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2011/06/22 08:27:07
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] Das europäische Mittelalter im Geflecht der Welt. Effekte der Migration
Datum 2011/06/23 23:42:13
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[Regionalforum-Saar] Vortrag beim Flugplatzfest in Langenbach nahe Kusel
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[Regionalforum-Saar] Das europäische Mittelalter im Geflecht der Welt. Effekte der Migration
Autor 2011/06/23 23:42:13
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[Regionalforum-Saar] Vortrag beim Flugplatzfest in Langenbach nahe Kusel

[Regionalforum-Saar] Hoher Besuch in St. Wendel heute vor 500 Jahren

Date: 2011/06/22 19:49:14
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)...

Über die Einführung des neuen Erzbischofs Richard von Greiffenclau

im Amt St. Wendel im Jahre 1511

Nach einem Bericht von Peter Maier.

 

 

Am Samstagmorgen nach Fronleichnam (am 21. Juni 1511) morgens um 8 Uhr ritt der Trierer Kurfürst Richard von Greiffenclau mit seinem Domdechanten Philipp von Kriechingen sowie Johann von Mudersbach und Dietrich von Rollingen und anderen Räten und Edelleuten von Saarburg nach St. Wendel.

 

Kurz vor der Stadt trat ein Mann vor, der einen Totschlag begangen hatte und deshalb die Stadt nicht mehr betreten durfte. Er bat den Kurfürsten, ihn im Rahmen seiner Freiheiten und Privilegien mit in die Stadt hinein zu nehmen. Das ist auch so geschehen.

 

Als sich die Reiter der Stadt näherten, fingen alle Glocken an zu läuten, und von den Türmen entlang der Mauer wurden Salutschüsse abgefeuert, ein Schuß nach dem anderen. Als seine Gnaden vor dem Tor ankam, erwarten ihn dort die Priester und ihre Schüler in ihren Gewändern, die Reliquie des hl. Wendalinus und anderes mit sich führend. Sie folgten ihm, während sie eine Antiphon auf den hl. Wendelin sangen. Der Kurfürst ritt gleich in die Burg und nahm ein Abendessen ein. Innerhalb der Burg auf der Brücke wurde er schon vom Schultheißen, vom Bürgermeister und anderen St. Wendeler Bürgern erwartet, die ihren Herrn willkommen hießen und ihre Freude über seine Ankunft zum Ausdruck brachten. Sie schenkten ihm zwei Ochsen, einen Wagen, beladen mit einem Fuder Wein, und einen weiteren Wagen mit 12 Säcken Hafer und baten ihn, ihr armseliges Geschenk gnädig anzunehmen.

 

Der Kurfürst ließ sich seinen Hofmeister, Michael Waldecker von Kaimt, antworten, das Geschenk sei viel zu großzügig bemessen, er nehme es aber dankbar an. Danach kamen noch andere, später namentlich genannte Junker zum Kurfürsten, um mit ihm das Nachtmahl einzunehmen.

 

(Das war gestern vor 500 Jahren).

 

Am Sonntagmorgen nach Fronleichnam, als die Glocken zum Hochamt aufforderten, ging der Kurfürst mit seinen Domherren, Räten, Edelen und dem restlichen Gefolge in die Kirche. Von dort zogen sie mit dem hl. Wendelin und anderen Reliquien in einer feierlichen Prozession in die Magdalenenkapelle und danach um die Kirche, wo die Messe „De venerabili sacramento“ („Vom verehrungswürdigen Altarsakrament“) vortrefflich und schön mit Orgelbegleitung gesungen wurde.

 

Nach dem Ende der Messe verließ der Kurfürst die Kirche und ging über das „Eisen“ auf den Platz vor dem Rathaus. Dort wurde er schon vom Schultheiß, dem Bürgermeister, den Schöffen und den St. Wendeler Bürgern erwartet.

 

Die erinnerte der Domdechant Philipp von Kriechingen, ihnen sei ja bekannt, daß die Bischofsstelle in Trier nach dem Tod des hochwürdigsten, hochwohlgeborenen Fürsten Erzbischof Jakob vakant geworden und die Neubenennung des Bischofs Privileg und Aufgabe des Trierer Domkapitels sei. Nun haben seine Herrn vom Trierer Domkapitel den hochwürdigen Kurfürsten Herrn Richard, der hier zugegen ist, zum neuen Erzbischof erwählt und bestimmt.

