Hallo,
heute erschien dieser Artikel im St. Wendeler Teil der Saarbrücker
Zeitung über
diese Tagung, die am 10. Oktober virtuell stattfand. Die Beiträge
- bis auf
einen - waren durchweg erstklassig. Eigentlich hatte ich schon
keine Lust mehr
auf Corona, aber als Frau Spang erklärte, wie der Virus eine Zelle
infiltrierte
und nach einem Raubzug schließlich umbrachte, das war einfach auf
den Punkt
gebracht, was da abgeht. Dr. Linxweilers Vortrag war ein bißchen
lang, aber der
seines Onkels mit seinen vier Zukunftsperspektiven, pfff, die
waren leicht
nachvollziehbar und beindruckend dargestellt. Grewenigs Vortrag
über Tholey dagegen
war eine Katastrophe. Ich war bei einer anderen Veranstaltung Ende
August -
Anfang September auf ein zu langes Schriftstück gestoßen, in dem
die Geschichte
der Abtei Tholeys aufgearbeitet worden war. Damals wußte ich
nicht, wem wir
diese paar hundert Seiten zusammengewürfelter Fantasien zu
verdanken hatten.
Nun, Herr Grewenig gab sie hier zum Besten. Jeder hat sein
Steckenpferd, und
jeder kennt sich mit einer Sache besonders gut aus und weiß von
anderen
Rudimentäres oder Einzelheiten. In der vorgenannten Erzählung war
mir übel
aufgestoßen, was dort über Wendalinus zum Besten gegeben wurde.
Das kam jetzt
eins zu eins wieder. Unreflektiert wurde er als historische Person
dargestellt,
mit dem Geburts- und Sterbejahr aus der Feder von Pastor Keller
versehen, die
hl. Oranna zu seiner Schwester und der Abt Paulus zu seinem
Schüler gemacht. Natürlich
durften Dr. Peters „Wahrheiten“ dabei nicht fehlen. Schlimm. Alles
in allem aber auch
nicht schlimmer als der wikipedia-Eintrag über den hl. Wendalinus,
aber auch um
kein Gramm besser.
Meine Meinung.
Roland Geiger
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Die Mitglieder des St. Wendeler Netzwerks WND trafen sich virtuell
„Es war ein Versuch, und
man darf ihn
wohl als gelungen bezeichnen, da doch am Ende alle Beteiligten für
eine
Wiederholung dieser Art von Veranstaltung plädierten“, schreibt
Klaus Brill.
Der ehemalige Korrespondent der Süddeutschen Zeitung ist Mitglied
des Netzwerks
WND. In diesem finden Menschen aus dem St. Wendeler Land zusammen
– solche, die
seit Jahr und Tag hier Wurzeln geschlagen haben, solche, die es in
aller Herren
Länder verschlagen hat, und solche, die sich dem St. Wendeler Land
verbunden
fühlen. Allesamt eint sie, dass sie dieses Fleckchen Erde im
Norden des
Saarlandes mehr oder weniger als ihre Heimat bezeichnen.
„Zum ersten Mal hat das Netzwerk WND seine jährliche Zusammenkunft
im virtuellen
Raum abgehalten anstatt wie bisher in St. Wendel, Tholey oder am Bostalsee“, berichtet
Brill. Knapp 20
Frauen und Männer hatten sich zugeschaltet, als Josef Alles,
Sprecher des
Initiativkreises, das virtuelle Treffen eröffnete. Die Beteiligten
saßen nicht
nur im Saarland hinter ihren Laptops und Computern am heimischen
Schreibtisch,
sondern auch in anderen Teilen Deutschlands, ja sogar in Basel und
Brasilien.
„Dass das Treffen volle drei Stunden lang dauerte, war dem
ehrgeizigen Programm
dieses ersten Zoom-Meetings geschuldet“, berichtet Brill. Aus
berufenem Munde
habe es zunächst viel Hintergründiges über verschiedene Aspekte
der Pandemie zu
hören gegeben, die derzeit alle Gemüter bewegt.
Professor Anne Spang, seit 15 Jahren Inhaberin des Lehrstuhls für
Biochemie und
Zellbiologie am Bio-Zentrum der Universität Basel, erläuterte
Übertragungs- und
Wirkungsmechanismen von Covid-19. Man stelle sich vor: Wenn man
ein Haar 1000
mal spaltet, erreicht man die Größe eines solchen Virus. In einem
großen
Speichel-Tröpfchen könnten sehr viele Viren enthalten sein. „Je
lauter wir
sprechen oder auch singen, desto mehr von diesen Tröpfchen
schütten wir aus und
desto dickere“, sagte die Forscherin, die aus Türkismühle stammt.
Ihr Rat:
Masken tragen, Hände waschen, Räume regelmäßig lüften, lautes
Sprechen und
Singen in geschlossenen Räumen vermeiden und gegen Grippe impfen
lassen.
Menschen mit hohem Blutdruck seien stärker gefährdet als andere.
