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2014/04/01 08:19:37 Rolgeiger [Regionalforum-Saar] über das üble Biersaufen der Deutschen (u.a.) |
Datum | 2014/04/01 13:50:26 Dr. M. Franz Re: [Regionalforum-Saar] über das üble Biersaufen der Deutschen (u.a.) |
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2014/04/01 08:19:37 Rolgeiger [Regionalforum-Saar] über das üble Biersaufen der Deutschen (u.a.) |
Betreff | 2014/04/01 15:39:41 anneliese.schumacher(a)t-online.de Re: [Regionalforum-Saar] über das üble Biersaufen der Deutschen (u.a.) |
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2014/04/01 13:50:26 Dr. M. Franz Re: [Regionalforum-Saar] über das üble Biersaufen der Deutschen (u.a.) |
Autor | 2014/04/02 13:16:00 Elmar Peiffer Re: [Regionalforum-Saar] über das üble Biersaufen der Deutschen (u.a.) |
Date: 2014/04/01 13:28:01
From: Elmar Peiffer <e.peiffer(a)...
Washington, d.C., d. 9. April 1868.
Lieber Herr Hasaurek.
Als ich gestern eben meine Kor-
respondenz zur Post gegeben, erhielt ich Ihr Schreiben
vom 6. d.M. u. Hn Danzers Expektoration[1]; letztere
war mir umso unerwarteter als mir nicht bekannt
war, daß mein Artikel über den bewussten Staats-
vertrag von Ihnen veröffentlicht worden war, und ich nach
Ihrem Briefe gerade das Entgegengesetzte glaubte an-
nehmen zu müssen. Gestatten Sie mir Ihr letztes
Schreiben seriatim durchzugehen. Ich weiß, daß die große
Masse der Deutschen, wie die jedes anderen Volkes auch des
amerikanischen, ungebildet ist: Deutsche, die das uebelhafte
Biersaufen zum Kultus erheben, sind mir unerträglich, mögen
sie sonst Anspruch auf Bildung haben oder nicht; daß auch unsere
gebildeten Deutschen als Regel ihr Wissen (oft aus ihrer
Schul - und Universitätenbesuch) zur Grundlage ganz ungerecht-
fertigter Selbstüberschätzung machen, gebe ich zu, ich habe
diese stets bekämpft und mit solcher Entschiedenheit, daß ich
oft den Vorwurf eines Apostaten hören musste. Das kann
mich aber nicht bestimmen eine gleich engherzige Selbstüber-
hebung bei Amerikanern ruhig hinzunehmen oder gar
(Seite)
als eine Schmeichelei verdenken. Ich frage Sie nochmals:
Würde Agate es gewagt haben so von irgend einem
Amerikaner zu sprechen?
Was Sie über den politischen Parteistandpunkt der Mehrzahl
der Deutschen in den V.St. sagen, war mir nicht neu, und inso-
fern wenigstens, wenn überhaupt, gehöre ich so wenig zu
den Radicalissimi, wie Kapp[2] oder Donei. Ein vieljähriges und
gewissenhaftes Suchen nach den Gründen diese Erscheinung hat
mich reichlich belohnt. Ich halte Ihre Kampfesweise für die
richtige, habe sie stets dem großen Publikum gegenüber und
noch jüngst in meinen St__greden befolgt. Heingen schreibt
für ein ausgewähltes Publikum, und für dieses muss er gerade
so schreiben, wie er es thut. Sint ut sunt, aut aere sunt.
Ad vocem: Stanton. Sie geben selbst zu, daß Stanton's Rolle
auf die Rathlosigkeit Anderer berechnet ist; gerade so weit
geht, was Sie meine „Bewunderung“ nennen; er hat es eben
nicht nöthig eine andere Rolle zu spielen; ich lasse mich nicht
darauf ein zu untersuchen, ob er eine andere, größere, spielen
könne. Ich konstatiere die Thatsche, und, da ich für ein republi-
kanisches Parteiblatt schreibe, konstatire ich sie im Jn-
teresse dieser Partei und ihrer Massen. Als ich in den
Dienst Ihres Blattes trat, war ich mir bewusst die Verpflich-
tung übernommen zu haben seine Interessen und die der Partei,
(Seite)
der als angehört, zu fördern und, in dieser Verpflichtung, manchen
meiner Ansichten und Ueberzeugungen Schweigen aufzulegen.
