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2013/04/19 08:17:34
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[Regionalforum-Saar] Veranstaltungsreihe zu Nikolaus Warken
Datum 2013/04/21 20:38:52
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[Regionalforum-Saar] Die Nachfolge in Familienunternehmen
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Re: [Regionalforum-Saar] Zeichen gegen das Vergessen
2013/04/19 08:17:34
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] Veranstaltungsreihe zu Nikolaus Warken
Autor 2013/04/21 20:38:52
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[Regionalforum-Saar] Die Nachfolge in Familienunternehmen

[Regionalforum-Saar] Zeichen gegen das Vergessen

Date: 2013/04/19 08:18:58
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gestern in der SZ (mit zwei Anmerkungen und einer Frage meinerseits):
 

Zeichen gegen das Vergessen setzen Sieben Orte halten Geschichte wach

Projekt als Baustein der Erinnerungskultur wird von Land und Kreis gefördert Bänke und Infotafeln in St. Wendel sollen an jüdische Mitbürger erinnern

Das Umweltministerium und der Landkreis unterstützen das Projekt „Orte gegen das Vergessen im Landkreis St. Wendel“. In sieben Ortschaften sollen Plätze mit Bänken und Informationstafeln eingerichtet werden, um an das Leben früherer jüdischer Mitbürger und deren Kultur zu erinnern.Ausstellungen,

Filmdokumentationen und eine Infobroschüre im Landkreis St. Wendel sollen an die jüdische Geschichte erinnern. Auch ein pädagogisches Schulprogramm ist geplant.

Von SZ-Mitarbeiter Frank Faber

St. Wendel. Jüdische Glaubensgemeinschaften haben bis zu ihrer radikalen Auslöschung durch die Nationalsozialisten über Jahrhunderte das regionale Kulturgeschehen im Saarland beeinflusst und ihre Spuren hinterlassen. Im Landkreis St. Wendel sind diese Spuren jüdischen Lebens bis in das 16. Jahrhundert zurück zu verfolgen. Dazu gehören Schulen, Synagogen, Mikwen und Friedhöfe.

Ins Bewusstsein rufen

Durch die Gestaltung von kleinen Plätzen mit Bänken und Informationstafeln soll die lange Geschichte jüdischen Lebens im Landkreis nun mit der Umsetzung des Projekts „Orte gegen das Vergessen“ nachhaltig ins Bewusstsein der Bürger gerufen werden und damit in der Region verankert werden. Sieben „Orte gegen das Vergessen“ (siehe weiteren Artikel) sind zum Zeichen der Erinnerungskultur für das Projekt, dass der Landkreis und das Adolf-Bender-Zentrum (ABZ) in St. Wendel auf den Weg gebracht hat, ausgesucht worden.

Das saarländische Umweltministerium fördert das Vorhaben mit rund 65 000 Euro aus Mitteln des Landes und der Europäischen Union (Leader), mehr als 32 000 Euro steuert der Landkreis bei. „Es ist Aufgabe der Politik, das Wissen über unsere historischen Wurzeln künftigen Generationen zu vermitteln, damit das kulturelle Erbe lebendig bleibt“, betonte die Ministerin für Umwelt und Verbraucherschutz, Anke Rehlinger (SPD), bei der Übergabe des Zuwendungsbescheides im Adolf-Bender-Zentrum. Landrat Udo Recktenwald (CDU) verdeutlichte: „Der Landkreis möchte zur Verfestigung der Erinnerung an unsere jüdischen Mitbürger, an ihr Leben in unserer Region und das Unrecht, das sie vor allem während der nationalsozialistischen Diktatur erdulden mussten, beitragen.“

Mit jährlich 25 000 Euro wird das Adolf-Bender-Zentrum vom Landkreis finanziell unterstützt. „Seit vielen Jahren ist uns die Aufarbeitung der Geschichte der ehemaligen jüdischen Gemeinden in unserer Region ein Herzensanliegen. Wir sind sehr froh darüber, dass wir dieses Projekt jetzt umsetzen können.“, so ABZ-Geschäftsführer Willi Portz. Ab Herbst soll laut Portz die Baumaßnahme umgesetzt werden. Er werde nun mit den Bürgermeistern der betreffenden Gemeinden in Kontakt treten, um die Errichtung und Gestaltung der geplanten Plätze abzustimmen. Das Projekt ist als Partnerprojekt Teil des Kulturprogramms „St. Wendeler Land steinreich“ und wird einbezogen in die Leitbildarbeit „St. Wendeler Land steinreich: auf den Spuren einer 2500-jährigen europäischen Kulturgeschichte“.

St. Wendel. Sieben Orte im Landkreis St. Wendel sind für das Projekt ausgesucht worden. Geplant sind dort vier mal vier Meter große Plätze mit Sitzbänken zu gestalten. Dazu sollen Stelltafeln, auf denen dreisprachig in Kurzform die jüdische Geschichte des jeweiligen Ortes dargestellt wird, aufgestellt werden. Darüber hinaus sind Ausstellungen, Filmdokumentationen, die Herausgabe einer Informationsbroschüre und die Erarbeitung eines umfangreichen pädagogischen Schulprogramms geplant.

