Monatsdigest

[Regionalforum-Saar] Antike Mythen im schwäbischen Gewand. Gustav Schwabs Sagen des klassischen Altertums und i hre antiken Quellen

Date: 2020/11/01 21:25:04
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>


Antike Mythen im schwäbischen Gewand. Gustav Schwabs Sagen des klassischen Altertums und ihre antiken Quellen

Autor Jonathan Groß,

Reihe Rezeption der Antike 6
Erschienen Göttingen 2020: Vandenhoeck & Ruprecht
Anzahl Seiten 358 S.
Preis € 70,00
ISBN 978-3-946317-43-2

Rezensiert für H-Soz-Kult von Chen Mo, Institute for the History of Ancient Civilizations, Northeast Normal University, Changchun, China

Wer im deutschsprachigen Raum nicht einmal als Kind in Gustav Schwabs „Sagen des klassischen Altertums“ gelesen hat, hat eine Chance verpasst, sich auf eine natürliche und entspannende Weise eine Tür zur antiken Welt zu öffnen, durch die selbst in China bis heute ein breites Publikum Einlass in die westliche antike Mythologie erhält. Wirft man allerdings einen Blick in die Rezeptionsgeschichtsforschung zum Pädagogen Gustav Schwab und dessen Werk, der sich selbst nie als Gelehrter oder Wissenschaftler sah (S. 289), spürt man sofort den Kontrast zwischen der Popularität wie dem großen Ruhm seiner „Sagen“ und dem Außenseitertum des Verfassers, der in 200 Jahren nach Erscheinen seiner Sagensammlung nie als Stern der Literaturgeschichte angesehen wurde. Obschon des Öfteren in Forschungen zur Funktion von Mythen in der Entwicklungspsychologie oder zur Mythenrezeption angesprochen, wurden Schwab wie sein Werk in der Regel eher stiefmütterlich behandelt, meistens mit dem Prädikat „zu populär“ beiseitegeschoben, jedenfalls der Wert des Werktypus an und für sich sowie die persona Schwab nicht gesondert gewürdigt. Solchen Unzulänglichkeiten der bisherigen Schwab-Forschung möchte Jonathan Groß mit seiner detaillierten Analyse von Schwabs Leben und Werk, hervorgegangen aus seiner an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf eingereichten Dissertationsschrift, begegnen.

Schon ein erster Blick auf den Buchtitel lässt ein starkes Abhängigkeitsverhältnis zwischen Schwab wie dessen „Sagen“ von den antiken Quellen erwarten. Aber was steht überhaupt hinter dem Gewand des „Zauberers“ Schwab? Was war die eigentliche Absicht seiner „gestaltenden Hand“ (S. 292)? Bei der Schilderung von Schwabs persönlichem Werdegang durch Groß (S. 21–28) stehen Popularisierung antiker Literatur und Vorbereitung der literarischen Bildung für die Jugendlichen als Anliegen des Pädagogen im Mittelpunkt. Dieses Schema erkennt man auch in der Analyse von Groß, denn blickt man in das Inhaltsverzeichnis, so spürt man an der Äquivalenz der Anordnung und der Reihenfolge der Protagonisten, dass er genau dem Rhythmus der „Sagen“ folgt. Das Bemerkenswerteste an dieser Untersuchung liegt ohne Zweifel in ihrem Arbeitsverfahren, da ihr das aus der poststrukturalistischen Literaturwissenschaft bekannte Konzept der „Intertextualität“ zu Grunde liegt. Bei Groß sind besonders die Prätexte durchgehend im Fokus, die verschiedene antike Genres wie etwa Epos oder Tragödie, aber auch moderne Lexika und neuzeitliche Übertragungen umfassen. Der ausführliche Vergleich dieser Prätexte mit Schwabs Nacherzählung bildet den Schwerpunkt der Quellenanalyse. Die schematische Übersicht jeweils am Anfang der Erzähleinheiten stellt mit konkreten Werktiteln und Zeilennummern die genauen Entsprechungen der Schwabschen Nacherzählung mit ihren Prätexten vor, worauf dann an umfangreichen Beispielen die jeweilige Umgestaltung in Bezug auf Stil, Wortwahl, Hinzudichtungen sowie absichtliche Auslassungen dargelegt wird. Dabei konstatiert Groß, dass sich bei Schwab keineswegs eine rein „griechische Zuneigung“ feststellen lasse. Auch wenn unter den antiken Quellen offenbar mehr griechische Lyriker, Epiker und Tragiker auffallen, zeigt Groß vielmehr, dass Schwab genauso viel Gewicht auf die lateinische Literatur gelegt hat (etwa auf Ovid oder Vergil). So werden etwa in der Analyse zum Komplex „Aus der mythischen Frühzeit der Menschheit“ (S. 44–96) detailliert die Anlehnungen und Parallelen zu den „Metamorphosen“ Ovids aufgezeigt.

So wie Schwab die Mythen für sein anvisiertes junges Lesepublikum entschärft und moralisch „gerecht“ zu formen versuchte, ist der Stil seines Interpreten ebenso zielorientiert: eine genaue Gliederung, deutsche Übersetzungen bei jeder Anführung griechischer oder lateinischer Quellen sowie die sorgfältige terminologische Abgrenzung machen diese Arbeit zu einem hilfreichen Referenzwerk für jede/n Rezeptionsforscher/in. Ein weiterer Pluspunkt ist, dass Groß sich nicht allein auf Schwab konzentriert, sondern auch andere Facetten der Rezeption antiker Mythologie im deutschsprachigen Raum besonders zu Schwabs Zeiten in seine Analyse mit eingebettet hat. Dass neben den antiken Prätexten insbesondere auch die Lexika, Übersetzungen und Paraphrasen antiker Dichter im Detail betrachtet werden, erweist sich durchaus als neuer Aspekt der Rezeptionsforschung, die eben über die antiken Quellen hinausgehen muss, um den Entstehungskontext eines solchen Werkes angemessen erfassen zu können. Bei Schwab werden so nicht nur weitbekannte Übertragungen (wie die Apollodor-Übersetzung von Christian Gottlob Moser und die Ilias-Übersetzung von Johann Heinrich Voß), sondern auch manche von der Wissenschaftsgeschichte oft vernachlässigte Versionen (wie die Übersetzung des Aischylos von Eucharius Ferdinand Christian Oertel oder des Diodor von Julius Friedrich Wurm) als Ausgangspunkt für Schwabs konstruierte Mythenversion deutlich, vor allem da Schwab wegen seiner Tätigkeit als Mitherausgeber der Stuttgarter Klassikausgaben im Metzler-Verlag an der entsprechenden „Quelle“ saß (S. 289). Insgesamt gelingt es Groß damit, den Leser/innen im Laufe der Quellenanalyse einen umfassenden Blick in die Rezeptionslandschaft des 19. Jahrhunderts zu eröffnen.

Das „schwäbische Gewand“ wird also bei Groß von außen nach innen mit höchster Genauigkeit durchleuchtet, und dessen Farbschattierungen werden jeweils deutlich markiert. Ob die häufig wiederholte These, dass Schwab seine Nacherzählung „vom Glanze künstlerischer Darstellung“ entkleiden wollte (zum Beisiel S. 83), den ausführlichen Vergleichen mit den doch ganz unterschiedlichen Prätexten gerecht wird, ist allerdings ebenso zu fragen wie, was nun das spezifisch „Schwäbische“ des Buchtitels – wenn es über eine reine Anspielung auf Schwabs Namen und Herkunft hinausgehen soll – als distinktives Rezeptionsmerkmal ausmacht. In jedem Falle füllt diese Publikation eine Lücke in der Rezeptionsforschung, die zukünftig auf das Werk von Groß zurückgreifen muss, um die Impulse auch auf andere Rezeptionsfelder zu übertragen.

