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[Regionalforum-Saar] Alter Gewölbekeller unter dem Rathaus St. Wendel ist einsturzgefährdet

Date: 2022/01/07 09:48:22
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heute in der Saarbrücker Zeitung, St. Wendeler Teil:

Alter Gewölbekeller unter dem Rathaus St. Wendel ist einsturzgefährdet

St Wendel

Weil ein alter Gewölbekeller darunter instabil ist, musste der Haupteingang zum St. Wendeler Rathaus abgesperrt werden. Doch von wem wurde der Keller angelegt und warum?

Von Thorsten Grim, Redakteur Lokalredaktion St. Wendel

Groß, mächtig und festlich geschmückt mit zahlreichen Lichtern – so leuchtet er gemeinhin auf dem Fruchtmarkt gegen die jahreszeitliche Dunkelheit an. Der Christbaum der Stadt St.
Wendel. In diesem Winter sucht man ihn allerdings vergebens. Stattdessen sieht man einen Bauzaun, der großräumig den Eingangsbereich zum Rathaus und zur benachbarten ADAC-Geschäftsstelle abriegelt. Die Metallstäbe des Zauns liegen größtenteils hinter bedruckten Sichtschutz-Bahnen verborgen. Darauf sind Impressionen früherer Weihnachtsmärkte abgedruckt. Zudem ein Rathaus-Lageplan, der den Besuchern erklärt, wie sie denn nun in die Stadtverwaltung hinein kommen. Ebenfalls den Blicken der Passanten entzogen ist der Grund für die Absperrung. Denn der liegt einige Meter unter der gepflasterten Straße. Den Schlüssel dazu hat Michael Gard vom Bauamt der Kreisstadt St. Wendel.

Ab in den Untergrund

„So, und jetzt den Kopf einziehen“, sagt Gard bei unserem Vor-Ort-Termin mehrere Meter tief unter dem Rathaus-Haupteingang. Außer den dazu berechtigten Personen kommt hier normalerweise niemand rein. Für die Saarbrücker Zeitung machen Rathaus-Chef Peter Klär (CDU) und Gard aber eine Ausnahme. Sozusagen durch den Hintereingang sind wir ins Rathaus gelangt und dann rechts durch eine Glastür gegangen, hinter der in schier endlosen Regalreihen Aktenordner lagern. Am Ende des Raums, der im Neubau der Verwaltung liegt, verwehrt ein braunes Metallgitter den Durchgang. Falls man keinen Schlüssel hat. Wir haben einen. Beziehungsweise der bei der Stadtverwaltung für Hochbau zuständige Michael Gard. Obwohl es hier nicht hoch hinaus geht, sondern hinab. Wenngleich wir zunächst ein paar Treppenstufen hinauf steigen müssen.

Dann stehen wir in einem alten Kellerraum, an dessen rechter Stirnseite eine schwere Holztür den Weg zum Schloßgässchen versperrt. Dieser ebenfalls aus früheren Zeiten stammende Keller ist jedoch nicht unser Ziel, wie Rupert Schreiber vom Landesdenkmalamt erklärt. Wir müssen tiefer. Tiefer in den Untergrund und somit tiefer in die St.
Wendeler Vergangenheit.

Unser Weg in den Untergrund führt um Ecken und über betagte steinerne Treppenstufen. Schließlich gelangen wir in das Gewölbe, das ursächlich für die Absperrung sechs Meter über dem Kellerboden ist. Weil die Decke ein Stück weit instabil ist. „Wir prüfen in regelmäßigen Abständen den Zustand der alten Gewölbe“, berichtet Gard. „Bei der jüngsten Begehung ist uns aufgefallen, dass es hier ein Problem gibt.“ Er spricht von „massivsten Wassereinbrüchen und Fäkalgerüchen“. Das habe nahegelegt, dass der Kanal, der zwischen Gewölbedecke und Erdoberfläche verläuft, kaputt sein muss. „Wir reden hier vom Hauptschmutzwasser-Kanal“, stellt Gard klar. Alles Abwasser, was von oberhalb besagter Stelle kommt, wird dort zusammengeführt. Zudem liegen in der rund vier Meter dicken Erdschicht über dem Keller Gas-, Wasser-, Strom- und Kommunikationsleitungen.

In diesem Zusammenhang erinnert Denkmalschützer Rupert Schreiber an den Einsturz des Kölner Stadtarchivs vor rund 13 Jahren. Das habe man vor Augen gehabt, als die Abriegelung des Areals an der Oberfläche angeordnet wurde. Sicher ist sicher. Eine weitere Folge war eben auch, dass kein Weihnachtsbaum aufgestellt werden konnte. Denn der hätte mit einem großen Lastwagen angeliefert werden müssen. Und den hätte der instabile Boden unter Umständen  nicht getragen.

