Monatsdigest

[Regionalforum-Saar] Westwall-Bunker werden Denkmal - in der Pfalz

Date: 2014/04/01 08:07:47
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

heute in der SZ
 

Westwall-Bunker werden Denkmal

Gesetz soll Voraussetzung schaffen – Anlagen beherbergen seltene Tiere und Pflanzen

Westwall-Bunker sind Heimat für Wildkatzen und Fledermäuse sowie seltene Flechtenarten. Der BUND wünscht sich, dass die Relikte zum Kulturdenkmal erklärt werden. Das Land will nun einen Plan aufgreifen, der seit Jahren in der Schublade liegt.

Von SZ-Redakteurin Ute Klockner

Saarbrücken. Über 600 Kilometer – von der niederländischen bis zur Schweizer Grenze – reicht die Kette der Bunkerruinen und Panzersperren: Über 20 000 Einzelanlagen zählt der Westwall, eine Befestigungsanlage, die die Nationalsozialisten von 1936 bis 1942 bauen ließen. Wie viele Anlagen es exakt sind, ist bislang nicht erfasst. Im heutigen Saarland liegen bis zu 3000 Objekte, schätzt das Landesdenkmalamt (LDA). In Rheinland-Pfalz sollen es etwa 9000 sein.

75 Jahre nach Kriegsausbruch sind nur wenige Anlagen für Bürger geöffnet – etwa das B-Werk in Merzig-Besseringen. Einige Bunker müssen vor dem Einsturz gesichert werden. Für die Sicherheit ist der jeweilige Eigentümer zuständig – im Saarland sind dies etwa Gemeinden, Privatpersonen, Landwirte, der Saarforst Landesbetrieb oder auch die Bundesanstalt für Immobilienangelegenheiten (BIMA). Die BIMA ist im Saarland für 1800 ehemalige Westwall-Bunker verantwortlich – durchschnittlich 15 000 Euro muss sie nach eigener Aussage für die Sicherung pro Jahr berappen.

Rheinland-Pfalz möchte die Westwall-Relikte erhalten – als Mahnmal für die verbrecherische Politik der Nazis und als Biotop für geschützte Tiere und Pflanzen. Das Mainzer Kabinett hat daher beschlossen, dass sich künftig eine Stiftung um die Sicherung der Anlagen kümmern soll. Dafür erhält das Land vom Bund 25 Millionen Euro für die nächsten fünf Jahre. Dafür sollen die Relikte im Besitz der BIMA an das Land übergeben werden. Anders im Saarland: Eine entsprechende Stiftung mit der Sicherung des Westwalls zu beauftragen, sei derzeit nicht geplant, teilt ein Sprecher des Saar-Kultusministeriums mit. Dies wünschen sich jedoch Naturschützer. „Wir sind total neidisch darauf, wie es in Rheinland-Pfalz läuft“, sagt Steffen Potel vom BUND Saar.

Im Saarland zieht sich der Westwall in mehreren Abschnitten durchs Land – etwa der Orscholz-Riegel im Raum Perl und Mettlach, die Westbefestigung entlang der Saar oder die Hilschbach-Stellung, die oberhalb von Riegelsberg beginnt und sich bis in den Saarpfalz-Kreis fortsetzt. Durch den Kreis St. Wendel zieht sich ein Abschnitt der Luftverteidigungszone West. „Diese lange Kette an Westwall-Relikten ist im Saarland recht gut erhalten. Wir wollen, dass sie als Biotop erhalten bleibt“, sagt Potel. Für den Erhalt der Wildkatze im Saarland spielten die Relikte eine große Rolle. Auch viele Fledermausarten, Füchse und Dachse fühlten sich dort wohl, ebenso wie unscheinbare Organismen wie seltene Flechten. „Die Biodiversität ist in vielen Bunkeranlagen größer als im Wald, wo es Forsteingriffe gibt“, erklärt der Experte.

Doch würden manche Relikte vom Eigentümer aufgegeben. So wurde vor Kurzem im Rahmen von Bauarbeiten eine Anlage an der Römerbrücke in Dillingen zugeschüttet und zugemauert. Die Anlage, die dem Bund gehört, sei nach dem Zweiten Weltkrieg teilgesprengt worden, teilt die Stadt mit, die Maßnahmen seien aus Sicherheitsgründen notwendig gewesen.

Damit die Bunker nicht zugeschüttet werden, um Kosten zu entgehen, fordert Potel eine andere Lösung für die Verkehrssicherheit. „Wer durch die Gegend kriecht, hat auch auf sich selbst aufzupassen. Wie im Wald auch“, findet er.

Um die Vielfalt zu erhalten, wünscht sich der BUND, die Bunkerlinie als Streckenkulturdenkmal im Landesdenkmalschutzgesetz festzuschreiben. „Als Kulturdenkmal könnte man einen Biotopverbund entwickeln und der Erhalt wäre für die Tiere und Pflanzen gesichert“ , erklärt Potel. Bereits Umweltminister Stefan Mörsdorf (CDU, im Amt von 1999 bis 2009) habe beschlossen, das Gesetz entsprechend zu novellieren. „Es hat sich seitdem nichts getan.“ Auf SZ-Anfrage teilt das Kultusministerium dazu mit: „Im Landesdenkmalamt ist die Ausweisung der saarländischen Westwall-Relikte als Flächendenkmal geplant. Im Rahmen der anstehenden Novellierung des saarländischen Denkmalschutzgesetzes muss hierfür die Ausweisung einer neuen Denkmalkategorie erfolgen.“ „Wir sind total neidisch auf Rheinland-Pfalz.“

[Regionalforum-Saar] über das üble Biersaufen der Deutschen (u.a.)

Date: 2014/04/01 08:19:37
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

Salü,
 
letztens erhielt ich auf der Suche nach Informationen über den St. Wendeler Carl Nikolaus Riotte (geb. 1814; Studium in Trier, Teilnahme am Aufstand in Elberfeld 1848/49, Flucht nach Texas, 1862 unter Abraham Lincoln Botschafter in Costa Rica und unter Ulysses Grant Botschafter in Nicaragua, + 1887 in der Schweiz) von der Historischen Gesellschaft des US-Bundesstaates Ohio einen Brief Riottes an Friedrich Hassaurek, ebenfalls Rebellionsflüchtling und damals Herausgeber einer deutschsprachigen Zeitung in Ohio namens "Das Volksblatt", für das Riotte Artikel verfaßte.
 
Dem Brief geht ein Artikel Riottes über einen "Staatsvertrag" voraus, den Hassaurek kritisiert hatte.
 
Alles konnte ich nicht lesen, und bei 2 Wörtern bin ich mir noch nicht sicher, auch nicht, wie ich das lateinische Sprichwort übersetzen soll.
 
Mit freundlichem Gruß
 
Roland Geiger
 
-----------------
 

Washington, d.C., d. 9. April 1868.

 

Lieber Herr Hasaurek.

 

Als ich gestern eben meine Kor-

respondenz zur Post gegeben, erhielt ich Ihr Schreiben

vom 6. d.M. u. Hn Danzers Expektoration[1]; letztere

war mir umso unerwarteter als mir nicht bekannt

war, daß mein Artikel über den bewussten Staats-

vertrag von Ihnen veröffentlicht worden war, und ich nach

Ihrem Briefe gerade das Entgegengesetzte glaubte an-

nehmen zu müssen. Gestatten Sie mir Ihr letztes

Schreiben seriatim durchzugehen. Ich weiß, daß die große

Masse der Deutschen, wie die jedes anderen Volkes auch des

amerikanischen, ungebildet ist: Deutsche, die das uebelhafte

Biersaufen zum Kultus erheben, sind mir unerträglich, mögen

sie sonst Anspruch auf Bildung haben oder nicht; daß auch unsere

gebildeten Deutschen als Regel ihr Wissen (oft aus ihrer

Schul - und Universitätenbesuch) zur Grundlage ganz ungerecht-

fertigter Selbstüberschätzung machen, gebe ich zu, ich habe

diese stets bekämpft und mit solcher Entschiedenheit, daß ich

oft den Vorwurf eines Apostaten hören musste. Das kann

mich aber nicht bestimmen eine gleich engherzige Selbstüber-

hebung bei Amerikanern ruhig hinzunehmen oder gar

 

(Seite)

als eine Schmeichelei verdenken. Ich frage Sie nochmals:

Würde Agate es gewagt haben so von irgend einem

Amerikaner zu sprechen?

Was Sie über den politischen Parteistandpunkt der Mehrzahl

der Deutschen in den V.St. sagen, war mir nicht neu, und inso-

fern wenigstens, wenn überhaupt, gehöre ich so wenig zu

den Radicalissimi, wie Kapp[2] oder Donei. Ein vieljähriges und

gewissenhaftes Suchen nach den Gründen diese Erscheinung hat

mich reichlich belohnt. Ich halte Ihre Kampfesweise für die

richtige, habe sie stets dem großen Publikum gegenüber und

noch jüngst in meinen St__greden befolgt. Heingen schreibt

für ein ausgewähltes Publikum, und für dieses muss er gerade

so schreiben, wie er es thut. Sint ut sunt, aut aere sunt.

 

Ad vocem: Stanton. Sie geben selbst zu, daß Stanton's Rolle

auf die Rathlosigkeit Anderer berechnet ist; gerade so weit

geht, was Sie meine „Bewunderung“ nennen; er hat es eben

nicht nöthig eine andere Rolle zu spielen; ich lasse mich nicht

darauf ein zu untersuchen, ob er eine andere, größere, spielen

könne. Ich konstatiere die Thatsche, und, da ich für ein republi-

kanisches Parteiblatt schreibe, konstatire ich sie im Jn-

teresse dieser Partei und ihrer Massen. Als ich in den

Dienst Ihres Blattes trat, war ich mir bewusst die Verpflich-

tung übernommen zu haben seine Interessen und die der Partei,

 


(Seite)

der als angehört, zu fördern und, in dieser Verpflichtung, manchen

meiner Ansichten und Ueberzeugungen Schweigen aufzulegen.

In diesem Geiste habe ich meine Korrespondenzen zu halten

gesucht. Dies führt mich zu der mir zurückgeschickten Kor-

respondenz vom 29. v.M. und Ihren darüber gemachten Be-

merkungen. Ich schicke voraus, daß Sie versichert sein können,

daß eine Kritik, wie die von Ihnen geübte, mich nie kränkt.

Niemand kann mehr von der relativen Bedeutungslo-

sigkeit meiner schriftstellerischen Produktionen überzeugt

sein, als ich selbst; und ich kann mich in der That keiner derselben

erinnern, mit der ich nach Anlegung der kritischen Feile

zufrieden gewesen. Allein unglücklicher Weise finde ich

mich nicht in der Lage Horazens gute Rathschläge in seiner

Ars poetica verfolgen zu können, denn ich schreibe nicht als

Villen-Poet von Insentur, sondern als Lohnschreiber

mit einem Washingtoner boardinghouse. Ich habe Sie auch

bereits versichert, daß ich Ihre gute Absicht: "to break me in"

verstehe, sie dankbar anerkenne und nur bedaure daß

Sie ihn mir einen so hard case finden, der Ihnen so viele

Last macht. Ihre Bemerkung, daß Sie fürchten, ich würde selbst

meine jetzigen günstigen Chancen nicht genügend auszu-

beuten wissen, hat viel Wahres. Ich besitze zu wenig Wissen

zum Gelehrten, und zu wenig Schweigsamkeit Welt-

 

(seite)

mann. Meiner Erziehung getreue, bin ich ein gewissen-

hafter, etwas pedantischer Büreaukrat, und hätte in

Preußen bleiben sollen, wo eine glänzende Zukunft

vor mir lag. Zu meinem Unglücke hatte mich ein leiden-

schaftliches Studium der klassischen Griechen und Römer,

verbunden mit einem schon in der Kindheit ernstern

grübelnden, streng sittlichen Karakter, zum Republikaner

gemacht.

Wenn ich Ihre Bemerkungen über die auf den Catalogen

gesetzte Korrespondenz richtig auffaße, so komme ich zu

dem Schluße, daß wir über das Wesen solcher Korres-

pondenz wesentlich differiren. Sie scheinen an diesel-

ben die ernste Anforderung der die objektische Wahrheit

erstrebenden Geschichtsforschung zu stellen. Ich gebe

ihnen die Aufgabe: ein möglichst getreues und lebendiges

Bild der stets wechselnden Phasen im Kaleidoskop

des täglichen Lebens zu liefern. Die tiefere Untersu-

chung, weßhalb die kon- u. die divergirenden Reflexe

der Prismen gerade solche Effekte und keine anderen

erzeugen müssen, mit anderen Worten, die Frage

nach der Wahrheit und den Motiven jener Erscheinungen

scheint mir außerhalb des Beweises meiner jetzigen

Aufgabe zu liegen. Ich soll nicht Historienmaler sein, sondern

Skizzen hinwerfen. Von diesem Standpunkte betrachtet,

kann ich die bewußte Korrespondenz nicht für so ganz

werthlos halten. Mit Ihnen auf die einzelnen Punkte

derselben übergehen scheint mir zunächst gegen Fre-

mont[3], ohne es mit so viel Worten zu sagen, der point

ausgemacht zu sein, daß er ein gewissenloser, frecher

Schwindtler ist, dem jedes Mittel recht. Während die

Welt weiß, daß er weder Kredit noch Mittel zum Be-

trage von 5 cts hat, übernimmt er Eisenbahnfahretrakte

zum Betrage von 100 von Millionen, verspricht die Garantie

der V. St. zu Anleihen von 50 Millionen, sucht eine von den V.St.

anerkannte Regierung umzustoßen, kompromittirt

den Namen bekannter Staatsmänner und All dieses

in Verbindung mit dem Abschaum von Wallstreet. Was

er mit den beschmutzten Exemplaren, worauf er gar kein

Recht hatte, und die upon their fall nur zu Schwindeleien

 

(Seite)

benutzt werden konnnten, gethan, wird Fremont

wohl ebensowenig sagen, als er auf die gegen

ihnen erhobene und beschworne Anklage geantwor-

tet hat; aber Jedermann kennt ihn und seine

Genossen genügend um zu wissen, daß er versucht

haben wird sie zu benutzen. Fälscher und Falschmünzer

pflegen nicht dem Publikum mitzutheilen wie, wann

und wo sie ihre falschen Dokumente zu benutzen gedenken.

Sie werden schon einen Unerfahrenen finden.

Die Beschuldigungen wegen des Alaska-Handels habe ich

nicht erfunden. Sie zirkulirt hier in den Kreisen des

Kongresses, und hat ihren Weg in das ganze Publikum

gefunden. In diesem Lichte habe ich sie dargestellt und

ausdrücklich als meine Privatmeinung ausgesprochen,

daß mir der Sachverhalt dunkel erschien. Als Aufklä-

rung des Publikums über die Zögerung u. Weigerung des Haus-

komittees die Sache in Berathung zu nehmen, schien

mir das Gerücht von hoher Bedeutung.

Wenn ich, wie oben gesagt, die Bierbummelei von ganzer

Seele haße, so haße ich nicht weniger die Temperenzelei[4]

und Sonntagsmucherei (?), deren Champion zu sein Wilson

sich sogar brüstet, ohne durch das Benehmen seines

großen Gelehrten, Yates, sich feiren zu lassen. Die Bier-

wirthanmaßung zu bekämpfen wird es Zeit sein, wenn

sie eine Partei bilden und als solches Einfluß auf

 

(Seite)

die Gesetzgebung zu gewinnen suchen, wie sie

es in N. York gethan, wo ich Ihnen mit meinen

geringen Kräften entgegengetreten bin.

In Betreff Seymours haben die jüngsten Aufklä-

rungen bewiesen, da Sie Recht hatten. Unsere Kinder

und Enkel werden den Vorzug genießen uns viele

Irrthümer nachweisen zu können, ohne deßhalb

im Stande zu sein, sicher als wir vor gleicher

zu bewahren!

 

(Seite)

Wade wünschte eine Uebersetzung der p. Korrespon-

denz; ich habe sie gemacht und auch die Ihres Edito-

rials über den Punkt.

Ich habe nichts dagegen einzuwenden, daß Sie

meinen Namen unter meine Korrespondenz

drucken.

 

Ich bin noch nicht dazu gekommen, Ihre Worte zu lesen. Ich

würde es gerne mit nach Hause nehmen, um es

zur Hand zu nehmen, wenn ich einen Augenblick

Muße finde.

Mit freundschaftlichen Gruße Ihr

C.N. Riotte

 

 



[1] das Sichaussprechen, Erklärung [von Gefühlen]

[3] John Charles Frémont or Fremont (January 21, 1813 – July 13, 1890). 1864 wurde er gegen Abraham Lincoln als Gegenkandidat aufgestellt, musste aber zurücktreten. Frémont war bei verschiedenen Eisenbahngesellschaften zur Pazifikküste beteiligt und wurde später von betrogenen französischen Aktionären verklagt und vom Pariser Tribunal − in Abwesenheit − wegen Escroquerie verurteilt, was dem deutschen Betrug entspricht. Seine finanzielle Situation verschlechterte sich derart, dass er sich in Washington D.C. um ein Amt bewerben musste..

[4] Anhänger einer Mäßigkeits- oder Enthaltsamkeitsbewegung

Re: [Regionalforum-Saar] über das üble Biersaufen der Deutschen (u.a.)

Date: 2014/04/01 13:28:01
From: Elmar Peiffer <e.peiffer(a)gmx.net>

1.) Zu dem Begriff "Apostat" schreibt WIKIPEDIA:

Apostasie

(Weitergeleitet von Apostat)
Der Ausdruck Apostasie (griechisch αποστασία apostasía ‚Abfall‘; von ἀφίσταμαι aphistamai ‚abfallen‘, ‚wegtreten‘)[1] bezeichnet die Abwendung von einer Religion durch einen förmlichen Akt (beispielsweise Kirchenaustritt oder Übertritt zu einem anderen Bekenntnis, Konversion). Jemand, der Apostasie vollführt, ist ein Apostat. Während Häresie nur eine oder mehrere überlieferte Lehren der Religion bestreitet, besteht die Apostasie in der Ablehnung der verlassenen Religion als solche.
Der Begriff stammt aus der christlichen Tradition, besonders der römisch-katholischen Kirche. Heute ist er jedoch auch im Zusammenhang mit dem Islam weit verbreitet.
 
2.) Kann Jemand den lateinischen Satz "Sint ut sunt, aut aere sunt" übersetzen?
 
Elmar Peiffer
Birkenstr. 14
66606 St. Wendel
0176-222 333 09
info(a)elmar-peiffer.de
www.elmar-peiffer.de
 
#############################################################################
Gesendet: Dienstag, 01. April 2014 um 08:19 Uhr
Von: Rolgeiger(a)aol.com
An: regionalforum-saar(a)genealogy.net
Betreff: [Regionalforum-Saar] über das üble Biersaufen der Deutschen (u.a.)
Salü,
 
letztens erhielt ich auf der Suche nach Informationen über den St. Wendeler Carl Nikolaus Riotte (geb. 1814; Studium in Trier, Teilnahme am Aufstand in Elberfeld 1848/49, Flucht nach Texas, 1862 unter Abraham Lincoln Botschafter in Costa Rica und unter Ulysses Grant Botschafter in Nicaragua, + 1887 in der Schweiz) von der Historischen Gesellschaft des US-Bundesstaates Ohio einen Brief Riottes an Friedrich Hassaurek, ebenfalls Rebellionsflüchtling und damals Herausgeber einer deutschsprachigen Zeitung in Ohio namens "Das Volksblatt", für das Riotte Artikel verfaßte.
 