Zitation

Mo Chen: Rezension zu: Groß, Jonathan: Antike Mythen im schwäbischen Gewand. Gustav Schwabs Sagen des klassischen Altertums und ihre antiken Quellen. Göttingen  2020. ISBN 978-3-946317-43-2, In: H-Soz-Kult, 02.11.2020, <www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-49716>.




[Regionalforum-Saar] Virtuelle Tagung: Briefeditionen – wie digital?

Date: 2020/11/04 08:54:42
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Virtuelle Tagung: Briefeditionen – wie digital?

 

Veranstalter

Forum für Digital Humanities Leipzig & Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig

Ort Leipzig

19.11.2020 - 20.11.2020

 

Von Nicole Kleindienst, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig

Das Forum für Digital Humanities Leipzig und die Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig laden alle Interessierten herzlich dazu ein, am 19. und 20. November an einer virtuellen Konferenz zu digitalen Briefeditionen teilzunehmen. An diesen zwei Tagen werden unter dem Titel „Briefeditionen – wie digital?“ sowohl praktische Fertigkeiten als auch spannende Informationen zu verschiedensten Projekten vermittelt.

Virtuelle Tagung: Briefeditionen – wie digital?

Das Forum für Digital Humanities Leipzig und die Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig laden alle Interessierten herzlich dazu ein, am 19. und 20. November an einer virtuellen Konferenz zu digitalen Briefeditionen teilzunehmen. An diesen zwei Tagen werden unter dem Titel „Briefeditionen – wie digital?“ sowohl praktische Fertigkeiten als auch spannende Informationen zu verschiedensten Projekten vermittelt.

Am Donnerstag, 19. November, wird ein Hands-on Workshop einen praktischen Zugang zu digitalen Korrespondenzlisten für nicht-digitale Editionen bieten. Am Freitag, 20. November, stellen sich anschließend acht digitale Briefeditionen vor, gefolgt von einer Podiumsdiskussion, in der sich fünf ExpertInnen zum Thema "digitale Briefeditionen" austauschen.
ANMELDUNG

Bitte melden Sie sich über folgendes Formuar an: www. fdhl.info/briefeditionen#anmeldung

Link und Passwort der Tagung erhalten Sie dann einige Tage vor Beginn der Veranstaltung. Fragen und Anmerkungen können Sie richten an FDHL(a)uni-leipzig.de.

Programm

DONNERSTAG, 19. NOVEMBER 2020

Workshop: Gedruckte Briefeditionen mit digitalen Briefverzeichnissen online erschließen und vernetzen

Im Workshop erfahren Herausgeber*innen und Interessierte, wie man digitale Briefverzeichnisse von gedruckten Briefeditionen anfertigt und online zur Recherche und Vernetzung bereitstellt.

Zuerst werden das Correspondence Metadata Interchange Format (CMIF) und die darauf basierende Rechercheplattform correspSearch vorgestellt. Danach wird Schritt für Schritt erklärt, wie mit verschiedenen Werkzeugen – CMIF Creator, CSV2CMI und ba[sic?] – die Korrespondenzmetadaten (wer schreibt, wann, wo an wen, wohin?) aus einer gedruckten Edition digital erfasst werden können. Die vormittags vorgestellten Tools können am Nachmittag in einer Hands-On-Session ausprobiert und angewendet werden; für Fragen und Probleme steht das Team zur Verfügung.

Briefmaterial wird gestellt, es kann aber auch sehr gerne eigenes Material mitgebracht werden. Besondere technische Vorkenntnisse werden nicht benötigt. Die Materialien für die Hands-On-Session werden kurz vor dem Workshop über einen Cloud-Ordner zum Download verfügbar gemacht.

REFERENTEN:
Stefan Dumont (BBAW),
Uwe Kretschmer (SAW Leipzig),
Jonas Müller-Laackman (BBAW),
Dr. Klaus Rettinghaus (Enote GmbH Berlin)

9:25–12 Uhr
Präsentation: Tools für das Aufbereiten von Korrespondenz-Metadaten

13–17:00 Uhr
Hands-on Sessions: Anwendung der Tools an eigenen oder bereitgestellten Daten

FREITAG, 20. NOVEMBER 2020

Teil 1: Projektvorstellungen mit Rückfragen

9:45 – 10 Uhr
Prof. Dr. Ulrich Johannes Schneider (UB Leipzig, FDHL)
Begrüßung/Eröffnung

10 – 10:30 Uhr
Prof. Dr. Dr. Michael Stolberg (Universität Würzburg)
Frühneuzeitliche Ärztebriefe des deutschsprachigen Raums

10:30 – 11 Uhr
Dr. Klaus Gerlach (BBAW)
August Wilhelm Ifflands dramaturgisches und administratives Archiv

11 – 11:30 Uhr
Dr. Angela Steinsiek (DHI Rom)
Ferdinand Gregorovius: Poesie und Wissenschaft. Gesammelte deutsche und italienische Briefe

11:30 – 12 Uhr
Alexander Bartmuß (SAW Leipzig)
Briefe und Akten zur Kirchenpolitik Friedrichs des Weisen und Johanns des Beständigen 1513 bis 1532

12 – 12:30 Uhr
Prof. Dr. Markus Bernauer und Frederike Neuber (BBAW)
Jean Paul – Sämtliche Briefe – digital

12:30 – 13 Uhr
Prof. Dr. Thomas Stäcker (ULB Darmstadt)
Der Deutsche Brief 1650-1850

13 – 13:30 Uhr
Prof. Dr. Jochen Strobel (Universität Marburg)
Digitale Edition der Korrespondenz August Wilhelm Schlegels

13:30 – 14 Uhr
Dr. Thomas Lindenberg (BBAW)
MEGAdigital (Marx-Engels-Gesamtausgabe)

14 – 14:30 Uhr
Mittagspause

Teil 2: Podiumsdiskussion, 14:30 – 16 Uhr

Prof. Dr. Élisabeth Décultot (Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg)

Prof. Dr. Michael Heinemann (Hochschule für Musik Dresden Carl Maria von Weber)

Dr. Ulrich Leisinger (Universität Mozarteum Salzburg)

Prof. Dr. Marcel Lepper (Goethe- und Schiller-Archiv, Universität Leipzig)

PD Dr. Stefan Michel (SAW Leipzig, Universität Leipzig)

https://www.saw-leipzig.de/de/aktuelles/virtuelle-tagung-briefeditionen-2013-wie-digital


Zitation

Briefeditionen – wie digital?. In: H-Soz-Kult, 03.11.2020, <www.hsozkult.de/event/id/event-94088>.

Copyright (c) 2020 by H-NET, Clio-online and H-Soz-Kult, and the author, all rights reserved. This work may be copied and redistributed for non-commercial, educational purposes, if permission is granted by the author and usage right holders. For permission please contact hsk.redaktion(a)geschichte.hu-berlin.de.

 

[Regionalforum-Saar] 10. Tag der Landesgeschichte „Erinnerungskultur urbaner Eliten. Städtische Fr iedhöfe des 15.-17. Jahrhunderts“

Date: 2020/11/06 10:36:13
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Guten Morgen,

der Schattdaun bringt alles zum Erliegen, was ansatzweise Spaß macht. Guut, mir macht meine Arbeit Spaß, aber der Plausch mit anderen bei einer gemütlichen Tasse Kaffee fehlt mir schon.

