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Datum 2025/04/17 11:14:41
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[Regionalforum-Saar] Preußische Prinzessinnen. L eben in Schlössern und Gärten der Romantik

Date: 2025/04/16 09:09:37
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Preußische Prinzessinnen. Leben in Schlössern und Gärten der Romantik

Autor Rudolf G. Scharmann,
Erschienen Berlin 2024: BeBra Verlag
Anzahl Seiten 239 S., ca. 200 farb. Abb.
Preis € 28,00
ISBN 978-3-89809-243-2
Rezensiert für H-Soz-Kult von  Ulrike Marlow, Anpassungsstrategien der späten mitteleuropäischen Monarchie am preußischen Beispiel 1786–1918, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften

Der ehemalige Kastellan des Charlottenburger Schlosses Rudolf G. Scharmann, der sich in seinen bisherigen Publikationen bereits den preußischen Schlössern mit ihren Bewohnern und Bewohnerinnen des Königshauses angenommen hat1, verfolgt diesen Weg in seinem neuesten Buch weiter. Mit Ausnahme von Königin Luise und Kaiserin Auguste Victoria liegen biografische Darstellungen zu preußischen Königinnen bislang nur in populärwissenschaftlicher Form vor2, während die Biografien preußischer Prinzessinnen des 19. Jahrhunderts weiterhin im Dunkeln liegen. In diese Lücke stößt Scharmanns Buch vor. Im zu besprechenden Werk stellt er zehn preußische Prinzessinnen und ihre Schicksale vor.

Das Buch besteht aus einer Einleitung, die ein kurzes Schlaglicht auf dynastisch-politische Erwägungen bei Eheschließungen (S. 7–11) und den sich daran anschließenden Kulturtransfer wirft (S. 11–12). Der Hauptteil besteht aus zehn in etwa gleich langen Kapiteln zu den Lebensläufen von zehn preußischen Prinzessinnen und ihren materiellen Spuren in den von ihnen bewohnten Schlössern. Ergänzt werden die Texte mit üppigen Bildteilen, die den Fließtext durchbrechen und farblich abgehoben sind. Jede vorgestellte Prinzessin wird mit einem sie charakterisierenden Schlagwort übertitelt. Zwei dieser Titel sind wenig aussagekräftig (Die Kaiserin, Die „Alte Hoheit“), da sie sich nicht wie die anderen auf Eigenschaften oder Interessen, sondern auf den sozialen Status beziehen. Die Kapitel bauen nicht aufeinander auf, sodass in beliebiger Reihenfolge gelesen werden kann. Im Anhang des Buches befindet sich ein Stammbaum der Königsfamilie unter Friedrich Wilhelm III., in dem die Protagonistinnen des Buches farblich hervorgehoben sind, eine Literaturauswahl sowie ein Abbildungsnachweis.

Unter den zehn vorgestellten Frauen befinden sich sieben, die zwischen 1804 und 1830 in die preußische Königsfamilie einheirateten und damit zur morganatischen Ehefrau, Schwägerin, Schwiegertochter oder angeheirateten Nichte von König Friedrich Wilhelm III. wurden: Gräfin Auguste von Harrach (1800–1873, mit Heirat 1824 Fürstin Liegnitz), Marianne von Hessen-Homburg (1785–1846), Wilhelmine Luise von Anhalt-Bernburg (1799–1882,), Elisabeth von Bayern (1801–1873), Augusta von Sachsen-Weimar-Eisenach (1811–1890), Marie von Sachsen-Weimar-Eisenach (1808–1877), Marianne von Oranien-Nassau (1810–1883). Der Autor porträtiert zudem die drei Töchter des Königs, die mit ihren Eheschließungen Preußen verließen: Charlotte von Preußen (1798–1860), Alexandrine von Preußen (1803–1892) und Luise von Preußen (1808–1870).

Jedes der zehn Kapitel beginnt mit einem großen Porträt der Protagonistin. Zur Orientierung finden sich unter der Überschrift Lebensdaten und Ehepartner; wünschenswert wäre hier die Ergänzung des Hochzeitsdatums. Anschließend folgt eine chronologische Darstellung des gesamten Lebens. Nach einer knappen Skizze der dynastischen Herkunft bzw. Verwandtschaftsverhältnisse, versucht Scharmann Aussagen zur Ausbildung der Prinzessin zu machen. Für sieben Prinzessinnen gelang es ihm, Informationen in unterschiedlicher Qualität zusammenzutragen (S. 37, 60, 75, 114, 144, 171, 190). Dies verdeutlicht das Problem, das Leben von Prinzessinnen vor ihrer Eheschließung biografisch zu erfassen, für die eine Überlieferung in der Regel nur bruchstückhaft existiert.3 Gründe der Eheschließung und Verlauf der Hochzeitsfeier werden kurz geschildert. Zur Charakterisierung des Äußeren und des Wesens der Prinzessinnen zitiert der Autor entsprechende Aussagen der preußischen Hofdame Caroline von Rochow aus ihren Memoiren (S. 15, 172–175, 195–198, 216).4 Sofern möglich, versucht Scharmann Interessen anzugeben. Im Zusammenspiel mit Abbildungen skizziert Scharmann parallel welche Schlösser im Jahres- und Lebensverlauf von den Protagonistinnen bewohnt wurden und gewährt durch zeitgenössische Zimmerbilder einen Blick durchs Schlüsselloch.