Dem Brief geht ein Artikel Riottes über einen "Staatsvertrag" voraus, den Hassaurek kritisiert hatte.
 
Alles konnte ich nicht lesen, und bei 2 Wörtern bin ich mir noch nicht sicher, auch nicht, wie ich das lateinische Sprichwort übersetzen soll.
 
Mit freundlichem Gruß
 
Roland Geiger
 
-----------------
 

Washington, d.C., d. 9. April 1868.

 

Lieber Herr Hasaurek.

 

Als ich gestern eben meine Kor-

respondenz zur Post gegeben, erhielt ich Ihr Schreiben

vom 6. d.M. u. Hn Danzers Expektoration[1]; letztere

war mir umso unerwarteter als mir nicht bekannt

war, daß mein Artikel über den bewussten Staats-

vertrag von Ihnen veröffentlicht worden war, und ich nach

Ihrem Briefe gerade das Entgegengesetzte glaubte an-

nehmen zu müssen. Gestatten Sie mir Ihr letztes

Schreiben seriatim durchzugehen. Ich weiß, daß die große

Masse der Deutschen, wie die jedes anderen Volkes auch des

amerikanischen, ungebildet ist: Deutsche, die das uebelhafte

Biersaufen zum Kultus erheben, sind mir unerträglich, mögen

sie sonst Anspruch auf Bildung haben oder nicht; daß auch unsere

gebildeten Deutschen als Regel ihr Wissen (oft aus ihrer

Schul - und Universitätenbesuch) zur Grundlage ganz ungerecht-

fertigter Selbstüberschätzung machen, gebe ich zu, ich habe

diese stets bekämpft und mit solcher Entschiedenheit, daß ich

oft den Vorwurf eines Apostaten hören musste. Das kann

mich aber nicht bestimmen eine gleich engherzige Selbstüber-

hebung bei Amerikanern ruhig hinzunehmen oder gar

 

(Seite)

als eine Schmeichelei verdenken. Ich frage Sie nochmals:

Würde Agate es gewagt haben so von irgend einem

Amerikaner zu sprechen?

Was Sie über den politischen Parteistandpunkt der Mehrzahl

der Deutschen in den V.St. sagen, war mir nicht neu, und inso-

fern wenigstens, wenn überhaupt, gehöre ich so wenig zu

den Radicalissimi, wie Kapp[2] oder Donei. Ein vieljähriges und

gewissenhaftes Suchen nach den Gründen diese Erscheinung hat

mich reichlich belohnt. Ich halte Ihre Kampfesweise für die

richtige, habe sie stets dem großen Publikum gegenüber und

noch jüngst in meinen St__greden befolgt. Heingen schreibt

für ein ausgewähltes Publikum, und für dieses muss er gerade

so schreiben, wie er es thut. Sint ut sunt, aut aere sunt.

 

Ad vocem: Stanton. Sie geben selbst zu, daß Stanton's Rolle

auf die Rathlosigkeit Anderer berechnet ist; gerade so weit

geht, was Sie meine „Bewunderung“ nennen; er hat es eben

nicht nöthig eine andere Rolle zu spielen; ich lasse mich nicht

darauf ein zu untersuchen, ob er eine andere, größere, spielen

könne. Ich konstatiere die Thatsche, und, da ich für ein republi-

kanisches Parteiblatt schreibe, konstatire ich sie im Jn-

teresse dieser Partei und ihrer Massen. Als ich in den

Dienst Ihres Blattes trat, war ich mir bewusst die Verpflich-

tung übernommen zu haben seine Interessen und die der Partei,

 

 

(Seite)

der als angehört, zu fördern und, in dieser Verpflichtung, manchen

meiner Ansichten und Ueberzeugungen Schweigen aufzulegen.

In diesem Geiste habe ich meine Korrespondenzen zu halten

gesucht. Dies führt mich zu der mir zurückgeschickten Kor-

respondenz vom 29. v.M. und Ihren darüber gemachten Be-

merkungen. Ich schicke voraus, daß Sie versichert sein können,

daß eine Kritik, wie die von Ihnen geübte, mich nie kränkt.

Niemand kann mehr von der relativen Bedeutungslo-

sigkeit meiner schriftstellerischen Produktionen überzeugt

sein, als ich selbst; und ich kann mich in der That keiner derselben

erinnern, mit der ich nach Anlegung der kritischen Feile

zufrieden gewesen. Allein unglücklicher Weise finde ich

mich nicht in der Lage Horazens gute Rathschläge in seiner

Ars poetica verfolgen zu können, denn ich schreibe nicht als

Villen-Poet von Insentur, sondern als Lohnschreiber

mit einem Washingtoner boardinghouse. Ich habe Sie auch

bereits versichert, daß ich Ihre gute Absicht: "to break me in"

verstehe, sie dankbar anerkenne und nur bedaure daß

Sie ihn mir einen so hard case finden, der Ihnen so viele

Last macht. Ihre Bemerkung, daß Sie fürchten, ich würde selbst

meine jetzigen günstigen Chancen nicht genügend auszu-

beuten wissen, hat viel Wahres. Ich besitze zu wenig Wissen

zum Gelehrten, und zu wenig Schweigsamkeit Welt-

 

(seite)

mann. Meiner Erziehung getreue, bin ich ein gewissen-

hafter, etwas pedantischer Büreaukrat, und hätte in

Preußen bleiben sollen, wo eine glänzende Zukunft

vor mir lag. Zu meinem Unglücke hatte mich ein leiden-

schaftliches Studium der klassischen Griechen und Römer,

verbunden mit einem schon in der Kindheit ernstern

grübelnden, streng sittlichen Karakter, zum Republikaner

gemacht.

Wenn ich Ihre Bemerkungen über die auf den Catalogen

gesetzte Korrespondenz richtig auffaße, so komme ich zu

dem Schluße, daß wir über das Wesen solcher Korres-

pondenz wesentlich differiren. Sie scheinen an diesel-

ben die ernste Anforderung der die objektische Wahrheit

erstrebenden Geschichtsforschung zu stellen. Ich gebe

ihnen die Aufgabe: ein möglichst getreues und lebendiges

Bild der stets wechselnden Phasen im Kaleidoskop

des täglichen Lebens zu liefern. Die tiefere Untersu-

chung, weßhalb die kon- u. die divergirenden Reflexe

der Prismen gerade solche Effekte und keine anderen

erzeugen müssen, mit anderen Worten, die Frage

nach der Wahrheit und den Motiven jener Erscheinungen

scheint mir außerhalb des Beweises meiner jetzigen

Aufgabe zu liegen. Ich soll nicht Historienmaler sein, sondern

Skizzen hinwerfen. Von diesem Standpunkte betrachtet,

kann ich die bewußte Korrespondenz nicht für so ganz

werthlos halten. Mit Ihnen auf die einzelnen Punkte

derselben übergehen scheint mir zunächst gegen Fre-

mont[3], ohne es mit so viel Worten zu sagen, der point

ausgemacht zu sein, daß er ein gewissenloser, frecher

Schwindtler ist, dem jedes Mittel recht. Während die

Welt weiß, daß er weder Kredit noch Mittel zum Be-

trage von 5 cts hat, übernimmt er Eisenbahnfahretrakte

zum Betrage von 100 von Millionen, verspricht die Garantie

der V. St. zu Anleihen von 50 Millionen, sucht eine von den V.St.

anerkannte Regierung umzustoßen, kompromittirt

den Namen bekannter Staatsmänner und All dieses

in Verbindung mit dem Abschaum von Wallstreet. Was

er mit den beschmutzten Exemplaren, worauf er gar kein

Recht hatte, und die upon their fall nur zu Schwindeleien

 

(Seite)

benutzt werden konnnten, gethan, wird Fremont

wohl ebensowenig sagen, als er auf die gegen

ihnen erhobene und beschworne Anklage geantwor-

tet hat; aber Jedermann kennt ihn und seine

Genossen genügend um zu wissen, daß er versucht

haben wird sie zu benutzen. Fälscher und Falschmünzer

pflegen nicht dem Publikum mitzutheilen wie, wann

und wo sie ihre falschen Dokumente zu benutzen gedenken.

Sie werden schon einen Unerfahrenen finden.

Die Beschuldigungen wegen des Alaska-Handels habe ich

nicht erfunden. Sie zirkulirt hier in den Kreisen des

Kongresses, und hat ihren Weg in das ganze Publikum

gefunden. In diesem Lichte habe ich sie dargestellt und

ausdrücklich als meine Privatmeinung ausgesprochen,

daß mir der Sachverhalt dunkel erschien. Als Aufklä-

rung des Publikums über die Zögerung u. Weigerung des Haus-

komittees die Sache in Berathung zu nehmen, schien

mir das Gerücht von hoher Bedeutung.

Wenn ich, wie oben gesagt, die Bierbummelei von ganzer

Seele haße, so haße ich nicht weniger die Temperenzelei[4]

und Sonntagsmucherei (?), deren Champion zu sein Wilson

sich sogar brüstet, ohne durch das Benehmen seines

großen Gelehrten, Yates, sich feiren zu lassen. Die Bier-

wirthanmaßung zu bekämpfen wird es Zeit sein, wenn

sie eine Partei bilden und als solches Einfluß auf

 

(Seite)

die Gesetzgebung zu gewinnen suchen, wie sie

es in N. York gethan, wo ich Ihnen mit meinen

geringen Kräften entgegengetreten bin.

In Betreff Seymours haben die jüngsten Aufklä-

rungen bewiesen, da Sie Recht hatten. Unsere Kinder

und Enkel werden den Vorzug genießen uns viele

Irrthümer nachweisen zu können, ohne deßhalb

im Stande zu sein, sicher als wir vor gleicher

zu bewahren!

 

(Seite)

Wade wünschte eine Uebersetzung der p. Korrespon-

denz; ich habe sie gemacht und auch die Ihres Edito-

rials über den Punkt.

Ich habe nichts dagegen einzuwenden, daß Sie

meinen Namen unter meine Korrespondenz

drucken.

 

Ich bin noch nicht dazu gekommen, Ihre Worte zu lesen. Ich

würde es gerne mit nach Hause nehmen, um es

zur Hand zu nehmen, wenn ich einen Augenblick

Muße finde.

Mit freundschaftlichen Gruße Ihr

C.N. Riotte

 

 

 

[1] das Sichaussprechen, Erklärung [von Gefühlen]

[3] John Charles Frémont or Fremont (January 21, 1813 – July 13, 1890). 1864 wurde er gegen Abraham Lincoln als Gegenkandidat aufgestellt, musste aber zurücktreten. Frémont war bei verschiedenen Eisenbahngesellschaften zur Pazifikküste beteiligt und wurde später von betrogenen französischen Aktionären verklagt und vom Pariser Tribunal − in Abwesenheit − wegen Escroquerie verurteilt, was dem deutschen Betrug entspricht. Seine finanzielle Situation verschlechterte sich derart, dass er sich in Washington D.C. um ein Amt bewerben musste..

[4] Anhänger einer Mäßigkeits- oder Enthaltsamkeitsbewegung

_______________________________________________ Regionalforum-Saar mailing list Regionalforum-Saar(a)genealogy.net http://list.genealogy.net/mm/listinfo/regionalforum-saar

Re: [Regionalforum-Saar] über das üble Biersaufen der Deutschen (u.a.)

Date: 2014/04/01 13:50:26
From: Dr. M. Franz <DrMFranz(a)t-online.de>

Hallo Herr Geiger,

den Brief von Riotte, den Sie gepostet haben, finde ich sehr interessant. (Nicht nur, weil ein Onkel von mir und seine Familie mal in Saarbrücken in der Riottestraße gewohnt haben …;-)

Vielleicht kann ich auch ein bisschen was zur Entzifferung und Kommentierung des Briefs beisteuern.

Als erstes einmal: die „Sonntagsmucherei“ muss wohl „Sonntagsmuckerei“ heißen (vielleicht hat aber Riotte auch eine lokale Orthographie oder Aussprache). „Mucker“ sind extrem bigotte Pietisten, wie man sie z.B. in besonders extremer Weise in Wuppertal fand; daher der Spruch: „Wuppertal = Muckertal“, der bis heute noch verwendet wird. („Mucker“ nannten sich auch eine besondere Gruppe deutscher Auswanderer in Südbrasilien im frühen 19. Jh., wie ich vor 10 Jahren in Porto Alegre erfuhr.) Aber hier im Kontext des Riotte-Briefs ist der Ausdruck wohl im übertragenen Sinn gebraucht, ebenso wie der parallele „Temperanzlertum“.

Wenn Sie mir einen scan des Briefs (als pdf) schicken könnten, könnte ich (oder eine gute Freundin von mir, die an der University of Nebraska in Lincoln Deutsch lehrt und ziemlich viel in deutschen Kirchenarchiven geforscht hat, deshalb auch sehr gut paläographisch bewandert ist) Ihnen vielleicht noch das eine oder andere rausbekommen.

Vielen Dank für Ihre freundliche Mitteilung –

Ihr

Michael Franz

 

Von: regionalforum-saar-bounces(a)genealogy.net [mailto:regionalforum-saar-bounces(a)genealogy.net] Im Auftrag von Rolgeiger(a)aol.com
Gesendet: Dienstag, 1. April 2014 08:20
An: regionalforum-saar(a)genealogy.net
Betreff: [Regionalforum-Saar] über das üble Biersaufen der Deutschen (u.a.)

 

Salü,

 

letztens erhielt ich auf der Suche nach Informationen über den St. Wendeler Carl Nikolaus Riotte (geb. 1814; Studium in Trier, Teilnahme am Aufstand in Elberfeld 1848/49, Flucht nach Texas, 1862 unter Abraham Lincoln Botschafter in Costa Rica und unter Ulysses Grant Botschafter in Nicaragua, + 1887 in der Schweiz) von der Historischen Gesellschaft des US-Bundesstaates Ohio einen Brief Riottes an Friedrich Hassaurek, ebenfalls Rebellionsflüchtling und damals Herausgeber einer deutschsprachigen Zeitung in Ohio namens "Das Volksblatt", für das Riotte Artikel verfaßte.

 

Dem Brief geht ein Artikel Riottes über einen "Staatsvertrag" voraus, den Hassaurek kritisiert hatte.

 

Alles konnte ich nicht lesen, und bei 2 Wörtern bin ich mir noch nicht sicher, auch nicht, wie ich das lateinische Sprichwort übersetzen soll.

 

Mit freundlichem Gruß
 
Roland Geiger

 

-----------------

 

Washington, d.C., d. 9. April 1868.

 

Lieber Herr Hasaurek.

 

Als ich gestern eben meine Kor-

respondenz zur Post gegeben, erhielt ich Ihr Schreiben

vom 6. d.M. u. Hn Danzers Expektoration[1][1]; letztere

war mir umso unerwarteter als mir nicht bekannt

war, daß mein Artikel über den bewussten Staats-

vertrag von Ihnen veröffentlicht worden war, und ich nach

Ihrem Briefe gerade das Entgegengesetzte glaubte an-

nehmen zu müssen. Gestatten Sie mir Ihr letztes

Schreiben seriatim durchzugehen. Ich weiß, daß die große

Masse der Deutschen, wie die jedes anderen Volkes auch des

amerikanischen, ungebildet ist: Deutsche, die das uebelhafte

Biersaufen zum Kultus erheben, sind mir unerträglich, mögen

sie sonst Anspruch auf Bildung haben oder nicht; daß auch unsere

gebildeten Deutschen als Regel ihr Wissen (oft aus ihrer

Schul - und Universitätenbesuch) zur Grundlage ganz ungerecht-

fertigter Selbstüberschätzung machen, gebe ich zu, ich habe

diese stets bekämpft und mit solcher Entschiedenheit, daß ich

oft den Vorwurf eines Apostaten hören musste. Das kann

mich aber nicht bestimmen eine gleich engherzige Selbstüber-

hebung bei Amerikanern ruhig hinzunehmen oder gar

 

(Seite)

als eine Schmeichelei verdenken. Ich frage Sie nochmals:

Würde Agate es gewagt haben so von irgend einem

Amerikaner zu sprechen?

Was Sie über den politischen Parteistandpunkt der Mehrzahl

der Deutschen in den V.St. sagen, war mir nicht neu, und inso-

fern wenigstens, wenn überhaupt, gehöre ich so wenig zu

den Radicalissimi, wie Kapp[2][2] oder Donei. Ein vieljähriges und

gewissenhaftes Suchen nach den Gründen diese Erscheinung hat

mich reichlich belohnt. Ich halte Ihre Kampfesweise für die

richtige, habe sie stets dem großen Publikum gegenüber und

noch jüngst in meinen St__greden befolgt. Heingen schreibt

für ein ausgewähltes Publikum, und für dieses muss er gerade

so schreiben, wie er es thut. Sint ut sunt, aut aere sunt.

 

Ad vocem: Stanton. Sie geben selbst zu, daß Stanton's Rolle

auf die Rathlosigkeit Anderer berechnet ist; gerade so weit

geht, was Sie meine „Bewunderung“ nennen; er hat es eben

nicht nöthig eine andere Rolle zu spielen; ich lasse mich nicht

darauf ein zu untersuchen, ob er eine andere, größere, spielen

könne. Ich konstatiere die Thatsche, und, da ich für ein republi-

kanisches Parteiblatt schreibe, konstatire ich sie im Jn-

teresse dieser Partei und ihrer Massen. Als ich in den

Dienst Ihres Blattes trat, war ich mir bewusst die Verpflich-

tung übernommen zu haben seine Interessen und die der Partei,

 


(Seite)

der als angehört, zu fördern und, in dieser Verpflichtung, manchen

meiner Ansichten und Ueberzeugungen Schweigen aufzulegen.

In diesem Geiste habe ich meine Korrespondenzen zu halten

gesucht. Dies führt mich zu der mir zurückgeschickten Kor-

respondenz vom 29. v.M. und Ihren darüber gemachten Be-

merkungen. Ich schicke voraus, daß Sie versichert sein können,

daß eine Kritik, wie die von Ihnen geübte, mich nie kränkt.

Niemand kann mehr von der relativen Bedeutungslo-

sigkeit meiner schriftstellerischen Produktionen überzeugt

sein, als ich selbst; und ich kann mich in der That keiner derselben

erinnern, mit der ich nach Anlegung der kritischen Feile

zufrieden gewesen. Allein unglücklicher Weise finde ich

mich nicht in der Lage Horazens gute Rathschläge in seiner

Ars poetica verfolgen zu können, denn ich schreibe nicht als

Villen-Poet von Insentur, sondern als Lohnschreiber

mit einem Washingtoner boardinghouse. Ich habe Sie auch

bereits versichert, daß ich Ihre gute Absicht: "to break me in"

verstehe, sie dankbar anerkenne und nur bedaure daß

Sie ihn mir einen so hard case finden, der Ihnen so viele

Last macht. Ihre Bemerkung, daß Sie fürchten, ich würde selbst

meine jetzigen günstigen Chancen nicht genügend auszu-

beuten wissen, hat viel Wahres. Ich besitze zu wenig Wissen

zum Gelehrten, und zu wenig Schweigsamkeit Welt-

 

(seite)

mann. Meiner Erziehung getreue, bin ich ein gewissen-

hafter, etwas pedantischer Büreaukrat, und hätte in

Preußen bleiben sollen, wo eine glänzende Zukunft

vor mir lag. Zu meinem Unglücke hatte mich ein leiden-

schaftliches Studium der klassischen Griechen und Römer,

verbunden mit einem schon in der Kindheit ernstern

grübelnden, streng sittlichen Karakter, zum Republikaner

gemacht.

