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2015/02/16 23:18:52
Roland Geiger via Regionalforum-Saar
[Regionalforum-Saar] Konf: Kriegserfahrungen erz ählen - Wien 03/15
Datum 2015/02/17 11:20:53
Roland Geiger via Regionalforum-Saar
[Regionalforum-Saar] Buchbinder Anspach (Ansbach)
2015/02/01 19:38:43
Roland Geiger via Regionalforum-Saar
[Regionalforum-Saar] Ritterspektakel
Betreff 2015/02/24 09:02:53
Roland Geiger via Regionalforum-Saar
[Regionalforum-Saar] vom alten rom ins mittelalter
2015/02/16 23:18:52
Roland Geiger via Regionalforum-Saar
[Regionalforum-Saar] Konf: Kriegserfahrungen erz ählen - Wien 03/15
Autor 2015/02/17 11:20:53
Roland Geiger via Regionalforum-Saar
[Regionalforum-Saar] Buchbinder Anspach (Ansbach)

[Regionalforum-Saar] Tagber: 'Teutsche Liedlein' des 16. Jahrhunderts.

Date: 2015/02/16 23:20:53
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)...

Achim Aurnhammer, Deutsches Seminar, Albert-Ludwigs-Universität
Freiburg; Susanne Rode-Breymann, Hochschule für Musik, Theater und
Medien Hannover
13.10.2015-15.10.2015, Wolfenbüttel

Bericht von:
Achim Aurnhammer, Deutsches Seminar, Albert-Ludwigs-Universität
Freiburg; Susanne Rode-Breymann, Hochschule für Musik, Theater und
Medien Hannover
E-Mail: <achim.aurnhammer(a)... Jahrestagung des Wolfenbütteler Arbeitskreise für
Renaissanceforschung, geleitet von Achim Aurnhammer (Freiburg im
Breisgau) und Susanne Rode-Breymann (Hannover), widmete sich den
'Teutschen Liedlein' des 16. Jahrhunderts. Gefragt wurde erstens nach
den vielfältigen Bezügen zwischen Text und Musik, zweitens nach dem
sozialen Ort des Liedes im Spannungsfeld höfischer, städtischer oder
universitärer Kunstausübung und Unterhaltungskultur, drittens nach den
Konvergenzen mit anderen Gattungen (vor allem dem Drama) und viertens
nach den wirkungsgeschichtlichen Aspekten der 'teutschen Liedlein'.

Eröffnet wurde die Tagung mit einem abendlichen Gesprächskonzert in der
Augusteerhalle der Herzog August Bibliothek. Nach der Begrüßung durch
den Direktor der Herzog August Bibliothek, Helwig Schmidt-Glintzer
(Wolfenbüttel), und der Einführung durch den Vorsitzenden des
Arbeitskreises, KLAUS BERGDOLT, wechselten Vorträge von SUSANNE
RODE-BREYMANN (Hannover) und SVEN LIMBECK (Wolfenbüttel) mit der
Aufführung von 'Teutschen Liedlein' des 16. Jahrhunderts, präsentiert
von The Schoole of Night (Maria Skiba und Frank Pschichholz). Susanne
Rode-Breymann umriss das Thema der Tagung ausgehend von Quellen, die
sich in der Herzog August Bibliothek befinden und einerseits, wie Georg
Forsters Frische teutsche Liedlein, auf die zentrale Rolle verweisen,
die das Lied in der höfischen Musikkultur hatte, andererseits, wie
Andreas Hakenbergers Newe Deutsche Gesänge, Zeugnis von einer reichen
Liedproduktion im städtischen Kontext geben. Sven Limbeck ordnete diese
Quellen in die Sammlungs-Geschichte der Musikalien in der Herzog August
Bibliothek ein.

Am Anfang des ersten Sitzungstages gab ANDREA LINDMAYR-BRANDL (Salzburg)
einen Bericht über das von ihr geleitete Datenbank-Projekt "Früher
Notendruck in deutschsprachigen Ländern: Studien zur Entwicklung von
Drucktechnik und Repertoire / Early Music Printing in German Speaking
Lands". Auf der Basis eingehender quantitativer und statistischer
Erhebungen ging Lindmayr-Brandl der Frage nach, wie sich das Repertoire
der ,Teutschen Liedlein' im Untersuchungszeitraum 1501 bis 1540
entwickelte und suchte auf der ,big data'-Grundlage ihres Projekts nach
Erklärungen für den starken Rückgang des weltlichen Liedes im Dezennium
zwischen 1521 und 1530.

NICOLE SCHWINDT (Trossingen) beleuchtete in ihrem Vortrag das
metrisch-rhythmische Phänomen des oft am Liedende eingesetzten,
sogenannten ,Dreiers'. Anhand eines Korpus von Liedern aus dem späten
15. und frühen 16. Jahrhundert, die meist während der Regierungszeit
Kaiser Maximilians I. entstanden sind, bestimmte sie den ,Dreier' als
ein den Verlauf der Lieder proportionierendes Verfahren, dessen Einsatz
sowohl durch textliche Vorgaben wie durch musikalische Strukturen
bestimmt sei. Zudem fragte sie nach der Herkunft des ,Dreiers' aus der
Romania und nach seinem erstmals bei Heinrich Issac belegten Transfer in
das deutsche Lied.