In diesem Geiste habe ich meine Korrespondenzen zu halten
gesucht. Dies führt mich zu der mir zurückgeschickten Kor-
respondenz vom 29. v.M. und Ihren darüber gemachten Be-
merkungen. Ich schicke voraus, daß Sie versichert sein können,
daß eine Kritik, wie die von Ihnen geübte, mich nie kränkt.
Niemand kann mehr von der relativen Bedeutungslo-
sigkeit meiner schriftstellerischen Produktionen überzeugt
sein, als ich selbst; und ich kann mich in der That keiner derselben
erinnern, mit der ich nach Anlegung der kritischen Feile
zufrieden gewesen. Allein unglücklicher Weise finde ich
mich nicht in der Lage Horazens gute Rathschläge in seiner
Ars poetica verfolgen zu können, denn ich schreibe nicht als
Villen-Poet von Insentur, sondern als Lohnschreiber
mit einem Washingtoner boardinghouse. Ich habe Sie auch
bereits versichert, daß ich Ihre gute Absicht: "to break me in"
verstehe, sie dankbar anerkenne und nur bedaure daß
Sie ihn mir einen so hard case finden, der Ihnen so viele
Last macht. Ihre Bemerkung, daß Sie fürchten, ich würde selbst
meine jetzigen günstigen Chancen nicht genügend auszu-
beuten wissen, hat viel Wahres. Ich besitze zu wenig Wissen
zum Gelehrten, und zu wenig Schweigsamkeit Welt-
(seite)
mann. Meiner Erziehung getreue, bin ich ein gewissen-
hafter, etwas pedantischer Büreaukrat, und hätte in
Preußen bleiben sollen, wo eine glänzende Zukunft
vor mir lag. Zu meinem Unglücke hatte mich ein leiden-
schaftliches Studium der klassischen Griechen und Römer,
verbunden mit einem schon in der Kindheit ernstern
grübelnden, streng sittlichen Karakter, zum Republikaner
gemacht.
Wenn ich Ihre Bemerkungen über die auf den Catalogen
gesetzte Korrespondenz richtig auffaße, so komme ich zu
dem Schluße, daß wir über das Wesen solcher Korres-
pondenz wesentlich differiren. Sie scheinen an diesel-
ben die ernste Anforderung der die objektische Wahrheit
erstrebenden Geschichtsforschung zu stellen. Ich gebe
ihnen die Aufgabe: ein möglichst getreues und lebendiges
Bild der stets wechselnden Phasen im Kaleidoskop
des täglichen Lebens zu liefern. Die tiefere Untersu-
chung, weßhalb die kon- u. die divergirenden Reflexe
der Prismen gerade solche Effekte und keine anderen
erzeugen müssen, mit anderen Worten, die Frage
nach der Wahrheit und den Motiven jener Erscheinungen
scheint mir außerhalb des Beweises meiner jetzigen
Aufgabe zu liegen. Ich soll nicht Historienmaler sein, sondern
Skizzen hinwerfen. Von diesem Standpunkte betrachtet,
kann ich die bewußte Korrespondenz nicht für so ganz
werthlos halten. Mit Ihnen auf die einzelnen Punkte
derselben übergehen scheint mir zunächst gegen Fre-
mont[3], ohne es mit so viel Worten zu sagen, der point
ausgemacht zu sein, daß er ein gewissenloser, frecher
Schwindtler ist, dem jedes Mittel recht. Während die
Welt weiß, daß er weder Kredit noch Mittel zum Be-
trage von 5 cts hat, übernimmt er Eisenbahnfahretrakte
zum Betrage von 100 von Millionen, verspricht die Garantie
der V. St. zu Anleihen von 50 Millionen, sucht eine von den V.St.