Wenn ich Ihre Bemerkungen über die auf den Catalogen

gesetzte Korrespondenz richtig auffaße, so komme ich zu

dem Schluße, daß wir über das Wesen solcher Korres-

pondenz wesentlich differiren. Sie scheinen an diesel-

ben die ernste Anforderung der die objektische Wahrheit

erstrebenden Geschichtsforschung zu stellen. Ich gebe

ihnen die Aufgabe: ein möglichst getreues und lebendiges

Bild der stets wechselnden Phasen im Kaleidoskop

des täglichen Lebens zu liefern. Die tiefere Untersu-

chung, weßhalb die kon- u. die divergirenden Reflexe

der Prismen gerade solche Effekte und keine anderen

erzeugen müssen, mit anderen Worten, die Frage

nach der Wahrheit und den Motiven jener Erscheinungen

scheint mir außerhalb des Beweises meiner jetzigen

Aufgabe zu liegen. Ich soll nicht Historienmaler sein, sondern

Skizzen hinwerfen. Von diesem Standpunkte betrachtet,

kann ich die bewußte Korrespondenz nicht für so ganz

werthlos halten. Mit Ihnen auf die einzelnen Punkte

derselben übergehen scheint mir zunächst gegen Fre-

mont[3][3], ohne es mit so viel Worten zu sagen, der point

ausgemacht zu sein, daß er ein gewissenloser, frecher

Schwindtler ist, dem jedes Mittel recht. Während die

Welt weiß, daß er weder Kredit noch Mittel zum Be-

trage von 5 cts hat, übernimmt er Eisenbahnfahretrakte

zum Betrage von 100 von Millionen, verspricht die Garantie

der V. St. zu Anleihen von 50 Millionen, sucht eine von den V.St.

anerkannte Regierung umzustoßen, kompromittirt

den Namen bekannter Staatsmänner und All dieses

in Verbindung mit dem Abschaum von Wallstreet. Was

er mit den beschmutzten Exemplaren, worauf er gar kein

Recht hatte, und die upon their fall nur zu Schwindeleien

 

(Seite)

benutzt werden konnnten, gethan, wird Fremont

wohl ebensowenig sagen, als er auf die gegen

ihnen erhobene und beschworne Anklage geantwor-

tet hat; aber Jedermann kennt ihn und seine

Genossen genügend um zu wissen, daß er versucht

haben wird sie zu benutzen. Fälscher und Falschmünzer

pflegen nicht dem Publikum mitzutheilen wie, wann

und wo sie ihre falschen Dokumente zu benutzen gedenken.

Sie werden schon einen Unerfahrenen finden.

Die Beschuldigungen wegen des Alaska-Handels habe ich

nicht erfunden. Sie zirkulirt hier in den Kreisen des

Kongresses, und hat ihren Weg in das ganze Publikum

gefunden. In diesem Lichte habe ich sie dargestellt und

ausdrücklich als meine Privatmeinung ausgesprochen,

daß mir der Sachverhalt dunkel erschien. Als Aufklä-

rung des Publikums über die Zögerung u. Weigerung des Haus-

komittees die Sache in Berathung zu nehmen, schien

mir das Gerücht von hoher Bedeutung.

Wenn ich, wie oben gesagt, die Bierbummelei von ganzer

Seele haße, so haße ich nicht weniger die Temperenzelei[4][4]

und Sonntagsmucherei (?), deren Champion zu sein Wilson

sich sogar brüstet, ohne durch das Benehmen seines

großen Gelehrten, Yates, sich feiren zu lassen. Die Bier-

wirthanmaßung zu bekämpfen wird es Zeit sein, wenn

sie eine Partei bilden und als solches Einfluß auf

 

(Seite)

die Gesetzgebung zu gewinnen suchen, wie sie

es in N. York gethan, wo ich Ihnen mit meinen

geringen Kräften entgegengetreten bin.

In Betreff Seymours haben die jüngsten Aufklä-

rungen bewiesen, da Sie Recht hatten. Unsere Kinder

und Enkel werden den Vorzug genießen uns viele

Irrthümer nachweisen zu können, ohne deßhalb

im Stande zu sein, sicher als wir vor gleicher

zu bewahren!

 

(Seite)

Wade wünschte eine Uebersetzung der p. Korrespon-

denz; ich habe sie gemacht und auch die Ihres Edito-

rials über den Punkt.

Ich habe nichts dagegen einzuwenden, daß Sie

meinen Namen unter meine Korrespondenz

drucken.

 

Ich bin noch nicht dazu gekommen, Ihre Worte zu lesen. Ich

würde es gerne mit nach Hause nehmen, um es

zur Hand zu nehmen, wenn ich einen Augenblick

Muße finde.

Mit freundschaftlichen Gruße Ihr

C.N. Riotte

 

 





[1][1] das Sichaussprechen, Erklärung [von Gefühlen]

[3][3] John Charles Frémont or Fremont (January 21, 1813 – July 13, 1890). 1864 wurde er gegen Abraham Lincoln als Gegenkandidat aufgestellt, musste aber zurücktreten. Frémont war bei verschiedenen Eisenbahngesellschaften zur Pazifikküste beteiligt und wurde später von betrogenen französischen Aktionären verklagt und vom Pariser Tribunal − in Abwesenheit − wegen Escroquerie verurteilt, was dem deutschen Betrug entspricht. Seine finanzielle Situation verschlechterte sich derart, dass er sich in Washington D.C. um ein Amt bewerben musste..

[4][4] Anhänger einer Mäßigkeits- oder Enthaltsamkeitsbewegung

Re: [Regionalforum-Saar] über das üble Biersaufen der Deutschen (u.a.)

Date: 2014/04/01 15:39:41
From: anneliese.schumacher(a)t-online.de <anneliese.schumacher(a)t-online.de>

 

„Sint ut sunt aut non sint“ (Sie seien wie sie sind oder sie seien nicht) ist ein Satz, den einige Historiker Lorenzo Ricci, dem 18. Ordensgeneral der Jesuiten zuschreiben, als ihm der Vorschlag unterbreitet wurde, die Gesellschaft Jesu zu „reformieren“, um sie den Bedürfnissen der Welt anzupassen

 

Quelle: www.katholisches.info

 

Grüße

 

Anneliese Schumacher

 

-----Original-Nachricht-----

Betreff: [Regionalforum-Saar] über das üble Biersaufen der Deutschen (u.a.)

Datum: Tue, 01 Apr 2014 08:19:48 +0200

Von: Rolgeiger(a)aol.com

An: regionalforum-saar(a)genealogy.net

 

 

Salü,
 
letztens erhielt ich auf der Suche nach Informationen über den St. Wendeler Carl Nikolaus Riotte (geb. 1814; Studium in Trier, Teilnahme am Aufstand in Elberfeld 1848/49, Flucht nach Texas, 1862 unter Abraham Lincoln Botschafter in Costa Rica und unter Ulysses Grant Botschafter in Nicaragua, + 1887 in der Schweiz) von der Historischen Gesellschaft des US-Bundesstaates Ohio einen Brief Riottes an Friedrich Hassaurek, ebenfalls Rebellionsflüchtling und damals Herausgeber einer deutschsprachigen Zeitung in Ohio namens "Das Volksblatt", für das Riotte Artikel verfaßte.
 
Dem Brief geht ein Artikel Riottes über einen "Staatsvertrag" voraus, den Hassaurek kritisiert hatte.
 
Alles konnte ich nicht lesen, und bei 2 Wörtern bin ich mir noch nicht sicher, auch nicht, wie ich das lateinische Sprichwort übersetzen soll.
 
Mit freundlichem Gruß
 
Roland Geiger
 
-----------------
 

Washington, d.C., d. 9. April 1868.

 

Lieber Herr Hasaurek.

 

Als ich gestern eben meine Kor-

respondenz zur Post gegeben, erhielt ich Ihr Schreiben

vom 6. d.M. u. Hn Danzers Expektoration[1]; letztere

war mir umso unerwarteter als mir nicht bekannt

war, daß mein Artikel über den bewussten Staats-

vertrag von Ihnen veröffentlicht worden war, und ich nach

Ihrem Briefe gerade das Entgegengesetzte glaubte an-

nehmen zu müssen. Gestatten Sie mir Ihr letztes

Schreiben seriatim durchzugehen. Ich weiß, daß die große

Masse der Deutschen, wie die jedes anderen Volkes auch des

amerikanischen, ungebildet ist: Deutsche, die das uebelhafte

Biersaufen zum Kultus erheben, sind mir unerträglich, mögen

sie sonst Anspruch auf Bildung haben oder nicht; daß auch unsere

gebildeten Deutschen als Regel ihr Wissen (oft aus ihrer

Schul - und Universitätenbesuch) zur Grundlage ganz ungerecht-

fertigter Selbstüberschätzung machen, gebe ich zu, ich habe

diese stets bekämpft und mit solcher Entschiedenheit, daß ich

oft den Vorwurf eines Apostaten hören musste. Das kann

mich aber nicht bestimmen eine gleich engherzige Selbstüber-

hebung bei Amerikanern ruhig hinzunehmen oder gar

 

(Seite)

als eine Schmeichelei verdenken. Ich frage Sie nochmals:

Würde Agate es gewagt haben so von irgend einem

Amerikaner zu sprechen?

Was Sie über den politischen Parteistandpunkt der Mehrzahl

der Deutschen in den V.St. sagen, war mir nicht neu, und inso-

fern wenigstens, wenn überhaupt, gehöre ich so wenig zu

den Radicalissimi, wie Kapp[2] oder Donei. Ein vieljähriges und

gewissenhaftes Suchen nach den Gründen diese Erscheinung hat

mich reichlich belohnt. Ich halte Ihre Kampfesweise für die

richtige, habe sie stets dem großen Publikum gegenüber und

noch jüngst in meinen St__greden befolgt. Heingen schreibt

für ein ausgewähltes Publikum, und für dieses muss er gerade

so schreiben, wie er es thut. Sint ut sunt, aut aere sunt.

 

Ad vocem: Stanton. Sie geben selbst zu, daß Stanton's Rolle

auf die Rathlosigkeit Anderer berechnet ist; gerade so weit

geht, was Sie meine „Bewunderung“ nennen; er hat es eben

nicht nöthig eine andere Rolle zu spielen; ich lasse mich nicht

darauf ein zu untersuchen, ob er eine andere, größere, spielen

könne. Ich konstatiere die Thatsche, und, da ich für ein republi-

kanisches Parteiblatt schreibe, konstatire ich sie im Jn-

teresse dieser Partei und ihrer Massen. Als ich in den

Dienst Ihres Blattes trat, war ich mir bewusst die Verpflich-

tung übernommen zu haben seine Interessen und die der Partei,

 


(Seite)

der als angehört, zu fördern und, in dieser Verpflichtung, manchen

meiner Ansichten und Ueberzeugungen Schweigen aufzulegen.

In diesem Geiste habe ich meine Korrespondenzen zu halten

gesucht. Dies führt mich zu der mir zurückgeschickten Kor-

respondenz vom 29. v.M. und Ihren darüber gemachten Be-

merkungen. Ich schicke voraus, daß Sie versichert sein können,

daß eine Kritik, wie die von Ihnen geübte, mich nie kränkt.

Niemand kann mehr von der relativen Bedeutungslo-

sigkeit meiner schriftstellerischen Produktionen überzeugt

sein, als ich selbst; und ich kann mich in der That keiner derselben

erinnern, mit der ich nach Anlegung der kritischen Feile

zufrieden gewesen. Allein unglücklicher Weise finde ich

mich nicht in der Lage Horazens gute Rathschläge in seiner

Ars poetica verfolgen zu können, denn ich schreibe nicht als

Villen-Poet von Insentur, sondern als Lohnschreiber

mit einem Washingtoner boardinghouse. Ich habe Sie auch

bereits versichert, daß ich Ihre gute Absicht: "to break me in"

verstehe, sie dankbar anerkenne und nur bedaure daß

Sie ihn mir einen so hard case finden, der Ihnen so viele

Last macht. Ihre Bemerkung, daß Sie fürchten, ich würde selbst

meine jetzigen günstigen Chancen nicht genügend auszu-

beuten wissen, hat viel Wahres. Ich besitze zu wenig Wissen

zum Gelehrten, und zu wenig Schweigsamkeit Welt-

 

(seite)

mann. Meiner Erziehung getreue, bin ich ein gewissen-

hafter, etwas pedantischer Büreaukrat, und hätte in

Preußen bleiben sollen, wo eine glänzende Zukunft

vor mir lag. Zu meinem Unglücke hatte mich ein leiden-

schaftliches Studium der klassischen Griechen und Römer,

verbunden mit einem schon in der Kindheit ernstern

grübelnden, streng sittlichen Karakter, zum Republikaner

gemacht.

Wenn ich Ihre Bemerkungen über die auf den Catalogen

gesetzte Korrespondenz richtig auffaße, so komme ich zu

dem Schluße, daß wir über das Wesen solcher Korres-

pondenz wesentlich differiren. Sie scheinen an diesel-

ben die ernste Anforderung der die objektische Wahrheit

erstrebenden Geschichtsforschung zu stellen. Ich gebe

ihnen die Aufgabe: ein möglichst getreues und lebendiges

Bild der stets wechselnden Phasen im Kaleidoskop

des täglichen Lebens zu liefern. Die tiefere Untersu-

chung, weßhalb die kon- u. die divergirenden Reflexe

der Prismen gerade solche Effekte und keine anderen

erzeugen müssen, mit anderen Worten, die Frage

nach der Wahrheit und den Motiven jener Erscheinungen

scheint mir außerhalb des Beweises meiner jetzigen

Aufgabe zu liegen. Ich soll nicht Historienmaler sein, sondern

Skizzen hinwerfen. Von diesem Standpunkte betrachtet,

kann ich die bewußte Korrespondenz nicht für so ganz

werthlos halten. Mit Ihnen auf die einzelnen Punkte

derselben übergehen scheint mir zunächst gegen Fre-

mont[3], ohne es mit so viel Worten zu sagen, der point

ausgemacht zu sein, daß er ein gewissenloser, frecher

Schwindtler ist, dem jedes Mittel recht. Während die

Welt weiß, daß er weder Kredit noch Mittel zum Be-

trage von 5 cts hat, übernimmt er Eisenbahnfahretrakte

zum Betrage von 100 von Millionen, verspricht die Garantie

der V. St. zu Anleihen von 50 Millionen, sucht eine von den V.St.

anerkannte Regierung umzustoßen, kompromittirt

den Namen bekannter Staatsmänner und All dieses

in Verbindung mit dem Abschaum von Wallstreet. Was

er mit den beschmutzten Exemplaren, worauf er gar kein

Recht hatte, und die upon their fall nur zu Schwindeleien

 

(Seite)

benutzt werden konnnten, gethan, wird Fremont

wohl ebensowenig sagen, als er auf die gegen

ihnen erhobene und beschworne Anklage geantwor-

tet hat; aber Jedermann kennt ihn und seine

Genossen genügend um zu wissen, daß er versucht

haben wird sie zu benutzen. Fälscher und Falschmünzer

pflegen nicht dem Publikum mitzutheilen wie, wann

und wo sie ihre falschen Dokumente zu benutzen gedenken.

Sie werden schon einen Unerfahrenen finden.

Die Beschuldigungen wegen des Alaska-Handels habe ich

nicht erfunden. Sie zirkulirt hier in den Kreisen des

Kongresses, und hat ihren Weg in das ganze Publikum

gefunden. In diesem Lichte habe ich sie dargestellt und

ausdrücklich als meine Privatmeinung ausgesprochen,

daß mir der Sachverhalt dunkel erschien. Als Aufklä-

rung des Publikums über die Zögerung u. Weigerung des Haus-

komittees die Sache in Berathung zu nehmen, schien

mir das Gerücht von hoher Bedeutung.

Wenn ich, wie oben gesagt, die Bierbummelei von ganzer

Seele haße, so haße ich nicht weniger die Temperenzelei[4]

und Sonntagsmucherei (?), deren Champion zu sein Wilson

sich sogar brüstet, ohne durch das Benehmen seines

großen Gelehrten, Yates, sich feiren zu lassen. Die Bier-

wirthanmaßung zu bekämpfen wird es Zeit sein, wenn

sie eine Partei bilden und als solches Einfluß auf

 

(Seite)

die Gesetzgebung zu gewinnen suchen, wie sie

es in N. York gethan, wo ich Ihnen mit meinen

geringen Kräften entgegengetreten bin.

In Betreff Seymours haben die jüngsten Aufklä-

rungen bewiesen, da Sie Recht hatten. Unsere Kinder

und Enkel werden den Vorzug genießen uns viele

Irrthümer nachweisen zu können, ohne deßhalb

im Stande zu sein, sicher als wir vor gleicher

zu bewahren!

 

(Seite)

Wade wünschte eine Uebersetzung der p. Korrespon-

denz; ich habe sie gemacht und auch die Ihres Edito-

rials über den Punkt.

Ich habe nichts dagegen einzuwenden, daß Sie

meinen Namen unter meine Korrespondenz

drucken.

 

Ich bin noch nicht dazu gekommen, Ihre Worte zu lesen. Ich

würde es gerne mit nach Hause nehmen, um es

zur Hand zu nehmen, wenn ich einen Augenblick

Muße finde.

Mit freundschaftlichen Gruße Ihr

C.N. Riotte

 

 



[1] das Sichaussprechen, Erklärung [von Gefühlen]

[2] Friedrich Kapp (* 13. April1824 in Hamm, Westfalen; † 27. Oktober1884 in Berlin) war ein deutschamerikanischerRechtsanwalt, Schriftsteller und Politiker.

[3] John Charles Frémont or Fremont (January 21, 1813 – July 13, 1890). 1864 wurde er gegen Abraham Lincoln als Gegenkandidat aufgestellt, musste aber zurücktreten. Frémont war bei verschiedenen Eisenbahngesellschaften zur Pazifikküste beteiligt und wurde später von betrogenen französischen Aktionären verklagt und vom Pariser Tribunal − in Abwesenheit − wegen Escroquerie verurteilt, was dem deutschen Betrug entspricht. Seine finanzielle Situation verschlechterte sich derart, dass er sich in Washington D.C. um ein Amt bewerben musste..

[4] Anhänger einer Mäßigkeits- oder Enthaltsamkeitsbewegung

Re: [Regionalforum-Saar] über das üble Biersaufen der Deutschen (u.a.)

Date: 2014/04/02 13:16:00
From: Elmar Peiffer <e.peiffer(a)gmx.net>

Diese Übersetzung hätte ich auch liefern können. Aber der zweite Teil des Zitats lautet: "... aut aere sunt". Wie wäre das zu übersetzen?
Gruß
Elmar Peiffer
 
###########################################################################
Gesendet: Dienstag, 01. April 2014 um 15:39 Uhr
Von: "anneliese.schumacher(a)t-online.de" <anneliese.schumacher(a)t-online.de>
An: "regionalforum-saar(a)genealogy.net" <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Betreff: Re: [Regionalforum-Saar] über das üble Biersaufen der Deutschen (u.a.)

 

„Sint ut sunt aut non sint“ (Sie seien wie sie sind oder sie seien nicht) ist ein Satz, den einige Historiker Lorenzo Ricci, dem 18. Ordensgeneral der Jesuiten zuschreiben, als ihm der Vorschlag unterbreitet wurde, die Gesellschaft Jesu zu „reformieren“, um sie den Bedürfnissen der Welt anzupassen

 

Quelle: www.katholisches.info

 

Grüße

 

Anneliese Schumacher

 

-----Original-Nachricht-----

Betreff: [Regionalforum-Saar] über das üble Biersaufen der Deutschen (u.a.)

