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2022/12/28 20:41:13
Roland Geiger via Regionalforum-Saar
[Regionalforum-Saar] Neuer Film über die coburgisc he Herzogin Luise
Datum 2022/12/28 21:05:13
Roland Geiger via Regionalforum-Saar
[Regionalforum-Saar] die Synagoge in St. Wendel, Zusatz 1
2022/12/17 10:34:10
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[Regionalforum-Saar] 75 Jahre Saar-Verfassung : „Das Saarland ist sicher das internationalste aller Bun desländer“
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[Regionalforum-Saar] „Cuno von Pfullingen – Ein Tholeyer Heiliger“
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Autor 2022/12/28 21:05:13
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[Regionalforum-Saar] die Synagoge in St. Wendel, Zusatz 1

[Regionalforum-Saar] über die Synagoge in St. We ndel

Date: 2022/12/28 21:04:10
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heute morgen im St. Wendeler Teil der Saarbrücker Zeitung:

Vor 120 Jahren gefeiert, vor 84 Jahren zerstört

Von Evelyn Schneider

Innen war das Gotteshaus feierlich geschmückt und es erklang Chorgesang an jenem zweiten Weihnachtstag, an dem es etwas Besonderes zu feiern gab. Und zwar die Einweihung des neuen Hauses des Gebets, das „Im Kelsweiler“ erbaut worden war. Im Jahre 1902. Jene Feier liegt 120 Jahre zurück. Das Gebäude, das damals unter „den Schutz der Stadt gestellt wurde“, gibt es nicht mehr. Es war die jüdische Synagoge, an die heute eine Stele in der Kelsweilerstraße erinnert. Ein Blick zurück.

Um 1860 stand die Stadt St. Wendel wirtschaftlich gut da, was auch dazu führte, dass sich jüdische Kaufleute hier ansiedelten. Darunter auch die Brüder Max und Samuel Daniel. Letzterer gründete das bekannte Kaufhaus S. Daniel in der Luisenstraße. Dort, wo heute die Dom-Galerie zu finden ist. „Bereits im Jahr 1869 gab es den Wunsch nach einer Synagoge“, berichtet Nicolas Pontius vom Stadtarchiv St. Wendel. Doch sollte dieser erst 33 Jahre später erfüllt werden.

Am 2. Februar 1902 reichte die israelitische Gemeinde den Antrag zum Bau einer Synagoge bei der Stadt ein. Dieser liegt im Archiv ebenso vor wie ein zuvor gestellter Antrag zur Erlangung der Korporationsrechte (das einer Körperschaft verliehene juristische Recht), den 19 Familien (mit 95 Personen) unterschrieben hatten. Durch ihre Mitgliedsbeiträge sollte der Bau finanziert werden.

Mehrere Zeichnungen, teils mit Maßangaben versehen, und ein Lageplan liegen auf dem Tisch im Stadtarchiv ausgebreitet. „Davon abgesehen, gibt es noch eine Postkarte, welche die Synagoge zeigt“, sagt Pontius. Fotografien liegen keine vor. Die Entwürfe für den sakralen Bau stammen von Architekt Hans Zeeh, als Bauherren fungierten Hermann Bonem sowie Michel und Moriz Rothschild.

Die Erlaubnis, eine Synagoge zu errichten, wurde am 9. September 1902 erteilt. „Wir gehen davon aus, dass kurz darauf die Arbeiten begannen“, so Pontius. Die nächste interessante Aktennotiz datiert vom 17. November. „Hier haben wir den Hinweis, dass der Rohbau bereits fertig gestellt war“, sagt Historikerin Andrea Recktenwald. Neben Akten, Anträgen und Bauunterlagen dienten dem Team des Stadtarchivs vor allem alte Zeitungsartikel als Quellen. So sind es die Nahe- und Blies-Zeitung sowie das St. Wendeler Volksblatt, die über die Einweihung der Synagoge berichten. Im Vorfeld und auch nach den Feierlichkeiten. Hierin ist stets vom 26. Dezember die Rede.

Doch kursiert auch ein zweites Datum im Zusammenhang mit der Synagogen-Einweihung: der 6. Dezember. Dieses wird beispielsweise in der Zeitschrift „Der Israelit“ vom 23. Januar 1903 genannt. „Dort ist vom ,6. vorigen Monats‘ die Rede“, weiß Recktenwald. Sie geht schlichtweg von einem Druck- oder Übermittlungsfehler aus. In den übrigen Quellen ist nämlich nicht nur vom 26.Dezember, sondern auch konkret vom zweiten Weihnachtstag die Rede. Außerdem wäre der Abstand zwischen Rohbau und einer Vollendung der Arbeiten zum 6. Dezember doch sehr gering gewesen.