Dafür gibt er uns Gelegenheit, Dinge wahrzunehmen, die sonst an uns vorbeigeflattert werden, weil viel zu weit weg. Wie z.B. dieses Seminar am nächsten Samstag, d.h. morgen.
Ich muß mich nicht anmelden, sondern nur einloggen. Ich kann Kaffee trinken, in der Nase bohren, was essem imd dort kratzen, wo es keiner sehen soll. Ich bleibe völlig anonym. Vielleicht weiß der Administrator der Veranstaltung, daß da sich einer mit "alsfassen(a)web.de" eingeloggt hat, aber mehr erfährt er nicht.

Aber ich werde einiges erfahren. Anhand eines Beispiels, das für mich richtig weit weg ist, aber - vielleicht ergeben sich ja ein paar Parallelen zu dem, was mutmaßlich hierzulande geschehen ist, wenn auch gut 100 Jahre später. Dümmer werde ich dabei nicht. Und wenn ich genug habe, kann ich mich jederzeit ausklinken.

Corona ist Exkrement, das ist so. Und die damit verbundenen Maßnahmen stoßen uns übel auf. Also ist es doch nicht schlimm, wenn ich versuche, dem Chaos etwas Gutes abzugewinnen. Zum Beispiel morgen.

Bleiben Sie gesund.

Roland Geiger

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10. Tag der Landesgeschichte „Erinnerungskultur urbaner Eliten. Städtische Friedhöfe des 15.-17. Jahrhunderts“


Historische Kommission für Sachsen-Anhalt

07.11.2020 - 07.11.2020

Von Historische Kommission für Sachsen-Anhalt

Die Veranstaltung findet digital statt. Unter dem Link https://us02web.zoom.us/j/87233611379 können Sie an der Veranstaltung teilnehmen. Ton und Bild von Ihnen werden nicht übertragen. Sie können über einen Chat Fragen an die Referent/innen stellen. Der Tag der Landesgeschichte wird aufgezeichnet. Im Anschluss können die Vorträge der Tagung online angesehen werden.


Städtische Friedhöfe, die ursprünglich an den mittelalterlichen Pfarrkirchen in den Städten gelegen hatten, wurden seit dem ausgehenden 15. Jahrhundert vielfach außerhalb der Stadtmauern neu angelegt. Die Gründe dafür reichen von seuchenhygienischen Maßnahmen über Umbauprojekte des innerstädtischen Raums bis hin zu einem neuen Verständnis des Friedhofs als Andachts- und Besinnungsort im Zuge der Reformation.

Nachdem dörfliche Friedhofsanlagen zuletzt intensiv im Fokus der Forschung lagen, widmet sich der Tag der sachsen-anhaltischen Landesgeschichte den städtischen Einrichtungen. Zum Thema gehören die Überlieferung an originalen Friedhofsbauten und Grabmälern des 15. bis 17. Jahrhunderts sowie die diesbezügliche kopiale Überlieferung in Schrift und Bild. In exemplarischen Einzelstudien wie auch in regional bzw. überregional ausgerichteten Untersuchungen sollen auch ältere außerstädtische Friedhofsanlagen wie z. B. Seuchen- und Spitalfriedhöfe, die den neuangelegten oftmals vorausgingen, betrachtet werden.

Der räumliche Schwerpunkt liegt in Mitteldeutschland, aber im Vergleich mit Friedhöfen in anderen Teilen Deutschlands. Im Mittelpunkt steht der Stadtgottesacker von Halle (Saale) als exemplarischer Fall: seine Vorgeschichte, Entstehung und Ausgestaltung im 16. und 17. Jahrhundert sowie seine Rettung und partielle Neugestaltung in den vergangenen vier Jahrzehnten.
Tagungsziel ist eine Darstellung der ständischen Sepulkralkultur der städtischen Oberschichten und oberen Mittelschichten, deren Sepulkralkultur allein überliefert ist. Sowohl für die spätmittelalterlichen innerstädtischen als auch für die neuen außerstädtischen Friedhöfe werden die Positionierung der Gräber, die bauliche Absonderung durch Arkaden, Grüfte u. a. sowie die Ausgestaltung mit skulptierten und beschrifteten Gedächtnismalen in den Blick genommen. Daran knüpft sich die Frage, wie sich welcher Stand durch Lage, Schrift und Bild des Grabes präsentiert, und welches Bild die Synthese aller historischen Zeugnisse von der Sepulkralkultur der städtischen Oberschichten ergibt – ein wichtiges öffentlichkeitswirksames Medium zur Vorstellung und Behauptung ständischer Positionen in der städtischen Gesellschaft im Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit. Bauten, Bilder und Texte an den Gräbern hielten Herkunft und Verwandtschaft der Familie sowie die Verdienste der Vorfahren, auf denen die ständische Position gegründet war, im öffentlichen Gedächtnis. Darüber hinaus bot die Öffentlichkeit des Friedhofs die beste Gelegenheit, sich im ethischen wie im kirchlichen Sinne als rechtgläubige Mitglieder der christlichen Gemeinschaft darzustellen.

Programm

9.00 Uhr Begrüßung durch den Vorsitzenden der Historischen Kommission Andreas Pečar

9.15 Uhr Grußwort der Staatssekretärin im Ministerium für Inneres des Landes
Sachsen-Anhalt Anne Poggemann

9.25 Uhr Klaus Krüger
Einführung in das Thema

9.45 Uhr Volker Herrmann
Die Ausgrabungen auf dem ehemaligen spätmittelalterlichen Marienkirchhof am Markt von Halle (Saale)

10.15 Uhr Reiner Sörries
Aufblühen und Staub werden / Das ist das ewige Gesetz der Natur. Inschriften, Symbole und Bilder am Friedhofstor

10.45 Uhr Arnd Reitemeier
Herrscher und ihre Gräber in der Stadt der Vormoderne

13.00 Uhr Bernd Hofestädt
Die soziale Stratigraphie des Stadtgottesackers: Stand und Versippung der Bauherren und Besitzer der ältesten „Schwibbögen“ auf dem Stadtgottesacker von Halle (Saale)

13.30 Uhr Franz Jäger
Formen ständischer Repräsentation an den architektonisch ausgestalteten Grabstätten des hallischen Stadtgottesackers und vergleichbarer mitteldeutscher Friedhöfe

14.00 Uhr Christian Feigl
Die Rettung des Stadtgottesackers von Halle durch eine Bürgerinitiative in der DDR

14.30 Uhr Thomas Zaglmaier
Restaurierungs- und Wiederherstellungskonzepte des Stadtgottesackers nach 1990

16.00 Uhr Sabine Zinsmeyer
Ständische Sepulkralkultur auf dem vorstädtischen Nikolaikirchhof zu Görlitz

16.30 Uhr Peter Knüvener
Ständische Sepulkralkultur auf den inner- und außerstädtischen Friedhöfen von Zittau

17.00 Uhr Dominik Gerd Sieber
Friedhofsverlegungen und Sepulkralkultur im städtischen Milieu in Oberschwaben

17.30 Uhr Schlussdiskussion

Kontakt

Historische Kommission für Sachsen-Anhalt
- Arbeitsstelle -
c/o Franckesche Stiftungen zu Halle
Franckeplatz 1 / Haus 24
06110 Halle / Saale
Tel.: (0345) 21 27 429
kontakt(a)hiko-sachsen-anhalt.de
Besuchen Sie uns im Internet: www.historische-kommission-fuer-sachsen-anhalt.de

https://www.historische-kommission-fuer-sachsen-anhalt.de/

Zitation
10. Tag der Landesgeschichte „Erinnerungskultur urbaner Eliten. Städtische Friedhöfe des 15.-17. Jahrhunderts“. In: H-Soz-Kult, 05.11.2020, <www.hsozkult.de/event/id/event-94176>.

