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2025/06/11 10:43:55 Hans-Joachim Hoffmann via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Führung über den jüdi schen Friedhof Ottweiler |
Datum | 2025/06/13 10:36:13 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] "The Reading Heads" - gestern im Mia-Münster-Haus |
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2025/06/15 16:27:53 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Flughafenführung in Ensheim a m Montag, 14.07.2025,15:00 - 17:30 Uhr |
Betreff | 2025/06/14 09:49:17 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Kein großer Respekt vor KI |
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2025/06/08 19:14:46 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Einladung zur Buchvorstellung "Die Pfalz im Deutschen Kaiserreich", 3. Juli 2025, 19:00 Uhr, Landesarchiv Speyer |
Autor | 2025/06/13 10:36:13 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] "The Reading Heads" - gestern im Mia-Münster-Haus |
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Date: 2025/06/12 23:34:24
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)...
Organisatoren:
Gerd Schwerhoff, Technische Universität Dresden;
Andreas Pečar, Martin-Luther-Universität Halle- Wittenberg;
Historische Kommission für Sachsen-Anhalt; Gemeinde Südharz;
Standortentwicklungsgesellschaft Mansfeld-Südharz (Historische
Kommission für
Sachsen-Anhalt; Gemeinde Südharz;
Standortentwicklungsgesellschaft Mansfeld-Südharz)
Ausrichter
Historische Kommission für Sachsen-Anhalt; Gemeinde Südharz;
Standortentwicklungsgesellschaft Mansfeld-Südharz
Ort Stadt Stolberg im Harz
Fand statt in Präsenz
Vom - Bis 10.04.2025 - 12.04.2025
Von Ingrid Würth,
Friedrich-Christian-Lesser-Stiftung,
Mühlhausen (Thüringen)
Das Jahr 2025 ist an vielen Orten in Deutschland geprägt von der
Erinnerung an
den Bauernkrieg. Als Beitrag der Historischen Kommission für
Sachsen-Anhalt zum
Bauernkriegsgedenken hatte bereits im Oktober 2024 in Stolberg im
Harz eine
erste Tagung zu „Verketzerungsprozessen“ im Mittelalter und in der
Frühen
Neuzeit, vor allem im Umfeld Thomas Müntzers, stattgefunden. Eine
zweite Tagung
im April 2025 wandte sich nun dem in den Quellen und in der
wissenschaftlichen
Literatur sehr unterschiedlich eingeschätzten Phänomen der Gewalt
im
Bauernkrieg zu.
Einführend kontrastierte Andreas Pečar (Halle) den
Untersuchungsgegenstand der
Tagung mit dem aktuellen Trend der Erinnerungskultur, der die
Begriffe Freiheit
und Gerechtigkeit als Ziele der Bauern ins Zentrum des
Bauernkriegsgedenkens
stellt und damit identitätsstiftend für unsere heutige
Gesellschaft wirken
möchte. Die unterschiedlichen Formen der Gewaltanwendung – verbal,
physisch,
psychisch – hingegen verschließen sich diesem Zugang, standen aber
lange Zeit
im Zentrum der Betrachtungsweise und bedürfen einer neuen
wissenschaftlichen
Auseinandersetzung. Gerd Schwerhoff (Dresden) gab einen Überblick
über die
Forschungsgeschichte zur Gewalt im Bauernkrieg, die in der älteren
Forschung
aus militärhistorischer Sicht und ereignisgeschichtlich eine Rolle
gespielt hatte.
Die Ergebnisse der neueren kulturwissenschaftlichen Debatte über
Gewalt, nicht
nur über deren Ursachen, sondern auch als Phänomenologie der
Gewalt, haben
jedoch bis auf wenige Ausnahmen kaum Resonanz in der
Bauernkriegsforschung
gefunden. Schwerhoff skizzierte ein theoretisches Raster für eine
neue
„Gewaltgeschichte des Bauernkriegs“, in dem etwa die Interaktion
beider
Akteursgruppen, der Obrigkeit und der Aufständischen, oder die
instrumentellen
und symbolischen Funktionen von Gewalt sowie deren mediale
Repräsentation
berücksichtigt werden müssen.
Drei Zugänge aus unterschiedlichen Richtungen bildeten den Auftakt
der Tagung.