Was ist nun bekannt vom Ablauf der Feier zu Ehren der neuen Synagoge? Übereinstimmend wird in Artikeln von Fahnen berichtet. „Es hat eine kurze Prozession gegeben und anschließend einen Einweihungsgottesdienst“, schildert die Historikerin. Zu den Ehrengästen zählte der damalige St. Wendeler Bürgermeister Karl Alfred Friedrich. Er war es auch, der den Quellen zufolge, das Gotteshaus unter den Schutz der Stadt stellte. Ein Versprechen, das am 10. November 1938 nicht mehr gelten sollte.

Neben dem Gottesdienst gehörten auch ein Konzert und tags drauf ein Ball zu den Feierlichkeiten Ende 1902. „Es gab insgesamt eine positive Berichterstattung“, sagt Pontius. In der Folge ließen sich keine weiteren Aktivitäten rund um die Synagoge finden. Erst 1922 wird diese erneut erwähnt. Anlass ist dieses Mal die Einweihung einer Gedenktafel mit den Namen der „im Kampf ums Vaterland“ gefallenen Söhne.

13 Jahre später änderte sich die Situation für die jüdische Gemeinschaft in St. Wendel entschieden. Nachdem sich am 13. Januar 1935 bei der Saarabstimmung 90,4 Prozent der abgegebenen Stimmen für die Rückkehr zum Deutschen Reich ausgesprochen hatten, galt nun auch hier die NS-Gesetzgebung. Die Mehrheit der jüdischen Bürger verließ in der Folge die Stadt. In einem Artikel des St. Wendeler Volksblatts vom 7. Oktober 1938 ist die Rede davon, dass die jüdische Gemeinde von einst etwa 90 auf neun Köpfe herabgesunken sei. Der Verpflichtung zum Erhalt der Synagoge könne sie nicht mehr nachkommen. Seit geraumer Zeit habe es keinen Gottesdienst mehr gegeben. Es wird von „zerbrochenen Fensterscheiben“ und einem „verwahrlosten Vorgarten“ berichtet.

Als Reichspogromnacht ist der 9. November 1938 in die Geschichte Deutschlands eingegangen. Damals wurden unter anderem jüdische Geschäfte geplündert, Synagogen in Brand gesteckt. Dieses Schicksal ereilte auch das St. Wendeler Gotteshaus – allerdings erst am 10. November. Quellen besagen, dass die Feuerwehr an jenem Abend zwar angerückt sei, doch nicht, um die Flammen zu löschen, sondern benachbarte Häuser davor zu schützen.

Das, was von der Synagoge übrig geblieben war, wurde in der Folge abgerissen – „aus sicherheitspolizeilichen Gründen“ wie in einer Notiz im St. Wendeler Volksblatt vom 25. November 1938 zu lesen war. In einem weiteren Artikel aus dem Jahr 1939 heißt es lapidar: „In St. Wendel wurde in der Kelsweilerstraße eine Baustelle frei.“ Wie die Lücke geschlossen werden solle, sei noch nicht entschieden.

„1941 bestand die jüdische Gemeinde in St. Wendel nicht mehr“, sagt Pontius. Seit 2016 erinnert eine Stele an die Synagoge, die 36 Jahre zum Stadtbild St. Wendels dazugehört hatte.

Zusatz:

Seit 2016 gibt es in Höhe der Hausnummer 13 in der Kelsweilerstraße in St. Wendel eine Stele aus afrikanischem Naturstein. Sie erinnert an die jüdische Synagoge, die von 1902 bis 1938 hier stand. Als diese erbaut wurde, führte an dem dafür vorgesehenen Grundstück (Im Flur 5 Parzelle Nr. 245/200) noch die Straße „von Saarbrücken nach Bingen“ vorbei. So zumindest ist es in einem Lageplan vermerkt, der dem St. Wendeler Stadtarchiv vorliegt. Das Gebiet wurde zu jener Zeit „Im Kelsweiler“ genannt. 1909 erhielt die Straße den Namen Kelsweilerstraße, der bis heute geblieben ist.