[Regionalforum-Saar] Das Wissen um die Vergangenheit un d was es uns für die Zukunft bringt.

Date: 2020/11/11 21:32:14
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Guten Abend,

Irgendwann war ein historisches Treffen, vermutlich gings mal wieder um die Nazis, und mal wieder stand einer unserer Großkopfeten vorne dran und bemühte sich um schlaue, tiefsinnige Worte. Als er nicht mehr weiter wußte, mußte mal wieder Dr. Kohl herhalten: „Wer die Vergangenheit nicht kennt, kann die Gegenwart nicht verstehen und die Zukunft nicht gestalten.“

Oder war es George Santayanas „Wer sich seiner Vergangenheit nicht erinnert, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen.“?

Nun ja, einer von den beiden.

Da kam mir doch ein Absatz gerade recht, den ich in einem schwedischen Krimi las. Henning Mankell, Verfasser der Wallander-Romane, läßt in seinem Buch „Der Chinese“ einen chinesischen Redner diese Aussage machen:

»Heute ist  Mao, unser großer Vorsitzender, unser großer prophetischer Steuermann, seit 30 Jahren tot. Es zeigt sich, dass er recht hatte. Die Kämpfe, die er voraussah, konnte er nicht identifizieren. Er versuchte es auch nicht, weil er wusste, dass es nicht mög!ich war.    Die Geschichte kann nie exaktes Wissen über die Zukunft vermitteln, eher zeigt sie uns, dass unsere Fähigkeit, uns auf Veränderungen  vorzubereiten, begrenzt ist.«

Bestimmt nichts Neues, aber mal was anderes.

Einen schönen Abend wünsche ich.

Roland Geiger

[Regionalforum-Saar] St. Wendeler Netzwerk tagt im Netz

Date: 2020/11/12 14:17:50
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Hallo,

heute erschien dieser Artikel im St. Wendeler Teil der Saarbrücker Zeitung über diese Tagung, die am 10. Oktober virtuell stattfand. Die Beiträge - bis auf einen - waren durchweg erstklassig. Eigentlich hatte ich schon keine Lust mehr auf Corona, aber als Frau Spang erklärte, wie der Virus eine Zelle infiltrierte und nach einem Raubzug schließlich umbrachte, das war einfach auf den Punkt gebracht, was da abgeht. Dr. Linxweilers Vortrag war ein bißchen lang, aber der seines Onkels mit seinen vier Zukunftsperspektiven, pfff, die waren leicht nachvollziehbar und beindruckend dargestellt. Grewenigs Vortrag über Tholey dagegen war eine Katastrophe. Ich war bei einer anderen Veranstaltung Ende August - Anfang September auf ein zu langes Schriftstück gestoßen, in dem die Geschichte der Abtei Tholeys aufgearbeitet worden war. Damals wußte ich nicht, wem wir diese paar hundert Seiten zusammengewürfelter Fantasien zu verdanken hatten. Nun, Herr Grewenig gab sie hier zum Besten. Jeder hat sein Steckenpferd, und jeder kennt sich mit einer Sache besonders gut aus und weiß von anderen Rudimentäres oder Einzelheiten. In der vorgenannten Erzählung war mir übel aufgestoßen, was dort über Wendalinus zum Besten gegeben wurde. Das kam jetzt eins zu eins wieder. Unreflektiert wurde er als historische Person dargestellt, mit dem Geburts- und Sterbejahr aus der Feder von Pastor Keller versehen, die hl. Oranna zu seiner Schwester und der Abt Paulus zu seinem Schüler gemacht. Natürlich durften Dr. Peters „Wahrheiten“ dabei nicht fehlen. Schlimm. Alles in allem aber auch nicht schlimmer als der wikipedia-Eintrag über den hl. Wendalinus, aber auch um kein Gramm besser.

Meine Meinung.
Roland Geiger

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Die Mitglieder des St. Wendeler Netzwerks WND trafen sich virtuell

 „Es war ein Versuch, und man darf ihn wohl als gelungen bezeichnen, da doch am Ende alle Beteiligten für eine Wiederholung dieser Art von Veranstaltung plädierten“, schreibt Klaus Brill. Der ehemalige Korrespondent der Süddeutschen Zeitung ist Mitglied des Netzwerks WND. In diesem finden Menschen aus dem St. Wendeler Land zusammen – solche, die seit Jahr und Tag hier Wurzeln geschlagen haben, solche, die es in aller Herren Länder verschlagen hat, und solche, die sich dem St. Wendeler Land verbunden fühlen. Allesamt eint sie, dass sie dieses Fleckchen Erde im Norden des Saarlandes mehr oder weniger als ihre Heimat bezeichnen.

„Zum ersten Mal hat das Netzwerk WND seine jährliche Zusammenkunft im virtuellen Raum abgehalten anstatt wie bisher in St. Wendel, Tholey oder am Bostalsee“, berichtet Brill. Knapp 20 Frauen und Männer hatten sich zugeschaltet, als Josef Alles, Sprecher des Initiativkreises, das virtuelle Treffen eröffnete. Die Beteiligten saßen nicht nur im Saarland hinter ihren Laptops und Computern am heimischen Schreibtisch, sondern auch in anderen Teilen Deutschlands, ja sogar in Basel und Brasilien.

„Dass das Treffen volle drei Stunden lang dauerte, war dem ehrgeizigen Programm dieses ersten Zoom-Meetings geschuldet“, berichtet Brill. Aus berufenem Munde habe es zunächst viel Hintergründiges über verschiedene Aspekte der Pandemie zu hören gegeben, die derzeit alle Gemüter bewegt.

Professor Anne Spang, seit 15 Jahren Inhaberin des Lehrstuhls für Biochemie und Zellbiologie am Bio-Zentrum der Universität Basel, erläuterte Übertragungs- und Wirkungsmechanismen von Covid-19. Man stelle sich vor: Wenn man ein Haar 1000 mal spaltet, erreicht man die Größe eines solchen Virus. In einem großen Speichel-Tröpfchen könnten sehr viele Viren enthalten sein. „Je lauter wir sprechen oder auch singen, desto mehr von diesen Tröpfchen schütten wir aus und desto dickere“, sagte die Forscherin, die aus Türkismühle stammt. Ihr Rat: Masken tragen, Hände waschen, Räume regelmäßig lüften, lautes Sprechen und Singen in geschlossenen Räumen vermeiden und gegen Grippe impfen lassen. Menschen mit hohem Blutdruck seien stärker gefährdet als andere.

Privatdozent Dr. Maximilian Linxweiler, Oberarzt an der Homburger Hals-Nasen-Ohren-Klinik und aus Werschweiler stammend, schilderte aus erster Hand die Maßnahmen und Erfahrungen der 30 Krankenhäuser und 20 Institute des saarländischen Universitätsklinikums, wo er einer der Corona-Beauftragten ist. Aufgrund strenger Hygiene-Standards habe sich von den 5000 Mitarbeitern des Komplexes kein einziger infiziert, sagte er. An einem bestimmten Medikament und an hochwertigem Mund-Nasen-Schutz habe zeitweilig aber Mangel geherrscht.

