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2022/05/01 14:52:01 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] "Die Keller`sche Gesellschaft" |
Datum | 2022/05/02 17:23:50 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Strategien der Verhinderung. Der Zugang zu Archivalien in Frankreich und Deutschland im internationalen Vergleich |
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2022/05/14 22:01:08 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Kockler und die Keller’sc he Gesellschaft |
Betreff | 2022/05/23 13:05:28 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] morgen doch kein Vortrag zum Thema „BRAUCHTUM UND ABERGLAUBE“ |
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2022/05/01 14:52:01 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] "Die Keller`sche Gesellschaft" |
Autor | 2022/05/02 17:23:50 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Strategien der Verhinderung. Der Zugang zu Archivalien in Frankreich und Deutschland im internationalen Vergleich |
Date: 2022/05/01 14:55:15
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)...
Leben und Überleben am Niederrhein im
Spätmittelalter und in
der Frühen Neuzeit
Veranstalter Hiram Kümper
/ Monika
Gussone, Lehrstuhl für die Geschichte des Spätmittelalters und der
Frühen
Neuzeit, Universität Mannheim
Datum 10.12.2021
Von Monika Gussone, Lehrstuhl für die Geschichte des
Spätmittelalters und der
Frühen Neuzeit, Universität Mannheim
Das die Tagung ausrichtende Teilprojekt „Niederrhein“ des
DFG-Projekts
„Kleinkredit und Marktteilhabe im Spätmittelalter“ ist an der
Universität
Mannheim angesiedelt und bearbeitet in drei vergleichenden Studien
die Frage,
ob Kleinkredit im Spätmittelalter dem großen Teil der in prekären
Arbeits- und
Lebensverhältnissen lebenden Menschen dauerhafte Marktteilhabe
sichern konnte.
Ausgehend von der Projektthematik sollte der Blick – aufgrund der
Coronasituation in sehr kleinem Rahmen – auf andere Möglichkeiten
gelenkt
werden, die den wenig vermögenden Bevölkerungsschichten am
Niederrhein halfen,
ihren Lebensunterhalt im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit
zu
bestreiten. Menschen, die am Rande des Existenzminimums lebten,
sahen sich
infolge von Naturkatastrophen, Seuchen und anderen Krisen mit
großen
wirtschaftlichen Schwierigkeiten konfrontiert. Vor allem nach
solch
einschneidenden Ereignissen, aber nicht unbedingt nur dann, waren
zahlreiche
Haushalte auf die Hilfsangebote der städtischen, kirchlichen und
privaten
Armenhilfe angewiesen. Wirtschaftliche Hilfe konnte auch in Form
von günstigen
Getreideverkäufen des Adels erfolgen, der sich immer auch zur
Fürsorge für
seine Untersassen verpflichtet fühlte. Insbesondere hing der
wirtschaftliche
Erfolg eines jeden jedoch von der Möglichkeit ab, Arbeit zu finden
und zu
behalten.
In ihrer Begrüßung stellte die Bürgermeisterin von Kalkar, Britta
Schulz, die
auffälligen Parallelen zwischen einzelnen mittelalterlichen
Seuchen und
Katastrophen, die auch das Niederrheingebiet betrafen, sowie der
andauernden
Pandemie und den Hochwasser-Ereignissen des Jahrs 2021 heraus,
woran HEIKE
HAWICKS (Heidelberg) inhaltlich mit ihrem Vortrag unmittelbar
anschließen
konnte. Sie betonte Parallelen zwischen den aktuellen Ereignissen
und denen der
Römerzeit, auch des 19. und 20. Jahrhunderts, vor allem aber den
Katastrophen
des 14. Jahrhunderts. Mithilfe naturwissenschaftlicher Methoden
ließen sich
Parallelen in der Großwetterlage – mit Extremhochwassern und
aufeinanderfolgenden Zyklonen – feststellen sowie die damaligen
Hochwasserstände berechnen. Im 14. Jahrhundert folgten zahlreiche
Katastrophen
teils rasch aufeinander: Der Pest, die 1349 das Niederrheingebiet
erreichte,
waren durch Nässe und Heuschreckenplagen verursachte Hungersnöte
in den
1310er-Jahren vorausgegangen, als deren Folge Xantener Quellen
steigende Preise
und eine Zunahme von Hausverkäufen vermerkten. 1342 brachte die
sogenannte
Magdalenenflut, benannt nach dem Festtag der heiligen Magdalena am
22. Juli,
die das Hochwasser von 2021 im selben Monat noch weit übertraf,
besonders am
Niederrhein große Zerstörung; sie ist in den Quellen präsenter als
andere
Unwetter. Interessant ist der Befund, dass dieses Hochwasser – wie
auch ein
weiteres im Jahr 1374 und die Pest von 1349 – sich auf die
Xantener
Urkundenproduktion auswirkten, die monatelang aussetzte. Weitere
Reaktionen
lassen die Quellen erkennen, etwa die vermehrte Stiftung von
Altären, die
Durchführung von Prozessionen, Bemühungen um den Verkauf
hochwassergeschädigter
Grundstücke an das Xantener Stift oder um den Erwerb von
Ländereien, die vom
Wasser entfernt lagen.