 

Ihm, dem Domdechanten, und seinen Kollegen sei nun befohlen worden, den Menschen den neuen Erzbischof vorzustellen, sie aufzufordern, ihn als ihren rechten Landesherrn an zu erkennen, ihm ihren Eid zu schwören und ihm zu huldigen. Anschließend wurde der Brief des Domkapitels verlesen.

 

Danach sprach der Hofmeister zu den Bürgern von St. Wendel, sie hätten die Ansprache des Domdechanten gehört und gerade eben durch diesen Brief auch vernommen, daß der Kurfürst einträchtig erwählt wurde und deshalb das Recht habe, von seinen Untertanen im Erzstift Trier ihre Huldigung und ihren Untertaneneid zu empfangen.

 

Wenn sie dazu bereit seien, wolle nun auch der gnädige Herr alles tun, wozu er verpflichtet sei. Darauf antworteten sie mit „ja“. Dann forderte sie der Hofmeister auf, sie sollten geloben und feierlich schwören, dem gnädigen Herrn treu und loyal zu sein, ihn vor Gefahren zu warnen und ihr Bestes zu geben und zu tun, wie ein getreuer Untertan es seinem Herrn zu tun schuldig sei. Und alle Anwesenden reichten ihrem neuen Herrn die Hand und schworen mit ausgestreckten Fingern, so wie es ihnen der Hofmeister vorsprach.

 

Dann versprach ihnen der Kurfürst bei seiner Ehre, ihnen alle bisherigen Freiheiten und Sitten zu belassen, sie vor Gefahr zu schützen und in seinem Tun und Wirken ein gnädiger Herr zu sein.

 

Der St. Wendeler Bürger waren siebzig anwesend.

 

Als dies alles geschehen war, ging der Kurfürst mit den nachgenannten Herrn, Räten und Edelen in die Burg, um das Frühstück einzunehmen. Alle Priester wurden eingeladen und frühstückten zusammen mit dem gnädigen Herrn.

 

Die Teilnehmer waren:

Der Doemdechant, der Domherr Muderspach und Rollingen, der Herr von Ryneck, der Hofmeister, der Küchenmeister Kaspar Miehlen gen. von Dieblich, ferner Corin von Nassau zu Sporkenburg, Friedrich vom Hagen, Niclais vom Hagen, Anton Waldbott von Bassenheim, Ludwig von Dahn, Johann Mohr von Soetern, Adam von Sotern, Melchior von Rüdesheim, Heinrich Brömser von Rüdesheim, Bernhard von Lontzen gen. Roben, Johann von Lontzen gen. Roben, Matthias von Nattenheim gen. Crittener, Henrich von Schwartzenberg junior, Henrich Waldecker, David Riese, Caspar Walt, Georg von Leyen, Hans Oswald von Neuneck, Philipp Mühl von Ulmen, Adolff von Reckenrode, Ott Hoembrecht von Schonenberg und Albrecht von Arnheim.

 

Die St. Wendeler Priester schenkten dem gnädigen Herrn 10 Gulden in Gold und hießen ihn nachträglich in St. Wendel willkommen. Der Kurfürst bedankte sich für das Geschenk und revanchierte sich gleich.

 

Gegen 12 Uhr saß er mit seinem Gefolge auf und ritt gen Grimburg. Die Bürger St. Wendels gaben seiner Gnaden das Geleit bis vor das Stadttor, wohlgerüstet mit Harnischen, langen Spießen und Büchsen.

 

(Das war heute – vor 500 Jahren).

 

 

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Quelle: Das Huldigungsbuch des Peter Maier von Regensburg

bearbeitet und kommentiert von Achim Krümmel

 

eine Veröffentlichung des Landeshauptarchivs Koblenz aus dem Jahre 2010

 

eingesehen im Landesarchiv Saarbrücken

in modernes Deutsch übertragen von Roland Geiger und Dr. Margarete Stitz