Geführte Touren

Des Weiteren ist vorgesehen, vor Ort öffentliche Veranstaltungen anzubieten, wo über die „Orte gegen das Vergessen“ berichtet wird, ebenso kann eine geführte Tour zu einigen Plätzen gebucht werden. Nachfolgend die geplanten „Orte gegen das Vergessen“.

[Anmerkung: Mir fällt bei den nachgenannten Touren auf, daß zwei davon - die in Baltersweiler und die in Oberthal - überhaupt nichts mit Juden zu tun haben, denn weder Änne Meier noch die Mitglieder der Familie Schu waren Juden - wie aber m.E. im Text mehr als angedeutet wird - beide waren im Widerstand gegen die Nazis (zumindest weiß ich das von Änne Meier sicher, mit den Gründen, warum die Familie Schu ins KZ kam, weiß ich nicht).  Roland Geiger]

St. Wendel: Beim Novemberpogrom 1938 wurde die ehemalige jüdische Synagoge in der Kelsweilerstraße von SA- und SS-Leuten sowie Nazi-Anhängern geschändet und teilweise zerstört. Die Aktion fand in St. Wendel erst am Nachmittag des 10. November 1938 statt. Das Gotteshaus wurde geplündert, das Innere und Teile des Dachs demoliert. Am Abend wurde das Gebäude angezündet, gegen 20 Uhr gab es Brandalarm, die Feuerwehr schützte jedoch nur die umliegenden Häuser gegen ein Übergreifen des Brandes. Am 24. November 1938 wurde die Brandruine von städtischen Arbeitern abgebrochen.

[Anmerkung: Zum Brand der Synagoge gab es zehn Jahre später eine landesgerichtliche Untersuchung mit einer großen Menge an Augenzeugenbefragungen. Die Akte liegt im Landesarchiv Saarbrücken; eine Abschrift habe ich gerade angefertigt. Dort gibt es auch Aussagen des Feuerwehrchefs über den Grund, warum in erster Linie die umliegenden Häuser geschützt und nicht das Feuer in der brennenden Synagoge bekämpft wurde. Bei einer Lektüre dieses Briefes, verbunden mit einer Rückfrage bei der örtlichen Feuerwehr, wie sie es gemacht hätten, würden sich die anklagenden Worte "jedoch nur" im vor-vorigen Satz erübrigen. Warum wird bei Sachverhalten wie diesem mehr Wert auf Anklage als auf Sachverstand gelegt? Roland Geiger]

Urweiler: Der jüdische Friedhof in St. Wendel wurde bereits wenige Jahre nach Ansiedlung der ersten jüdischen Familien im Jahre 1872 außerhalb der Stadt nach Urweiler verlegt.

[Frage: Seit wann legen die Juden ihre Friedhöfe innerhalb von Ortschaften an? Zum anderen wurde der Friedhof bei Urweiler nicht dorthin "verlegt", sondern dort an Ort und Stelle "angelegt". Denn vorher gab es für einen jüdischen Friedhof keine Notwendigkeit, weil es in St. Wendel und den eng umgebenden Orten keine Juden gab; die kamen erst mit dem Bau der Eisenbahn um 1860 hierher. Anders gefragt: Wo lag der jüdische Friedhof für St. Wendel vor 1872? Roland Geiger, St. Wendel]

Baltersweiler: Änne Meier aus Baltersweiler wurde 1942 von der Gestapo festgenommen und in der Saarbrücker Haftanstalt Lerchesflur inhaftiert. Als politischer Häftling trug sie im Frauen-Konzentrationslager (KZ) Ravensbrück den roten Winkel. Unter anderem war sie Mitbegründerin des Adolf-Bender-Zentrums. Die Baltersweiler Schule trägt ihren Namen.

Oberthal: Hier soll an das Schicksal der Familie Schu erinnert werden. Sohn Harald starb angeblich 1942 im KZ Dachau an Lungenentzündung, seine Mutter Helene wurde ins KZ Theresienstadt deportiert und starb 1945 an Flecktyphus.

Sötern: Die wohl älteste jüdische Gemeinde im heutigen Landkreis befand sich in Sötern. Wahrscheinlich ließen sich dort schon im 17. Jahrhundert die ersten jüdischen Familien nieder.

Gonnesweiler: Der jüdische Friedhof wurde wahrscheinlich um 1800 angelegt. Die letzte Bestattung fand 1935 statt.

Tholey: Bis in die 1930er-Jahre war der jüdische Friedhof in Tholey belegt. Während des Krieges wurden die jüdischen Gräber geschändet und erst 1954/1955 auf Veranlassung der Synagogengemeinde Saar wieder instand gesetzt. Außerdem soll die Auseinandersetzung mit dem Schicksal der Familie Eugen Berl aus St. Wendel in die Projektarbeit mit Jugendlichen eingebunden werden. frf