MARTIN W. ROELEN (Wesel) und MONIKA GUSSONE (Mannheim) widmeten
sich mit
unterschiedlichen inhaltlichen Schwerpunkten der Armenfürsorge in
Wesel und
Kalkar. So war es Roelens Anliegen, die Vielfalt der erhaltenen
Quellen
herauszustellen, die zur Erforschung der Armenpflege in Wesel, der
größten
Stadt des Herzogtums Kleve, herangezogen werden können, und zu
zeigen, welche
Arten von Informationen darin zu finden sind. Obwohl der größte
Teil des
Verwaltungsschriftguts bald kassiert und nicht überliefert worden
sein dürfte,
weisen beispielsweise bereits die als Teil der Stadtrechnungen
überlieferten
Steuerlisten des 14. Jahrhunderts einige wenige Personen als arm
aus, und
Listen mit geforderten Zahlungen für die Ummauerung der
Mathenavorstadt zeigen,
wer nicht zahlungsfähig (oder -willig) war. Die Stadt, in deren
Zuständigkeit
die Armenversorgung hauptsächlich fiel, war gut über die Zahl der
verschämten
Armen oder Hausarmen informiert. Neben der städtischen Verwaltung,
den
Hospitälern für Fremde (Johannishospital) und Einwohner
(Heilig-Geist-Spital)
und den Pfarrkirchen waren aber auch Bruderschaften in die
Armenpflege
involviert. Seit den 1440er-Jahren nahm die Zahl der privaten
Armenstiftungen
zu, die meist lange bestanden und teils noch heute existieren.
Gestiftete
Wohnungen für die Hausarmen wie auch feste Spendentermine oder
Pflegeschwestern
lassen insgesamt eine gute Kenntnis der Stifter über die
Armenversorgung in der
Praxis erkennen. Solche Stiftungen, dies lässt sich für Wesel wie
für Kalkar
sagen, stellten Lebensmittel, Kleidung, Brennstoff und auch
anderes zur
Verfügung und scheinen nicht selten auf diese Weise erkannte
Mängel
ausgeglichen zu haben. Die Struktur der Weseler Armenversorgung
wurde durch die
Reformation stark verändert, während sie in Kalkar im Wesentlichen
unverändert
blieb.
Monika Gussone konzentrierte sich auf die finanziellen,
administrativen und
rechtlichen Aspekte der Armenfürsorge in der – nach
mittelalterlichen Maßstäben
– knapp mittelgroßen Stadt Kalkar während des 15. und beginnenden
16.
Jahrhunderts. Zum städtischen Hospital, das ursprünglich Reisende,
Pilger,
Kranke und Alte gemeinsam versorgt hatte, kamen bis ca. 1500 drei
weitere
Einrichtungen hinzu: ein Melatenhaus und zwei Armenhöfe. Auch in
Kalkar ließ
sich also die auch anderswo zu beobachtende Spezialisierung in der
Versorgung
Bedürftiger erkennen. Obwohl die beiden Armenhöfe, in denen nur
nach bestimmten
Kriterien ausgewählte Hausarme Aufnahme fanden, zunächst private
Stiftungen
waren, unterstanden auch sie bald den Kalkarer Armenprovisoren,
die außerdem
auch für die restlichen städtischen Armen zuständig waren. Die
Armenversorgung
finanzierte sich zu einem großen Teil aus gestifteten und
selbsterworbenen
Renteneinkünften, daneben aber auch aus Pachteinnahmen von den
Besitzungen der
„Armen“. Regelmäßige Zahlungseingänge mussten angestrebt und
Ausfälle möglichst
vermieden werden. Entsprechend deutlich lässt die Armenordnung aus
dem Jahr
1443 erkennen, dass im Bereich der Armenfürsorge Großzügigkeit den
eigenen Schuldnern
gegenüber im Normalfall nicht möglich war und ausstehende Beträge
nachdrücklich
eingefordert werden mussten.
