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2013/04/19 08:18:58
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] Zeichen gegen das Vergessen
Datum 2013/04/21 21:39:36
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Re: [Regionalforum-Saar] Zeichen gegen das Vergessen
2013/04/14 23:19:08
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[Regionalforum-Saar] Das Unbehagen an der Erinnerung
Betreff 2013/04/03 00:28:51
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[Regionalforum-Saar] Die Schlacht auf dem Lechfeld
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[Regionalforum-Saar] Zeichen gegen das Vergessen
Autor 2013/04/21 21:39:36
Rolgeiger
Re: [Regionalforum-Saar] Zeichen gegen das Vergessen

[Regionalforum-Saar] Die Nachfolge in Familienunternehmen

Date: 2013/04/21 20:38:52
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)...

From:    Michael Schäfer <misc57(a)...   18.04.2013
Subject: Rez. NEG: S. Zeumer: Die Nachfolge in Familienunternehmen
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Zeumer, Sandra: Die Nachfolge in Familienunternehmen. Drei Fallbeispiele
aus dem Bergischen Land im 19. und 20. Jahrhundert (= Beiträge zur
Unternehmensgeschichte 30). Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2012. ISBN
978-3-515-09940-0; 389 S.; EUR 56,00.

Rezensiert für H-Soz-u-Kult von:
Michael Schäfer, Dresden
E-Mail: <misc57(a)... Zeumers Arbeit gehört in die Reihe unternehmensgeschichtlicher
Einzelfallstudien, die sich in den letzten Jahren mit dem weit
verbreiteten Phänomen des Familienunternehmens beschäftigt haben.
Gegenstand der Untersuchung sind hier drei Unternehmerfamilien aus einer
frühindustriellen Pionierregion, dem Bergischen Land. Es sind dies die
Hardts, Textilkaufleute und -fabrikanten aus Lennep, die Bagels, die in
Düsseldorf und Ratingen ein Druckerei- und Papierunternehmen betrieben,
sowie die Familie von der Heydt-Kersten, die mit einem Elberfelder
Privatbankhaus verbunden war. Für alle drei Unternehmerfamilien standen
der Autorin jeweils umfangreiche firmenarchivalische Bestände zur
Verfügung. Im Mittelpunkt der Studie steht die Unternehmernachfolge, die
Weitergabe von Besitz und Leitung des Unternehmens in der familialen
Generationenfolge. Der Untersuchungszeitraum erstreckt sich über das
"lange" 19. Jahrhundert.

Für ihr theoretisches Gerüst bedient sich Sandra Zeumer vornehmlich im
allseits beliebten Baukasten der Neuen Institutionenökonomik (NIÖ).
Dabei macht sie den Begriff der Property Rights als analytisches
Instrument nutzbar, indem sie zwischen Nutzungs-, Gewinn-, Verfügungs-
und anderen auf ein Unternehmen bezogenen Rechten differenziert. Zudem
problematisiert die NIÖ die institutionellen Rahmenbedingungen (zum
Beispiel das Erbrecht), die beim Transfer solcher Property Rights zu
beachten sind, und lenkt den Blick auf institutionelle Arrangements, die
den Nachfolgeprozess erleichterten. Weniger überzeugend erscheint mir
dagegen Zeumers Nutzanwendung des Principal-Agent-Problems, wenn der
Vorgänger-Principal den Nachfolger-Agent mit der Weiterführung des
Unternehmens betraut oder wenn beide als "Vertrauensgeber" und
"Vertrauensnehmer" agieren (S. 75). Eher satirisch klingt der Befund,
die Transaktionskosten, "gemessen an Errichtungskosten für Verträge und
Testamente", hätten nur wenige Mark betragen und rangierten somit im
Promillebereich (S. 352).

Im Hauptteil der Arbeit breitet Zeumer ihr empirisches Material
nacheinander für jedes der drei Unternehmen aus. Sie macht dies jeweils
in zwei Schritten: Zunächst widmet sie sich dem Transfer der
Unternehmensleitung in der familialen Generationenfolge. Dann untersucht
sie die Übergabe des Unternehmensbesitzes von einer Generation der
Unternehmerfamilie zur nächsten. Hier kommen besonders die Probleme in
den Blick, die der Transfer von Besitzrechten im Erbgang für die
Kapitalbasis eines Familienunternehmens oft mit sich brachte, sowie die
vertrags- und unternehmensrechtlichen Arrangements, mit denen die
untersuchten Firmen und Familien diese im Laufe des 19. Jahrhunderts zu
bewältigen versuchten. Schließlich fasst Zeumer für jedes der von ihr
untersuchten Unternehmen die Ergebnisse zusammen.

Die Darstellung folgt jeweils der Chronologie der Firmengeschichten und
beschäftigt sich nicht allein mit den Nachfolgeprozessen. Zeumer
verfolgt vielmehr recht breit die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung
der drei Unternehmen, die unternehmerischen Strategien ihrer Leiter,
deren unternehmerischen Erfolg, die Heiratskreise der Unternehmerfamilie
und anderes mehr. In ihrer methodischen Einleitung kündigt sie an, durch
Bilanz- und Marktanalysen das Desiderat einer Quantifizierung
unternehmerischen Handelns umsetzen zu wollen (S. 60). Dies gelingt ihr
mal besser, mal weniger gut. Insgesamt wirkt die Arbeit etwas
unfokussiert, droht sich immer mal wieder im Detail zu verlieren und
lässt stellenweise einen Bezug zum Thema vermissen.

In ihrem abschließenden Fazit präsentiert Sandra Zeumer als Ergebnis
ihrer vergleichenden Einzelfallstudien die Erfolgs- und Risikofaktoren
des Nachfolgeprozesses in Familienunternehmen. Ihre Befunde und Thesen
erscheinen im Einzelnen durchaus interessant und weiterführend. So
blieben etwa alle untersuchten Unternehmen bis in die fünfte Generation
auf Kapital aus dem Familienkreis angewiesen, der als eine Art "lender
of last resort" fungiert habe (S. 352). Hier trägt die akribische
Beschäftigung mit den Unternehmensbilanzen Früchte. Anderes wirkt
dagegen banal: Es gebe zwei Gruppen von Nachfolgern, "zum einen
diejenigen, die den Vertrauensvorschuss rechtfertigten [...] und ihre
Eignung unter Beweis stellten, und zum anderen diejenigen, die sich
selbst disqualifizierten (selfselection), pendelten oder ausschieden"
(S. 350f.). So bleibt ein etwas ambivalenter Gesamteindruck.

Diese Rezension wurde redaktionell betreut von:
Ralf Ahrens <ahrens(a)... zur Zitation dieses Beitrages
http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2013-2-049