Derzeit werden nach Linxweilers Darstellung am Uni-Klinikum zwei Studien durchgeführt. Die eine soll an 5000 Testpersonen den Grad der Durchseuchung und damit auch den Anteil unentdeckter Infektionen in der Bevölkerung ermitteln. Im zweiten Fall geht es um die Frage, wann bei welchen Patienten ein schwerer und wann ein milder Verlauf der Infektion zu erwarten ist. Die Zukunft sollte man sich nach Meinung des Mediziners nicht in rosigen Farben malen. „Wir werden das Corona-Virus nicht loswerden“, sagte er, „es wird heimisch werden im Saarland.“

Mit den gesellschaftlichen Folgen der Pandemie befasste sich sein Onkel Richard Linxweiler, Designer, Professor für Marketing und Kommunikation an der Fachhochschule Pforzheim und ebenfalls aus Werschweiler stammend. Gestützt auf Analysen des Zukunftsinstituts in Frankfurt am Main, stellte er mit Blick auf die Schließung etlicher EU-Grenzen im Frühjahr heraus, die Gesellschaft habe sich im Angesicht der Krise wieder eindeutig als Nation definiert, allerdings sei die Nation „in regionale Hochrisiko-Zonen zerfallen“. Gleichzeitig habe eine Abkehr von der globalen Weltgemeinschaft stattgefunden, die Global Cities seien „die nervösesten Orte der Welt“ geworden. Dies gehe einher mit einem Rückzug ins Private und einer Aufwertung des ländlichen Raumes, wo mittlerweile hochprofessionell an vielen Orten unter anderem qualitativ hochwertige kulturelle Angebote gemacht würden.

Nicht auf die Aktualitäten, sondern ganz im Gegenteil auf das ewig Dauernde war ein Vortrag mit dem Titel „St. Wendeler Land – Weltklasse seit 2000 Jahren“ ausgerichtet. Der Autor Meinrad Maria Grewenig ist weithin bekannt als Kunsthistoriker und Kulturmanager, viele Jahre war er Generaldirektor und Geschäftsführer des Weltkulturerbes Völklinger Hütte. Dass er in Selbach aufgewachsen ist, wissen indes nur Eingeweihte. Es erklärt aber seine besondere Zuwendung zu der nach seiner Darstellung großartigen Vergangenheit des Schaumberger und St. Wendeler Landes.

Grewenig begann seinen Überblick mit einem Hinweis auf den zwischen Selbach und Theley gelegenen Fuchshübel, jenes keltische Fürstengrab, in dem schon Ende des 19. Jahrhunderts kostbare Ringe entdeckt wurden. In der Nähe kreuzten sich beim Vicus im Wareswald zwei wichtige Römerstraßen (Metz-Mainz und Trier-Straßburg). Den Rang der Abtei Tholey, die dank ihrer Ersterwähnung im Jahre 634 nach Christus. als ältestes urkundlich bezeugtes Kloster auf deutschem Boden gilt, unterstreicht nach Grewenigs Ausführungen nicht nur deren prachtvolle gotische Kirche, sondern auch die Tatsache, dass kein Geringerer als der heilige Mauritius ihr Patron ist.

Als weiteren bedeutenden Heiligen nannte Grewenig den St. Wendeler Stadtpatron Wendelinus, der 555 in Irland geboren und laut Legende 612 in Tholey als Abt gestorben sei. Einer seiner Schüler, Abt Paulus, sei später Bischof von Verdun geworden. Mit Tholey verbunden sei ferner ein leibhaftiger Kurfürst, nämlich der Trierer Erzbischof Kuno, der 1066 an der Mosel erschlagen und in der Abtei beerdigt wurde. Seine und andere sterbliche Überreste von Heiligen hätten Tholey im Mittelalter zu „einem der reliquien-reichsten Orte in Europa“ gemacht.

Den weiteren Gang durch die Epochen, der auch die materiellen Verluste in der Zeit der Französischen Revolution streifte, beendete der Kunsthistoriker mit einer Würdigung jenes Kunstwerks, das in diesen Tagen den Namen Tholeys in alle Welt hinausgetragen hat: der kürzlich enthüllten Glasfenster im Chorraum der Abtei, die der renommierte Künstler Gerhard Richter gestaltet hat. Dieser habe „die alte Idee des himmlischen Jerusalem nochmals neu aktualisiert“, sagte Grewenig.



[Regionalforum-Saar] Zeitreisende - ein Interview mit Markus Detemple (ASF) zur "Ahnenforschung"

Date: 2020/11/12 22:01:59
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Guten Abend,

hier ist der Link zu einem Interview mit Markus Detemple, dem Vorsitzenden der ASF, im saarländischen Rundfunk.
 4,5 min - die können verflucht lange sein. Haste gut gemacht, Markus.

=> https://www.ardmediathek.de/sr/video/wir-im-saarland-das-magazin/markus-detemple-zu-ahnenforschung-12-11-2020/sr-fernsehen/Y3JpZDovL3NyLW9ubGluZS5kZS9NQS1XSU1TXzk1MDk2/

Zuvor gabs noch einen Film, der auch noch mal knapp 5 Minuten geht:

=> https://www.ardmediathek.de/sr/video/wir-im-saarland-das-magazin/ahnentafel-auf-der-suche-nach-den-wurzeln-12-11-2020/sr-fernsehen/Y3JpZDovL3NyLW9ubGluZS5kZS9NQS1XSU1TXzk1MDg5/

Mit freundlichen Grüßen
Roland Geiger


[Regionalforum-Saar] Was tun, wenn die Kirche vorn leer und hinten voll ist?

Date: 2020/11/15 22:13:58
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Aus der Kirchenordnung in der katholischen Pfarrkirche St. Wendelin 1829

„Seite 3
Abschrift der Sitzung des Kirchenrathes vom 04.01.1829
erste Sitzung im Pfarrhaus St. Wendel für dieses Jahr

Weil in der Kirche an Sonn- und Feiertagen wegen der Menge des hier zusammenströmenden Volkes aus der ganzen Nachbarschaft, das die Kirche mit besuchen will, oft Gedräng und Unordnungen entstehen, so findet sich der Kirchenrath veranlaßt, einen Beschluß über die in der Kirche zu beobachtende Ordnung zu fassen.

In Erwägung, daß diese Verordnungen großentheils daher entstehen, daß Manns= und Weibsleute durcheinander hinten unter dem Thürme und gleich davor stehen bleiben, wodurch die Kirche hinten überfüllt wird und vorn leer bleibt, so hat der Kirchenrath beschlossen und beschließt wie folgt:

1. daß keine Weibsleute mehr vor dem Gange und in dem Gange der Leichenthüre geduldet, sondern alle Weibsleute vor denselben gewiesen werden sollen, und zwar sollen die Weibsleute unter 20 Jahren, soviel es thunlich, nicht 6 Schuhe unter der Kanel herunter geduldet werden, sondern so viel möglich entweder der Kanzel gegenüber oder vor dieselbe zum Stehen angewiesen verordnet.
Desgleichen sollen die Knaben unter 20 Jahren nicht in den hintern Theilen der Kirche geduldet werden, sondern dieselben in den Nebengang hinter dem Kreuzaltar am nächsten zur Kanzel und dem Kreuzaltar hin ihre Plätze nehmen.

2. Dieser Beschluß soll Hochw. Regierung zur Genehmigung vorgelegt und dann von der Kanzel bekannt gemacht werden, da sich jeder danach richten könne.

3. Soll jeder, der sich darauf nicht achtet, bei dem Polizeigericht denunziret und der Bestrafung wegen Vergehens gegen die Kirchenordnung übergeben werden.“

Quelle: Landesarchiv Saarbrücken, Bestand 382 Nr. 230 (Auszug)

[Regionalforum-Saar] Völkermord zur Primetime. D er Holocaust im Fernsehen

Date: 2020/11/16 20:10:58
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Völkermord zur Primetime. Der Holocaust im Fernsehen

 

 

Herausgeber Judith Keilbach; Béla Rásky; Jana Starek

Reihe Beiträge des VWI zur Holocaustforschung 8

Erschienen Wien 2019: new academic press

Anzahl Seiten 406 S.