Der Vortrag von JULIA EXARCHOS (Aachen) musste krankheitsbedingt
ausfallen,
soll aber, wie auch die anderen Beiträge der Tagung, in einem
Sammelband
veröffentlicht werden. Ihr Beitrag behandelt die Integration der
unteren
sozialen Schichten in die spätmittelalterliche und
frühneuzeitliche Wirtschaft.
Im Zentrum steht dabei die Frage, wie diese Gruppen ihr Auskommen
sichern und
auf welche Strukturen und Mittelspersonen sie zurückgreifen
konnten. Anhand der
Organisation von Pfändungen und Handelsgeschäften geht der Beitrag
der
Vielfältigkeit der Organisationsformen und Strukturen, in denen
sich die
unteren sozialen Schichten bewegten, in den Städten Köln, Kalkar,
Wesel und
Dinslaken nach. Auf der Basis von primär normativen Quellen wie
Verordnungen
und Edikten, aber auch von Testamenten und Akten des Handels zeigt
der
Vergleich der Städte eine Diversität in der Organisation von
Pfändungen und der
Vermittlung und Kontrolle von Handelsgeschäften. Während in Köln
und auch in
anderen größeren Städten des Reichs bestellte Experten und
Expertinnen, die Keuffer
oder Keufferschen, bei Pfändungen hinzugezogen wurden,
sind diese für
Kalkar, Wesel und Dinslaken nicht belegt. In den drei
niederrheinischen Städten
übernahmen andere Gruppen oder Personen diese Aufgaben – ein
ähnlicher Befund
wie bei Handelsgeschäften –, was den Ablauf der Pfändungen jedoch
nicht weniger
effektiv werden ließ.
FRIEDERIKE SCHOLTEN-BUSCHHOFF (Münster/Möhnesee) befasste sich,
ausgehend von
Rechnungsschriftgut, das sie durch Informationen aus
Korrespondenzen,
Protokollen, Tagebüchern und weiterem Quellenmaterial ergänzte,
mit
verschiedenen Fragen zum adligen Wirtschaften, insbesondere am
Beispiel der
Freiherren von Loë auf Schloss Wissen in Weeze, deren Einkünfte zu
mehr als 50
Prozent aus Getreide erwirtschaftet wurden. Unter Anwendung
quantitativer
Methoden – da adlige Rittergüter komplexe wirtschaftliche
Einheiten waren –
sprach sie die Fragen nach einem speziellen adligen
Wirtschaftsstil, den
Beziehungen des Adels zum Markt, seinem Spekulationsverhalten und
seinem
Beitrag zur Marktintegration an. Schwerpunktmäßig untersuchte der
Vortrag, wie
sich der Adel in wirtschaftlicher Hinsicht den Untersassen
gegenüber verhielt
und wo er sich zwischen den Polen Gewinnmaximierung und
Fürsorgeverpflichtung
positionierte. Auf dem Land waren, anders als in der Stadt, wo es
Märkte und
zentrale Vorratseinrichtungen für Notzeiten gab, die adligen Güter
mit ihren
Speichern Anlaufstellen für den Kauf von Getreide. Selbst in
stadtnahen
Herrschaften mit guter Marktanbindung überwog der Verkauf von
Getreide am
Schlosstor an die Bevölkerung der näheren Umgebung an bis zu drei
angekündigten
Terminen pro Jahr zu durchweg deutlich geringeren als den gängigen
Marktpreisen. Hierin wie auch in Pachtstundungen oder in
kostenlosen
Getreideabgaben an Arme zeigte sich, dass die Fürsorgepflicht
höher gewertet
wurde als das Streben nach maximalem Gewinn.