LYNDAL ROPER (Oxford) wandte sich zu Beginn ihres Vortrags der
Begriffsgeschichte zu, wobei sie sich auf zwei zeitgenössische
Bezeichnungen
für den Aufstand der Bauern konzentrierte: „Aufruhr“ als
ursprünglich neutraler
oder sogar positiver Begriff, der in der Diktion Martin Luthers
negativ
umgedeutet wurde; und lateinisch turbulentia, das vor allem ein
Phänomen der
unvorhersehbaren Bewegung beschreibt und u. a. in den Werken von
Leonardo da
Vinci und Lucas Cranach d. Ä. visualisiert wurde. In einem zweiten
Teil
interpretierte Roper die großformatigen „turbulenten“ Jagdgemälde
Cranachs, die
nach 1525 entstanden sind, als Verarbeitung des Bauernkriegs und
seiner auf-
und umwühlenden Ereignisse.
Ausgehend von modernen Deutungen der aufständischen Bauern als
friedliebend und
gewaltfrei in populären Darstellungen und in der
wissenschaftlichen Literatur
analysierte MATTHIAS BÄR (Münster / Dresden) deren
Selbstdarstellung in den
Quellen und kontrastierte diese mit überlieferten
Gewaltandrohungen und
-ausübungen. Er sieht in den aufständischen Bauernhaufen
professionelle
Gewaltakteure. Diese Tatsache wurde in der Wahrnehmung jedoch
durch zwei Faktoren
verdrängt: zum einen durch die selektive Editionspraxis, die das
militärische
Auftreten der Fürsten und des Adels bevorzugt darstellt; zum
andern durch die
Selbstinszenierung der Aufständischen, unter anderem in den 12
Artikeln.
ANDREAS PEČAR (Halle) stellte zwei Bauernkriegs-Schriften Martin
Luthers,
„Ermahnung zum Frieden“ (Ende April 1525) und „Wider die
mörderischen und
räuberischen Rotten der Bauern“ (Anfang Mai 1525) ins Zentrum
seines Vortrags.
Er skizzierte das Bild der älteren und neueren Forschung von einem
unpolitischen Luther, das dessen Positionierung gegen die Bauern
als Ausdruck
theologischer Bedenken deklariert hat. Durch eine detaillierte
Analyse
verschiedener Passagen, besonders der Aufrufe zur radikalen
Verfolgung der
Aufständischen und der Vorstellung Luthers von der Obrigkeit in
den
Bauernkriegs-Schriften im Abgleich mit späteren Äußerungen, wies
Pečar auf
Inkonsistenzen in der Argumentation des Reformators hin. Luthers
Definition von
Feindbildern – zunächst die geistlichen Fürsten, dann die Bauern
und deren
Verführer – folgte einer politischen Logik und wurde sehr flexibel
gehandhabt.
In einem zweiten großen Block der Tagung wurden verschiedene
Gewalthandlungen
genauer betrachtet, zunächst von Seiten der obrigkeitlichen
Gewaltakteure.
HORST CARL (Gießen) präsentierte die Kriegsorganisation des
Schwäbischen
Bundes, dessen Gewaltausübung während des Bauernkrieges und dessen
„Nachkriegsgewalt“, also Straf- und Polizeiaktionen. Er betonte,
dass der Bund
oft nicht allein, sondern in Verbindung mit anderen Herrschaften
agierte; dass
er den Bauern, trotz der Unzuverlässigkeit von Landsknechten, in
der offenen
Feldschlacht durch die aus Adligen bestehende Reiterei immer
überlegen war; und
dass die durch den Bund ausgeübte Strafgewalt nach dem Krieg, also
die
nachträgliche Verfolgung und Hinrichtung von Aufständischen, von
den einzelnen
Landesherren mitunter nur widerwillig geduldet wurde.
GERD SCHWERHOFF (Dresden) bot ein umfassendes Tableau der
Kriegshandlungen
verschiedener Fürstenheere im Bauernkrieg, die er einführend
geographisch,
zeitlich und personell zuordnete. Seine Ausführungen zum
Gewalthandeln machten
deutlich, dass die Fürsten gewaltbereiter waren als die Bauern und
Verhandlungen oft nur als Hinhaltetaktik verwendeten. Neben
wenigen
ausgeglichenen Kämpfen überwogen die deutlichen und schnellen
Siege der
Fürstenheere, die durch Gewaltexzesse zu hohen Opferzahlen
führten. Zur Analyse
der Gewalthandlungen schlug Schwerhoff verschiedene Ansätze vor,
u. a. die
Untersuchung der sozialen und mentalen Lagerung der Adligen, die
über
Gewaltbefähigung und Gewaltbereitschaft verfügten. Betrachtet man
die Heere als
kollektive Gewaltakteure, die aufgrund ihrer professionellen
Identität bereit
zur Gewalt waren, wird nachvollziehbar, dass die Möglichkeit einer
Eskalation
immer bestand.
