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2022/05/30 09:02:14
Roland Geiger via Regionalforum-Saar
[Regionalforum-Saar] Wirbel um das Buch eines Saarl änders über den Ersten Weltkrieg
Datum 2022/05/30 10:38:35
Robert Groß via Regionalforum-Saar
Re: [Regionalforum-Saar] Wirbel um das Buch eines Saarl änders über den Ersten Weltkrieg
2022/05/18 08:46:29
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[Regionalforum-Saar] 1700 Jahre Judentum in Deutschland
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[Regionalforum-Saar] das British Empire - ein Über blick
2022/05/30 09:02:14
Roland Geiger via Regionalforum-Saar
[Regionalforum-Saar] Wirbel um das Buch eines Saarl änders über den Ersten Weltkrieg
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[Regionalforum-Saar] Broschüre erinnert an St. Wendels Freiheitsfest

Date: 2022/05/30 09:07:45
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heute in der Saarbrücker Zeitung:

Broschüre erinnert an St. Wendels Freiheitsfest

Von Evelyn Schneider

Menschen singen Freiheitslieder, ziehen vom Bosenberg in das Herz der Stadt St. Wendel vor die Basilika. Dort stellen sie unweit des heutigen Spinnrads einen Baum auf, der mit einer Fahne in Schwarz, Rot, Gold geschmückt ist. So geschehen am 27. Mai 1832. 190 Jahre später hat die Stadt St. Wendel an dieses Freiheitsfest erinnert.

In verschiedenen Quellen ist die Rede von 2000 Menschen, die an der Veranstaltung teilnahmen. Eine beachtliche Zahl. Denn wie Historikerin Andrea Recktenwald vom St.
Wendeler Stadtarchiv anmerkt, war die Stadt damals mit der heutigen von der Größe und der Einwohnerzahl her nicht vergleichbar. Als nach dem Wiener Kongress 1815 die Kantone Baumholder, Grumbach und St. Wendel an Ernst I. von Sachsen-Coburg und Gotha (so sein Titel ab 1826) gingen, lebten hier insgesamt 25000 Menschen. 1819 erhob der Landesherr das Gebiet zum Fürstentum Lichtenberg.

Das Bosenberg-Fest 1832 in St. Wendel hatte einen politischen Charakter ebenso wie das berühmte Hambacher Fest, das zeitgleich – vom 27. Mai bis 1. Juni – stattfand. 20 000 bis 30 000 Menschen kamen zu dieser Protestveranstaltung, bei der Werte wie Versammlungs-, Meinungs- und Pressefreiheit eingefordert wurden. Unter den Rednern war auch ein St. Wendeler: Advokat Nikolaus Hallauer.

Seine Rolle innerhalb der St. Wendeler Freiheitsbewegung war ein Aspekt der Vortragsreihe, welche die Stadt St. Wendel initiiert hatte. Unter dem Titel „St. Wendel im Vormärz“ entführten die Referenten Bernhard Planz, Andrea Recktenwald, Josef Dreesen, Gerhard Koepke und Franz-Josef Kockler an fünf Abenden in die Zeit Anfang des 19.
Jahrhunderts. Die Zuhörer erfuhren dabei, wie sehr die napoleonische Zeit die Menschen hier geprägt hatte, wie das Verhältnis zwischen Regenten und Regierten während der Coburger Zeit war, warum sich Oppositionsgruppen bildeten und warum es im Zuge des Freiheitsfests zu Unruhen und schließlich auch zu Prozessen kam.

„Mit der Resonanz der Reihe sind wir zufrieden“, resümiert Nicolas Pontius vom Stadtarchiv. Zwischen 50 und 60 Gäste kamen zu den einzelnen Vorträgen in den Maximiliansaal des historischen Rathauses. „60 bis 70 Prozent der Besucher haben sich alle Vorträge angehört“, so Pontius. Im Anschluss gab es jeweils einen Umtrunk. Dabei sei in Gesprächen deutlich geworden, wie aufmerksam die Zuhörer die Themen verfolgt hatten.