Datum: Tue, 01 Apr 2014 08:19:48 +0200

Von: Rolgeiger(a)aol.com

An: regionalforum-saar(a)genealogy.net

 

 

Salü,
 
letztens erhielt ich auf der Suche nach Informationen über den St. Wendeler Carl Nikolaus Riotte (geb. 1814; Studium in Trier, Teilnahme am Aufstand in Elberfeld 1848/49, Flucht nach Texas, 1862 unter Abraham Lincoln Botschafter in Costa Rica und unter Ulysses Grant Botschafter in Nicaragua, + 1887 in der Schweiz) von der Historischen Gesellschaft des US-Bundesstaates Ohio einen Brief Riottes an Friedrich Hassaurek, ebenfalls Rebellionsflüchtling und damals Herausgeber einer deutschsprachigen Zeitung in Ohio namens "Das Volksblatt", für das Riotte Artikel verfaßte.
 
Dem Brief geht ein Artikel Riottes über einen "Staatsvertrag" voraus, den Hassaurek kritisiert hatte.
 
Alles konnte ich nicht lesen, und bei 2 Wörtern bin ich mir noch nicht sicher, auch nicht, wie ich das lateinische Sprichwort übersetzen soll.
 
Mit freundlichem Gruß
 
Roland Geiger
 
-----------------
 

Washington, d.C., d. 9. April 1868.

 

Lieber Herr Hasaurek.

 

Als ich gestern eben meine Kor-

respondenz zur Post gegeben, erhielt ich Ihr Schreiben

vom 6. d.M. u. Hn Danzers Expektoration[1]; letztere

war mir umso unerwarteter als mir nicht bekannt

war, daß mein Artikel über den bewussten Staats-

vertrag von Ihnen veröffentlicht worden war, und ich nach

Ihrem Briefe gerade das Entgegengesetzte glaubte an-

nehmen zu müssen. Gestatten Sie mir Ihr letztes

Schreiben seriatim durchzugehen. Ich weiß, daß die große

Masse der Deutschen, wie die jedes anderen Volkes auch des

amerikanischen, ungebildet ist: Deutsche, die das uebelhafte

Biersaufen zum Kultus erheben, sind mir unerträglich, mögen

sie sonst Anspruch auf Bildung haben oder nicht; daß auch unsere

gebildeten Deutschen als Regel ihr Wissen (oft aus ihrer

Schul - und Universitätenbesuch) zur Grundlage ganz ungerecht-

fertigter Selbstüberschätzung machen, gebe ich zu, ich habe

diese stets bekämpft und mit solcher Entschiedenheit, daß ich

oft den Vorwurf eines Apostaten hören musste. Das kann

mich aber nicht bestimmen eine gleich engherzige Selbstüber-

hebung bei Amerikanern ruhig hinzunehmen oder gar

 

(Seite)

als eine Schmeichelei verdenken. Ich frage Sie nochmals:

Würde Agate es gewagt haben so von irgend einem

Amerikaner zu sprechen?

Was Sie über den politischen Parteistandpunkt der Mehrzahl

der Deutschen in den V.St. sagen, war mir nicht neu, und inso-

fern wenigstens, wenn überhaupt, gehöre ich so wenig zu

den Radicalissimi, wie Kapp[2] oder Donei. Ein vieljähriges und

gewissenhaftes Suchen nach den Gründen diese Erscheinung hat

mich reichlich belohnt. Ich halte Ihre Kampfesweise für die

richtige, habe sie stets dem großen Publikum gegenüber und

noch jüngst in meinen St__greden befolgt. Heingen schreibt

für ein ausgewähltes Publikum, und für dieses muss er gerade

so schreiben, wie er es thut. Sint ut sunt, aut aere sunt.

 

Ad vocem: Stanton. Sie geben selbst zu, daß Stanton's Rolle

auf die Rathlosigkeit Anderer berechnet ist; gerade so weit

geht, was Sie meine „Bewunderung“ nennen; er hat es eben

nicht nöthig eine andere Rolle zu spielen; ich lasse mich nicht

darauf ein zu untersuchen, ob er eine andere, größere, spielen

könne. Ich konstatiere die Thatsche, und, da ich für ein republi-

kanisches Parteiblatt schreibe, konstatire ich sie im Jn-

teresse dieser Partei und ihrer Massen. Als ich in den

Dienst Ihres Blattes trat, war ich mir bewusst die Verpflich-

tung übernommen zu haben seine Interessen und die der Partei,

 

 

(Seite)

der als angehört, zu fördern und, in dieser Verpflichtung, manchen

meiner Ansichten und Ueberzeugungen Schweigen aufzulegen.

In diesem Geiste habe ich meine Korrespondenzen zu halten

gesucht. Dies führt mich zu der mir zurückgeschickten Kor-

respondenz vom 29. v.M. und Ihren darüber gemachten Be-

merkungen. Ich schicke voraus, daß Sie versichert sein können,

daß eine Kritik, wie die von Ihnen geübte, mich nie kränkt.

Niemand kann mehr von der relativen Bedeutungslo-

sigkeit meiner schriftstellerischen Produktionen überzeugt

sein, als ich selbst; und ich kann mich in der That keiner derselben

erinnern, mit der ich nach Anlegung der kritischen Feile

zufrieden gewesen. Allein unglücklicher Weise finde ich

mich nicht in der Lage Horazens gute Rathschläge in seiner

Ars poetica verfolgen zu können, denn ich schreibe nicht als

Villen-Poet von Insentur, sondern als Lohnschreiber

mit einem Washingtoner boardinghouse. Ich habe Sie auch

bereits versichert, daß ich Ihre gute Absicht: "to break me in"

verstehe, sie dankbar anerkenne und nur bedaure daß

Sie ihn mir einen so hard case finden, der Ihnen so viele

Last macht. Ihre Bemerkung, daß Sie fürchten, ich würde selbst

meine jetzigen günstigen Chancen nicht genügend auszu-

beuten wissen, hat viel Wahres. Ich besitze zu wenig Wissen

zum Gelehrten, und zu wenig Schweigsamkeit Welt-

 

(seite)

mann. Meiner Erziehung getreue, bin ich ein gewissen-

hafter, etwas pedantischer Büreaukrat, und hätte in

Preußen bleiben sollen, wo eine glänzende Zukunft

vor mir lag. Zu meinem Unglücke hatte mich ein leiden-

schaftliches Studium der klassischen Griechen und Römer,

verbunden mit einem schon in der Kindheit ernstern

grübelnden, streng sittlichen Karakter, zum Republikaner

gemacht.

Wenn ich Ihre Bemerkungen über die auf den Catalogen

gesetzte Korrespondenz richtig auffaße, so komme ich zu

dem Schluße, daß wir über das Wesen solcher Korres-

pondenz wesentlich differiren. Sie scheinen an diesel-

ben die ernste Anforderung der die objektische Wahrheit

erstrebenden Geschichtsforschung zu stellen. Ich gebe

ihnen die Aufgabe: ein möglichst getreues und lebendiges

Bild der stets wechselnden Phasen im Kaleidoskop

des täglichen Lebens zu liefern. Die tiefere Untersu-

chung, weßhalb die kon- u. die divergirenden Reflexe

der Prismen gerade solche Effekte und keine anderen

erzeugen müssen, mit anderen Worten, die Frage

nach der Wahrheit und den Motiven jener Erscheinungen

scheint mir außerhalb des Beweises meiner jetzigen

Aufgabe zu liegen. Ich soll nicht Historienmaler sein, sondern

Skizzen hinwerfen. Von diesem Standpunkte betrachtet,

kann ich die bewußte Korrespondenz nicht für so ganz

werthlos halten. Mit Ihnen auf die einzelnen Punkte

derselben übergehen scheint mir zunächst gegen Fre-

mont[3], ohne es mit so viel Worten zu sagen, der point

ausgemacht zu sein, daß er ein gewissenloser, frecher

Schwindtler ist, dem jedes Mittel recht. Während die

Welt weiß, daß er weder Kredit noch Mittel zum Be-

trage von 5 cts hat, übernimmt er Eisenbahnfahretrakte

zum Betrage von 100 von Millionen, verspricht die Garantie

der V. St. zu Anleihen von 50 Millionen, sucht eine von den V.St.

anerkannte Regierung umzustoßen, kompromittirt

den Namen bekannter Staatsmänner und All dieses

in Verbindung mit dem Abschaum von Wallstreet. Was

er mit den beschmutzten Exemplaren, worauf er gar kein

Recht hatte, und die upon their fall nur zu Schwindeleien

 

(Seite)

benutzt werden konnnten, gethan, wird Fremont

wohl ebensowenig sagen, als er auf die gegen

ihnen erhobene und beschworne Anklage geantwor-

tet hat; aber Jedermann kennt ihn und seine

Genossen genügend um zu wissen, daß er versucht

haben wird sie zu benutzen. Fälscher und Falschmünzer

pflegen nicht dem Publikum mitzutheilen wie, wann

und wo sie ihre falschen Dokumente zu benutzen gedenken.

Sie werden schon einen Unerfahrenen finden.

Die Beschuldigungen wegen des Alaska-Handels habe ich

nicht erfunden. Sie zirkulirt hier in den Kreisen des

Kongresses, und hat ihren Weg in das ganze Publikum

gefunden. In diesem Lichte habe ich sie dargestellt und

ausdrücklich als meine Privatmeinung ausgesprochen,

daß mir der Sachverhalt dunkel erschien. Als Aufklä-

rung des Publikums über die Zögerung u. Weigerung des Haus-

komittees die Sache in Berathung zu nehmen, schien

mir das Gerücht von hoher Bedeutung.

Wenn ich, wie oben gesagt, die Bierbummelei von ganzer

Seele haße, so haße ich nicht weniger die Temperenzelei[4]

und Sonntagsmucherei (?), deren Champion zu sein Wilson

sich sogar brüstet, ohne durch das Benehmen seines

großen Gelehrten, Yates, sich feiren zu lassen. Die Bier-

wirthanmaßung zu bekämpfen wird es Zeit sein, wenn

sie eine Partei bilden und als solches Einfluß auf

 

(Seite)

die Gesetzgebung zu gewinnen suchen, wie sie

es in N. York gethan, wo ich Ihnen mit meinen

geringen Kräften entgegengetreten bin.

In Betreff Seymours haben die jüngsten Aufklä-

rungen bewiesen, da Sie Recht hatten. Unsere Kinder

und Enkel werden den Vorzug genießen uns viele

Irrthümer nachweisen zu können, ohne deßhalb

im Stande zu sein, sicher als wir vor gleicher

zu bewahren!

 

(Seite)

Wade wünschte eine Uebersetzung der p. Korrespon-

denz; ich habe sie gemacht und auch die Ihres Edito-

rials über den Punkt.

Ich habe nichts dagegen einzuwenden, daß Sie

meinen Namen unter meine Korrespondenz

drucken.

 

Ich bin noch nicht dazu gekommen, Ihre Worte zu lesen. Ich

würde es gerne mit nach Hause nehmen, um es

zur Hand zu nehmen, wenn ich einen Augenblick

Muße finde.

Mit freundschaftlichen Gruße Ihr

C.N. Riotte

 

 

 

[1] das Sichaussprechen, Erklärung [von Gefühlen]

[3] John Charles Frémont or Fremont (January 21, 1813 – July 13, 1890). 1864 wurde er gegen Abraham Lincoln als Gegenkandidat aufgestellt, musste aber zurücktreten. Frémont war bei verschiedenen Eisenbahngesellschaften zur Pazifikküste beteiligt und wurde später von betrogenen französischen Aktionären verklagt und vom Pariser Tribunal − in Abwesenheit − wegen Escroquerie verurteilt, was dem deutschen Betrug entspricht. Seine finanzielle Situation verschlechterte sich derart, dass er sich in Washington D.C. um ein Amt bewerben musste..

[4] Anhänger einer Mäßigkeits- oder Enthaltsamkeitsbewegung

_______________________________________________ Regionalforum-Saar mailing list Regionalforum-Saar(a)genealogy.net http://list.genealogy.net/mm/listinfo/regionalforum-saar

Re: [Regionalforum-Saar] über das üble Biersaufen der Deutschen (u.a.)

Date: 2014/04/02 15:45:47
From: anneliese.schumacher(a)t-online.de <anneliese.schumacher(a)t-online.de>

Hallo!

 

Das scheint mir eine Abwandlung zu sein, die wohl bedeutet ".. oder ob sie ehern (aus Erz, also unveränderlich) sind".

alternativ: " ... oder ob  sie geldgierig sind."

 

Der Bezug zu dem Zitat ist aber wichtig, auch wenn es wohl von Papst Clemens XIII stammt. Der hatte im 18. Jhd Dank der Einflußes der Franziskaner ein Problem mit den Jesuiten, die damals in ihrer Existenz bedroht waren. In leicht anderer Form gibt es sie aber noch heute.

Der Satz des Papstes oder von Ricci wurde eine Art Pseudonym für das Überleben und häufig original oder in geänderter Form zitiert, wie in vorliegendem Brief offenbar auch.

Ich bin keine Lateinerin, aber  aere ist ziemlich sicher eine deklinierte Form (Ablativ Singular) von aes = Erz, Bronze, Kupfer oder in übertragener Bedeutung: Geld, Münzen.

Die Jesuiten galten wegen bestimmter Praktiken als habgierig

 

Anneliese Schumacher

 

-----Original-Nachricht-----

Betreff: Re: [Regionalforum-Saar] über das üble Biersaufen der Deutschen (u.a.)

Datum: Wed, 02 Apr 2014 13:16:06 +0200

Von: "Elmar Peiffer" <e.peiffer(a)gmx.net>

An: regionalforum-saar(a)genealogy.net

 

 

Diese Übersetzung hätte ich auch liefern können. Aber der zweite Teil des Zitats lautet: "... aut aere sunt". Wie wäre das zu übersetzen?
Gruß
Elmar Peiffer
 
###########################################################################
Gesendet: Dienstag, 01. April 2014 um 15:39 Uhr
Von: "anneliese.schumacher(a)t-online.de" <anneliese.schumacher(a)t-online.de>
An: "regionalforum-saar(a)genealogy.net" <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Betreff: Re: [Regionalforum-Saar] über das üble Biersaufen der Deutschen (u.a.)

 

„Sint ut sunt aut non sint“ (Sie seien wie sie sind oder sie seien nicht) ist ein Satz, den einige Historiker Lorenzo Ricci, dem 18. Ordensgeneral der Jesuiten zuschreiben, als ihm der Vorschlag unterbreitet wurde, die Gesellschaft Jesu zu „reformieren“, um sie den Bedürfnissen der Welt anzupassen

 

Quelle: www.katholisches.info

 

Grüße

 

Anneliese Schumacher

 

-----Original-Nachricht-----

Betreff: [Regionalforum-Saar] über das üble Biersaufen der Deutschen (u.a.)

Datum: Tue, 01 Apr 2014 08:19:48 +0200

Von: Rolgeiger(a)aol.com

An: regionalforum-saar(a)genealogy.net

 

 

Salü,
 
letztens erhielt ich auf der Suche nach Informationen über den St. Wendeler Carl Nikolaus Riotte (geb. 1814; Studium in Trier, Teilnahme am Aufstand in Elberfeld 1848/49, Flucht nach Texas, 1862 unter Abraham Lincoln Botschafter in Costa Rica und unter Ulysses Grant Botschafter in Nicaragua, + 1887 in der Schweiz) von der Historischen Gesellschaft des US-Bundesstaates Ohio einen Brief Riottes an Friedrich Hassaurek, ebenfalls Rebellionsflüchtling und damals Herausgeber einer deutschsprachigen Zeitung in Ohio namens "Das Volksblatt", für das Riotte Artikel verfaßte.
 
Dem Brief geht ein Artikel Riottes über einen "Staatsvertrag" voraus, den Hassaurek kritisiert hatte.
 
Alles konnte ich nicht lesen, und bei 2 Wörtern bin ich mir noch nicht sicher, auch nicht, wie ich das lateinische Sprichwort übersetzen soll.
 
Mit freundlichem Gruß
 
Roland Geiger
 
-----------------
 

Washington, d.C., d. 9. April 1868.

 

Lieber Herr Hasaurek.

 

Als ich gestern eben meine Kor-

respondenz zur Post gegeben, erhielt ich Ihr Schreiben

vom 6. d.M. u. Hn Danzers Expektoration[1]; letztere

war mir umso unerwarteter als mir nicht bekannt

war, daß mein Artikel über den bewussten Staats-

vertrag von Ihnen veröffentlicht worden war, und ich nach

Ihrem Briefe gerade das Entgegengesetzte glaubte an-

nehmen zu müssen. Gestatten Sie mir Ihr letztes

Schreiben seriatim durchzugehen. Ich weiß, daß die große

Masse der Deutschen, wie die jedes anderen Volkes auch des

amerikanischen, ungebildet ist: Deutsche, die das uebelhafte

Biersaufen zum Kultus erheben, sind mir unerträglich, mögen

sie sonst Anspruch auf Bildung haben oder nicht; daß auch unsere

gebildeten Deutschen als Regel ihr Wissen (oft aus ihrer

Schul - und Universitätenbesuch) zur Grundlage ganz ungerecht-

fertigter Selbstüberschätzung machen, gebe ich zu, ich habe

diese stets bekämpft und mit solcher Entschiedenheit, daß ich

oft den Vorwurf eines Apostaten hören musste. Das kann

mich aber nicht bestimmen eine gleich engherzige Selbstüber-

hebung bei Amerikanern ruhig hinzunehmen oder gar

 

(Seite)

als eine Schmeichelei verdenken. Ich frage Sie nochmals:

Würde Agate es gewagt haben so von irgend einem

Amerikaner zu sprechen?

Was Sie über den politischen Parteistandpunkt der Mehrzahl

der Deutschen in den V.St. sagen, war mir nicht neu, und inso-

fern wenigstens, wenn überhaupt, gehöre ich so wenig zu

den Radicalissimi, wie Kapp[2] oder Donei. Ein vieljähriges und

gewissenhaftes Suchen nach den Gründen diese Erscheinung hat

mich reichlich belohnt. Ich halte Ihre Kampfesweise für die

richtige, habe sie stets dem großen Publikum gegenüber und

noch jüngst in meinen St__greden befolgt. Heingen schreibt

für ein ausgewähltes Publikum, und für dieses muss er gerade

so schreiben, wie er es thut. Sint ut sunt, aut aere sunt.

 

Ad vocem: Stanton. Sie geben selbst zu, daß Stanton's Rolle

auf die Rathlosigkeit Anderer berechnet ist; gerade so weit

geht, was Sie meine „Bewunderung“ nennen; er hat es eben

nicht nöthig eine andere Rolle zu spielen; ich lasse mich nicht

darauf ein zu untersuchen, ob er eine andere, größere, spielen

könne. Ich konstatiere die Thatsche, und, da ich für ein republi-

kanisches Parteiblatt schreibe, konstatire ich sie im Jn-

teresse dieser Partei und ihrer Massen. Als ich in den

Dienst Ihres Blattes trat, war ich mir bewusst die Verpflich-

tung übernommen zu haben seine Interessen und die der Partei,

 

 

(Seite)

der als angehört, zu fördern und, in dieser Verpflichtung, manchen

meiner Ansichten und Ueberzeugungen Schweigen aufzulegen.

In diesem Geiste habe ich meine Korrespondenzen zu halten

gesucht. Dies führt mich zu der mir zurückgeschickten Kor-

respondenz vom 29. v.M. und Ihren darüber gemachten Be-

merkungen. Ich schicke voraus, daß Sie versichert sein können,

daß eine Kritik, wie die von Ihnen geübte, mich nie kränkt.