Die Unterschiede zwischen performativem Protest und politischer
Gewalt lotete
THOMAS ROTH (Darmstadt) in seinem Vortrag aus. Während etwa das
Plündern von
Naturressourcen wie das Ausfischen von Teichen zur Kommunikation
der Anliegen
der Bauern diente und auf eine Lösung des Konfliktes hinzielte,
hatte
politische Gewalt wie die Zerstörung von Burgen und Klöstern einen
symbolischen
Wert, der weder auf ökonomischen Nutzen noch auf eine
Verständigung mit dem
Gegner hin orientiert war. Einerseits kann politische Gewalt als
spontane
Eskalationsstufe bäuerlicher Gewalthandlungen gedeutet werden,
andererseits
gibt es jedoch Hinweise darauf, dass hinter der Plünderung eines
Klosters auch
Kalkül steckte und tieferliegende Konflikte ausgetragen wurden,
wie Roth anhand
des Beispiels des Klosters Rüti bei Zürich aufzeigte.
Dem Phänomen der Klosterplünderungen und der Gewalt gegen Mönche
und Nonnen im
Bauernkrieg widmete sich EDMUND WAREHAM WANITZEK (London). Er
stellte als Ergebnis
eines von der British Academy geförderten Forschungsprojekts eine
Karte vor, in
der die Klöster in den vom Bauernkrieg betroffenen Regionen des
Reiches
verzeichnet sind. 609 Einrichtungen, etwa die Hälfte aller Klöster
(1235 sind
insgesamt erfasst) wurden in irgendeiner Weise während der
Kriegshandlungen in
Mitleidenschaft gezogen. Jedoch gibt es gravierende Unterschiede
zwischen den
einzelnen Orden und in der räumlichen Verteilung der angegriffenen
Klöster, die
noch weiterer Forschungen bedürfen. Wareham Wanitzek legte auch
dar, welche
Gründe es für das seiner Meinung nach lange unterschätzte Phänomen
der
Klosterplünderungen im Bauernkrieg gegeben haben könnte, neben
ökonomischen und
politischen Ursachen etwa einen inhärenten Antimonastizismus der
Reformatoren.
Anhand verschiedener Beispiele nahm LUCAS WÖLBING (Leipzig) Fehden
im Kontext
des Bauernkriegs in den Blick. Während des Bauernkriegs kam es
unter anderem zu
einer Instrumentalisierung des Fehdewesens, wie Wölbing am
Beispiel der Stadt
Magdeburg sehr eindrucksvoll aufzeigen konnte: Dort bildete sich
eine
regelrechte „Fehdebande“, der mehrere Bürger angehörten, die
planmäßig Fehden
gegen den Erzbischof, das Domkapitel oder die Markgrafen von
Brandenburg
führten und in diesem Zusammenhang deren Besitzungen plünderten.
Der
protestantische Rat der Stadt profitierte von diesen Angriffen,
konnte aber
offiziell nicht mit den Fehdeführern in Verbindung gebracht
werden.
MAX WUNDERLICH (Kassel) konzentrierte sich in seinem Beitrag auf
den
Werrahaufen und untersuchte dessen Gewalthandlungen. Der Fokus lag
dabei auf
verbaler Gewalt: Drohungen gegenüber Städten und Dörfern, sich den
Aufständischen anzuschließen, und gegenüber der Obrigkeit, in
diesem Fall dem
Grafen von Henneberg. Während erstere durchaus strategisch zur
Vermeidung von
physischer Gewalt eingesetzt wurde, förderten letztere auch die
Identitätsstiftung innerhalb des Haufens und die Meinungsbildung,
führten zu
einem risikofreudigeren Verhalten und steigerten somit die
Wahrscheinlichkeit
physischer Gewaltanwendung. Drohungen bzw. Zwang wurden auch
innerhalb des
Haufens wirksam, um eine kritische Masse zu erhalten und der
Auflösung des
Haufens vorzubeugen.
Ebenfalls mit der inneren Organisation der Bauernhaufen
beschäftigte sich JAKOB
DEBELKA (Halle), indem er die Rolle der adligen Heerführer in den
Bauernheeren
untersuchte. Er konnte verschiedene Motive für deren Beteiligung
als
„Gewaltprofis“ auf der Seite der Bauern plausibel machen, etwa die
Übereinstimmung mit den reformatorischen Zielen der
Aufständischen, Geschäfts-
oder Patronatsbeziehungen, das Vorgehen gegen gemeinsame Feinde
oder Zwang. Die
verschiedenen Aufgaben und Funktionen der adligen Anführer –
organisatorische
Maßnahmen, Ausbildung des Heeres, symbolische Wirkung – legte
Debelka am
Beispiel des Götz von Berlichingen dar, zu dem Quellen in
ausreichender Anzahl
existieren und der sein eigenes Handeln im Nachhinein ausführlich
kommentierte.
