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2022/01/04 08:55:21 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Der Hauptmann von Köpenick |
Datum | 2022/01/04 09:05:15 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Als der Lothringer Luftfahrtpioni er Pilâtre de Rozier den Sonnenkönig staunen läs st |
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Betreff | 2022/01/10 17:05:13 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] zwei neue CDs |
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2022/01/04 08:55:21 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Der Hauptmann von Köpenick |
Autor | 2022/01/04 09:05:15 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Als der Lothringer Luftfahrtpioni er Pilâtre de Rozier den Sonnenkönig staunen läs st |
Date: 2022/01/04 08:57:20
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Quelle
(mit Fotos):
https://www.katholisch.de/artikel/32488-wie-der-hauptmann-von-koepenick-nach-luxemburg-kam
Ein preußischer Protestant auf dem katholischen Friedhof
Luxemburgs
Wie der "Hauptmann von Köpenick" nach Luxemburg kam
Zum 100. Todestag: Warum liegt der “Hauptmann von Köpenick”
ausgerechnet auf
dem wichtigsten Friedhof Luxemburgs begraben? Und warum gleicht
die Geschichte
seiner Grabstätte einer wahren Köpenickiade? Eine historische
Spurensuche.
Von Marc Jeck | Luxemburg - 03.01.2022
Berühmtheit erlangt der aus Tilsit stammende Schuster Wilhelm
Voigt, als er am
16. Oktober 1906 als verkleideter Hauptmann mit ein paar
Soldaten in das
Köpenicker Rathaus eindringt und dort die Kasse ausraubt. Kurze
Zeit später
wird er verhaftet, doch seine vierjährige Gefängnisstraße muss
der falsche
Hauptmann nicht aussitzen: Bereits im August 1908 wird Wilhelm
Voigt durch
Begnadigung des Kaisers
Wilhelm II. aus der Haftanstalt Tegel entlassen. Doch auch
nach seiner
"Köpenickiade" vom Oktober 1906 spielt der Gauner im Ruhestand
seine
Parodie auf die Kultur der Uniformierten weiter und lebt seine
Hauptmann-Figur
in vollen Zügen aus.
Drei Jahre nach dem legendären Husarenstück in Köpenick lässt
Voigt sich in
Luxemburg nieder. Eigentlich wollte er bereits 1906 nach Böhmen,
hätten ihm die
Behörden damals einen Pass dorthin ausgestellt. Auch jetzt hat
er andere
Reisepläne: Amerika. Doch aus dem provisorischen Halt in
Luxemburg wird ein
über zwölfjähriger Aufenthalt und seine letzte Ruhestätte.
"…um den ewigen
Schikanen zu
entgehen, will ich mich in Luxemburg niederlassen"
Eine Stunde vor der feierlichen Eröffnung der Marienwallfahrt
in der Kathedrale von Luxemburg wird Wilhelm Voigt am
Bahnhof Luxemburg an
einem Samstag Nachmittag im Mai 1909 von einem zahlreichen
Publikum erwartet.
Während seines Auftrittes – in Uniform - erzählt er seine
Gaunerstory "mit
der milden Schnoddrigkeit und dem gedämpften Galgenhumor, die
zur Devise habe
könnten: Mir kann keener" – und verteilt Autogrammkarten. Über
seine
Uniform sagt er : "Das is’n Hausrock, den darf jeder tragen. Der
wird zur
Uniform erst in dem Momang, wo ich Achselstücke dran befestige."
Und er
erzählt weiter: "Ich liebe das Theater, aber nur als Zuschauer,
ich habe
es stets abgelehnt, auf der Bühne zu erscheinen, obwohl man mir
die für eine
sechsmonatliche Vorstellungstournee in den Vereinigten Staaten
die nette Summe
von achtzigtausend Mark geboten hatte. Ich lebe von dem
Vertriebe der
Ansichtspostkarten, die mich in Uniform darstellen und die ich
selbst mit
meiner Unterschrift versehe." Auf die Frage, ob die deutschen
Behörden
diese Art des Broterwerbs nicht verboten haben, soll Wilhelm
Voigt geantwortet
haben: "In der Tat sahen sie den Ansichtskartenvertrieb nicht
gern, und um
den ewigen Schikanen zu entgehen, will ich mich in Luxemburg
niederlassen." Knapp ein Monat nach seiner Niederlassung in
Luxemburg
verrät Voigt, dass er verlobt sei und sich demnächst in
Luxemburg verheiraten
wolle, "trotz seiner sechzig Jahre, da er sich noch gesund und
kräftig
fühle".
Nach seiner frühzeitigen Entlassung im Jahr 1908 zog es den
berühmten Gauner
nach Luxemburg.