Niemand kann mehr von der relativen Bedeutungslo-

sigkeit meiner schriftstellerischen Produktionen überzeugt

sein, als ich selbst; und ich kann mich in der That keiner derselben

erinnern, mit der ich nach Anlegung der kritischen Feile

zufrieden gewesen. Allein unglücklicher Weise finde ich

mich nicht in der Lage Horazens gute Rathschläge in seiner

Ars poetica verfolgen zu können, denn ich schreibe nicht als

Villen-Poet von Insentur, sondern als Lohnschreiber

mit einem Washingtoner boardinghouse. Ich habe Sie auch

bereits versichert, daß ich Ihre gute Absicht: "to break me in"

verstehe, sie dankbar anerkenne und nur bedaure daß

Sie ihn mir einen so hard case finden, der Ihnen so viele

Last macht. Ihre Bemerkung, daß Sie fürchten, ich würde selbst

meine jetzigen günstigen Chancen nicht genügend auszu-

beuten wissen, hat viel Wahres. Ich besitze zu wenig Wissen

zum Gelehrten, und zu wenig Schweigsamkeit Welt-

 

(seite)

mann. Meiner Erziehung getreue, bin ich ein gewissen-

hafter, etwas pedantischer Büreaukrat, und hätte in

Preußen bleiben sollen, wo eine glänzende Zukunft

vor mir lag. Zu meinem Unglücke hatte mich ein leiden-

schaftliches Studium der klassischen Griechen und Römer,

verbunden mit einem schon in der Kindheit ernstern

grübelnden, streng sittlichen Karakter, zum Republikaner

gemacht.

Wenn ich Ihre Bemerkungen über die auf den Catalogen

gesetzte Korrespondenz richtig auffaße, so komme ich zu

dem Schluße, daß wir über das Wesen solcher Korres-

pondenz wesentlich differiren. Sie scheinen an diesel-

ben die ernste Anforderung der die objektische Wahrheit

erstrebenden Geschichtsforschung zu stellen. Ich gebe

ihnen die Aufgabe: ein möglichst getreues und lebendiges

Bild der stets wechselnden Phasen im Kaleidoskop

des täglichen Lebens zu liefern. Die tiefere Untersu-

chung, weßhalb die kon- u. die divergirenden Reflexe

der Prismen gerade solche Effekte und keine anderen

erzeugen müssen, mit anderen Worten, die Frage

nach der Wahrheit und den Motiven jener Erscheinungen

scheint mir außerhalb des Beweises meiner jetzigen

Aufgabe zu liegen. Ich soll nicht Historienmaler sein, sondern

Skizzen hinwerfen. Von diesem Standpunkte betrachtet,

kann ich die bewußte Korrespondenz nicht für so ganz

werthlos halten. Mit Ihnen auf die einzelnen Punkte

derselben übergehen scheint mir zunächst gegen Fre-

mont[3], ohne es mit so viel Worten zu sagen, der point

ausgemacht zu sein, daß er ein gewissenloser, frecher

Schwindtler ist, dem jedes Mittel recht. Während die

Welt weiß, daß er weder Kredit noch Mittel zum Be-

trage von 5 cts hat, übernimmt er Eisenbahnfahretrakte

zum Betrage von 100 von Millionen, verspricht die Garantie

der V. St. zu Anleihen von 50 Millionen, sucht eine von den V.St.

anerkannte Regierung umzustoßen, kompromittirt

den Namen bekannter Staatsmänner und All dieses

in Verbindung mit dem Abschaum von Wallstreet. Was

er mit den beschmutzten Exemplaren, worauf er gar kein

Recht hatte, und die upon their fall nur zu Schwindeleien

 

(Seite)

benutzt werden konnnten, gethan, wird Fremont

wohl ebensowenig sagen, als er auf die gegen

ihnen erhobene und beschworne Anklage geantwor-

tet hat; aber Jedermann kennt ihn und seine

Genossen genügend um zu wissen, daß er versucht

haben wird sie zu benutzen. Fälscher und Falschmünzer

pflegen nicht dem Publikum mitzutheilen wie, wann

und wo sie ihre falschen Dokumente zu benutzen gedenken.

Sie werden schon einen Unerfahrenen finden.

Die Beschuldigungen wegen des Alaska-Handels habe ich

nicht erfunden. Sie zirkulirt hier in den Kreisen des

Kongresses, und hat ihren Weg in das ganze Publikum

gefunden. In diesem Lichte habe ich sie dargestellt und

ausdrücklich als meine Privatmeinung ausgesprochen,

daß mir der Sachverhalt dunkel erschien. Als Aufklä-

rung des Publikums über die Zögerung u. Weigerung des Haus-

komittees die Sache in Berathung zu nehmen, schien

mir das Gerücht von hoher Bedeutung.

Wenn ich, wie oben gesagt, die Bierbummelei von ganzer

Seele haße, so haße ich nicht weniger die Temperenzelei[4]

und Sonntagsmucherei (?), deren Champion zu sein Wilson

sich sogar brüstet, ohne durch das Benehmen seines

großen Gelehrten, Yates, sich feiren zu lassen. Die Bier-

wirthanmaßung zu bekämpfen wird es Zeit sein, wenn

sie eine Partei bilden und als solches Einfluß auf

 

(Seite)

die Gesetzgebung zu gewinnen suchen, wie sie

es in N. York gethan, wo ich Ihnen mit meinen

geringen Kräften entgegengetreten bin.

In Betreff Seymours haben die jüngsten Aufklä-

rungen bewiesen, da Sie Recht hatten. Unsere Kinder

und Enkel werden den Vorzug genießen uns viele

Irrthümer nachweisen zu können, ohne deßhalb

im Stande zu sein, sicher als wir vor gleicher

zu bewahren!

 

(Seite)

Wade wünschte eine Uebersetzung der p. Korrespon-

denz; ich habe sie gemacht und auch die Ihres Edito-

rials über den Punkt.

Ich habe nichts dagegen einzuwenden, daß Sie

meinen Namen unter meine Korrespondenz

drucken.

 

Ich bin noch nicht dazu gekommen, Ihre Worte zu lesen. Ich

würde es gerne mit nach Hause nehmen, um es

zur Hand zu nehmen, wenn ich einen Augenblick

Muße finde.

Mit freundschaftlichen Gruße Ihr

C.N. Riotte

 

 

 

[1] das Sichaussprechen, Erklärung [von Gefühlen]

[3] John Charles Frémont or Fremont (January 21, 1813 – July 13, 1890). 1864 wurde er gegen Abraham Lincoln als Gegenkandidat aufgestellt, musste aber zurücktreten. Frémont war bei verschiedenen Eisenbahngesellschaften zur Pazifikküste beteiligt und wurde später von betrogenen französischen Aktionären verklagt und vom Pariser Tribunal − in Abwesenheit − wegen Escroquerie verurteilt, was dem deutschen Betrug entspricht. Seine finanzielle Situation verschlechterte sich derart, dass er sich in Washington D.C. um ein Amt bewerben musste..

[4] Anhänger einer Mäßigkeits- oder Enthaltsamkeitsbewegung

_______________________________________________ Regionalforum-Saar mailing list Regionalforum-Saar(a)genealogy.net http://list.genealogy.net/mm/listinfo/regionalforum-saar

Re: [Regionalforum-Saar] über das üble Biersaufen der Deutschen (u.a.)

Date: 2014/04/03 13:22:08
From: Elmar Peiffer <e.peiffer(a)gmx.net>

Danke, Anneliese Schumacher!
Gruß
EP
 
Elmar Peiffer
Birkenstr. 14
66606 St. Wendel
0176-222 333 09
info(a)elmar-peiffer.de
www.elmar-peiffer.de
 
 
Gesendet: Mittwoch, 02. April 2014 um 15:45 Uhr
Von: "anneliese.schumacher(a)t-online.de" <anneliese.schumacher(a)t-online.de>
An: "regionalforum-saar(a)genealogy.net" <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Betreff: Re: [Regionalforum-Saar] über das üble Biersaufen der Deutschen (u.a.)

Hallo!

 

Das scheint mir eine Abwandlung zu sein, die wohl bedeutet ".. oder ob sie ehern (aus Erz, also unveränderlich) sind".

alternativ: " ... oder ob  sie geldgierig sind."

 

Der Bezug zu dem Zitat ist aber wichtig, auch wenn es wohl von Papst Clemens XIII stammt. Der hatte im 18. Jhd Dank der Einflußes der Franziskaner ein Problem mit den Jesuiten, die damals in ihrer Existenz bedroht waren. In leicht anderer Form gibt es sie aber noch heute.

Der Satz des Papstes oder von Ricci wurde eine Art Pseudonym für das Überleben und häufig original oder in geänderter Form zitiert, wie in vorliegendem Brief offenbar auch.

Ich bin keine Lateinerin, aber  aere ist ziemlich sicher eine deklinierte Form (Ablativ Singular) von aes = Erz, Bronze, Kupfer oder in übertragener Bedeutung: Geld, Münzen.

Die Jesuiten galten wegen bestimmter Praktiken als habgierig

 

Anneliese Schumacher

 

-----Original-Nachricht-----

Betreff: Re: [Regionalforum-Saar] über das üble Biersaufen der Deutschen (u.a.)

Datum: Wed, 02 Apr 2014 13:16:06 +0200

Von: "Elmar Peiffer" <e.peiffer(a)gmx.net>

An: regionalforum-saar(a)genealogy.net

 

 

Diese Übersetzung hätte ich auch liefern können. Aber der zweite Teil des Zitats lautet: "... aut aere sunt". Wie wäre das zu übersetzen?
Gruß
Elmar Peiffer
 
###########################################################################
Gesendet: Dienstag, 01. April 2014 um 15:39 Uhr
Von: "anneliese.schumacher(a)t-online.de" <anneliese.schumacher(a)t-online.de>
An: "regionalforum-saar(a)genealogy.net" <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Betreff: Re: [Regionalforum-Saar] über das üble Biersaufen der Deutschen (u.a.)

 

„Sint ut sunt aut non sint“ (Sie seien wie sie sind oder sie seien nicht) ist ein Satz, den einige Historiker Lorenzo Ricci, dem 18. Ordensgeneral der Jesuiten zuschreiben, als ihm der Vorschlag unterbreitet wurde, die Gesellschaft Jesu zu „reformieren“, um sie den Bedürfnissen der Welt anzupassen

 

Quelle: www.katholisches.info

 

Grüße

 

Anneliese Schumacher

 

-----Original-Nachricht-----

Betreff: [Regionalforum-Saar] über das üble Biersaufen der Deutschen (u.a.)

Datum: Tue, 01 Apr 2014 08:19:48 +0200

Von: Rolgeiger(a)aol.com

An: regionalforum-saar(a)genealogy.net

 

 

Salü,
 
letztens erhielt ich auf der Suche nach Informationen über den St. Wendeler Carl Nikolaus Riotte (geb. 1814; Studium in Trier, Teilnahme am Aufstand in Elberfeld 1848/49, Flucht nach Texas, 1862 unter Abraham Lincoln Botschafter in Costa Rica und unter Ulysses Grant Botschafter in Nicaragua, + 1887 in der Schweiz) von der Historischen Gesellschaft des US-Bundesstaates Ohio einen Brief Riottes an Friedrich Hassaurek, ebenfalls Rebellionsflüchtling und damals Herausgeber einer deutschsprachigen Zeitung in Ohio namens "Das Volksblatt", für das Riotte Artikel verfaßte.
 
Dem Brief geht ein Artikel Riottes über einen "Staatsvertrag" voraus, den Hassaurek kritisiert hatte.
 
Alles konnte ich nicht lesen, und bei 2 Wörtern bin ich mir noch nicht sicher, auch nicht, wie ich das lateinische Sprichwort übersetzen soll.
 
Mit freundlichem Gruß
 
Roland Geiger
 
-----------------
 

Washington, d.C., d. 9. April 1868.

 

Lieber Herr Hasaurek.

 

Als ich gestern eben meine Kor-

respondenz zur Post gegeben, erhielt ich Ihr Schreiben

vom 6. d.M. u. Hn Danzers Expektoration[1]; letztere

war mir umso unerwarteter als mir nicht bekannt

war, daß mein Artikel über den bewussten Staats-

vertrag von Ihnen veröffentlicht worden war, und ich nach

Ihrem Briefe gerade das Entgegengesetzte glaubte an-

nehmen zu müssen. Gestatten Sie mir Ihr letztes

Schreiben seriatim durchzugehen. Ich weiß, daß die große

Masse der Deutschen, wie die jedes anderen Volkes auch des

amerikanischen, ungebildet ist: Deutsche, die das uebelhafte

Biersaufen zum Kultus erheben, sind mir unerträglich, mögen

sie sonst Anspruch auf Bildung haben oder nicht; daß auch unsere

gebildeten Deutschen als Regel ihr Wissen (oft aus ihrer

Schul - und Universitätenbesuch) zur Grundlage ganz ungerecht-

fertigter Selbstüberschätzung machen, gebe ich zu, ich habe

diese stets bekämpft und mit solcher Entschiedenheit, daß ich

oft den Vorwurf eines Apostaten hören musste. Das kann

mich aber nicht bestimmen eine gleich engherzige Selbstüber-

hebung bei Amerikanern ruhig hinzunehmen oder gar

 

(Seite)

als eine Schmeichelei verdenken. Ich frage Sie nochmals:

Würde Agate es gewagt haben so von irgend einem

Amerikaner zu sprechen?

Was Sie über den politischen Parteistandpunkt der Mehrzahl

der Deutschen in den V.St. sagen, war mir nicht neu, und inso-

fern wenigstens, wenn überhaupt, gehöre ich so wenig zu

den Radicalissimi, wie Kapp[2] oder Donei. Ein vieljähriges und

gewissenhaftes Suchen nach den Gründen diese Erscheinung hat

mich reichlich belohnt. Ich halte Ihre Kampfesweise für die

richtige, habe sie stets dem großen Publikum gegenüber und

noch jüngst in meinen St__greden befolgt. Heingen schreibt

für ein ausgewähltes Publikum, und für dieses muss er gerade

so schreiben, wie er es thut. Sint ut sunt, aut aere sunt.

 

Ad vocem: Stanton. Sie geben selbst zu, daß Stanton's Rolle

auf die Rathlosigkeit Anderer berechnet ist; gerade so weit

geht, was Sie meine „Bewunderung“ nennen; er hat es eben

nicht nöthig eine andere Rolle zu spielen; ich lasse mich nicht

darauf ein zu untersuchen, ob er eine andere, größere, spielen

könne. Ich konstatiere die Thatsche, und, da ich für ein republi-

kanisches Parteiblatt schreibe, konstatire ich sie im Jn-

teresse dieser Partei und ihrer Massen. Als ich in den

Dienst Ihres Blattes trat, war ich mir bewusst die Verpflich-

tung übernommen zu haben seine Interessen und die der Partei,

 

 

(Seite)

der als angehört, zu fördern und, in dieser Verpflichtung, manchen

meiner Ansichten und Ueberzeugungen Schweigen aufzulegen.

In diesem Geiste habe ich meine Korrespondenzen zu halten

gesucht. Dies führt mich zu der mir zurückgeschickten Kor-

respondenz vom 29. v.M. und Ihren darüber gemachten Be-

merkungen. Ich schicke voraus, daß Sie versichert sein können,

daß eine Kritik, wie die von Ihnen geübte, mich nie kränkt.

Niemand kann mehr von der relativen Bedeutungslo-

sigkeit meiner schriftstellerischen Produktionen überzeugt

sein, als ich selbst; und ich kann mich in der That keiner derselben

erinnern, mit der ich nach Anlegung der kritischen Feile

zufrieden gewesen. Allein unglücklicher Weise finde ich

mich nicht in der Lage Horazens gute Rathschläge in seiner

Ars poetica verfolgen zu können, denn ich schreibe nicht als

Villen-Poet von Insentur, sondern als Lohnschreiber

mit einem Washingtoner boardinghouse. Ich habe Sie auch

bereits versichert, daß ich Ihre gute Absicht: "to break me in"

verstehe, sie dankbar anerkenne und nur bedaure daß

Sie ihn mir einen so hard case finden, der Ihnen so viele

Last macht. Ihre Bemerkung, daß Sie fürchten, ich würde selbst

meine jetzigen günstigen Chancen nicht genügend auszu-

beuten wissen, hat viel Wahres. Ich besitze zu wenig Wissen

zum Gelehrten, und zu wenig Schweigsamkeit Welt-

 

(seite)

mann. Meiner Erziehung getreue, bin ich ein gewissen-

hafter, etwas pedantischer Büreaukrat, und hätte in

Preußen bleiben sollen, wo eine glänzende Zukunft

vor mir lag. Zu meinem Unglücke hatte mich ein leiden-

schaftliches Studium der klassischen Griechen und Römer,

verbunden mit einem schon in der Kindheit ernstern

grübelnden, streng sittlichen Karakter, zum Republikaner

gemacht.

Wenn ich Ihre Bemerkungen über die auf den Catalogen

gesetzte Korrespondenz richtig auffaße, so komme ich zu

dem Schluße, daß wir über das Wesen solcher Korres-

pondenz wesentlich differiren. Sie scheinen an diesel-

ben die ernste Anforderung der die objektische Wahrheit

erstrebenden Geschichtsforschung zu stellen. Ich gebe

ihnen die Aufgabe: ein möglichst getreues und lebendiges

Bild der stets wechselnden Phasen im Kaleidoskop

des täglichen Lebens zu liefern. Die tiefere Untersu-

chung, weßhalb die kon- u. die divergirenden Reflexe

der Prismen gerade solche Effekte und keine anderen

erzeugen müssen, mit anderen Worten, die Frage

nach der Wahrheit und den Motiven jener Erscheinungen

scheint mir außerhalb des Beweises meiner jetzigen

Aufgabe zu liegen. Ich soll nicht Historienmaler sein, sondern

Skizzen hinwerfen. Von diesem Standpunkte betrachtet,

kann ich die bewußte Korrespondenz nicht für so ganz

werthlos halten. Mit Ihnen auf die einzelnen Punkte

derselben übergehen scheint mir zunächst gegen Fre-

mont[3], ohne es mit so viel Worten zu sagen, der point

ausgemacht zu sein, daß er ein gewissenloser, frecher

Schwindtler ist, dem jedes Mittel recht. Während die

Welt weiß, daß er weder Kredit noch Mittel zum Be-

trage von 5 cts hat, übernimmt er Eisenbahnfahretrakte

zum Betrage von 100 von Millionen, verspricht die Garantie

der V. St. zu Anleihen von 50 Millionen, sucht eine von den V.St.

anerkannte Regierung umzustoßen, kompromittirt

den Namen bekannter Staatsmänner und All dieses

in Verbindung mit dem Abschaum von Wallstreet. Was

er mit den beschmutzten Exemplaren, worauf er gar kein

Recht hatte, und die upon their fall nur zu Schwindeleien

 

(Seite)

benutzt werden konnnten, gethan, wird Fremont

wohl ebensowenig sagen, als er auf die gegen

ihnen erhobene und beschworne Anklage geantwor-

tet hat; aber Jedermann kennt ihn und seine

Genossen genügend um zu wissen, daß er versucht

haben wird sie zu benutzen. Fälscher und Falschmünzer

pflegen nicht dem Publikum mitzutheilen wie, wann

und wo sie ihre falschen Dokumente zu benutzen gedenken.

Sie werden schon einen Unerfahrenen finden.

Die Beschuldigungen wegen des Alaska-Handels habe ich

nicht erfunden. Sie zirkulirt hier in den Kreisen des

Kongresses, und hat ihren Weg in das ganze Publikum

gefunden. In diesem Lichte habe ich sie dargestellt und

ausdrücklich als meine Privatmeinung ausgesprochen,

daß mir der Sachverhalt dunkel erschien. Als Aufklä-

rung des Publikums über die Zögerung u. Weigerung des Haus-

komittees die Sache in Berathung zu nehmen, schien

mir das Gerücht von hoher Bedeutung.