Preis € 31,00

ISBN 978-3-7003-2133-0


Inhalt meinclio.clio-online.de/uploads/media/book/toc_book-58382.pdf

Rezensiert für H-Soz-Kult von Magdalena Saryusz-Wolska, Deutsches Historisches Institut Warschau

Während der Umgang mit der NS-Geschichte im Fernsehen inzwischen umfangreich diskutiert wurde[1], dominieren in der Forschung zu televisuellen Darstellungen des Holocausts Analysen einzelner Sendungen und TV-Filme. Das Standardwerk „While America Watches. Televising the Holocaust“ von Jeffrey Shandler ist inzwischen über 20 Jahre alt.[2] Der von Judith Keilbach, Béla Rásky und Jana Starek herausgegebene Sammelband, in dem Fernsehspiele, Dokumentationen und Serien aus sieben Jahrzehnten und dreizehn Ländern präsentiert werden[3], stößt daher in eine Forschungslücke, die zu füllen längst überfällig war. Das Buch, in dem 21 deutsch- und englischsprachige Aufsätze veröffentlicht sind, ist Resultat einer Konferenz, die 2014 am Wiener Wiesenthal Institut für Holocaust-Studien (VWI) stattfand. Im ersten Kapitel wird der Umgang mit der Holocaustthematik im Fernsehen unterschiedlicher Länder diskutiert, das zweite widmet sich Analysen von ausgewählten Fernsehspielen. Im dritten Abschnitt werden vier Dokumentationen vorgestellt, im Mittelpunkt des vierten stehen serielle Formate. Im fünften und letzten Kapitel werden Fragen nach den Wandlungen der Holocaustthematik „nach dem Fernsehen“, also hauptsächlich auf YouTube, gestellt. Die Übergänge zwischen den Kategorien sind allerdings fließend, denn einzelne Fernsehspiele repräsentieren unterschiedliche nationale Fernsehkulturen und einige TV-Dokumentationen könnten auch unter dem Stichwort „serielle Strukturen“ besprochen werden.

Weil die Konferenz am Wiesenthal Institut anlässlich des 35. Jubiläums der Ausstrahlung der amerikanischen Mini-Serie „Holocaust – Die Geschichte der Familie Weiß“ (1978) stattfand, bildet sie den zentralen Referenzpunkt vieler Analysen. Eva Weibel, Lisa Schoß, Jan Taubitz, Julia Schumacher, Rita Horváth und Robby Van Eetvelde argumentieren in ihren Aufsätzen, dass die europäischen und US-amerikanischen Fernsehsender bereits vor der Ausstrahlung der mittlerweile kanonischen Mini-Serie Spielfilme zeigten, in denen die Vernichtung der europäischen Jüdinnen und Juden thematisiert wurde. Gleichzeitig bestätigt der Sammelband mehrfach, dass „Holocaust“ fast überall eine erinnerungskulturelle Zäsur bildete – nicht nur in den USA und in der Bundesrepublik, sondern auch in Italien, Österreich, Jugoslawien und sogar in der DDR, wo die Mini-Serie gar nicht ausgestrahlt wurde, aber dennoch Reaktionen des Staatsapparates auslöste.

Die Autorinnen und Autoren machen zudem deutlich, dass der televisuelle Umgang mit dem Holocaust jeweils den Prämissen der nationalen Erinnerungskulturen folgte. Während in Bezug auf die Darstellungen des Holocausts im Kino längst eine „Europäisierung“ des Diskurses festgestellt worden ist[4], scheinen die Bilder der Shoah im Fernsehen mehr von nationalen Narrativen geprägt zu sein. Vor allem öffentliche Sender in Europa folgen der staatlichen Geschichtspolitik, wie unter anderem Raluca Moldovan am Beispiel des rumänischen und Klaus-Jürgen Hermanik im Hinblick auf das serbische Fernsehen zeigen. In der frühen Bundesrepublik hingegen war das Fernsehen dem politisch gesteuerten Umgang mit Geschichte einige Schritte voraus, wie Schumacher und Keilbach zeigen. Die Sendungen von Egon Monk oder die Übertragung des Eichmann-Prozesses haben die westdeutsche und österreichsische Geschichtspolitik geprägt, worüber Eva Waibel, Renée Winter und Drehli Robnik schreiben.

Der großen Bandbreite der präsentierten Fallbeispiele zum Trotz sind die Beiträge methodisch etwas monoton – die meisten Autorinnen und Autoren konzentrieren sich auf die Inhalte der jeweiligen TV-Produktionen. Auf die mediale Spezifik des Fernsehens wird nur vereinzelt eingegangen. Wulf Kansteiner legt dagegen in seinem umfangreichen Einführungstext eine Parallele nahe zwischen den „Bystanders“, die während des Zweiten Weltkrieges die Vernichtung der Jüdinnen und Juden passiv beobachteten, und den Zuschauer/innen, die ebenso passiv den Holocaust im Fernsehen anschauen. Der Akt des Sehens in den privaten Räumen unterscheide sich maßgeblich – so Kansteiner – von dem des Sehens in der Öffentlichkeit. Lediglich Keilbach geht auf die technischen Aspekte der Produktion von Dokumentationen des Eichmann-Prozess genauer ein; Yael Munk erwähnt ferner die Rolle des Finanzierungssystems des israelischen Fernsehens für die Produktion von Dokumentationen über den Holocaust. Jenseits dessen werden die Konsequenzen des kleinen Bildschirms, der Rezeption in Privaträumen oder der Wechselwirkungen mit anderen Sendungen in dem Buch aber kaum analysiert.

Nichtdestotrotz bietet der Sammelband viele interessante und teilweise neue Informationen zu den zahlreichen TV-Sendungen, die in Europa, den USA und in Israel den Holocaust thematisierten. Zwei wichtige Länder fehlen allerdings in der Zusammenstellung: Frankreich und Polen. Die wohl bekannteste und kritischste Antwort auf „Holocaust“ war die französische Dokumentation „Shoah“ (1985) von Claude Lanzmann, die in mehreren europäischen Ländern ausgestrahlt wurde. Die polnische Propaganda hingegen nutzte das Fernsehen schon in seiner frühen Phase, um die Geschichte des Holocausts im Einklang mit der polnischen Geschichtspolitik darzustellen.[5] Zusammenfassend lässt sich daher sagen, dass das Buch alle Vor- und Nachteile eine Konferenzbandes zeigt: Es präsentiert ein breites, aber natürlich nicht vollständiges Spektrum an Themen, die in Aufsätzen von unterschiedlicher Gründlichkeit und Scharfsinnigkeit besprochen werden.

Anmerkungen:
[1] Vgl. u.a. Christoph Classen, Bilder der Vergangenheit. Die Zeit des Nationalsozialismus im Fernsehen der Bundesrepublik 1955–1965, Köln 1999; Wulf Kansteiner, In Pursuit of German Memory. History, Television and Politics after Auschwitz, Athen 2006.
[2] Jeffrey Shandler, While America Watches. Televising the Holocaust, New York 1999.
[3] Im Klappentext ist von zehn, nicht dreizehn, Ländern die Rede, aber angesichts der Tatsache, dass manche von ihnen nicht mehr existieren – wie die DDR, Jugoslawien oder Tschechoslowakei –, sind unterschiedliche Zahlen möglich.
[4] Małgorzata Pakier, The Construction of European Holocaust Memory. German and Polish Cinema after 1989, Frankfurt am Main 2013.
[5] Michael Zok, Die Darstellung der Judenvernichtung in Film, Fernsehen und politischer Publizistik der Volksrepublik Polen 1968–1989, Marburg 2015.