Schließlich fragt Scharmann nach dem Nutzen dieser dynastischen Ehen für beide Seiten und ob sich die Frauen in ihnen politisch betätigten. Während er Prinzessin Marianne in der Zeit der Napoleonischen Kriege politische Betätigung in Form des Frauenvereins und ihrer getragenen Mode überzeugend zuschreibt, wird dies bei den einheiratenden Prinzessinnen Wilhelmine Luise, Marie und Marianne (Oranien-Nassau) nicht thematisiert. Vor allem bei den Prinzessinnen, die eine Statuserhöhung zur Monarchengattin erlebten, nimmt er politische Betätigung wahr. Jedoch widerspricht sich Scharmann in der Bewertung von Charlottes politischer Betätigung: Charlotte sei eine Maklerin von preußischen und russischen Interessen gewesen, die sie zwischen ihren Familien vermittelte (S. 87, 92). Doch dann bilanziert er, dass Charlotte „fern der großen Politik und mit wenig Interesse für das Land, dessen Krone sie trug“, lebte (S. 94). Zudem arbeitet Scharmann zwar heraus, wie die Töchter von Friedrich Wilhelm III. sich in ihren neuen Familien für die Interessen Preußens und des Königshauses einsetzten (S. 138), wertet aber auch dies nicht als politisches Handeln. Diese Widersprüche ergeben sich aus einem engen Politikbegriff, der sich auf die Mitwirkung in politischen Institutionen bezieht, wovon Frauen ausgeschlossen waren. Demzufolge wertet Scharmann die Repräsentationsaufgaben der Prinzessinnen am Hof und in einer nicht-höfischen Öffentlichkeit als unpolitisch, obwohl er für manche der vorgestellten Prinzessinnen andeutet, wie umfangreich ihre im Namen des Herrscherhauses ausgeübte Repräsentation ausfiel und wie sich das auf das Ansehen des Hauses in der Öffentlichkeit auswirkte (z. B. S. 94, 130, 169). Dies ignoriert aktuelle Forschungsmeinungen zu fürstlichen Frauen, wonach für ihr Agieren kein enger, nur auf politische Institutionen begrenzter Politikbegriff genutzt werden kann. Dies hätte Scharmann aufgreifen sollen.5

Die Stärken des Buches liegen in der optischen Opulenz, die mit einem geblümten Vorsatz beginnt und sich mit hochauflösenden Farbabbildungen durchzieht. Begrüßenswert ist der Fokus auf Prinzessinnen, die bislang von Forschung und öffentlicher Wahrnehmung im Vergleich zu Monarchengattinnen vernachlässigt worden sind. Scharmanns Ansatz, ihr Leben über ihre hinterlassenen Artefakte in den preußischen Schlössern der Residenzregion Berlin-Potsdam zu erzählen, ist erfrischend und bereichernd.

Die Literaturauswahl (S. 234–239) zeigt, dass Scharmann die verfügbaren Sekundärquellen nutzte. Bedauerlich ist, dass ein Nachweisapparat fehlt. Die Zweiteilung in Fließtext und Bildbeschreibungstexten führt an einigen Stellen zu inhaltlichen Dopplungen (z. B. S. 23, 27–29, 34), die vermutlich dem Umstand geschuldet sind, dass beide Textarten getrennt gelesen werden können. Die analytische Unschärfe des genutzten Prinzessinnen-Begriffs wirkt sich auf die Darstellung der zehn Frauenleben aus. Zeitgenössisch wurden darunter „die Gemahlin od. Tochter eines nicht regierenden Fürsten“ und „die Töchter eines regierenden Fürsten“ 6 verstanden. Durch die Eingrenzung auf die Zeit der Romantik wäre es im Falle der Frauen, die noch eine Statuserhöhung erlebten, vertretbar gewesen, den Lebensabschnitt nach der Statuserhöhung nicht zu erzählen (betrifft: Charlotte, Alexandrine, Elisabeth, Augusta). Unklar bleibt, wie Gräfin Auguste von Harrach, die weder von ihrem Geburtstand noch als morganatische Ehefrau des Königs eine Prinzessin war, in dieses Sample passt.

Potential geht an den Stellen verloren, wo keine kritische Auseinandersetzung mit weiblichen Rollenstereotypen des 19. Jahrhunderts erfolgt, sondern diese unreflektiert übernommen werden. Etwa wenn der Autor schreibt, dass Nikolaus I. von Charlotte nur erwartete, Ehefrau und Mutter zu sein und „alles Politische“ von ihr fernhielt (S. 86). Diese Haltung entsprach dem Frauenbild, stand aber zugleich im Widerspruch zur traditionellen Rolle dynastischer Frauen. Vor diesem Hintergrund ist Scharmanns Aussage zu relativieren, dass Charlotte ihre ehelichen Einflussmöglichkeiten auf die russische Politik nicht genutzt habe (S. 97). Auch mangelnde Kontextualisierung und Sprachsensibilität führt zu inhaltlichen Ungenauigkeiten (S. 126, 228).