Wenn ich, wie oben gesagt, die Bierbummelei von ganzer

Seele haße, so haße ich nicht weniger die Temperenzelei[4]

und Sonntagsmucherei (?), deren Champion zu sein Wilson

sich sogar brüstet, ohne durch das Benehmen seines

großen Gelehrten, Yates, sich feiren zu lassen. Die Bier-

wirthanmaßung zu bekämpfen wird es Zeit sein, wenn

sie eine Partei bilden und als solches Einfluß auf

 

(Seite)

die Gesetzgebung zu gewinnen suchen, wie sie

es in N. York gethan, wo ich Ihnen mit meinen

geringen Kräften entgegengetreten bin.

In Betreff Seymours haben die jüngsten Aufklä-

rungen bewiesen, da Sie Recht hatten. Unsere Kinder

und Enkel werden den Vorzug genießen uns viele

Irrthümer nachweisen zu können, ohne deßhalb

im Stande zu sein, sicher als wir vor gleicher

zu bewahren!

 

(Seite)

Wade wünschte eine Uebersetzung der p. Korrespon-

denz; ich habe sie gemacht und auch die Ihres Edito-

rials über den Punkt.

Ich habe nichts dagegen einzuwenden, daß Sie

meinen Namen unter meine Korrespondenz

drucken.

 

Ich bin noch nicht dazu gekommen, Ihre Worte zu lesen. Ich

würde es gerne mit nach Hause nehmen, um es

zur Hand zu nehmen, wenn ich einen Augenblick

Muße finde.

Mit freundschaftlichen Gruße Ihr

C.N. Riotte

 

 

 

[1] das Sichaussprechen, Erklärung [von Gefühlen]

[3] John Charles Frémont or Fremont (January 21, 1813 – July 13, 1890). 1864 wurde er gegen Abraham Lincoln als Gegenkandidat aufgestellt, musste aber zurücktreten. Frémont war bei verschiedenen Eisenbahngesellschaften zur Pazifikküste beteiligt und wurde später von betrogenen französischen Aktionären verklagt und vom Pariser Tribunal − in Abwesenheit − wegen Escroquerie verurteilt, was dem deutschen Betrug entspricht. Seine finanzielle Situation verschlechterte sich derart, dass er sich in Washington D.C. um ein Amt bewerben musste..

[4] Anhänger einer Mäßigkeits- oder Enthaltsamkeitsbewegung

_______________________________________________ Regionalforum-Saar mailing list Regionalforum-Saar(a)genealogy.net http://list.genealogy.net/mm/listinfo/regionalforum-saar
_______________________________________________ Regionalforum-Saar mailing list Regionalforum-Saar(a)genealogy.net http://list.genealogy.net/mm/listinfo/regionalforum-saar

[Regionalforum-Saar] 5 Jahrhunderte der Stadt St. Wendel im Spiegel dreier Familiengeschichten

Date: 2014/04/06 09:44:25
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

Sonder-Vortragsreihe:

 

d´Hame – Cetto – Bruch:

 

5 Jahrhunderte der Stadt St. Wendel

im Spiegel dreier Familiengeschichten

 

Die Familie d´Hame

im St. Wendel des 16. bis 18. Jahrhunderts

Referent: Gerd Schmitt, St. Wendel

21. Mai 2014 19.00 Uhr

Mia-Münster-Haus St. Wendel

 

Die Familie Cetto

im St. Wendel des 18. und 19. Jahrhunderts

Referent: Roland Geiger, St. Wendel

4. Juni 2014 19.00 Uhr

Mia-Münster-Haus St. Wendel

 

Die Familie Bruch

im St. Wendel des 19. und 20. Jahrhunderts

Referent: Bernhard W. Planz, Schiffweiler-Stennweiler

18. Juni 2014 19.00 Uhr

Casino Thomas Bruch, St. Wendel



[Regionalforum-Saar] Tagber: Orden in der Krise

Date: 2014/04/06 21:31:56
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

From:    Susanne Häcker <susanne.haecker(a)uni-tuebingen.de>
Date:    07.04.2014
Subject: Tagber: Orden in der Krise - Möglichkeiten und Grenzen
         religiöser Lebenswelten in der Vormoderne
------------------------------------------------------------------------

Doktoranden des Fachbereichs Geschichtswissenschaft an der Universität
Tübingen, Seminar für Neuere Geschichte
05.09.2013-06.09.2013, Tübingen

Bericht von:
Susanne Häcker, Seminar für Neuere Geschichte, Eberhard Karls
Universität Tübingen
E-Mail: <susanne.haecker(a)uni-tuebingen.de>

Am 5. und am 6. September fand an der Eberhard Karls Universität
Tübingen der Doktoranden-Workshop "Orden in der Krise - Möglichkeiten
und Grenzen religiöser Lebenswelten in der Vormoderne" statt. Gefördert
wurde die Veranstaltung vom Zukunftskonzept der Universität Tübingen und
vom Universitätsbund Tübingen e. V.

Der Workshop zielte darauf ab zu erörtern, inwieweit sich "Krise" als
heuristische und analytische Kategorie für die Ordensforschung der
Vormoderne als operationalisierbar und erkenntnisfördernd erweisen kann.
Mit der römisch-katholischen Kirche wurde eine Institution in den Blick
genommen, die in der Gegenwart - zumindest in weiten Teilen der
"Westlichen Welt" - als sich in einer tiefgreifenden Krise befindlich
angesehen wird. Dies gilt insbesondere für die geistlichen Orden.

In der ersten Sektion des Workshops, kommentiert von FABIAN FECHNER
(Tübingen), lag der Schwerpunkt auf institutionellen und strukturellen
Krisenursachen. Dabei standen ordens- oder kircheninterne
Umstrukturierungen und Verschiebungen im Fokus.

CORNELIA EBERLEIN (Berlin) zeigte exemplarisch an den zisterziensischen
Frauenklöstern Neukloster und Zarrentin auf, dass sich der
Zisterzienserorden im Zuge der sogenannten religiösen Frauenbewegung mit
einer großen Zahl an Frauengemeinschaften konfrontiert sah, deren
Gewohnheiten, geistliche Betreuung und Verhältnis zum Orden geregelt
werden mussten. Diese gesteigerte Nachfrage bezüglich der Aufnahme von
Frauen in den Orden kann als Moment der Überstrapazierung des Ordens
interpretiert und somit als Krise betrachtet werden. Eine Reihe von
Beschlüssen des Generalkapitels, welche die Aufnahme beziehungsweise
Ablehnung von Frauengemeinschaften regelten, war die Folge. BRIGITTE
OBERLE (Mainz) untersuchte die Krise des Benediktinerordens im 15.
Jahrhundert. Kirchliche und weltliche Obrigkeiten nahmen einen Verfall
des monastischen Lebens im Sinne einer Krise wahr, dem sie vor allem
durch Rückgriff auf ursprüngliche Regelstrenge begegnen wollten. Damit
trafen sie insbesondere die vom Adel dominierten Konvente, deren
Lebensweise sie als dringend reformbedürftig identifizierten. Die
betroffenen Konvente hingegen sahen sich mit unerhörten Forderungen
konfrontiert, die ihre hergebrachte Lebensform gefährdeten. Für diese
entstand dadurch eine durchaus krisenhafte Situation, der sie auf
unterschiedliche Weise zu begegnen suchten. ESTHER SCHMID HEER (Zürich)
ging in ihrem Beitrag von der Beobachtung aus, dass die
frühneuzeitlichen Jesuitenmissionen in ein krisenhaftes Umfeld
hineingegründet wurden. Die allgemeinpolitischen und kirchenpolitischen
Verhältnisse gestalteten sich komplex und unübersichtlich. Den
ordensinternen Rahmen bildeten die Konstitutionen (Satzungen und
Regeln), jeder einzelne Jesuit hatte sich jedoch darüber hinaus an die
kulturell kontingenten Situationen vor Ort anzupassen, was für
deutschsprachige Jesuiten wie Anton Sepp, Martin Schmid oder Florian
Paucke zu Spannungen und Missverständnissen mit der indigenen
Bevölkerung führte, die in deren Südamerika-Berichten nachzuvollziehen
sind. Im Kontext der Missionsarbeit in Lateinamerika erörterte ebenfalls
MANUEL GÓMEZ MENDOZA (Mainz) die Krise der missionarischen Identität für
die Franziskaner des Kollegs der Propaganda Fide von Tarija. Als Ansatz
zur Lösung wurde einerseits ein neues Verständnis der Spiritualität des
Ordens entwickelt, andererseits aber auch ein neues Regelwerk für Kolleg
und Mission verfasst.

Die zweite, von CHRISTINE SCHNEIDER (Wien) moderierte Sektion bezog sich
auf gesellschaftliche Umbrüche, welche die Orden und deren Ordo
beeinflussten. Darunter sind etwa staatliche Reformen, soziale
Verschiebungen oder gesellschaftliche Transformationsprozesse zu
verstehen.

Anhand der Chronik der Genfer Klarissen während und nach der
Reformationszeit zeigte BABETTE REICHERDT (Kassel), wie eng Erfolg und
Verlust mit einer Semantik von Schmerz verknüpft sind. Die mit Schmerz
identifizierten, emotionalen, körpergebundenen Praktiken werden hier als
Bewältigungsstrategie von Krise verstanden und sind eng an die Narration
einer Konventgemeinschaft gebunden, die es über die Krise hinweg zu
erhalten galt. Am Beispiel von Magdalena von Österreich (1532-1590)
veranschaulichte JULIA HODAPP (Tübingen) das Wirken einer Erzherzogin in
der Gegenreformation und zeigte auf, welche Aufgaben und Funktionen die
Erzherzogin in dieser krisenhaften Zeit für die Dynastie wahrnahm und
inwieweit sie dabei mit dem Jesuitenorden kooperierte. Hierbei wurde
deutlich, welches Konfliktpotential die Umsetzung des religiösen
Handlungsraumes durch hochadlige Frauen in Zusammenarbeit mit Jesuiten
bergen konnte. Eine "zweifache Krise", ausgelöst durch die aufgeklärt
absolutistischen Reformen des Josephinismus, beleuchtete DENNIS SCHMIDT
(Tübingen). Am Beispiel des steirischen Stiftes Stainz zeigte er auf,
welche Folgen die Bedrohung durch die Reformen für die kleinräumige
Ordnung einer einzelnen Gemeinschaft hatte. Doch galt dies nicht nur auf
der Mikro-, sondern auch auf der Makroebene, wie er mit publizistischen
Quellen veranschaulichte - die Ordnung der ganzen Habsburgermonarchie
schien für die Gegner der Reformen krisenhaft umgekehrt. Das Engagement
von Klöstern im Elementarschulwesen in Altbayern und Böhmen untersuchte
MARIA ROTTLER (Regensburg) vor dem Hintergrund der Katholischen
Aufklärung, aber auch in Bezug auf den Paradigmenwechsel des ausgehenden
18. Jahrhunderts, in dem die Religiosen sich gezwungen sahen, ihre
Nützlichkeit für den Staat zu betonen, da sich ihr Lebensentwurf
massiver antimonastischer Kritik ausgesetzt sah und ihre Klöster
unmittelbar von der Aufhebung bedroht waren.

Am Beispiel des Wiener Ursulinenkonvents zwischen 1770 und 1790 stellte
CHRISTINE SCHNEIDER (Wien) in ihrem öffentlichen Abendvortrag dar, wie
der Konvent mit der Bedrohung der Klosterauflösung umging und welche
Bewältigungsstrategien sowohl der Konvent im Allgemeinen als auch die
Nonnen im Besonderen sich zu eigen machten.

Unter der Leitung von MICHAEL KAISER (Bonn) standen in der dritten
Sektion Kriege und andere Katastrophen im Mittelpunkt. Die Jesuiten
spielten für das katholische Bildungswesen und für die katholische
Reform im Alten Reich eine zentrale Rolle. SUSANNE HÄCKER (Tübingen)
beschrieb die Aktivitäten der Societas Jesu an den Universitäten
Heidelberg, Tübingen und Freiburg während des Dreißigjährigen Krieges.
In diesem Rahmen verwies sie auf erhebliche Rückschläge, aber auch auf
Möglichkeiten zur Ausweitung des jesuitischen Einflusses auf das
Bildungswesen im Reich. Den Mord an einem Franziskanermönch im Jahr 1632
durch den in schwedischen Diensten stehenden Söldner Caspar Imlin und
den darauf folgenden Prozess skizzierte OLEG RUSAKOVSKIY (Tübingen). Er
konnte dabei die konfessionelle Komponente und die Wahrnehmung
katholischer Geistlicher in einem streng protestantischen und seit dem
Restitutionsedikt von Rekatholisierungsversuchen betroffenen Territorium
aufzeigen. THOMAS SCHRÖTER (Tübingen) sprach über die temporäre
Säkularisation des Zisterzienserklosters Schöntal während des
Dreißigjährigen Krieges sowie über die enormen materiellen, kulturellen
und demographischen Belastungen, die das Kloster während der Kriegsjahre
auszuhalten hatte. Anhand vielfältiger Quellen konnte er die Bedeutung
der engen Verflechtung verschiedener Bereiche für die Strategie der
einzelnen Akteure aufzeigen und deren dahinterstehende Intentionen
separat erörtern.

Über die Mission im Umfeld kolonialer Grenzkonflikte berichtete IRINA
PAWLOWSKY (Tübingen) am Beispiel des Jesuitenpaters Samuel Fritz, dessen
Missionsgebiet an der Grenze von spanischem und portugiesischem
Kolonialterritorium am Oberlauf des Amazonas lag. Eine permanente
Bedrohung der Sicherheit stellten Einfälle portugiesischer
Sklavenhändler dar. Fritz setzte sich sowohl für die indigene
Bevölkerung als auch die Besitzansprüche der spanischen Krone ein.

In den Diskussionsbeiträgen und anhand der Vorträge wurde festgestellt,
dass Krisen häufig durch eine spezifische zeitliche Dynamik geprägt
sind: Bedrohungsmomente können eine Krise verschärfen und zu einem
Wechsel von Latenz und Manifestation der Krise führen, und in einer
Phase erhöhten Handlungsdrucks kann es zu einer diskursiven Zuspitzung
auf harte Alternativen kommen. Hinsichtlich der Semantik der Krise wurde
wiederholt der in der Quellensprache oftmals auftauchende Verfallstopos
diskutiert, der stets vor allem hinsichtlich seines moralisierenden
Potentials zu hinterfragen ist und gelegentlich wohl vorschnell in die
Forschungsliteratur übernommen wird.

Die DiskutantInnen des Workshops plädierten für eine grundlegende
Unterscheidung von zwei Blickwinkeln hinsichtlich des Konzepts "Krise",
nämlich die zeitgenössische Krisenerfahrung und die nachmalige Diagnose
aus Sicht der Sozialwissenschaften. Bei letzterer Anwendung des Begriffs
sind stets auch zeitgenössische Protestkulturen, Bewältigungsstrategien
aus einem möglichen Set zwischen Tradition und Innovation und
Erwartungshorizonte zu berücksichtigen. So sei etwa Krieg in der Frühen
Neuzeit nicht automatisch als Krise zu bewerten, galt er doch über lange
Zeiträume hinweg als allzu probates Mittel der Politik.

Konferenzübersicht:

Begrüßung und Einführung
Renate Dürr / Dennis Schmidt

Maria Rottler (Universität Regensburg), Ordensgeschichte. Ein
interdisziplinäres Gemeinschaftsblog zur Geschichte von Klöstern und
Orden

Sektion 1: Institutionelle und strukturelle Ursachen

Cornelia Eberlein (Freie Universität Berlin), Neukloster und Zarrentin.
Zisterziensische Frauenklöster des südlichen Ostseeraumes zwischen
Bischof, Papst und Orden

Brigitte Oberle (Universität Mainz), Umwandlungen von
Benediktinerklöstern in Säkularkanonikerstifte im 15. und 16.
Jahrhundert

Esther Schmid Heer (Provinzbibliothek SJ, Zürich), "Die Zeiten thun sich
enderen...". Krisendiskurse in Südamerika-Berichten deutschsprachiger
Jesuiten im 18. Jahrhundert

Manuel Gómez Mendoza (Universität Mainz), Missionarische Krise und
Erneuerung der Franziskaner des missionarischen Kollegs der Propaganda
Fide in Tarija. 1755-1814

Kommentar: Fabian Fechner (Universität Tübingen)

Sektion 2: Reformen und gesellschaftliche Umbrüche

Babette Reicherdt (Universität Kassel), Die Gemeinschaft im Schmerz,
Krisenerzählung und -bewältigung in der Chronik der Genfer Klarissen

Julia Hodapp (Universität Tübingen), Jesuiten, hochadlige Frauen und die
Gegenreformation

Dennis Schmidt (Universität Tübingen), Josephinismus und geistliche
Orden - Schlaglichter auf eine zweifache Krise

Maria Rottler (Universität Regensburg), Engagement der Klöster im
Elementarschulwesen in der Sattelzeit in Altbayern und Böhmen

Kommentar: Christine Schneider (Universität Wien)

Abendvortrag:
Christine Schneider (Universität Wien), "Der Wiener Ursulinenkonvent im
Spannungsfeld der josephinischen Kirchenreformen. Innenansicht einer
Krise"

Sektion 3: Kriegseinwirkungen

Susanne Häcker (Universität Tübingen), Die Jesuiten an den Universitäten
Heidelberg, Tübingen und Freiburg während des Dreißigjährigen Krieges

Oleg Rusakovskiy (Universität Tübingen), "In qualitate hostis publici":
Ermordung eines Franziskaners im protestantischen Württemberg

Thomas Schröter (Universität Tübingen), "Nit ohne argwohn der
Verrätherey hinweggeraubet worden, und der langwihrige Krieg noch darzu
kommen". Temporäre Säkularisation des Zisterzienser-Klosters Schöntal
während des Dreißigjährigen Krieges

Irina Pawlowsky (Universität Tübingen), Mission im Umfeld kolonialer
Grenzkonflikte - das Wirken des Jesuitenpaters Samuel Fritz in der
Provinz Maynas im späten 17. und frühen 18. Jahrhundert

Kommentar: Michael Kaiser (Max Weber Stiftung Bonn)

Abschlussdiskussion

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[Regionalforum-Saar] Die Erde erinnert sich an uns

Date: 2014/04/07 08:33:17
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

Guten Morgen,

 

zum Geburtstag wurde mir der Roman „Silver. Rückkehr zur Schatzinsel.“ geschenkt, in dem der Autor Andrew Motion die Kinder der Hauptfiguren aus aus Robert Louis Stevensons „Die Schatzinsel“ zu derselben zurückkehren läßt, um auch den Rest des Schatzes zu bergen.

 

Zu Beginn des 13. Kapitels, das den Titel „Eine Welt der Wunder“ trägt, fand ich diese starken Worte:

 

„Die Erde erinnert sich an uns. Die Behausungen, in denen wir gelebt haben, überdauern uns normalerweise - und unsre Verbesserungen wie auch unsere Schändungen zeichnen der Landschaft Spuren ein, die dereinst neugierige Historiker studieren mögen. Wenn wir nicht mehr leben und atmen, zeigen Grabsteine, wo unsre Reise endete. In dieser Weise ähnelt der feste Boden einem Buch, in dem unsere Geschichten verzeichnet sind.