Der folgende Vortrag von ARMIN BRINZING (Salzburg) widmete sich Chanson
und Lied in der musikalischen Praxis des 16. Jahrhunderts und richtete
sein besonderes Augenmerk auf ein außergewöhnliches Flugblatt, das zu
einem weltlichen Liedtext zwei alternative Melodien angibt: neben der
Melodie eines geistlichen Liedes wird vorgeschlagen, den Text auf den
vierstimmigen Satz eines französischen Chansons zu singen. In seiner
Analyse erörterte Brinzing die möglichen Rückschlüsse aus dem
bemerkenswerten Quellenbefund im Blick auf den Adressatenkreis des
Flugblatts und dessen geographisch-konfessionelle Verbreitung, auf den
Einfluss der Romania auf die deutschsprachige Liedkultur sowie auf das
Verhältnis von Text und Musik.

IZABELA BOGDAN (Poznan) behandelte die Liedersammlung Concentus novi
trium vocum (1540) von Hans Kugelmann und stellte sie in den Kontext des
geistlichen Liedrepertoires an protestantischen Schulen in der
Reformationszeit. Um Kugelmanns angeblich konservativen Kompositionsstil
zu charakterisieren, analysierte Bogdan exemplarisch sieben lateinische
und deutschsprachige Stücke. Bei präziser Berücksichtigung des
Entstehungskontextes, der Vorlagen und der Funktion des Cantus firmus
erscheine Kugelmanns Sammlung in einem differenzierteren, weniger
,rückschrittlichen' Licht.
   
GRANTLEY MCDONALDs (Salzburg) Referat zu Leonhard Pamingers Liederbuch
rückte den Aspekt der Autorschaft ins Zentrum. Er charakterisierte
Paminger als Dichterkomponisten, der sich einerseits ältere Texte und
Kompositionen bearbeitend angeeignet hat, dessen Sammlung aber
andererseits nach seinem Tod durch seinen Sohn Sophonias Paminger
redigiert und herausgegeben wurde. Als Beispiel für diese Praxis führte
McDonald geistliche Lieder an, die beim protestantischen Vater noch
deutlich Luthers theologische Positionen transportierten und vom Sohn
dann an die jeweiligen Adressaten angepasst wurden, wenn dieser die
Stimmbücher an verschiedene, auch katholische, Höfe schickte.

Orlando di Lassos Mein Frau Hilgart stellte BIRGIT LODES (Wien) als
parodistisches Lied auf den Ehestand vor. Um die traditionelle Abwertung
von Lassos deutschen Liedern zu revidieren und eine differenziertere
Sichtweise zu ermöglichen, kontextualisierte sie das Lied nicht nur mit
zeitgenössischen Geschlechterdiskursen, sondern ordnete es auch der
außerordentlich reich bezeugten Liedfamilie "Maria zart" zu. Erst vor
diesem liedgeschichtlichen Hintergrund, auf den markante Cantus
firmus-Zitate referierten, könne der parodistische Text seine Wirkung
entfalten. Die Einfachheit des Satzes sei daher nicht kritisch zu
beurteilen, sondern in ihrer Funktion für die Textaussage zu würdigen.

Für eine terminologische Neufassung der Stilregister plädierte SONJA
TRÖSTER (Wien) mit ihrem Vortrag über die mehrstimmigen
Liedkompositionen Ludwig Senfls. Nach einem forschungsgeschichtlichen
Rückblick entwickelte sie Vorschläge für eine neue Klassifizierung.
Statt Text und Musik sogleich gemeinsam zu typisieren, solle zunächst
der Liedsatz anhand von drei musikalischen Stilregistern differenziert
werden: zu unterscheiden seien das ,formelle', das ,kombinative' und das
,schlichte' Register. Gerade solche historisch nicht ,vorbelasteten'
Begriffe erlaubten, so Tröster, eine genauere Charakterisierung und
damit die Möglichkeit eines präziseren Vergleichs zwischen den Liedern.

SUSAN LEWIS HAMMOND (Victoria, VA) eröffnete den zweiten Sitzungstag,
indem sie Valentin Haussmann als Dichter, Komponisten und Übersetzer
vorstellte. Ihr Korpus bildeten Haussmanns Neue teutsche weltliche
Lieder (1592-1597) sowie seine ab 1606 erschienenen Übersetzungen von
italienischen Canzonetten und englischen Kompositionen. Hammond würdigte
Haussmanns übersetzerische Leistungen anhand seiner Adaptionen von
Dichtungen Tassos und Vecchis und zeigte exemplarisch auf, wie sein
Konzept einer ,freien Übersetzung' mit den musikalisch-strukturellen
Gegebenheiten des deutschen Liedes korrelierte. An Haussmanns
übersetzerischem Oeuvre lasse sich zudem nachzeichnen, wie die
aemulative Aneignung italienischer Vorlagen den Bildungsprozess der
deutschen Dichtersprache beförderte.

