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2022/05/29 18:18:16
Roland Geiger via Regionalforum-Saar
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Datum 2022/05/30 09:07:45
Roland Geiger via Regionalforum-Saar
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Betreff 2022/05/30 10:38:35
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Re: [Regionalforum-Saar] Wirbel um das Buch eines Saarl änders über den Ersten Weltkrieg
2022/05/29 18:18:16
Roland Geiger via Regionalforum-Saar
[Regionalforum-Saar] das British Empire - ein Über blick
Autor 2022/05/30 09:07:45
Roland Geiger via Regionalforum-Saar
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[Regionalforum-Saar] Wirbel um das Buch eines Saarl änders über den Ersten Weltkrieg

Date: 2022/05/30 09:02:14
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)...

letzten Samstag in der Saarbrücker Zeitung:

Wirbel um das Buch eines Saarländers über den Ersten Weltkrieg

Am Anfang seiner Suche steht ein Fund. Vor drei Jahren stöbert Franz-Josef Schäfer im Alt-Saarbrücker Antiquariat. Der pensionierte Geschichtslehrer ist wie so oft auf der Suche nach Literatur aus oder über das Saarland. „Heimat-Geschichte ist mein Hobby“, erklärt der 69-jährige Historiker und Germanist. Dabei ist die Geschichte für ihn schon mehr als ein Hobby. Schäfer schreibt Bücher darüber. Eine seiner letzten Veröffentlichungen: ein Buch über den NS-Widerstandskämpfer Willi Graf aus Saarbrücken. „Willi Graf und der graue Orden“ heißt es. Nach den Sommerferien will Schäfer ein Druckwerk über „Pastor Arnold Fortuin“ veröffentlichen, über den „Oskar Schindler“ der saarländischen Sinti und Roma aus Illingen – aus Schäfers Heimatgemeinde. 38 Jahre arbeitet er als Lehrer in Bensheim bei Darmstadt, vor „drei Jahren bin ich wieder in die Heimat zurückgekehrt“. In den Illinger Ortsteil Wustweiler.

Zurück ins Alt-Saarbrücker Antiquariat. „Dort hatte ich plötzlich dieses kleine Buch in der Hand“, erinnert sich der 69-Jährige. 157 Seiten, eine Monografie von Johann Zewe: „Aus der Masurenschlacht nach Sibirien. Kriegs-Erlebnisse eines Saarländers“; gedruckt in der „Lebacher Druckerei und Verlagsgesellschaft m.b.H.“. Ein seltenes Buch, meinen Schäfer und Antiquariat. Ein Titel, der in keinem Katalog einer öffentlichen Bibliothek auftaucht, auch in der Deutschen Nationalbibliothek in Leipzig und Frankfurt ist das Werk nicht gelistet. „Ich habe es für 100 Euro gekauft“, erinnert sich Schäfer.

Ein Buch ohne offizielles Erscheinungsjahr. „Es finden sich Hinweise darin“, sagt Schäfer. Zewe nimmt auf Seite 118 auf eine Begebenheit zu Beginn des Jahres 1918 Bezug: „Heute noch, nachdem bereits 14 Jahre verflossen sind, schwebt diese Nacht mit all‘ ihren schrecklichen Bildern klar und deutlich vor meinen Augen“, schreibt der Autor. Schäfer schlussfolgert: „Die Drucklegung liegt wohl im Jahre 1932.“

Doch wer war Johann Zewe? Schäfer will das unbedingt wissen. Der 69-Jährige will Zewes Buch neu auflegen, hat die Sütterlin-Schrift bereits in ein Worddokument abgetippt. „Doch die Neuauflage ohne ein paar Zeilen über den Autor veröffentlichen?“

Ein Ansatzpunkt: „Die Lebacher Druckerei.“ Sie habe aber zum Beispiel kein weiteres Buch veröffentlicht. Das Kerngeschäft des Verlags war der Druck des Lebacher Anzeigers, eine Tageszeitung. „Ich habe gedacht, vielleicht haben sie in ihrer Zeitung Werbung für ihr Buch gemacht und haben Autor Zewe vorgestellt. Das Problem ist, die Ausgaben aus den Jahren 1931/32 sind sehr lädiert und sind im Saarbrücker Stadtarchiv daher zurecht gesperrt“, bedauert der Historiker.

