ließen sie nur noch einen Bruchteil des Tageslichts hindurch,
was zu einer
immensen Verdunkelung des Innenraums führte. Damals meinten wir
noch, die Fenster
nicht in Gänze erneuern zu müssen. Eine eingehende Untersuchung
ergab dann aber
ein massives und vielfältiges Schadensbild. Die Frage war dann:
Machen wir die
Fenster technisch perfekt nach dem alten Entwurf nach oder
nutzen wir die
Chance auch einen neuen Inhalt hineinzugeben?
Frage: Warum haben Sie sich für neue Gestaltung entschieden?
Naumann: Weil wir gemerkt haben, dass die alten Fenster, die ja
sehr symbolisch
waren, heute kaum noch verstanden werden.
Abt Mauritius Choriol (r.) und Bruder Wendelinus Naumann (l.)
präsentieren am
04.09.2019 erstmals die Entwürfe des weltberühmten Künstlers
Gerhard Richter
für die drei Hauptchorfenster der Abteikirche von Tholey.
Frage: Wie sahen die alten Fenster aus?
Naumann: Die Fenster unten bestanden aus verschiedenen
Darstellungen mit den
Themen Gottes Gegenwart und Unmittelbarkeit in Abstraktionen.
Sie wurden von
Bonifatius Köck entworfen, einem Mönch aus unserer Abtei. Man
muss jedoch gutes
katechetisches Wissen haben, um die Bilder deuten zu können. Ein
Bild zeigte
etwa den Auszug aus Ägypten. Die Türpfosten waren mit den roten
Bahnen des
Lämmerblutes bestrichen, auch Mond und Nacht wurden abstrakt
abgebildet. Da
werden alle möglichen Assoziationen gestartet, bloß die
spirituelle Bedeutung ist
für viele Betrachter so gut wie nicht mehr gegeben.
Frage: Heute braucht man Fenster, die ganz einfach zu verstehen
sind?
Naumann: Die verstehbar sind, die berühren und zum Nachdenken
anregen, die aber
nicht banal sind. Nach einigen Beratungen im Konvent haben wir
international
ausgeschrieben und einen Wettbewerb gestartet, den die Münchner
Glaskünstlerin
Mahbuba Elham Maqsoodi gewonnen hat. Maqsoodi arbeitet
figürlich. Das passt zur
Heilsgeschichte und zu Heiligenlegenden, weil das Bezug zur
Gegenständlichkeit
hat, weil das in der Welt gespielt hat. Aber wir haben uns
schwergetan mit
Darstellungen, die das eigentliche Mysterium anbelangen.
Gottvater als alter,
bärtiger Mann, das kann man nicht bringen. Aus katholischer
Sicht ist uns die
göttliche Schau – die beata visionis – schließlich erst nach dem
Tod möglich.
Frage: Deshalb Richters abstrakte Kunst?
Naumann: Die Hauptfenster, die Richter gestaltet, sind ja der
Hintergrund vor
dem die Eucharistie stattfindet. Richter geht es um Symmetrien,
die immer
wieder gebrochen werden. Wir Mönche finden das sehr interessant,
weil die
Symmetrien angewandte Mathematik sind. Und Mathematik ist eine
Form, Wahrheit
oder Perfektion zu beschreiben. Genauso die starke Farbigkeit
der Fenster: Das
an sich unsichtbare Licht wird – nach der Farbenlehre – durch
ein Prisma in
verschiedene Farben zerlegt und alle Farben zusammen ergeben
wieder ein
neutrales Licht. Das sind für uns Metaphern, mit denen man aus
religiöser Sicht
der Beschreibung von Vollkommenheit sehr nahekommt.
Frage: Inwiefern sind Richters abstrakte Fenster jetzt
sprachfähiger als die
von Bonifatius Köck?
Naumann: Das ist eben der scharfe Kontrast zu den bildlichen
Fenstern. Man wird
sich ja fragen: Was ist das? Aufgrund ihrer Symmetrie werden sie
faszinieren,
ohne dass sie sich direkt erschließen. Das letzte Mysterium des
Glaubens wird
in diesen Fenstern widergespiegelt. Wir haben in den Psalmen,
die wir als
Mönche sehr oft lesen, eine Stelle an der es heißt: Gott, der in
undurchdringlichem Lichte wohnt. Und wir können nur versuchen,
uns etwa über
diese Physik der Farben und der Mathematik der göttlichen
Perfektion
anzunähern. Das haben Kirche und Kirchenräume über Jahrhunderte
getan. Mit
Malerei, Bildhauerei, Architektur, Musik geben sie den Menschen
einen
Vorgeschmack.
Frage: Und Richter ist dafür der Richtige?
Naumann: Richter ist zwar aus der evangelischen Kirche
ausgetreten. Er hat sich
aber selbst als "Suchenden" bezeichnet und findet gut, dass es
Räume
und Gebäude gibt, die Menschen Trost spenden. Auch wir wollen
mit unserer
Kirche die Menschen wieder ansprechen. In der heutigen grellen
und lauten Welt
müssen wir uns deshalb überlegen, wie man Signale setzt, die zum
Nachdenken
führen. Wir sind hier zwar im ländlichen Raum und haben keinen
so starken
Rückgang an Gläubigen wie in den Städten, aber ich finde die
Frage der
Suchenden hochinteressant. Viele Leute bezeichnen sich heute so.
Und die große
Herausforderung für uns als Kirche ist die Frage, wie wir mit
diesen Menschen
umgehen.
Frage: Ab Juni 2020 ist die Kirche für die suchenden Menschen
wieder geöffnet.
Aber kommen dann die Kunst-Suchenden oder die Glauben-Suchenden?
Naumann: Wir fragen uns selbst, ob das noch das Publikum sein
wird, das wir
kannten. Was macht das Label "Richter-Fenster"? Da gibt es
mehrere
Aspekte, die man beachten muss, auch problematische. Wie wird
man die
Besucheranfragen bearbeiten, reichen die Parkplätze, wo können
die Menschen zur
Toilette gehen? Was bedeutet all das für unser monastisches
Leben? Wir brauchen
ja eine gewisse Abgeschiedenheit. Wir sind aber auch nicht
blind. Wir wissen
was Richters Werk in der ehemaligen Dominikanerkirche in Münster
für
Besucherströme ausgelöst hat. Wir sehen es jedoch auch als
Chance. Wir können
die Begegnung nutzen, um unsere Botschaft mitzuteilen.
Frage: Aus Kunstfans sollen Gläubige werden?
Naumann: Ich glaube, man braucht gar nicht so stark zwischen
Gläubigen,
Suchenden und Kunstfans zu unterscheiden. Da gibt es
Schnittmengen. Wenn jemand
ein gefestigtes atheistisches Weltbild hat, aber Richter toll
findet, glaube
ich nicht, dass wir ihn als Kloster im Normalfall erreichen
könnten. Die
Illusion mache ich mir nicht. Wenn er jetzt aber wegen der
Richter-Fenster in
unsere Kirche kommt, kann er neben der Kunst zumindest auch
etwas von dem
mitbekommen, was wir für wichtig erachten.
[Die
beiden letzten Antworten finde ich klasse, vor allem den letzten
Satz. Wenn ich in St. Wendel Kirchenführungen mache, gehts mir
nicht darum, irgendwen von der katholischen Religion zu
überzeugen. Wichtig ist, daß er oder sie nach dem Rausgehen eine
Idee davon hat, wie die Kirche funktioniert und warum. gr]