 

Ganz anders das Meer. Rollende Wogen löschen alles aus, was auf sie geschrieben wird, sei es das Kielwasser eines Schiffs, das Vorbeiziehen des Windes oder eines Baumstammes oder einer Flasche - oder eines Menschen. Nach jeder Störung die Wasser nichts weiter sein als wieder sein einfaches selbst.“

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Roland Geiger

 

 

[Regionalforum-Saar] Die Opfer nicht vergessen und die Täter beim Namen nennen

Date: 2014/04/09 13:55:46
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

Trierischer Volksfreund, 09.04.2014

Die Opfer nicht vergessen und die Täter beim Namen nennen

 

In der Gedenkstätte SS-Sonderlager/KZ Hinzert haben Autoren des Buches "Die Nazis aus der Nähe" einzelne Beiträge daraus vorgestellt. Unter den etwa 30 Zuhörern waren auch Angehörige früherer Hinzert-Häftlinge aus dem Saarland.



Hinzert-Pölert. Das Gemeinschaftswerk von 24 Autoren lenkt den Blick nicht auf den deutschlandweiten Terror des Nationalsozialismus. Die Historiker und Heimatforscher widmen sich vielmehr Denunziationen und Demütigungen, Folter und Tod in der Region. Dafür brauchte es willfährige Vollstrecker, ohne die ein Machtapparat wie der von Adolf Hitlers NSDAP nicht funktioniert hätte. Ihre Spurensuche führt vom St. Wendeler Land zwangläufig zum SS-Sonderlager/KZ Hinzert und nach Hermeskeil, ins einstige Gau-Musterdorf.


Klaus Zimmer nimmt in "Die Nazis aus der Nähe" (Extra) dessen Gründer Gustav Simon, den "Giftzwerg aus Hermeskeil", ins Visier. Seit 1931 war er Leiter des Gaus Koblenz-Trier, zu dem ab 1941 Luxemburg gehörte. Wegen seines brutalen Vorgehens dort wurde er auch "Gustav der Schreckliche" genannt. Als Giftzwerg galt er, weil er klein, krankhaft ehrgeizig, geltungssüchtig und anmaßend war. Simon trat schon 1925 der NSDAP bei und gründete 1926 die NSDAP-Ortsgruppe Hermeskeil. Geboren in Saarbrücken wurde der frühere Gusenburger Volksschullehrer nach dem Krieg bei Hannover verhaftet und beging eine Woche später im Dezember 1945 Selbstmord.


Autor Edgar Schwer folgte den Spuren eines Mutigen, der sich mit Worten widersetzte: Josef Ebertz, von der Mosel stammender Pfarrer in Nonnweiler. Als er 1935 gegen Judenhetze und den Boykott von Geschäftsleuten in Hermeskeil predigte, wurde er verhaftet: Wegen Kanzelmissbrauchs - eine Anklage, mit der aufbegehrende Priester rechnen mussten - verbüßte er eine Haft und wurde aller linksrheinischen Gebiete verwiesen. Nach dem Krieg kehrte er zurück, lehnte es aber ab, seine Denunzianten zu beschuldigen.

 

Günter Heidt, ehemaliger Lehrer am Gymnasium Hermeskeil, befasste sich mit der "Vorhölle Hinzert" (Extra). An Einzelschicksalen junger Saarländer zeigte er die Mechanismen des Systems auf. So seien Verhaftungen wie wegen angeblicher Arbeitsbummelei politisch, ideologisch, sozial oder auch persönlich motiviert gewesen. Umso tragischer, dass viele der Inhaftierten die NS-Zeit nicht überlebten. Wer nicht im KZ umkam, fiel im Krieg oder starb infolge von Repressalien. Denn die Gestapo behielt alle im Blick. Überlebende litten zeitlebens und sprachen kaum über das Erlebte, verschwiegen oft sogar ihre Haft.


Angehörige ehemaliger Hinzert-Häftlinge, die Gedenkstättenleiterin Beate Welter begrüßte, bestätigten das. So wie Albert Nagel aus Oberthal. Sein Onkel war 56 Tage im Lager. Kaum entlassen, musste er als Soldat nach Griechenland und wurde wenig später vermisst. "Das war eine ganz schlimme Zeit, und vieles wurde verschwiegen", sagt Nagel. Daher sei es wichtig, die Erinnerung wach zu halten - vor allem bei Jüngeren. Besucherin Monika Metzler aus Trier interessiert das Thema generell. Es komme immer auf den Einzelnen an: "Wichtig ist, dass der nicht vergessen wird und dass auch der einzelne Täter genannt wird." Zeitzeuge Paul Schmitz (81) führten Kindheitserlebnisse her. Als Zehnjähriger sah er, wie mit Häftlingen umgegangen und wie sie geschlagen wurden. "Das lässt einen nicht mehr los." Sein heutiges Engagement für die Schillinger Dorfchronik führt er darauf zurück: "Ich will helfen, dass das nicht vergessen wird."

"Die Nazis aus der Nähe":
Das 480 Seiten umfassende Buch (ISBN 9783941095151) ist zum Preis von 39,90 Euro im Buchhandel erhältlich oder über den Verlag in Marpingen-Alsweiler (
www.edition-schaumberg.de).. Verleger: Thomas Störmer; Herausgeber sind die Autoren Klaus Brill (Journalist), Bernhard W. Planz, Inge Plettenberg und Klaus Zimmer. Kontakt zum Verlag: Telefon 06853/502380, E-Mail info(a)edition-schaumberg.de urs

Extra

Von 1939 bis 1945 kamen nachweislich mindestens 321 Menschen im "SS-Sonderlager/KZ Hinzert" ums Leben. Tatsächlich waren es aber wohl weit mehr Menschen aus Luxemburg, Belgien, Frankreich, den Niederlanden und Polen, die dort ermordet wurden oder an den Folgen von Lagerterror, Krankheit, Entkräftung oder Hunger starben. Ab 1940 diente Hinzert als "Durchgangslager" für Deportationen nach Buchenwald, Dachau und Natz weiler (Frankreich). An die Opfer erinnern Ehrenfriedhof, Kapelle und Kreuz sowie das Mahnmal des ehemaligen luxemburgischen Häftlings Lucien Wercollier sowie seit 2005 das Dokumentations- und Begegnungshaus. urs

 

[Regionalforum-Saar] heute abend in nohfelden

Date: 2014/04/10 12:32:08
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

Nohfelden

Die Nazis aus der Nähe: Autoren referieren

Als Teil der Vorstellungstour zum Buch „Die Nazis aus der Nähe“ steht am heutigen Donnerstag um 19.30 Uhr im Nohfelder Ratssaal ein weiterer Vortrag an Bernhard W. Planz stellt das Werk vor. Im Anschluss wollen die Mitautoren Eva Tigmann, Bodo Bost und Hermann Scheid Teilaspekte der Nazizeit in unserer Region darlegen. Schließlich präsentiert Roland Geiger einen 13-minütigen Original-Filmausschnitt, der den Einzugs de Amerikaner ins St. Wendeler Land zeigt. red

 

[Regionalforum-Saar] Genealogie-Seminar auf Schlo ß Dhaun auf November verschoben

Date: 2014/04/20 15:57:46
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

Salü,

 

wir haben unser Seminar „Vertiefende Familienforschung“, das am nächsten Wochenende (26ter bis 27ter April) auf Schloß Dhaun bei Kirn stattfinden sollte, auf das zweite November-Wochenende verschoben => 8ter und 9ter November.

 

Das Programm wird voraussichtlich bis auf einen Punkt erhalten bleiben.

 

Ich werde mich hierzu im September oder Oktober wieder melden.

 
Mit freundlichem Gruß
 
Roland Geiger

[Regionalforum-Saar] Das St. Wendeler Land und das Ostertal in der NS-Zeit

Date: 2014/04/21 08:32:22
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

gestern in der SZ:
 
 

Das St. Wendeler Land und das Ostertal in der NS-Zeit

Osterbrücken. Die Nazis - es gab sie nicht nur in Berlin oder München, es gab sie genauso in der Provinz, auch im St. Wendeler Land. Davon handelt ein neues Buch, das jüngst erschienen ist und in den Medien hervorragende Kritiken erhält. Das Buch mit dem Titel „Die Nazis aus der Nähe - Spurensuche im St. Wendeler Land“ stellt der Heimat- und Kulturverein Ostertal am Freitag, 25. April, in Osterbrücken im Dorfgemeinschaftshaus vor. Beginn ist um 19 Uhr. Hans Kirsch aus Selchenbach, Klaus Zimmer aus Hassel/Saal, Susanne Schmidt aus Niederkirchen, Bernhard Planz aus Stennweiler und Alfons Klein aus St. Wendel werden Passagen aus ihren Beiträgen lesen, wobei es überwiegend um Ostertaler Vorgänge gehen wird. Am Schluss zeigt Roland Geiger aus St. Wendel einen Film aus dem amerikanischen Nationalarchiv Washington, wie die US-Armee am 18. März 1945 von Wadern aus in den Kreis St. Wendel einrückte. Der Eintritt zu der Veranstaltung ist frei. red

[Regionalforum-Saar] Vom Pomeranzengänger zum Gr oßhändler?

Date: 2014/04/25 09:57:08
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

Reves, Christiane: Vom Pomeranzengänger zum  Großhändler? Netzwerke und
Migrationsverhalten der Brentano-Familien im 17.  und 18. Jahrhundert (=
Studien zur historischen Migrationsforschung 23).  Paderborn: Ferdinand
Schöningh Verlag 2011. ISBN 978-3-506-77107-0; 369 S.;  EUR 34,90.

Rezensiert für H-Soz-u-Kult von:
Robert Brandt,  Goethe-Universität Frankfurt am Main
E-Mail:  <robbrandt(a)gmx.de>

An Publikationen über die italienischen  Kaufmannsfamilien, die seit dem
17. Jahrhundert ihre Handelskreise sukzessive  in Städte und Regionen
nördlich der Alpen verlagerten, herrscht kein Mangel.  Rar gesät sind
aber Studien, welche nicht nur die in deutschen, sondern auch  in
italienischen Archiven lagernden Quellen ausgewertet haben. Dies  leistet
die in überarbeiteter Form vorliegende Dissertation von Christiane  Reves
zu Migration und Netzwerken der italienischen  Kaufmannsfamilien
Brentano. Dominierte in der bisherigen Forschung die  Untersuchung
einzelner Etappen, so nimmt die Autorin den gesamten  Migrationsprozess
von Italien bis Deutschland in den Blick.

Aus den  ca. drei Dutzend Kaufmannsfamilien, die in der Frühen Neuzeit in
den Norden  migrierten, hat Reves die vom Comer See stammenden Familien
Brentano  ausgewählt. Nach einer kurzen Einleitung, in der die Autorin
ihr Verständnis  von Migrationsforschung und Netzwerkanalyse erläutert,
werden in sieben  Kapiteln soziale und ökonomische Stellung in der
Herkunftsregion, Handels-  und Migrationstraditionen in Oberitalien sowie
Netzwerke, ökonomische  Konflikte und die Integration in der Zielregion,
vor allem in Frankfurt am  Main, untersucht.

Für Kaufleute und Handwerker vom Comer See lässt sich  eine zum Teil bis
ins Mittelalter zurückreichende Migrations- und  Handelstradition
nachweisen. Migration war in dieser Region meist "nicht das  Resultat
einer Ausnahme- oder Notsituation, sondern ein fester Bestandteil  des
Lebens" (S. 63). Auch in den Brentano-Familien, die überwiegend  der
dörflichen Oberschicht angehörten, hatte Migration eine lange, bis  ins
15. Jahrhundert nachweisbare Tradition. Ein zum Teil recht  stattlicher
Grund- und Immobilienbesitz, der meist verpachtet bzw. vermietet  wurde,
bildete die ökonomische Basis von Handel und Migration. Der Grund  für
die Migration war das Streben nach geschäftlicher Expansion und  weiterem
sozialen Aufstieg. Ab dem 17. Jahrhundert sollen "mehr als zwei  Drittel
aller Brentano-Familien in irgendeiner Weise an Handel und  Migration
beteiligt" (S. 157) gewesen sein.

Grundlage des beachtlichen  europaweiten Erfolges war ein dreistufiges
Netzwerk: Die Basis bildeten  vielfältige familiäre, ökonomische und
kulturelle Verbindungen zur  oberitalienischen Herkunftsregion, zu denen
neben dem Immobilienbesitz unter  anderem auch die Vergabe von Krediten
und Prokura sowie kirchliche Stiftungen  in den Heimatdörfern zählten.
Die zweite Ebene des Netzwerks bildeten die  kleinen, zeitlich begrenzten
Handelsgesellschaften mit zwei bis acht  Gesellschaftern, "in der Regel
[...] Verwandte und in Ausnahmefällen auch  Freunde" (S. 337). Ähnliches
galt für die dritte Ebene, für die  geschäftlichen und privaten
Beziehungen der Kaufleute vom Comer See an den  verschiedenen
europäischen Handelsplätzen. Auch hier blieb man weitgehend  unter sich;
Vertrauen basierte auf Verwandtschaft, Region und gemeinsamer  Kultur.

In den Zielregionen verliefen Einstieg und Etablierung auf den  Märkten
alles andere als konfliktfrei. Die Verteilungskämpfe auf den  Frankfurter
Märkten, wo es schon etliche Kaufleute und Krämer gab, die mit  den
gleichen Waren handelten, führten des Öfteren zu  Auseinandersetzungen,
die bis vor die Reichsgerichte getragen wurden. Die  Brentano-Familien
versuchten ihre Position auf den Märkten durch den Erwerb  des
Beisassenstatus oder die Aufnahme in das Bürgerrecht zu verbessern,  was
aber bei der mehrheitlich lutherischen Bürgerschaft auf Ablehnung  stieß.
Durch die Interventionen Wiens, und weil der Rat die Interessen  der
Bürgerschaft in dieser Frage immer öfter ignorierte, gelang nach  1730
immer mehr italienischen Kaufleuten die Aufnahme in das Bürgerrecht.  In
der Folge setzte allmählich die ökonomische und kulturelle Ablösung  von
der oberitalienischen Herkunftsregion ein; die temporäre Migration  der
Kaufleute ging in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts sukzessive  in
eine dauerhafte Abwanderung über. Die Ehefrauen folgten  schließlich
ihren Männern, zugleich wurden immer öfter Ehen mit deutschen  Frauen
geschlossen. Einzelnen Brentano-Familien gelang im 18./19.  Jahrhundert
der Aufstieg zunächst in die ökonomische, dann in die politische  Elite
Frankfurts und schließlich weit darüber hinaus, wofür die Namen  Clemens
Brentano und Bettine von Arnim, geborene Brentano, stehen.

Die  Stärke der flüssig geschriebenen Arbeit liegt in der Verbindung, die
sie  zwischen der älteren deutschen und der italienischen Forschung
herstellt,  indem zugleich die Situation in den Ausgangsorten, die
Wanderung an sich  sowie die Lebenssituation der Kaufleute in den
Zielorten in den Blick  genommen werden. Dabei kann so manche ältere
Vorstellung wie die vom armen  italienischen Pomeranzenhändler, der es in
der Fremde zum Erfolg brachte,  korrigiert werden. 

Jedoch bleiben in Reves Monographie etliche Fragen  offen. Die Arbeit ist
überwiegend deskriptiv angelegt, ausführlich wird aus  den interessanten
Quellen zitiert; jedoch erfolgt zu selten eine Auswertung  des Materials
entlang aktueller geschichtswissenschaftlicher Debatten. Die  Netzwerke
beispielsweise werden beschrieben, aber eine  sozialwissenschaftliche
Netzwerkanalyse wird nicht geboten. Störend ist in  diesem Zusammenhang
die stete Verwendung des Begriffs "Clan" für die  Brentano-Familien, ohne
dass dieser Begriff definiert, geschweige denn  problematisiert wird.

Unklar bleiben die Veränderungen nach 1730: Die  Autorin verweist auf das
komplexere Netzwerk der Brentano-Familien, das es  ihnen ermöglicht habe,
Waren wie beispielsweise Südfrüchte über Verwandte in  Italien günstig zu
beziehen. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts  spielten diese
Netzwerke dann eine immer geringere Rolle und wurden durch  neue
Netzwerke in der Zielregion ersetzt. Die Akteure, Strukturen und  Regeln
dieser neuen Netzwerke werden aber nicht weiter beschrieben.  Unklar
bleibt auch, was sich nach 1750 eigentlich ökonomisch änderte, etwa  ob
die Brentanos mit der Integration in die städtische Gesellschaft  ganz
neuen Geschäften in anderen Branchen nachgingen.

Generell  interessiert sich die Autorin nicht wirklich für
Wirtschaftsgeschichte,  obwohl sie ein genuin wirtschaftshistorisches
Thema bearbeitet. Folglich  werden Prozesse der Marktbildung
angesprochen, aber nicht näher untersucht;  eine Auseinandersetzung mit
der entsprechenden Forschung fehlt weitgehend.  Dabei hätten sich gerade
die Brentano-Familien beispielsweise für eine nähere  Betrachtung des
Zusammenhangs von Rechtsbruch und vorindustriellen Märkten  angeboten,
war doch das bewusste Unterlaufen der geltenden Rechtsnormen  zumindest
in den ersten Jahrzehnten integraler Bestandteil des  Geschäftsmodells
der oberitalienischen Kaufleute.

Auch hätte man an  dieser Stelle gerne etwas zur Konsumgeschichte
gelesen; das seitenweise  Aufzählen von Luxusgütern, mit denen die
italienischen Kaufleute handelten,  kann nur ein erster Schritt in diese
Richtung sein. Die Autorin hätte sich  dann gar nicht erstaunt zeigen
müssen, dass der Rat den Beschwerden der  bürgerlichen Krämer über die
italienischen Kaufleute häufig nicht gerade  energisch nachging: Auch
Ratsmitglieder dürften diese Waren konsumiert haben!  Der
Nahrungsbegriff, mit dem die Krämer ihre Beschwerden über  die
italienischen Kaufleute zu untermauern versuchten, wird erwähnt;  die
Forschungen zur Nahrungssemantik wurden aber nicht  rezipiert.
Stattdessen präsentiert die Autorin die italienischen Kaufleute  als
Vertreter des "freien Handels" - eine Formulierung, welche die  Italiener
bzw. ihre Advokaten benutzten. Die Autorin legt hier, wie an  vielen
anderen Stellen auch, die Quellen schlicht wörtlich aus, ohne  zu
berücksichtigen, dass die italienischen Kaufleute und ihre Advokaten  -
wie auch die Gegenseite - in ihren Supplikationen und  Prozessschriften
bestimmte Strategien und Semantiken wählten, um ihre  Interessen beim Rat
durchzusetzen. Ob die italienischen Kaufleute Anhänger  von so etwas wie
einer freien Marktwirtschaft waren, lässt sich diesen  Quellen nicht
wirklich entnehmen. Plausibler ist, dass die Brentano-Familien  im 17.
und Anfang des 18. Jahrhunderts am jeweiligen Ort lediglich  den
größtmöglichen wirtschaftlichen Vorteil suchten, ohne sich  lokal
wirklich festlegen zu müssen; der Bruch der geltenden  Handelsnormen
konnte hierbei eine von mehreren Praktiken sein. Mit der  sukzessiven
Integration in die reichsstädtische Gesellschaft Frankfurts in  der
zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ließ man die illegalen  Praktiken
hinter sich und genoss bürgerliche Handelsfreiheiten  bzw.
Handelsprivilegien.