Drei inhaltliche Fehler sollten bei Nachauflagen korrigiert werden: Königin Elisabeth wurde 1857 keine Regentschaft angetragen, die sie hätte ablehnen können (S. 167). In der Verfassung Preußens kam weder die Rolle der Königin vor, noch war sie für eine Regentschaft vorgesehen. Elisabeth zögerte lediglich für ihren Mann die Übertragung der Regentschaft auf dessen Bruder hinaus.7 Augusta widmete sich nicht erst und nur der Wohltätigkeit „[n]ach dem weitgehenden Verlust ihres politischen Einflusses“ und ihrer Gegnerschaft mit Bismarck (S. 193). Augustas wohltätiges Engagement begann 1850, als das Prinzenpaar in Koblenz residierte 8 und nahm vielmehr mit ihrem Statuswechsel als Königin und später als Kaiserin zu (S. 193) und gehörte zu den Aufgaben jeder Prinzessin und Monarchengattin.9 Prinzessin Marie war nicht die einzige in der preußischen Königsfamilie, die Teegesellschaften mit Gelehrten und Künstlern gab (S. 209). Der Teeabend gehörte zum höfischen Alltag an allen (preußischen) Höfen 10, aber auch zur Repräsentationsstrategie des Gesamthauses.

Insgesamt gelingt es Scharmann das Interesse auf preußische Prinzessinnen und ihre hinterlassenen Artefakte zu lenken. Das Buch bietet eine unterhaltsame und informative Lektüre. Wer sich künftig mit preußischen Prinzessinnen beschäftigt, wird wohl für einen ersten Überblick auf dieses Buch zurückgreifen. Auch wenn es wissenschaftlichen Ansprüchen nicht genügt, gibt es Anregung zur weitergehenden biografischen Erforschung der vorgestellten Frauen.

Anmerkungen:
1 Vgl. z. B. Rudolf G. Scharmann, Königin Luise von Preußen. Ihre Schlösser und Gärten in Paretz, Charlottenburg und auf der Pfaueninsel, München 2010; Ders., Friedrich der Große. Seine Schlösser und Gärten, Berlin 2012.
2 Vgl. z. B. Karin Feuerstein-Praßer, Die preußischen Königinnen, 7. Aufl., München 2008 (1. Aufl. 2000).
3 Vgl. Andrea Mayr, Picturing Empress Maria Anna of Savoy-Sardinia on Medals in the First Half of the 19th Century, in: Marion Romberg (Hrsg.), Empresses and Queens in the Courtly Public Sphere from the 17th to the 20th Century (Brill's Studies on Art, Art History, and Intellectual History 56), Leiden 2021, S. 159–188, hier S. 163–165.
4 Luise von der Marwitz (Hrsg.), Vom Leben am preußischen Hofe 1815–1852. Aufzeichnungen von Caroline von Rochow, geb. von der Marwitz und Marie de la Motte-Fouqué, Berlin 1908.
5 Vgl. Katrin Keller, Die Kaiserin. Reich, Ritual und Dynastie, Wien 2021, S. 9–10, 13–14.
6 Pierer's Universal-Lexikon, Band 13. Altenburg 1861, S. 599, http://www.zeno.org/nid/20010682856 (10.03.2025).
7 Vgl. David E. Barclay, Anarchie und guter Wille. Friedrich Wilhelm IV. und die preußische Monarchie, Berlin 1995, S. 390, 392–393.
8 Vgl. Susanne Bauer, Die Briefkommunikation der Kaiserin Augusta (1811–1890). Briefpraxis, Briefnetzwerk, Handlungsspielräume, Berlin 2024, S. 76–77, 357–364.
9 Vgl. Helen Watanabe-O’Kelly, Projecting Imperial Power. New Nineteenth Century Emperors and the Public Sphere, Oxfort 2021, S. 102–126; Ulrike Marlow, Das schöne Gesicht der Monarchie. Zur politischen Funktion von Monarchengattinnen im 19. Jahrhundert in Preußen, Sachsen und Österreich, in: Saxorum https://doi.org/10.58079/13c3a (10.03.2025).
10 Vgl. Barclay, Anarchie und guter Wille, S. 108–109; Marwitz, Vom Leben am preußischen Hofe, S. 166–169.

Zitation

Ulrike Marlow, Rezension zu: Scharmann, Rudolf G.: Preußische Prinzessinnen. Leben in Schlössern und Gärten der Romantik. Berlin 2024 , ISBN 978-3-89809-243-2, in: H-Soz-Kult, 16.04.2025, https://www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-151894.