anerkannte Regierung umzustoßen, kompromittirt
den Namen bekannter Staatsmänner und All dieses
in Verbindung mit dem Abschaum von Wallstreet. Was
er mit den beschmutzten Exemplaren, worauf er gar kein
Recht hatte, und die upon their fall nur zu Schwindeleien
(Seite)
benutzt werden konnnten, gethan, wird Fremont
wohl ebensowenig sagen, als er auf die gegen
ihnen erhobene und beschworne Anklage geantwor-
tet hat; aber Jedermann kennt ihn und seine
Genossen genügend um zu wissen, daß er versucht
haben wird sie zu benutzen. Fälscher und Falschmünzer
pflegen nicht dem Publikum mitzutheilen wie, wann
und wo sie ihre falschen Dokumente zu benutzen gedenken.
Sie werden schon einen Unerfahrenen finden.
Die Beschuldigungen wegen des Alaska-Handels habe ich
nicht erfunden. Sie zirkulirt hier in den Kreisen des
Kongresses, und hat ihren Weg in das ganze Publikum
gefunden. In diesem Lichte habe ich sie dargestellt und
ausdrücklich als meine Privatmeinung ausgesprochen,
daß mir der Sachverhalt dunkel erschien. Als Aufklä-
rung des Publikums über die Zögerung u. Weigerung des Haus-
komittees die Sache in Berathung zu nehmen, schien
mir das Gerücht von hoher Bedeutung.
Wenn ich, wie oben gesagt, die Bierbummelei von ganzer
Seele haße, so haße ich nicht weniger die Temperenzelei[4]
und Sonntagsmucherei (?), deren Champion zu sein Wilson
sich sogar brüstet, ohne durch das Benehmen seines
großen Gelehrten, Yates, sich feiren zu lassen. Die Bier-
wirthanmaßung zu bekämpfen wird es Zeit sein, wenn
sie eine Partei bilden und als solches Einfluß auf
(Seite)
die Gesetzgebung zu gewinnen suchen, wie sie
es in N. York gethan, wo ich Ihnen mit meinen
geringen Kräften entgegengetreten bin.
In Betreff Seymours haben die jüngsten Aufklä-
rungen bewiesen, da Sie Recht hatten. Unsere Kinder
und Enkel werden den Vorzug genießen uns viele
Irrthümer nachweisen zu können, ohne deßhalb
im Stande zu sein, sicher als wir vor gleicher
zu bewahren!
(Seite)
Wade wünschte eine Uebersetzung der p. Korrespon-
denz; ich habe sie gemacht und auch die Ihres Edito-
rials über den Punkt.
Ich habe nichts dagegen einzuwenden, daß Sie
meinen Namen unter meine Korrespondenz
drucken.
Ich bin noch nicht dazu gekommen, Ihre Worte zu lesen. Ich
würde es gerne mit nach Hause nehmen, um es
zur Hand zu nehmen, wenn ich einen Augenblick
Muße finde.
Mit freundschaftlichen Gruße Ihr
C.N. Riotte
[1] das Sichaussprechen, Erklärung [von Gefühlen]
[2] Friedrich Kapp (* 13. April 1824 in Hamm, Westfalen; † 27. Oktober 1884 in Berlin) war ein deutschamerikanischer Rechtsanwalt, Schriftsteller und Politiker.
[3] John Charles Frémont or Fremont (January 21, 1813 – July 13, 1890). 1864 wurde er gegen Abraham Lincoln als Gegenkandidat aufgestellt, musste aber zurücktreten. Frémont war bei verschiedenen Eisenbahngesellschaften zur Pazifikküste beteiligt und wurde später von betrogenen französischen Aktionären verklagt und vom Pariser Tribunal − in Abwesenheit − wegen Escroquerie verurteilt, was dem deutschen Betrug entspricht. Seine finanzielle Situation verschlechterte sich derart, dass er sich in Washington D.C. um ein Amt bewerben musste..
[4] Anhänger einer Mäßigkeits- oder Enthaltsamkeitsbewegung