Die Ausführungen zur wirtschaftshistorischen  Zauberformel "Vertrauen",
auf dem die Handelsunternehmen der  Brentano-Familien ruhten, hätten
sicher gewonnen, wäre auch die einschlägige  Literatur rezipiert worden.
Gerne hätte man auch Näheres über die Verlierer  unter den Brentanos
erfahren: An einer einzigen Stelle wird in dem Buch von  der Armut unter
erfolglosen Unternehmern und am Handel nicht beteiligten  Brentanos
gesprochen, leider ohne Beispiele und Belege (S. 123). Die  Ausführungen
zu den Anfang des 18. Jahrhunderts immer härter werdenden  Konflikten mit
den bürgerlichen Krämern in Frankfurt hätten an Kontur  gewonnen, wenn
deutlicher herausgestellt worden wäre, dass sie Teil eines  viel größeren
politischen Konflikts waren, des so genannten  Frankfurter
Verfassungskonflikts, der die Reichsstadt beinahe drei  Jahrzehnte
erschütterte.

Diese zahlreichen Einwände trüben das  Gesamtbild der Arbeit: Der
Erschließung vieler neuer interessanter Quellen  stehen Analysen und
Interpretationen gegenüber, die etliche Fragen offen  lassen.

Diese Rezension wurde redaktionell betreut von:
Stefan Gorißen  <stefan.gorissen(a)uni-bielefeld.de>

URL zur Zitation dieses  Beitrages
<http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2014-2-  

[Regionalforum-Saar] 30. April 1945

Date: 2014/04/25 10:03:54
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

heute in der SZ:
 
 

Und die Erde drehte sich weiter

Alexander Kluge beschreibt, was am Tag von Hitlers Suizid sonst noch geschah

Was machte Thomas Mann in Kalifornien? Wie reagierte die New Yorker Börse? Alexander Kluge hat eine faszinierende Chronik des 30. Aprils 1945, Hitlers Todestag, verfasst.

Von SZ-Mitarbeiter Roland Mischke

Alexander Kluge war 13 Jahre alt, als Adolf Hitler zur Pistole griff. Er kann sich nicht daran erinnern, dass der Tod des Tyrannen ihn damals beschäftigte. Zumal Hitlers Selbstmord nicht offiziell vermeldet wurde. Er war traurig, weil er aus dem zerstörten Halberstadt in den Harz verschickt worden war, um dort Unkraut auf Rübenäckern zu zupfen. „Der einzelne Tag ist erinnerungstechnisch ein Niemandsland“, heißt es in Kluges Buch „30. April 1945“, von einer „Stunde Null“ war nichts zu spüren. Vielmehr rotteten sich deutsche Truppenteile im Südharz gegen vorgerückte Alliierte zusammen, die sie mit einem Panzervorstoß attackieren wollten. Und Klein-Alexander hatte Sehnsucht nach seiner Mutter. Am „letzten Werktag des Dritten Reiches“, so Alexander Kluge, haben sich Adolf Hitler und Eva Braun im „Führerbunker“ ihrer Verantwortung entzogen. Erst wurde der Schäferhund eingeschläfert, dann tötete sich das Ehepaar selbst.

Was aber ist an diesem Tag weltweit geschehen? Der 82-jährige Autor und Filmemacher hat gründlich in der ihm eigenen Patchwork-Technik Ereignisse des Tages zusammengetragen. Eine faszinierende Chronik ist entstanden. „Es ist eine wirre Landschaft, es ist die anarchistischste Situation, in der sich Deutschland je befand“, so Kluge. Aber die Erde drehte sich weiter.

Als Kluge 2010 mit seiner Firma dctp die TV-Doku von Michael Kloft über die letzten zwölf Stunden Hitlers koproduzierte, begann er über das Ereignis tiefer nachzudenken. Seine Fantasie katapultierte ihn nach San Francisco. „In den Minuten, die nach mitteleuropäischer Zeit den Moment umfassen, in dem Hitler die Tür zu seinem Sterbezimmer schließt, putzen sich die Diplomaten, die an diesem Tag in San Francisco über Gründung und Struktur der Vereinten Nationen verhandeln werden, die Zähne, sie duschen, frühstücken und bereiten sich auf den Tag vor.“

Seine eigene Fantasie genügt Kluge aber nicht, er bezieht auch andere Zeitgenossen ein, dazu deren Gefühle, Wünsche und Gedanken. Neben dem Fiktionalen wird Gehörtes und Geschriebenes, etwa aus Briefen und Memoiren zitiert, werden Ereignisse fingiert, die wohl nie stattfanden, neben Anekdoten stehen konkrete Tatsachen. In gewohnter Weise umkreist Kluge das Geschehnis vielfältig. Was empfand Thomas Mann an diesem 30. April in Kalifornien? Was dachten die Männer der Wehrmacht vor dem müden letzten Gefecht? Was bewegte den britischen Sergeanten, der einen ranghohen deutschen Militär gefangen nahm? Was ersann Martin Heidegger, der am Vormittag ein Seminar abhielt? Warum gab es so viel Bewegung an der New Yorker Börse? Und wie kamen die Flüchtlinge auf dem Weg nach Hause voran? Im Chaos des nationalsozialistischen Untergangs navigiert sich Kluge durch einen Wendetag, von dem die wenigsten seinerzeit wussten – aber er hatte gravierende Folgen. Unterstützt wird er dabei vom Soziologen Oskar Negt und dem Dichter Reinhard Jirgl, deren Einlassungen abgedruckt sind. Auch Schiller, Lenau und Heine, Ezra Pound, Heiner Müller und Einar Schleef sind mit Texten vertreten.

Alexander Kluge: 30. April 1945. Der Tag an dem Hitler sich erschoß und die Westbindung der Deutschen begann. Suhrkamp, 316 S., 24,95 €.

[Regionalforum-Saar] Schweiß, Muskeln, Entsc hlossenheit

Date: 2014/04/25 10:04:53
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

heute in der SZ:
 
 

Schweiß, Muskeln, Entschlossenheit

„Arbeit zeigen“: Das Historische Museum Saar beleuchtet das Arbeitsethos des Industriezeitalters

Harte Maloche, aber schöne Körper – die neue Ausstellung im Historischen Museum Saar konfrontiert uns mit einem überhöhten Bild der Arbeitswelt zwischen 1850 und 1950. Gezeigt werden ab Sonntag Arbeiterplastiken und Saar-Fotografien.

Von SZ-Redakteurin Cathrin Elss-Seringhaus

Saarbrücken. Der arme Gerhard Pohlmann! Wo, um Himmels willen, hat der Berliner Angestellte 1955, in seinem Kleinbürger-Haushalt, Platz gefunden für die fanfarenhafte, dramatische Bronze-Skulptur „Lebensrettung“? Sein Arbeitgeber, die Berliner Minimax AG schenkte sie Pohlmann für seine herausragenden Verdienste. Die Plastik friert eine Hollywoodfilm-reife Szene ein: Ein todesmutiger Familienvater schützt unter Anwendung einer „Spitztüte“ Frau und Säugling vor dem Feuer. Die Spitztüte war ein bis in die 60er Jahre millionenfach verkauftes Handfeuerlöschgerät, zu dessen 25-jährigem Jubiläum 1927 die Bronze „Lebensrettung“ in Auftrag gegeben wurde. Aus heutiger Sicht eine aufdringliche Kitsch-Dekoration, nicht die einzige der aktuellen Schau im Historischen Museum Saar zum Thema Arbeitsethos des Industriezeitalters. Pathos, Pädagogik und Propaganda ergeben nun mal keine gute Kunst, weiß man nach dem Rundgang. Aber sie erzählen viel über Mentalitätsgeschichte.

Versammelt sind unter dem Titel „Arbeit zeigen“ 116 Skulpturen von Bauern, Schmieden, Hütten- und Bergarbeitern aus der Hoch-Zeit der Industrialisierung (1850 bis 1950) sowie 28 historische Fotos ausschließlich aus saarländischen Unternehmen, sei es die Grube Göttelborn oder die Halberger Hütte. Die Plastiken stammen aus der Sammlung Werner Bibl (Gelsenkirchen), sie ist eine der größten ihrer Art. Das Industriemuseum Henrichshütte Hattingen präsentierte sie 2013 unter dem selben Titel, das Historische Museum musste entschlacken. Trotzdem entstand dank einer vorzüglichen Ausstellungsarchitektur eine ungewöhnlich üppige Anmutung.

Wohin man sich auch wendet: Muskeln, Schweiß, grimmige Entschlossenheit. Es tobt der Kampf des Menschen gegen die Gewalt der Natur und der Technik. Welch ein Leistungs-Ethos trompetet uns da entgegen! Die reale proletarische Arbeitswelt spielt hier kaum eine Rolle, dafür erhellt sich das Menschenbild einer Epoche, die das Über-sich-Hinauswachsen noch zum gesellschaftlichen Ziel erklärt hatte.

Technischer Fortschritt galt als Sieg und wurde genau so inszeniert. Deshalb muten fast alle Skulpturen martialisch an: Soldaten und Helden der Arbeit, nicht selten in antiker Pose und Nacktheit. Die Plastiken wurden en gros produziert, standen auf Schreibtischen und Kaminsimsen, schmückten in größeren Formaten Firmenfoyers und wuchsen, etwa vor Zechenhäusern oder Hütten-Eingangstoren, zu übermenschlicher Denkmal-Größe. So grüßte denn der Arbeiter jeden Morgen sein Idealbild. Und war stolz, dazu zu gehören. Arbeiterplastiken legen Zeugnis davon ab, wie selbstbewusst die neue Arbeiterklasse das Bürgerparkett betrat. Denn nur deshalb avancierte der gesellschaftliche Umbruch zum Sujet der Bildhauerkunst.

In Saarbrücken trifft man die Künstler, die in Paris oder Berlin den Ton angaben, etwa den Belgier Constantin Meunier oder Gerhard Janensch. Ihr unbekümmertes Heroisieren und Moralisieren in der Gestaltung wurde Trend, es wirkt auf uns heute fremd oder kippt sogar ins unfreiwillig Komische oder Rührende. Da posieren zwergenhafte Arbeiter als Monster-Bändiger neben riesenhaften Dampfturbinen, wischen sich Land- oder Straßenarbeiter mit immer gleicher stereotyper Geste den Schweiß von der Stirn – Klone einer Bildhauerkunst, die im Atelier entstand statt am Abstich und nur selten zur Wahrhaftigkeit vorstieß.

Insofern freut der Humor der Ausstellungsmacher. Sie haben eine Superman-Figur ans Stirnende gerückt, vor ein plakathaftes Foto. Es zeigt die fein gemachte Führungs-Riege der Saarbrücker Firma Ehrhardt & Sehmer 1936. Vorstände, die ihre Brust wie Heroen der Hand-Arbeit nach vorne stemmen – so stark wirkte das Schaffe-Schaffe-Idealbild. Aufschlussreich ist das – und köstlich.

Bis 21. September. Eröffnung: Sonntag, 11 Uhr; Di, Mi, Fr, So: 10-18 Uhr, Do bis 20 Uhr, Sa: 12-18 Uhr.

[Regionalforum-Saar] Was hat nun das Geschilderte mit St. Wendel zu tun?

Date: 2014/04/25 10:08:34
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

Guten Morgen,
 
die Betreffzeile findet sich tatsächlich im Artikel. Die Antwort stimmt sicher, und deshalb wirkt der ganze Artikel auch nicht so, als sei er an den Haaren herbeigezogen, nicht wahr?
 
heute in der SZ:
 

Englischer Adel prägte das Maß

Warum Luises Ururenkeln die Länge der Marathonstrecke zu verdanken ist

Was hat die Länge eines Marathonlaufes mit St. Wendel zu tun? Die Antwort auf diese Frage liefert Hans Josef Demuth aus Bliesen, der sich sowohl fürs Laufen als auch für Heimatgeschichte interessiert.

St. Wendel. Was hat die Länge eines Marathonlaufes mit St. Wendel zu tun? Die Strecke des Marathonlaufes ist – wie allgemein bekannt – 42,195 Kilometer lang. Zu diesem doch etwas ungewöhnlichen Maß wurden einige Anekdoten erfunden. Es wird heute allgemein anerkannt, dass die folgende Geschichte der Wahrheit am nächsten kommt.

Bei den Olympischen Spielen in London im Jahre 1908 äußerte die Prinzessin von Wales den Wunsch, den Start des Marathonlaufes mit ihren Kindern von ihrer Ostterrasse von Schloss Windsor aus verfolgen zu können. Diesem Wunsch wurde seitens der Organisatoren entsprochen. Die endgültige Vermessung dieser Strecke ergab eine Länge von „26 Miles 385 Yards“, umgerechnet 42 195 Meter.

Bei den nachfolgenden Olympischen Spielen waren die Streckenlängen des Marathonlaufes 1912 in Stockholm 40 200 Meter und 1920 in Amsterdam 42 750 Meter. In einer Sitzung im Mai 1921 in Genf befasste sich die Regelkommission der „Internationalen Leichtathletik Föderation“ (IAAF) damit und schrieb das Maß von London, also 42 195 Meter, für die Olympischen Spiele 1924 in Paris und die nachfolgenden Spiele fest. Diese Streckenlänge wurde auch beibehalten und hat bis heute Gültigkeit.

Verwandt mit Prinzessin

Was hat nun das Geschilderte mit St. Wendel zu tun? „Unsere Luise“, Herzogin von Sachsen-Coburg-Saalfeld, wohnte von 1824 bis zu ihrem Tode im Jahre 1831, in St. Wendel. Sie hatte zwei Söhne, Ernst und Albert, die aber nicht in St. Wendel lebten. Der zweite Sohn Albert (1819 bis 1861) heiratete 1839 Viktoria (1819 bis 1901), die spätere Queen von England. Deren Sohn Albert Eduard (Eduard III., 1841 bis 1910) heiratete Alexandra von Dänemark. Aus dieser Ehe stammt der Sohn Georg (Georg III., 1865 bis 1936), der Maria von Teck (1867 bis 1953) heiratete. Mit ihr hatte er sechs Kinder. Maria war die oben erwähnte „Prinzessin von Wales“. Sie war also die Ur-Schwiegertochter und ihre Kinder waren die Ururenkel unserer Luise. Zum Zeitpunkt der Londoner Spiele im Jahre 1908 waren die ältesten Kinder 14, 13 und elf Jahre alt. Diese waren sicherlich die eigentlichen Triebfedern, die eine Verlegung des Marathonstarts vor die Ostterrasse von Schloss Windsor forderten. Damit ist die Verbindung zu St. Wendel hergestellt. Dank „Luises“ Ururenkeln beträgt die Marathonstrecke 42 195 Meter.

Zur Person

Hans Josef Demuth wurde 1940 in Bliesen geboren und war bis zum Ruhestand Verwaltungsbeamter. Er treibt seit seiner Kindheit Sport, ist seit 1952 Mitglied im Turnverein Bliesen. 1974 gründete er den ersten saarländischen Lauftreff in Bliesen. Nach wie vor ist er Leiter beim gleichen Lauftreff, der sich heute allerdings Bosenberg-Lauftreff St. Wendel nennt. Er interessiert sich für die historische Entwicklung des Laufens und ist Vorsitzender des Heimatvereins Bliesen. him

Re: [Regionalforum-Saar] Was hat nun das Geschilderte mit St. Wendel zutun?

Date: 2014/04/25 12:19:28
From: Hans-Joachim Kühn <hans-joachim-kuehn(a)gmx.de>

Ich versteh’ das auch nicht.

Hans-Joachim Kühn

 


Von: regionalforum-saar-bounces(a)genealogy.net [mailto:regionalforum-saar-bounces(a)genealogy.net] Im Auftrag von Rolgeiger(a)aol.com
Gesendet: Freitag, 25. April 2014 10:09
An: regionalforum-saar(a)genealogy.net
Betreff: [Regionalforum-Saar] Was hat nun das Geschilderte mit St. Wendel zutun?

 

Guten Morgen,

 

die Betreffzeile findet sich tatsächlich im Artikel. Die Antwort stimmt sicher, und deshalb wirkt der ganze Artikel auch nicht so, als sei er an den Haaren herbeigezogen, nicht wahr?

 

heute in der SZ:

 

Englischer Adel prägte das Maß

Warum Luises Ururenkeln die Länge der Marathonstrecke zu verdanken ist

Was hat die Länge eines Marathonlaufes mit St. Wendel zu tun? Die Antwort auf diese Frage liefert Hans Josef Demuth aus Bliesen, der sich sowohl fürs Laufen als auch für Heimatgeschichte interessiert.

St. Wendel. Was hat die Länge eines Marathonlaufes mit St. Wendel zu tun? Die Strecke des Marathonlaufes ist – wie allgemein bekannt – 42,195 Kilometer lang. Zu diesem doch etwas ungewöhnlichen Maß wurden einige Anekdoten erfunden. Es wird heute allgemein anerkannt, dass die folgende Geschichte der Wahrheit am nächsten kommt.

Bei den Olympischen Spielen in London im Jahre 1908 äußerte die Prinzessin von Wales den Wunsch, den Start des Marathonlaufes mit ihren Kindern von ihrer Ostterrasse von Schloss Windsor aus verfolgen zu können. Diesem Wunsch wurde seitens der Organisatoren entsprochen. Die endgültige Vermessung dieser Strecke ergab eine Länge von „26 Miles 385 Yards“, umgerechnet 42 195 Meter.

Bei den nachfolgenden Olympischen Spielen waren die Streckenlängen des Marathonlaufes 1912 in Stockholm 40 200 Meter und 1920 in Amsterdam 42 750 Meter. In einer Sitzung im Mai 1921 in Genf befasste sich die Regelkommission der „Internationalen Leichtathletik Föderation“ (IAAF) damit und schrieb das Maß von London, also 42 195 Meter, für die Olympischen Spiele 1924 in Paris und die nachfolgenden Spiele fest. Diese Streckenlänge wurde auch beibehalten und hat bis heute Gültigkeit.

Verwandt mit Prinzessin

Was hat nun das Geschilderte mit St. Wendel zu tun? „Unsere Luise“, Herzogin von Sachsen-Coburg-Saalfeld, wohnte von 1824 bis zu ihrem Tode im Jahre 1831, in St. Wendel. Sie hatte zwei Söhne, Ernst und Albert, die aber nicht in St. Wendel lebten. Der zweite Sohn Albert (1819 bis 1861) heiratete 1839 Viktoria (1819 bis 1901), die spätere Queen von England. Deren Sohn Albert Eduard (Eduard III., 1841 bis 1910) heiratete Alexandra von Dänemark. Aus dieser Ehe stammt der Sohn Georg (Georg III., 1865 bis 1936), der Maria von Teck (1867 bis 1953) heiratete. Mit ihr hatte er sechs Kinder. Maria war die oben erwähnte „Prinzessin von Wales“. Sie war also die Ur-Schwiegertochter und ihre Kinder waren die Ururenkel unserer Luise. Zum Zeitpunkt der Londoner Spiele im Jahre 1908 waren die ältesten Kinder 14, 13 und elf Jahre alt. Diese waren sicherlich die eigentlichen Triebfedern, die eine Verlegung des Marathonstarts vor die Ostterrasse von Schloss Windsor forderten. Damit ist die Verbindung zu St. Wendel hergestellt. Dank „Luises“ Ururenkeln beträgt die Marathonstrecke 42 195 Meter.

Zur Person

Hans Josef Demuth wurde 1940 in Bliesen geboren und war bis zum Ruhestand Verwaltungsbeamter. Er treibt seit seiner Kindheit Sport, ist seit 1952 Mitglied im Turnverein Bliesen. 1974 gründete er den ersten saarländischen Lauftreff in Bliesen. Nach wie vor ist er Leiter beim gleichen Lauftreff, der sich heute allerdings Bosenberg-Lauftreff St. Wendel nennt. Er interessiert sich für die historische Entwicklung des Laufens und ist Vorsitzender des Heimatvereins Bliesen. him