Die antike Mythologie in den 'teutschen Liedlein' untersuchte ACHIM
AURNHAMMER (Freiburg im Breisgau). Obschon mythologische Inhalte im
Liedrepertoire insgesamt nicht dominant hervortreten, lasse sich im
späten 16. Jahrhundert eine Entwicklung nachzeichnen, in deren Verlauf
die mythologischen Themen und Motive signifikant zunehmen und sich
zugleich funktional verändern. Während der Mythos bei Lechner (1577)
narrativ gestaltet und mit einer 'moralisatio' abgeschlossen werde,
tendieren spätere Sammlungen (Harnisch 1587; Haß 1602; Abraham von Dohna
1600-1616) zu selektiver, deutungsoffener, mitunter variierender und
korrigierender Rezeption sowie zu einer verlebendigenden Darstellung,
die auf die Lyrik des Barock vorausweise.

IMGARD SCHEITLER (Würzburg) erörterte auf breiter Quellenbasis den
Gebrauch des deutschen Liedes im Drama des 16. Jahrhunderts. Gerade die
Aufarbeitung einer zuvor noch nicht systematisch erschlossenen
Überlieferung erlaubte es ihr, hergebrachte Kategorisierungen kritisch
zu hinterfragen: Die Liedverwendung im Drama lasse weder eine klare
Trennung zwischen ,Hofweise', ,Gesellschaftslied', ,Humanistenode' oder
,Bergreihen', noch die Bevorzugung bestimmter Strophenformen erkennen.
Auch zeige der Gebrauch älterer Lieder im Drama des 17. Jahrhunderts
eine viel stärkere Kontinuität der literarischen Entwicklung, als es
gängige literaturgeschichtliche Periodisierungen mit dem
überakzentuierten Neubeginn der deutschen Dichtung durch ihren ,Vater'
Martin Opitz nahelegten.

Im abschließenden Vortrag von DIETER MARTIN (Freiburg im Breisgau) stand
die Rezeption der ,teutschen Liedlein' in der Zeit um 1800 im Zentrum,
die sich nach seiner Analyse im Spannungsfeld von politischer Intention,
philologischer Edition und poetischer Inspiration bewegte. Einerseits
steht der vor allem, aber längst nicht nur in Arnims und Brentanos
Sammlung Des Knaben Wunderhorn zu belegende Rückgriff auf Liederbücher
der voropitzischen Zeit im Kontext der nationalpatriotischen Bewegung
der Zeit. Andererseits werden die Liedertexte in graduell stark
unterschiedlicher Weise bearbeitet: konservativer, nahezu editorischer
Treue stehen nicht nur Liedcollagen gegenüber, die Strophen
verschiedener Provenienz miteinander kombinieren, sondern auch
nachahmende Um- und freie Weiterdichtungen, mit denen die Romantiker das
poetische Potential gerade des voropitzischen Liedes freilegten.

Konferenzübersicht:

Öffentliches Gesprächskonzert
Teutsche Liedlein des 16. Jhd.; The Schoole of Night: Maria Skiba, Frank
Pschichholz mit Vorträgen von Susanne Rode-Breymann (Hannover) / Sven
Limbeck (Wolfenbüttel)

Vorsitz: Gerrit Walther (Wuppertal)

Andrea Lindmayr-Brandl (Salzburg), Deutsche Lieder im frühen Notendruck:
ein neuer Blick

Nicole Schwindt (Trossingen), Dreier im Lied des frühen 16.
Jahrhunderts

Vorsitz: Jürgen Leonhardt (Tübingen)

Armin Brinzing (Salzburg), "In der Composition Don vincela mit 4.stimmen
zusingen". Chanson und Lied in der musikalischen Praxis des     16.
Jahrhunderts

Izabela Bogdan (Poznan), Concentus novi trium vocum (1540) by Hans
Kugelmann in the context of sacred song repertoire in Protestant schools
of the    Reformation period

Vorsitz: Thomas Kaufmann (Göttingen)


Grantley McDonald (Salzburg), Leonhard Pamingers Liederbuch

Vorsitz: Klaus Bergdolt (Köln)

Birgit Lodes (Wien), Orlando di Lassos Mein Frau Hilgart - ein
parodistisches Lied auf den Ehestand

Sonja Tröster (Wien), Stilregister der mehrstimmigen Liedkomposition bei
Ludwig Senfl

Vorsitz: Andreas Mahler (Berlin)

Susan Lewis Hammond (Victoria, VA), Valentin Haussmann as Poet,
Composer, and Translator: The Neue teutsche weltliche Lieder
(1592-1597)

Achim Aurnhammer (Freiburg im Breisgau), Antike Mythologie in den
"teutschen Liedlein"

Vorsitz: Susanne Rode-Breymann (Hannover)

Irmgard Scheitler (Würzburg), Liedverwendung und Kontrafakturpraxis im
Drama

Dieter Martin (Freiburg im Breisgau), Nationalpoetische Aneignung: Aus
"Frischen Teutschen Liedlein" werden "Alte deutsche Lieder"

Schlussbesprechung

URL zur Zitation dieses Beitrages
<http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/tagungsberichte/id=5837