Privatdozent Dr. Maximilian Linxweiler, Oberarzt an der Homburger
Hals-Nasen-Ohren-Klinik und aus Werschweiler stammend, schilderte
aus erster
Hand die Maßnahmen und Erfahrungen der 30 Krankenhäuser und 20
Institute des
saarländischen Universitätsklinikums, wo er einer der
Corona-Beauftragten ist.
Aufgrund strenger Hygiene-Standards habe sich von den 5000
Mitarbeitern des
Komplexes kein einziger infiziert, sagte er. An einem bestimmten
Medikament und
an hochwertigem Mund-Nasen-Schutz habe zeitweilig aber Mangel
geherrscht.
Derzeit werden nach Linxweilers Darstellung am Uni-Klinikum zwei
Studien
durchgeführt. Die eine soll an 5000 Testpersonen den Grad der
Durchseuchung und
damit auch den Anteil unentdeckter Infektionen in der Bevölkerung
ermitteln. Im
zweiten Fall geht es um die Frage, wann bei welchen Patienten ein
schwerer und
wann ein milder Verlauf der Infektion zu erwarten ist. Die Zukunft
sollte man
sich nach Meinung des Mediziners nicht in rosigen Farben malen.
„Wir werden das
Corona-Virus nicht loswerden“, sagte er, „es wird heimisch werden
im Saarland.“
Mit den gesellschaftlichen Folgen der Pandemie befasste sich sein
Onkel Richard
Linxweiler, Designer, Professor für Marketing und Kommunikation an
der
Fachhochschule Pforzheim und ebenfalls aus Werschweiler stammend.
Gestützt auf
Analysen des Zukunftsinstituts in Frankfurt am Main, stellte er
mit Blick auf
die Schließung etlicher EU-Grenzen im Frühjahr heraus, die
Gesellschaft habe
sich im Angesicht der Krise wieder eindeutig als Nation definiert,
allerdings
sei die Nation „in regionale Hochrisiko-Zonen zerfallen“.
Gleichzeitig habe
eine Abkehr von der globalen Weltgemeinschaft stattgefunden, die
Global Cities
seien „die nervösesten Orte der Welt“ geworden. Dies gehe einher
mit einem
Rückzug ins Private und einer Aufwertung des ländlichen Raumes, wo
mittlerweile
hochprofessionell an vielen Orten unter anderem qualitativ
hochwertige kulturelle
Angebote gemacht würden.
Nicht auf die Aktualitäten, sondern ganz im Gegenteil auf das ewig
Dauernde war
ein Vortrag mit dem Titel „St. Wendeler Land – Weltklasse seit
2000 Jahren“
ausgerichtet. Der Autor Meinrad Maria Grewenig ist weithin bekannt
als Kunsthistoriker
und Kulturmanager, viele Jahre war er Generaldirektor und
Geschäftsführer des
Weltkulturerbes Völklinger Hütte. Dass er in Selbach aufgewachsen
ist, wissen
indes nur Eingeweihte. Es erklärt aber seine besondere Zuwendung
zu der nach
seiner Darstellung großartigen Vergangenheit des Schaumberger und
St. Wendeler
Landes.
Grewenig begann seinen Überblick mit einem Hinweis auf den
zwischen Selbach und
Theley gelegenen Fuchshübel, jenes keltische Fürstengrab, in dem
schon Ende des
19. Jahrhunderts kostbare Ringe entdeckt wurden. In der Nähe
kreuzten sich beim
Vicus im Wareswald zwei wichtige Römerstraßen (Metz-Mainz und
Trier-Straßburg).
Den Rang der Abtei Tholey, die dank ihrer Ersterwähnung im Jahre
634 nach
Christus. als ältestes urkundlich bezeugtes Kloster auf deutschem
Boden gilt,
unterstreicht nach Grewenigs Ausführungen nicht nur deren
prachtvolle gotische
Kirche, sondern auch die Tatsache, dass kein Geringerer als der
heilige
Mauritius ihr Patron ist.
Als weiteren bedeutenden Heiligen nannte Grewenig den St. Wendeler
Stadtpatron
Wendelinus, der 555 in Irland geboren und laut Legende 612 in
Tholey als Abt
gestorben sei. Einer seiner Schüler, Abt Paulus, sei später
Bischof von Verdun
geworden. Mit Tholey verbunden sei ferner ein leibhaftiger
Kurfürst, nämlich
der Trierer Erzbischof Kuno, der 1066 an der Mosel erschlagen und
in der Abtei
beerdigt wurde. Seine und andere sterbliche Überreste von Heiligen
hätten
Tholey im Mittelalter zu „einem der reliquien-reichsten Orte in
Europa“
gemacht.
Den weiteren Gang durch die Epochen, der auch die materiellen
Verluste in der
Zeit der Französischen Revolution streifte, beendete der
Kunsthistoriker mit
einer Würdigung jenes Kunstwerks, das in diesen Tagen den Namen
Tholeys in alle
Welt hinausgetragen hat: der kürzlich enthüllten Glasfenster im
Chorraum der
Abtei, die der renommierte Künstler Gerhard Richter gestaltet hat.
Dieser habe
„die alte Idee des himmlischen Jerusalem nochmals neu
aktualisiert“, sagte
Grewenig.
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