THOMAS T. MÜLLER (Lutherstadt Wittenberg) entlarvte schließlich
die Erzählungen
von vermeintlichen Gewalttaten im Bauernkrieg von und gegen
Bauern, die sich in
der Überlieferung verselbständigt haben und nicht nur in der
Romanliteratur des
19. Jahrhunderts, sondern auch in aktuellen wissenschaftlichen
Beiträgen
kolportiert werden. Anhand gründlicher Quellenarbeit konnte er
widerlegen, dass
in Volkenroda bei einem Übergriff des Mühlhäuser Haufens Mönche an
einem
Nussbaum erhängt wurden; dass bei Osterhausen 1000 Bauern durch
den Grafen von
Mansfeld niedergemetzelt wurden – die ältesten Quellen sprechen
von 20 Männern,
die erstochen oder verwundet worden waren; und dass auf der Burg
Scharfenstein
plündernde Bauern durch vergifteten Wein ums Leben kamen – aus
zeitgenössischen
Quellen geht hervor, dass auf der Burg vermutlich kein Wein
vorhanden war.
Derartig übertriebene Berichte zugunsten der oder gegen die Bauern
waren
bereits in den propagandistischen Schriften des 16. Jahrhunderts
angelegt und
wurden im konfessionellen Zeitalten weiter ausgebaut.
In einer abschließenden dritten Sektion wurden interdisziplinäre
und
vergleichende Perspektiven präsentiert. BIRGIT ULRIKE MÜNCH (Bonn)
sprach aus
kunsthistorischer Sicht über die Visualisierung von Gewalt in der
zeitgenössischen Kunst und deren Auswirkungen auf spätere
Darstellungen. Sie
stellte zunächst die Charakterisierung des gemeinen Mannes mit
zerschlissener
Kleidung, Werkzeugen und oft mit einem Eierkorb in der Druckgrafik
vor, um dann
die Verwendung dieses Typus in verschiedenen Medien zu verfolgen,
z. B. bei der
schwer zu interpretierenden Bauernsäule Albrecht Dürers. Die
Ausübung von
Gewalt durch oder an Frauen wird in der Zeit des Bauernkriegs
erstaunlich
selten abgebildet.
Ein mittelalterliches Vergleichsbeispiel präsentiert HERBERT EIDEN
(Essex), der
über Gewalthandlungen im englischen Bauernaufstand von 1381
referierte. Bereits
in den zeitgenössischen Quellen wurde der Aufstand, ausgelöst
durch die
mehrfache Erhebung der Kopfsteuer zur Finanzierung des
100-jährigen Krieges,
als überaus gewalttätig beschrieben. Die gut organisierten
Aufständischen übten
sehr gezielt Gewalt gegen Sachen aus, etwa den Savoy Palace, den
Sitz des
Onkels und Beraters König Richards II., John of Gaunt, und auf
bestimmte
Amtsträger, die mit der Eintreibung der Steuer in Verbindung
standen. Ein Hauptziel
der Aufständischen war die Vernichtung grundherrlicher Dokumente
wie
Gerichtsrollen und Pachtverzeichnisse.
Über den Bauernkrieg hinaus stellte ANDREAS WÜRGLER (Genf)
verschiedene
Bauernrevolten in der Eidgenossenschaft vor. Er unterschied dabei
„die“ Gewalt,
Gewaltformen, die während der Revolten ausgeübt wurden, und „den“
Gewalt (m.),
die Ausübung von Herrschaft nach einer erfolgreichen Revolte. Die
revoltierenden Bauern aus den Untertanengebieten wandten sich
meistens gegen
die Erhebung neuer Steuern und andere Belastungen, die ihnen von
den
Hauptstädten Zürich, Bern, Luzern u. a. auferlegt worden waren.
Ihr Ziel war
meistens die Belagerung und das Eindringen in die Hauptstadt.
Herrschaft auf
Dauer, also „der“ Gewalt, und ein Umsturz waren damit jedoch nicht
beabsichtigt, sondern mehr Partizipation am bestehenden System. In
den
Landgemeindekantonen waren Bauern auch dauerhaft an der Herrschaft
beteiligt,
besonders in den Drei Bünden (Graubünden).