Zitation

Magdalena Saryusz-Wolska: Rezension zu: Keilbach, Judith; Rásky, Béla; Starek, Jana (Hrsg.): Völkermord zur Primetime. Der Holocaust im Fernsehen. Wien  2019. ISBN 978-3-7003-2133-0, In: H-Soz-Kult, 17.11.2020, <www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-29520>.

 

[Regionalforum-Saar] Ein Gelehrter am Münchener Ho f. Die Tagebücher des Andreas Felix von Oefele (1706 –1780)

Date: 2020/11/16 20:14:08
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Ein Gelehrter am Münchener Hof. Die Tagebücher des Andreas Felix von Oefele (1706–1780)

 

 

Autor Markus Christopher Müller

Erschienen Kallmünz 2020: Verlag Michael Laßleben

Anzahl Seiten X, 634 S.

Preis € 49,00

ISBN 978-3-7847-3127-8

 

Rezensiert für H-Soz-Kult von Andreas Oberdorf, Institut für Erziehungswissenschaft, Westfälische Wilhelms-Universität Münster

Der Literaturwissenschaftler und Shakespeare-Experte Stephen Greenblatt, der als Begründer des New Historicism gilt, prägte in den frühen 1980er-Jahren den Begriff des „Self-Fashioning“, der die Konstruktion von Identität in einem Wechselspiel aus Selbstwahrnehmung und Selbstrepräsentation zu beschreiben suchte. Wie Greenblatt für die Kultur der englischen Renaissance aufzeigte, wird das Selbstverständnis eines Individuums von den kulturell vermittelten, symbolischen Ordnungen und spezifischen Rollenerwartungen bestimmt, die auf die alltägliche Lebensführung einwirken und zur Annahme entsprechender Formen und Praktiken der Selbstrepräsentation und Selbstvergewisserung führen.[1] Das Konzept des „Self-Fashioning“ wird bis heute interdisziplinär rezipiert. In der Erforschung des 18. Jahrhunderts hat es schon vor einiger Zeit zu einer Hinwendung zur Alltagsgeschichte der Gelehrsamkeit beigetragen, in der das Selbstverständnis des Gelehrten, sein Wissen und seine alltäglichen gelehrten Praktiken in den Mittelpunkt des Interesses gerückt wurden.[2] Bislang fehlt es allerdings an umfassenden biographischen Studien, die sich diesen Zusammenhängen an einem konkreten Fall widmen.

Der Münchener Historiker Markus Christopher Müller hat jetzt eine Arbeit vorgelegt, die sich mit dem kurbayerischen Gelehrten, Hofbibliothekar und Prinzenerzieher Andreas Felix von Oefele (1706–1780) auseinandersetzt und in diesem Kontext ebenfalls das Konzept des „Self-Fashioning“ aufgreift. Eine breite Quellenbasis bilden hierfür die 74 überlieferten Tagebücher, die Schreibkalender, die Korrespondenz sowie wissenschaftliche Schriften Oefeles. Die Tagebücher, die Oefele anhand seiner Schreibkalender anfertigte, werden zu Beginn der Untersuchung kritisch durchleuchtet, vor allem aus der Perspektive der Selbstzeugnisforschung im Schnittfeld neuerer literatur- und geschichtswissenschaftlicher Forschungsansätze. Anhand dieser Quellen untersucht Müller, wie sich Oefele als Gelehrter verstand und zu inszenieren wusste, wobei das Schreiben der Tagebücher selbst zum Zeugnis seines gelehrten Arbeitens wurde. Müller zeigt aus einer praxeologischen Forschungsperspektive, wie sich gelehrtes Leben und Arbeiten in Oefeles Selbstzeugnissen widerspiegelt und inwiefern dies als „Self-Fashioning“ des Gelehrten gedeutet werden kann. Die Studie führt dabei vor Augen, dass Oefele im Laufe seines Lebens vielfältige Aufgaben übernehmen musste, die sich aus privilegierten Positionen am kurbayerischen Hof ergaben, etwa als Prinzenerzieher, Kabinettssekretär, Hofrat, Bibliothekar, Archivar und Historiograf. Oefele gelang es dabei, wie Müller an mehreren Stellen aufzeigt, die unterschiedlichen Aufgaben, Tätigkeiten und Rollenerwartungen des Hofes mit seinem eigenen Selbstverständnis als Gelehrter in Einklang zu bringen. Dies verwundert zwar nicht, jedoch beweist Oefele hierbei eine erstaunliche Flexibilität und Geschick, sich in vielerlei Bereichen gelehrtes Wissen anzueignen und seine Expertisen für höfische Belange einzusetzen.

Die Studie besteht aus sieben Kapiteln. Nach der Einführung in den maßgeblichen Quellenbestand und in die skizzierte Forschungsaufgabe (Kapitel A), schildert Müller die familiäre Herkunft Oefeles, dessen Schulbesuch in München und das Studium in Ingolstadt und Löwen (Kapitel B). Das „‚Self-Fashioning‘ als humanistischer Gelehrter“, so deutet Müller hier, sei schon in jener Zeit durch die Verbindung „jesuitischer Latinität und humanistischer Gelehrsamkeit“ (S. 132) geprägt worden, sodass Oefele „als Meisterschüler des Späthumanismus“ (S. 131–133) bezeichnet werden könne. Obwohl Müller den Zusammenhang von Humanismus und (katholischer) Aufklärung anmerkt, ist wenig einleuchtend, warum er diesen am Beispiel von Oefele nicht stärker entfaltet. Stattdessen gelangt Müller verfrüht zu der Einschätzung, dass Oefeles gelehrte Praxis zweifelsfrei in der Tradition älterer „Praktiken, besonders solche[r] des Barock und des diesem zugrundeliegenden (Spät-)Humanismus“, stünde und dass diese Referenzfolie daher "vorrangig, wenn nicht sogar ausschließlich" (S. 47) für eine Analyse von Oefeles gelehrten Praktiken heranzuziehen sei.

Anschließend wird ausführlich auf unterschiedliche Aspekte der Religiosität und Emotionalität Oefeles eingegangen, die Müller als „‚innere‘ Perspektive der Tagebücher“ (Kapitel C) kennzeichnet. Hier wird die religiöse Glaubenspraxis Oefeles rekonstruiert. Dabei wird an diesem Beispiel einmal mehr deutlich, dass die frühneuzeitliche Frömmigkeitspraxis nicht in einen Gegensatz zu humanistischen Bildungsideen trat, obgleich sie stark auf die heidnische Antike rekurrierten. Zudem macht Müller deutlich, dass Oefele zwar gläubiger Katholik war und sich als katholischer Gelehrter verstand, jedoch nicht als Theologe und Apologet: „Die ‚dankbare‘ Rolle des auch in religiösen Fragen beobachtenden Historikers lag Oefele wesentlich mehr als die des streitenden Theologen.“ (S. 173) Dies entspräche nicht nur Oefeles verinnerlichter Religiosität, sondern spiegele auch sein lebenslanges Streben nach Distanziertheit und Selbstbeherrschung wider, das seinen Gelehrtenhabitus strukturierte und mit dem er kontingente Lebenserfahrungen zu bewältigen suchte.