Doch nicht nur mit einer Vortragsreihe, sondern auch mit einem Schriftstück soll dem Jubiläum „190 Jahre Nationalfest der Deutschen zu St. Wendel“ gedacht werden. Die Broschüre „St. Wendel im Vormärz“ ist in Zusammenarbeit des Stadtarchivs St. Wendel mit dem Historiker Josef Dreesen entstanden. „Pünktlich zum letzten Vortrag der Reihe am 19. Mai ist sie eingetroffen“, berichtet Pontius. 200 Exemplare wurden gedruckt. Diese sind im Archiv selbst, im Rathaus, in der Stadt- und Kreisbibliothek sowie im Museum St. Wendel erhältlich.

Das Heft beginnt mit einer Chronik. „Diese gibt einen zeitlichen Überblick“, sagt Andrea Recktenwald. Der erste Eintrag ist der 30.
Mai 1814. Im sogenannten Ersten Pariser Frieden trat Frankreich die linksrheinischen Territorien und somit auch St.Wendel ab. Nach dem Wiener Kongress begann dort die Coburger Zeit. Die Chronik endet 20 Jahre später, am 15. August 1834. Damals verkaufte Ernst I. das Fürstentum Lichtenberg an Preußen. Es folgt ein Aufsatz von Josef Dreesen, der mit der Zeile „Die unruhige Zeit 1830 bis 1832“ überschrieben ist. „Hier werden noch mal die Hauptjahre der Unruhen näher beleuchtet“, erklärt Recktenwald

Als es 1830 mächtig innerhalb der Bevölkerung brodelte – als Auslöser gelten Gerüchte, dass die Herzogin Luise St. Wendel verlassen würde und ein neu geschlossener Zollvertrag zwischen Lichtenberg und Preußen – formierte sich allmählich eine bürgerlich-liberale Opposition. Im Frühjahr 1831 gründeten der Pfarrer Carl Juch sowie die Lehrer Johannes Schue und Philipp Sauer einen politischen Stammtisch, dessen Mitglieder regelmäßig in der Wirtschaft von Peter Keller (heute Spinnrad) zusammenkamen. Zu diesem Kreis der sogenannten Keller‘schen Gesellschaft gehörte später auch Advokat Nikolaus Hallauer.

Sie, die Protagonisten der Opposition und der St. Wendeler Freiheitsbewegung, wurden von der Regierung später zur Rechenschaft gezogen. Nicht nur wegen des Bosenberg-Fests, sondern auch wegen der Unruhen, die folgten.

So brachen am 8. Juli 1832 in  St. Wendel Tumulte aus. 700 bis 800 Menschen zogen singend durch die Stadt. Auslöser hierfür war ein vermeintlicher polnischer Freiheitskämpfer, der einige Tage zuvor in die Stadt eingezogen war. Umgehend wurde er auf Druck der Coburger Regierung des Landes verwiesen, was den Bürgern missfiel. Deren Proteste wiederum waren der Obrigkeit ein Dorn im Auge. Sie entsendete preußische Truppen nach St. Wendel, griff mit aller Gewalt durch. Das bedeutet für die „Unruhestifter“, darunter die Köpfe der Keller‘schen Gesellschaft, Arrest. Aus der Haft wandten sich Philipp Sauer, Carl Juch und Nikolaus Hallauer in Briefen an den Sachsen-Coburger Generalkommissar Eusebius Lotz. Auszüge aus diesen Schreiben sind in der Broschüre abgedruckt. Ebenso Ausschnitte aus Protokollen von Zeugenbefragungen. Im Vorfeld der Prozesse 1833 wurden ausführlichste Ermittlungen angestellt. Wie diese für die Oppositionellen ausgingen, erfahren die Leser ebenfalls in der Schrift. Diese endet mit Kurzbiografien der Protagonisten.  

zu beziehen direkt im Stadtarchiv oder über „