Doch zurück in die Tiefe. „Wir haben uns entschieden, hier einen regelrechten Stollenverbau zu machen. Man kann sich das vorstellen wie in einer Grube“, sagt Gard. Mit den Arbeiten beauftragt sind die Bergbau-Spezialisten von SaarMontan. Der Keller werde so gesichert, „dass wir die Wandflächen nachher auf jeden Fall noch sehen werden. Wir stellen hier Eisenverstrebungen rein und dazwischen werden Gittermatten mit Krallen gelegt, die sich dann in den Fugen verkrallen und wir somit eine stabile Schale im kompletten Gewölbe haben“. Die Konstruktion werde der des nachgebauten Stollens am Marpinger Bergmannskreuz ähneln. „Wenn das passiert ist und alles steht, sanieren wir den Kanal“, umreißt Gard das weitere Vorgehen. Mitte Januar sollen die Arbeiten unter Tage anlaufen. „So bald hier eine Sicherheit drin ist, werden wir den Bauzaun oben wieder entfernen. Und dann wird auch wieder alles zugänglich sein.“

Doch was hat es mit dem alten Gewölbekeller eigentlich auf sich? Aus welcher Zeit stammt er und welche Funktion hatte er? Wiederentdeckt hat ihn Architekt Bernd Brill beim Umbau des Gebäudes zum städtischen Rathaus, wie Roland Geiger berichtet. Der Heimatforscher ist mit der St.
Wendeler Stadthistorie befasst und hat auch ein Buch zum Rathaus-Neubau geschrieben – mit Fokus auf die Geschichte der Vorgängerbauten. Demnach stand an besagtem Ort einst eine Burg. „Sie lag zwischen der Schloßstraße im Osten, dem Schloßplatz im Süden, dem Mia-Münster-Haus in der Mott im Westen und dem heutigen Schloßgäßchen im Norden“, weiß Geiger.

Unterhalb der Burg gab es einen tiefen Wassergraben, an den heute noch die Straße Im Graben erinnere. Gespeist wurde dieser vom Todtbach. Der kommt von Urweiler her und fließt am Fuße des Hanges entlang, auf dem das Hospital liegt. Allerdings knickte der Bach nicht wie heute nach Norden ab, um an der Brücke in der Kelsweilerstraße in sein letztes Stück entlang der Brühlstraße einzubiegen. Sondern er floss geradeaus weiter, unterquerte die Luisenstraße etwa in Höhe der ehemaligen Metzgerei Sannikolo und füllte den Graben unterhalb der Burg. Der Heimatforscher hat herausgearbeitet, dass der Wassergraben quasi quer durch das heutige Mia-Münster-Haus lief. „Ungefähr dort, wo jetzt der Kugelbrunnen liegt, stand ein Wehr, das den Wasserlauf regulierte. Und von dort ging in einem rechten Winkel ein Kanal in Richtung Schloßstraße, der dort endete, wo heute das Schloßgässchen beginnt, aber gut zehn Meter tiefer.“ In jener Zeit, so vermutet Geiger, sei auch der zur Burg gehörende Gewölbekeller angelegt worden. Den Untergang der Burg datiert Geiger auf den 2.
Februar 1677.

Als St. Wendel dem Erdboden gleichgemacht wurde

Obwohl der 30-jährige Krieg offiziell beendet war, schickte der französische König Ludwig XIV. zu Beginn der 1650er-Jahre seine Soldaten in die heutige Pfalz. Es war der Beginn einer Zeit, die in Geschichtsbüchern gern in einige kleinere Kriege unterteilt wird. In jener Zeit wurden die Städte, die heute in oder nahe der Pfalz liegen, „der Reihe nach fast systematisch dem Erdboden gleichgemacht“, erläutert der Geschichtsforscher. Im Januar 1677 fiel Kusel, am 2.
Februar St. Wendel. „Einzig der Dom, gegebenenfalls die Magdalenenkapelle, ein Haus in der Marienstraße und das Haus Schloßstraße 5 blieben verschont. Auch die Burg wurde verbrannt.“ Mit ihren Trümmern wurde der Graben aufgefüllt.

Schon bald darauf begannen die St.
Wendeler damit, das Gelände, das dem Kurfürsten von Trier gehörte, mit Häusern neu zu bebauen. Geblieben ist – neben ein paar Mauerresten im Boden – lediglich das Kellergewölbe unter der Erdoberfläche. Welche Funktion der Keller einst hatte, ist heute nicht mehr nachvollziehbar. Ebenso, warum das in den Fels getriebene Gewölbe – das ist an den Abschlüssen des Mauerwerks klar erkennbar – nie fertiggestellt wurde.