Guten Abend,
etwas ist seltsam an dem Artikel. Da steht, das Spinnrad habe
früher
„Kellersche Wirtschaft“ geheißen. Ich kenne es eher als „das rote
Haus“.
Und so kenne ich es auch aus Akten, z.B. dem
Akt von Notar
Schneider aus St. Wendel, Nr. 10017 vom 08.07.1889: Da geht es um
das „Concursverfahren
über das Vermögen von Jacob Thome, Zimmermeister in St. Wendel.“
Die
dazugehörige Immobilienversteigerung fand „am Montag, 8. Juli
1889, in dem
Wirthslocale "Zum roten Hause" zu St. Wendel statt.“
Am 12.06.1897 verkaufen die Erben Riegel an
Hermann Riegel
sowohl das Gasthaus Tivoli in der heutigen Kelsweilerstraße als
auch „Flur 6
Nr. 540/436, 442, 835/435, Wohnhaus, rothes Haus, mit
Hintergebäude, Stallung,
nebst Hofraum“.
In C2.108 bittet der Wirt Hermann Riegel zu St.
Wendel um
Ertheilung der Erlaubnis, den Pensionär Wendel Lion in seiner
Wirtschaft zum
"Roten Haus" als Zäpfer beschäftigen zu durfen pp.
Aber das sind natürlich alles alte Kamellen.
Bin auf das Buch gespannt.
Roland Geiger
--------------------
Heute in der Saarbrücker Zeitung, C3:
Kockler und die Keller’sche
Gesellschaft
Begeisterung für Geschichte und mehr Zeit im Ruhestand führten
dazu, dass der
St. Wendeler Franz-Josef Kockler unter die Autoren gegangen ist.
Er
arbeitet in seinem Buch die Prozesse rund um die Unruhen 1832 in
der Kreisstadt
auf.
von Evelyin Schneider
„Die Gedanken sind frei, wer kann sie erraten? Sei fliehen vorbei
wie
nächtliche Schatten“ klang es durch die Halle der Kreissparkasse
(KSK) St. Wendel.
Es ist die Hymne des
Widerstands, deren Melodie um 1810 entstand. Ein Lied, das auch in
der Zeit des
Vormärz‘ gesungen wurde. In jenen Teil der Geschichte St. Wendels
sollten die
60 Besucher an diesem Abend entführt werden.
„Wir wollen Ihnen heute Abend Erlesenes präsentieren“, hatte zuvor
Hausherr und
Vorstandsvorsitzender der KSK St. Wendel, Dirk Hoffmann,
angekündigt. Denn die
Lesung aus dem druckfrischen Buch „Die Keller’sche Gesellschaft –
Die Unruhen
des Jahres 1832 im Fürstentum Lichtenberg und ihre gerichtliche
Aufarbeitung“
von Franz-Josef Kockler war Teil der Reihe „erLesen –
Literaturtage im
Saarland“. Druckfrisch übrigens im wahrsten Sinne des Wortes, denn
lediglich
zwei Tage zuvor waren die Bücher eingetroffen.
Auf dem in eine Wand eingelassenen Monitor erschien das Foto eines
Gebäudes,
das den St. Wendelern vertraut ist. Es zeigte das Spinnrad, vor
dem wohl auch
an diesem Abend viele Leute saßen und die letzten Sonnenstrahlen
des Tages
genossen. „Es ist ein Treffpunkt der Schülerschaft“, sagte Franz
Josef Kockler,
der in der Nachbarschaft aufwuchs. Das habe eine lange Tradition.
Denn schon
die Schüler des Lyzeums kamen in den 1830er-Jahren hier zusammen.
Damals war es
noch die Kellersche Wirtschaft. Daher auch der Name des
politischen
Stammtischs, der hier tagte und als Keller‘sche Gesellschaft in
die
Stadtgeschichte einging. Zu dieser gehörten unter anderem Johannes
Schue, Carl
Wilhelm Juch, Philipp Sauer sowie Advokat Nikolaus Hallauer. Sie
bildeten eine
bürgerliche Opposition gegen die coburgische Regierung, forderten
unter anderem
Versammlungs-, Meinungs- und Pressefreiheit.
Ihr Stammlokal wurde von Peter Keller geführt. Und jener Wirt ist
mit ein Grund
dafür, dass Kockler unter die Buchautoren gegangen ist. Denn als
sich der
Jurist, der bis 2010 Vorsitzender Richter am Saarländischen
Oberlandesgericht
war, im Ruhestand mit der eigenen Ahnenforschung beschäftigte,
stieß er auf
jenen Peter Keller. Während der Coburger Zeit (1816 bis 1834)
stand der
Gastronom im Zusammenhang mit Unruhen vor Gericht und wurde
freigesprochen. An
diesem Punkt setzte Kocklers berufliche Neugier ein. Er machte
sich auf die
Suche nach Vernehmungsprotokollen und Urteilen von damals, die er
schließlich
in Coburg fand. Sie bilden einen Schwerpunkt in seinem Buch.
Den Prozessen vorausgegangen war am 27. Mai 1832 das
Bosenbergfest. Parallel
zum Hambacher Fest kamen auch in St. Wendel die Bürger zusammen,
um ein Zeichen
für Freiheit zu setzen. In Folge der Unruhen griff die coburgische
Regierung
mit aller Härte durch. „Umfangreiche Ermittlungen begannen“, so
Kockler. Diese
führten im Januar 1833 zu acht Verfahren. Deren Urteile bewertete
der Richter
im Ruhestand als überwiegend moderat. Interessant seien die Wege,
die dazu
führten. So wurden beispielsweise die Aussagen von
Belastungszeugen nicht
verwendet, weil diese als betrunken galten. Einzig Nikolaus
Hallauer sollte
härter bestraft werden. Auf ihn und andere Akteure der Opposition,
aber auch
auf die wichtigsten Persönlichkeiten der Regierungsseite geht
Kockler in seinem
Buch ebenso ein wie auf die historischen Hintergründe, die wichtig
sind, um die
Motivation der Keller‘schen Gesellschaft zu verstehen.
Zum Abschluss las der Autor noch einige Passagen aus seinem Werk:
„Die
Protagonisten der Opposition brachten in der gegebenen politischen
Konstellation erheblichen Mut auf und artikulierten tapfer ihre
Ideen unter
Inkaufnahme absehbarer Reaktionen der Obrigkeit. Text und Melodie
der aus jener
Zeit stammenden Hymne des Widerstands bringen das eindrucksvoll
zum Ausdruck.“
Und es erklang: „Es bleibet dabei: die Gedanken sind frei.“
Hintergrund
Franz-Josef Kockler, bis 2010 Vorsitzender Richter am
Saarländischen
Oberlandesgericht, hat in seinem Ruhestand die Prozesse rund um
die Unruhen
1832 in St. Wendel aufgearbeitet. „Recherchieren und Schreiben
macht mir Spaß“,
sagt der St. Wendeler. Daher hat er seine Erkenntnisse nun in
einem Buch
zusammengetragen: „Die Keller’sche Gesellschaft – Die Unruhen des
Jahres 1832
im Fürstentum Lichtenberg und ihre gerichtliche Aufarbeitung“.
Herausgeber
dieses Buches ist die Wendelinus Stiftung. Deren Vorstand Josef
Alles
berichtete während der Lesung, dass er von dem Thema sofort
begeistert gewesen
sei und dachte: „Wir müssen das Werk der Öffentlichkeit näher
bringen.“ Der
Autor habe auf ein Honorar verzichtet. Erschienen ist das Buch bei
der Edition
Schaumberg. Es kostet 25 Euro, ISBN: 9783941095922.