Auch der Verein für Landeskunde im Saarland hat der Lehrer um Hilfe gebeten, „sie sind sehr hilfreich, leider bisher vergeblich“. Das Landesarchiv des Saarlandes habe sich bemüht – vergeblich. „Es gibt auch keine Entnazifizierungsakte von Johann Zewe.“ In Bergmannskalendern hat er geschaut. Schäfer geht davon aus, dass Zewe „eine gewisse Bildung“ hatte. „Er hat nicht nur niedergeschrieben, was er erlebt und gesehen hat. Er hat Hintergrundwissen; sprachlich ist das Buch sehr geschickt.“ Schülerlisten der Mittelschulen und Gymnasien will er daher durchschauen, „ich weiß aber nicht, wo oder welcher Jahrgang er ist, das wird sehr mühsam“. In Vermisstenlisten und Listen von Menschen in Gefangenschaft hat er recherchiert. „Da waren zum Beispiel zwei Johann Zewe aus Limbach und Lebach dabei, jedoch waren sie zu einer anderen Zeit dort, in einer anderen Einheit.“ Auch nennt Zewe im Buch die Namen von Vorgesetzten und gefallenen Kameraden nicht vollständig. „Feldwebel B.“ steht da nur, zum Beispiel. Machts nicht einfacher.

Im Ural, Sibirien und der Munitionsfabrik

Ansonsten sind die „Kriegserinnerungen eines Saarländers“ sehr detailliert. Zewe schildert seine Erlebnisse in der Masurenschlacht 1915, die Schlacht im Augustower Walde, seine Kriegsgefangenschaft in Sibirien, ab 1916 im Ural, als er bei Waldarbeitern und in einer Munitionsfabrik arbeitet. Seine Fluchtversuche und eine Meuterei beschreibt er. Auch die Revolution der Rotgardisten, die Abdankung von Zar Nikolaus II., die Duma, die Arbeiter- und Soldatenräte beobachtet er aus der Gefangenschaft heraus. Seine Freilassung und Rückreise. „Wie jubelte unser Herz, als wir durchs schöne Nahetal an blühenden Obstgärten vorbei zur saarländischen Heimat fuhren! Freudig in überschwänglichem Glück riefen wir uns zu: ,O Heimat, wie bist du so schön!‘“, schreibt Zewe am Ende des Buches. Aufgrund der Wahl der Eisenbahnlinie durchs Nahetal geht Schäfer davon aus, dass Zewe im mittleren Saarland gelebt haben könnte: im Raum Wadern, Schmelz, Tholey, Heusweiler, Lebach, Illingen, Merchweiler oder Marpingen. Aber „ich weiß es nicht“, sagt Schäfer.

Eine „wertvolle Quelle“, nennt der Wustweiler das gefundene Buch. Es sei „hochspannend – gerade in der heutigen Zeit“. Durch den Krieg der Russen in der Ukraine habe der Russlandfeldzug von damals „wieder Aktualität bekommen“, erklärt Schäfer. Die Bilder ähneln sich. So schreibt Zewe: „Brennende Dörfer und Städte, zerschossene Gehöfte, blutgetränkte und zerstampfte Fluren lassen kämpfende Heere zurück. Verstört und ratlos irren die so grausam aus ihrer friedlichen Ruhe aufgestörten Bewohner umher und sehen, wie die friedliche Arbeit vieler Jahre in Rauch und Flammen aufgegangen ist. Aber unbekümmert um die Not und das Elend dieser Armen geht der Krieg seinen ehernen Gang weiter, um in den nächsten Stunden andere blühende Ansiedelungen und Ortschaften in Schutt und Asche zu legen.“

Respekt vorm Feind: „[...] lag schwerverwundet ein russischer Feldwebel, von Frost und Kälte zitternd, da über diese Höhen ein scharfer Wind wehte. Der arme Mann gab uns zu verstehen, daß er schon zwei Tage hier liege. Was sollten wir tun? Wir hatten Eile [...]. Hier lagen eine ganze Menge von Federkissen herum, welche die Russen aus Ostpreußen mitgeschleppt hatten. Das war den Russen etwas Neues; denn in Russland kennt das ärmere Volk keine Federkissen. Von diesen rafften wir einige zusammen und deckten damit den Verwundeten gut zu. Dankbar blickte er uns an und Tränen liefen über sein bleiches Gesicht. Aber wir mußten weiter.“

 „Möglicherweise“, sagt Schäfer, habe sich Zewe vom Antikriegs-Roman „Im Westen nichts Neues“ von Erich Maria Remarque inspirieren lassen. „Es fällt auch auf, dass die Cover von Remarques Erstausgabe aus dem Jahre 1929 und Zewes Kriegserinnerungen ähnlich gestaltet sind.“ Wie Remarque verherrlicht Zewe nicht den Krieg, er schildert eindrücklich die Not und das Elend; „überhaupt nicht herablassend oder rassistisch.“ Schäfer würde auch daher gerne mehr über Zewe wissen. Vielleicht hat er unter Pseudonym geschrieben? „Dann wäre die Suche noch schwerer. Aber Johann Zewe – einen so sehr gebräuchlichen Namen im Saargebiet als Pseudonym zu wählen, ich glaube nicht daran“, sagt Schäfer. Vielleicht wissen ja die SZ-Leser mehr, hofft er. Vielleicht helfen Sie Schäfer dabei, dass am Ende seiner Suche ein Buch steht – und zwar eines mit Autorenporträt.

Hinweise über Johann Zewe an