HIRAM KÜMPER (Mannheim) behandelte das Thema Schulden aus einer
rechtlichen
Perspektive. Er bezog sich insbesondere auf die entsprechenden
Regelungen im
Sachsenspiegel, dem im Mittelalter weitverbreiteten und immer
wieder ergänzten
Rechtsbuch Eike von Repgows, und stellte auf diese Weise eine
Verbindung
zwischen dem oben erwähnten DFG-Projekt und dem Tagungsort her,
dessen Archiv
über eine verkürzte und redaktionell bearbeitete Fassung des
Sachsenspiegels
verfügt – höchstwahrscheinlich bereits seit dem 15. Jahrhundert.
Für das Thema
der Tagung war vor allem die Erkenntnis zentral, dass sich mit der
Urbanisierung und der Trennung von Land- und Stadtrecht das
Schuldrecht
überhaupt erst langsam aus dem Strafrecht heraus zu einem
eigenständigen
Rechtsgebiet entwickelte. Erst seit dem 12. Jahrhundert bildete
sich in den
Städten ein Schuldrecht aus, da Handelstätigkeit zugleich
Kreditbeziehungen und
zunehmendes Gewerbe vertraglich regulierte Arbeit nach sich zogen,
sodass
Rechtsgrundlagen und geregelte Verfahrensabläufe benötigt wurden.
Der
Sachsenspiegel mit seinem noch wenig entwickelten, aber bereits
als
eigenständig erkennbaren Schuldrecht lasse den Wandlungsprozess
erkennen, da er
sowohl alte Formen der Selbsthilfe als auch neue Verfahren des
entstehenden
Schuldrechts aufführe, etwa das Verfahren des sogenannten
Einlagers, bei dem
ein Schuldner, oft mit Begleitern und Pferden, im Fall von
Zahlungsverzug in
ein Gasthaus ziehen, dort bis zur Schuldbegleichung wohnen und die
Kosten für
den Aufenthalt tragen musste.
Die Tagung konnte angesichts des engen Zeitrahmens und der
überschaubaren Zahl
an Referent:innen nur einen Einblick in die Lebenssituation und
die
Unterstützungsangebote im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit am
Niederrhein
bieten. Es ist jedoch zu wünschen, dass Anknüpfungspunkte für
weitere
Untersuchungen und Anregungen zur näheren Beschäftigung mit der
Thematik,
speziell auch mit Bezug zum Niederrhein, gegeben werden konnten.
Konferenzübersicht:
Sektion I
Moderation: Monika Gussone (Mannheim)
Monika Gussone (Mannheim): Begrüßung und Einführung
Britta Schulz (Bürgermeisterin von Kalkar): Begrüßung
Heike Hawicks (Heidelberg): Magdalenenflut und Schwarzer Tod am
Niederrhein.
Krisen, Katastrophen, Krankheiten und ihre wirtschaftlichen Folgen
im 14.
Jahrhundert
Sektion II
Moderation: Ingo Runde (Heidelberg)
Martin W. Roelen (Wesel): Sozialfürsorge im mittelalterlichen und
frühneuzeitlichen Wesel (1300–1530) – die Quellenlage
Monika Gussone (Mannheim): Finanzierung und Organisation der
Armenversorgung im
spätmittelalterlichen Kalkar
Sektion III
Moderation: Hiram Kümper (Mannheim)
Julia Exarchos (Aachen): Arbeit, Armut und Integration. Die
wirtschaftliche
Einbindung der arbeitenden Armen im spätmittelalterlichen
Rheinland
Friederike Scholten-Buschhoff (Münster/Möhnesee): Zwischen
Paternalismus und
Gewinnmaximierung. Adelige Gutsbesitzer als Getreideverkäufer
Abendvortrag
Hiram Kümper (Mannheim): Einblick in die Ausstandsgesellschaft.
Schulden im
Kalkarer Sachsenspiegel und anderen mittelalterlichen
Rechtsaufzeichnungen
Zitation
Tagungsbericht: Leben und Überleben am Niederrhein im
Spätmittelalter und in
der Frühen Neuzeit, 10.12.2021 Kalkar, in: H-Soz-Kult, 25.04.2022,
<www.hsozkult.de/conferencereport/id/tagungsberichte-9394>.