In der Tat liest man in der Luxemburger Presse: "Wie versichert
wird,
gefällt es dem Köpenicker außerordentlich gut in Luxemburg, da
er sich mit
Ehegedanken trägt und sich in der Landeshauptstadt
niederzulassen gedenkt. Eine
schöne und lustige Witwe hält sein Herz dauernd gefangen."
Offiziell geheiratet hat er diese Witwe Blum wohl nicht.
Anlässlich der
Veröffentlichung von Zuckmayers "Hauptmann von Köpenick" (1931)
gibt
"Madame Köpenick" in der Luxemburger Presse ein Interview. Dort
wird
sehr nostalgisch über Wilhelm Voigts Lieblingsplatz im Lehnstuhl
berichtet,
dass er mit den Kindern der Witwe die Hausaufgaben gemacht haben
soll und dabei
stets zu wiederholen pflegte: "Je mehr du weißt, umso mehr wirst
Du den
Versuchungen gegenüberstehen." Er soll Harmonium gespielt haben
und dabei
so laut gesungen haben, dass die Leute auf der Strasse stehen
blieben - am
liebsten schmetterte er Choräle, von denen er alle Strophen
kannte. Sein
Lieblingslied war das Pilgerschaftslied: "Wo findet die Seele
die Heimat,
die Ruh". Voigt wird zu einer Stadtbekannten Persönlichkeit,
wenn er in
seiner Fantasieuniform durch die Straßen Luxemburgs schreitet.
Im Juni 1912 geht die Meldung durch die gesamte deutsche Presse,
der Hauptmann
von Köpenick sei in London in einem Krankenhaus gestorben. Durch
die Witwe Blum
wird in Erfahrung gebracht, Voigt habe sich in die Sommerfrische
in den
Thüringer Wald begeben.
Auf der Zugfahrt zwischen Duisburg und und Kassel liest der
Gauner im Ruhestand
sein Nekrolog in der Presse. An das Berliner Tageblatt schreibt
der ehemalige
Schuster: "Wenn ich auch in dem Nachruf einige bedenkliche
Stellen fand,
so bitte ich, diese nur zu berichtigen, und kann Sie versichern,
daß mir meine
eigene Todesnachricht viel Freude gemacht hat." Vier Wochen lang
ist Wilhelm
Voigt Kurgast in Lauscha und geniesst dort nicht nur die
Waldluft, sondern auch
die lebhafte Bewunderung in der Öffentlichkeit.
Als am Morgen des 2. August 1914 eine Abteilung deutscher
Soldaten den
Luxemburger Bahnhof besetzt hat, soll Wilhelm Voigt ausgerufen
haben: "Ich
hab's ja immer gesagt, die haben solche Sehnsucht nach mir, dass
sie noch
einmal herkommen, um sich unter mein Kommando zu stellen."
Mit den Schrecken des
Krieges vergeht
den Menschen das Lachen
Allerdings mochte niemand mehr während des Ersten
Weltkrieges augenzwinkernd über das preußische Militär
lachen. Noch während
des Krieges wird er in Luxemburg von der deutschen
Besatzungsmacht verhaftet.
Als die politische Harmlosigkeit des 65-jährigen offensichtlich
wird, lässt man
ihn wieder ziehen. Der zuständige Leutnant notiert in seinem
Tagebuch:
"Mir bleibt rätselhaft, wie dieser armselige Mensch einmal ganz
Preußen
erschüttern konnte."
Am Ende seines Lebens verblasst sein Ruhm sehr schnell. Völlig
verarmt stirbt
er in Luxemburg am 3. Januar 1922, er, der doch eigentlich
"nicht in
fremder Erde begraben sein wollte": Dieses Statement soll Voigt
dem
Untersuchungsrichter geliefert haben, als dieser ihn nach seiner
Verhaftung in
Köpenick fragt, warum er sich nicht mit der Stadtkasse ins
Ausland absetzen
wollte.
Bei der Beerdigung des falschen Hauptmanns, so will es zumindest
die Tradition,
habe sich eine wahre Köpenickiade abgespielt. Als der Trauerzug
mit den
sterblichen Überresten des "Hauptmanns" an einer französischen
Truppeneinheit vorbeikommt, soll jemand dem französischen
Offizier erzählt
haben, man trage den berühmten "Capitaine de Koepenick" zu
Grabe. Der
Offizier hat angenommen, es würde sich bei Voigt um einen
verdienstvollen
Hauptmann des Luxemburger Freiwilligenkorps handeln. Deshalb
befiehlt er seinen
Männern, gebührende Haltung anzunehmen und zu salutieren, um dem
toten
"Capitaine" die letzten militärischen Ehren zu erweisen.