Abschließend systematisierte ULRICH NIGGEMANN (Augsburg) die
Gewalthandlungen
in europäischen Aufständen in der Frühen Neuzeit in drei
Kategorien: Gewalt als
symbolische Kommunikation, Eskalation von Gewalt, Gegengewalt als
symbolische
Kommunikation. Der ersten Kategorie ordnete er Gewalt gegen Sachen
sowie
karnevaleske und religiös aufgeladene Aktionen zu. Die
Eskalationsstufe wurde
oft durch einen Normbruch angestoßen, der zu einer Organisation
und
Radikalisierung von Gewalt aus Furcht vor Konsequenzen führte. Zur
Legitimation
der Gewalthandlungen wurden diese oft religiös oder utopisch
aufgeladen. Die
Gegengewalt gliederte sich in zwei Schritte, die Niederschlagung
des Aufstandes
zur Wiederherstellung der Ordnung und die Strafgewalt als Warnung
vor weiteren
Aufständen.
Verschiedene Elemente kamen in den Beiträgen der Tagung immer
wieder zur
Sprache: die Betonung von Legitimität in der Gewaltausübung, die
sich sowohl
die Aufständischen als auch die Obrigkeit zuschrieben; der
karnevaleske
Charakter von Gewalthandlungen vor allem in den frühen Phasen
eines Aufstandes;
die Volatilität von Trägerschichten, die vor allem in den nur für
kurze Zeit
bestehenden und sich immer verändernden Haufen zeigt; die
Verbesserung der
Erfolgschancen eines Aufstandes durch die Beteiligung möglichst
hochrangiger
Adliger; das Radikalisierungspotenzial durch eine religiöse
Motivation.
Insgesamt entstand durch die einzelnen Referate, die spezielle
Aspekte von
Gewalt aufgriffen und unterschiedliche Zugänge eröffneten, ein
grundlegender
Einblick in das Gewalthandeln im Bauernkrieg im Vergleich mit
anderen
Aufständen im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit.
Konferenzübersicht:
Andreas Pečar (Halle) / Gerd Schwerhoff (Dresden): Einführung
Lyndal Roper (Oxford): „Aufruhr“ und Turbulenz: Der deutsche
Bauernkrieg
Matthias Bär (Münster / Dresden): Aufstand der Mistgabeln?
Konfliktkulturen im
Bauernkrieg und der selektive Blick des 20. Jahrhunderts
Andreas Pečar (Halle): Luther, der Politiker. Obrigkeit,
Gehorsamsgebot und
Gewalt in den Bauernkriegsschriften
Horst Carl (Gießen): Kriegsgewalt – der Schwäbische Bund als
Gewaltakteur im
Bauernkrieg
Gerd Schwerhoff (Dresden): Fürsten und Fürstenheere als
Gewaltakteure im
Bauernkrieg
Thomas Roth (Darmstadt): Brandschatzen und Plündern im
Bauernkrieg. Der schmale
Grad zwischen performativem Protest und politischer Gewalt
Edmund Wareham Wanitzek (London): Eine Visualisierung der Gewalt
gegen das
Mönchtum im Deutschen Bauernkrieg
Lucas Wölbing (Leipzig): „Lose Buben“ und „abgesagte Feinde“ – Zum
Zusammenspiel von Fehdegewalt und Aufstand im mitteldeutschen
Bauernkriegsgebiet
Max Wunderlich (Kassel): „die bruderschaft hat gestern wolt uber
euch ziehen“.
Drohungen als Praktik der Haufen im Bauernkrieg
Jakob Debelka (Halle): Annäherung zwischen bäuerlichen
Aufständischen und
adligen ‚Gewaltprofis‘ während des Bauernkrieges von 1525
Thomas T. Müller (Lutherstadt Wittenberg): Von erhängten Mönchen
und
vergifteten Bauern. Imagination und Realität im Bauernkrieg
Birgit Ulrike Münch (Bonn): Gräueltaten und „gemeiner man“, Marter
und
Misogynie: Die Bauernkriegszeit als Auslöser neuer
Visualisierungen von
Gewalt-Bildern?
Herbert Eiden (Exeter): Gewalt im englischen Bauernaufstand von
1381
Andreas Würgler (Genf): Mit Gewalt zur Herrschaft?
„Bauernrevolten“ in der
Eidgenossenschaft in europäisch-vergleichender Perspektive
(15.–17.
Jahrhundert)
Ulrich Niggemann (Augsburg): Kommunikation und Gewalt: Ein
vergleichender Blick
auf frühneuzeitliche Revolten
Zitation
Ingrid Würth, Tagungsbericht: Gewalt im Bauernkrieg, in:
H-Soz-Kult,
12.06.2025, https://www.hsozkult.de/conferencereport/id/fdkn-155271.