Nach seinem Ableben sorgt die Grabstätte Voigts auf dem
Stadtluxemburger
Liebfrauenfriedhof, dem Hauptfriedhof der Europastadt, für ein
mediales
Interesse. Seine letzte Ruhestätte mutiert zu einer
Pilgerstätte, die zunächst
vom Zirkus Sarrasani werbewirksam in Szene gesetzt wird. Bei
einer 1961 vom
Zirkus Sarrasani gestifteten Grabinschrift hat sich allerdings
ein Datumsfehler
eingeschlichen: Der nach Luxemburg immigrierte Ganove ist nicht
1850, sondern
1849 geboren.
„Gerne würde ich zur Erhaltung oder Verschönerung dieses Grabes
einen Beitrag
stiften, und ich bitte Sie, mir mitzuteilen, ob es für die zu
diesem Zwecke
gestifteten Spenden ein bestimmtes Konto gibt, auf das ich
meinen Beitrag
einzahlen könnte.“
Zitat: Schriftsteller
Carl Zuckmayer
Als 1975 die Grabkonzession der letzten
Ruhestätte des "Hauptmanns von Köpenick" abläuft, kommt es
–
insbesondere in Deutschland – zu einem erhöhten Interesse an der
Grabstätte.
Sogar der Schriftsteller Carl Zuckmayer plädiert in einem Brief
an die
Bürgermeisterin für die Weiterpflege der Grablege für den am 3.
Januar 1922
verstorbenen Schuster: "Gerne würde ich zur Erhaltung oder
Verschönerung
dieses Grabes einen Beitrag stiften, und ich bitte Sie, mir
mitzuteilen, ob es
für die zu diesem Zwecke gestifteten Spenden ein bestimmtes
Konto gibt, auf das
ich meinen Beitrag einzahlen könnte." Der Abteilungsdirektor im
Hause
Henkel aus Düsseldorf suggeriert der Stadtbürgermeisterin sogar
die Einrichtung
eines "Gedenkraumes Voigt" und Berliner Senatoren schreiben nach
Luxemburg.
Dem Druck aus dem In- und Ausland haben die Stadtväter der
Hauptstadt des
Großherzogtums ein postives Echo verliehen und die
Grabkonzession übernommen.
Im Herbst 1975 schreibt die Stadt Luxemburg ein Ideenwettbewerb
zur Gestaltung
einer neuen Grabplatte aus. In Szene gesetzt werden sollte dabei
der
"Kleinmann", der in seinen Gesten eingeschränkt und sogar von
den
Strukturen der Gesellschaft erdrückt wird. Der luxemburgische
Künstler J.P.
Georg wird für den Auftrag gewonnen. Parallel macht sich die
Gemeindeverwaltung
Gedanken über die Grabinschrift und nimmt sogar diesbezüglich
Kontakt mit dem
Autor des tragigkomischen Stückes "Der Hauptmann von Köpenick"
auf.
In seinem Antwortschreiben suggeriert Carl Zuckmayer in einer
etwas ironische
Formulierung: "Dem deutschen Eulenspiegel des 20. Jahrhunderts
zum
Gedächtnis."
Bis heute Legende – und Touristenmagnet: Der "Hauptmann von
Köpenick"
Zurückbehalten werden aber nur die Namen "Hauptmann von
Köpenick" und
Wilhelm Voigt sowie das – falsche – Geburtsdatum 1850
beziehungsweise Todesjahr
1922. Interessant ist die Tatsache, dass man den Irrtum beim
Geburtsdatum bei
der Gestaltung der neuen Grabplatte 1975 de
facto mit übernommen hat. Die Lebensdaten Voigts
werden also nicht
von Seiten der Gemeindeverwaltung überprüft. Erst später kann
der Fehler auf
luxemburgischer Seite entlarvt werden. Auf deutscher Seite
erscheint bereits
einige Monate vor der Fertigstellung der neuen Grabplatte in den
Ruhr-Nachrichten ein Artikel mit dem Titel "Maria Rensing deckt
'Ente'
auf". Frau Rensing stöbert in den Gästebüchern eines im
elterlichen Besitz
befindlichen Hotelbetriebes in Rünthe. Hier soll sich Wilhelm
Voigt als Gast
damals mit seinem richtigen Geburtsdatum – 13. Februar 1849 –
eingetragen
haben.
Die Stadt Luxemburg übernimmt die Grabkonzession "auf ewig" und
so
bleibt der "Hauptmann von Köpenick" samt Pickelhaube auf dem
Grabstein der Nachwelt erhalten. Bis heute bildet das Grab eine
sonderbare
Pilgerstätte für eine sonderbare Persönlichkeit.
Von Marc Jeck