In den weiteren Kapiteln wendet sich Müller dem Wirken Oefeles am kurbayerischen Hof zu. Zunächst steht im engeren Sinne dessen Tätigkeiten als Gelehrter und Berater im Mittelpunkt des Interesses (Kapitel D), durch die Oefele am Hof an Einfluss und Ansehen deutlich gewann. Als Prinzenerzieher und Vertrauter des Herzogs Clemens (1722–1770), eines Neffen des bayerischen Königs und deutschen Kaisers, stieg Oefele bald in die obersten Kreise des Kaiserhofes auf. Er wurde Kabinettssekretär und Hofrat. Seine Position am Hof müsse, so Müller, „trotzdem als solitär verstanden werden“ (S. 351), da es ihm – anders als den Medizinern und Juristen am Hof – gelang, sich als Gelehrter zu präsentieren, dessen Stellung nicht durch eine spezifische berufliche Tätigkeit bestimmt wurde. Dass Oefele seine Stellung als „gelehrter Solitär“ (S. 506–508) zu halten suchte, spiegelt sich auch in seiner Ablehnung neuer Formen der Vergesellschaftung des gelehrten Arbeitens wider, etwa im Zuge der Akademiebewegung (S. 435–447). Müller betont, dass für Oefeles Statusgewinn am Hof die Einhaltung und Pflege erwünschter höfischer Praktiken ebenso ausschlaggebend waren wie das gelehrte Wissen, das dieser für die Belange des Hofes richtig einzusetzen wusste und wodurch er sich für höhere Hofämter qualifizierte.

Dieser Aspekt wird von Müller im folgenden Kapitel aufgegriffen, das Oefeles Tätigkeiten am Hof als Historiograf, Bibliothekar, Archivar, Sammlungsleiter, Numismatiker und Bücherzensor darstellt (Kapitel E). Müller kommt dabei zu der Beobachtung, dass Oefele ein aufgeklärtes, modernes Wissenschaftsverständnis nicht teilte, sondern in seinem Denken und Handeln verhaftet blieb in einer „enge[n] Verschmelzung von bayerischem Patriotismus, humanistischer Gelehrtenpraxis und ein ausgesprochen historiografischen Interessensschwerpunkt“ (S. 508). Zwei weitere, vergleichsweise kurze Kapitel bilden den Abschluss der vorliegenden Studie. Zunächst richtet Müller den Fokus auf Aspekte von Körper, Krankheit, Tod und die gelehrte Memoria (Kapitel F), wodurch zugleich das Lebensende Oefeles gerahmt wird, bevor Oefele von Müller abschließend „als Bayerns letzter Humanist“ (Kapitel G) gekennzeichnet wird. Dies geschieht anhand von drei Aspekten, die an vorherige Ergebnisse anschließen, und zwar anhand der in seinen Selbstzeugnissen aufscheinenden Materialität des gelehrten „Self-Fashioning“, der Prozessualität humanistischer Gelehrtenpraxis und der Historizität des bayerischen Patriotismus zwischen Späthumanismus und Aufklärung.

Wenn auch die kulturgeschichtlich-praxeologische Ausrichtung dieser Studie insgesamt überzeugt, so überrascht ein wenig, dass den spezifischen Voraussetzungen des kurfürstlichen bzw. kaiserlichen Hofs für Oefeles gelehrte Praktiken offenbar kaum eine Bedeutung zugemessen wird. Immerhin war Oefele, der in seinem Leben zahlreiche Ämter bekleidete, sich zu profilieren wusste, in der Hierarchie des Hofes aufstieg und als Gelehrter „Karriere“ machte, ebenfalls eingebunden in das komplexe Gefüge höfischer Patronage wie auch ritueller und symbolisch-zeremonieller Handlungen, die den Alltag am Hof strukturierten.[3] Besonders interessant ist zum einen die Frage, wann es zu welchen Interessenskonflikten zwischen dem Hof und Oefele kam und ob dieser seine Abweichungen von dem erwünschten Verhalten und von den Erwartungen des Hofes an sein gelehrtes Arbeiten in seinen Selbstzeugnissen zur Sprache brachte. Zum anderen stellt sich hieran anschließend die Frage, ob das Handeln eines Akteurs innerhalb einer weitgehend geschlossenen Hofökonomie überhaupt als „solitär“ bezeichnet werden kann.

Die vorliegende Studie ist Ergebnis eines umfassenden und akribischen Quellenstudiums, das zunächst die Sichtung und Erschließung der hauptsächlich in lateinischer, deutscher und französischer Sprache verfassten Selbstzeugnisse von Andreas Felix von Oefele voraussetzte. Dies gestattet eine äußerst detailreiche Analyse seiner Lebensgeschichte, die Müller insgesamt sehr gelungen ist. Müller kann daher nicht vorgeworfen werden, aus seinen reichhaltigen Quellen lediglich eine Blütenlese zu betreiben, denn auf den rund 540 Seiten werden die weiteren kleineren und größeren Rollen, die Oefele in seinem Leben zu spielen hatte, ebenso hinreichend thematisiert und in einen argumentativen Zusammenhang gebracht. Selbst wenn man sich des Eindrucks nicht erwehren kann, eine biografische Arbeit vor sich zu haben, so zeigt Müller in einer knappen „biografische[n] Skizze“ (S. 51f.), dass die Gliederung der Studie keinesfalls der Biografie Oefele folgt, sondern klare systematische Zuordnungen aufweist. Hieraus erschließen sich Themen- und Bezugsfelder, die in anderen aktuellen Gelehrtenstudien so nicht zum Gegenstand gemacht werden, etwa die Bedeutung der Familie, der Frauen und der eigenen Kinder, oder auch die Bedeutung von Religiosität und Emotionalität, die Müller ebenfalls quellennah zu rekonstruieren und in seine Studie einzubinden versteht.

Das Ergebnis ist eine umfang- und detailreiche Forschungsarbeit, die den Blick auf das Potential von Tagebüchern als historische Quellen schärft, jedoch auch ihre Risiken vor Augen führt, sich im Detail der Texte und im Geflecht der gegenseitigen Bezugnahmen manchmal verlieren zu können. Zukünftige Arbeiten zur Alltagsgeschichte der Gelehrsamkeit und zum gelehrten „Self-Fashioning“ werden um diese Studie nicht herumkommen. Auch für die Erforschung von Humanismus und Aufklärung im 18. Jahrhundert wird diese Arbeit ihren Beitrag leisten, indem sie auf Traditionen und Kontinuitäten gelehrter Praktiken aufmerksam macht und zugleich davor gefeit ist, „überall Neues und damit Aufklärung zu sehen“ (S. 542). Dank der sorgfältigen Recherche, der intensiven Auseinandersetzung mit den Quellen und der insgesamt schlüssigen Argumentation bietet die Studie daher eine anregende und lesenswerte Lektüre.

Anmerkungen:
[1] Stephen Greenblatt, Renaissance Self-Fashioning. From More to Shakespeare, Chicago 1980.
[2] Martin Mulsow, Die unanständige Gelehrtenrepublik: Wissen, Libertinage und Kommunikation in der Frühen Neuzeit, Stuttgart 2007, S. 67–86; vgl. Richard Kirwan (Hrsg.), Scholarly Self-Fashioning and Community in the Early Modern University, Farnham 2013.
[3] Barbara Stollberg-Rilinger, Zeremoniell, Ritual, Symbol. Neue Forschungen zur symbolischen Kommunikation in Spätmittelalter und Frühen Neuzeit, in: Zeitschrift für Historische Forschung 27 (2000), S. 389–405.

Zitation

Andreas Oberdorf: Rezension zu: Müller, Markus Christopher: Ein Gelehrter am Münchener Hof. Die Tagebücher des Andreas Felix von Oefele (1706–1780). Kallmünz  2020. ISBN 978-3-7847-3127-8, In: H-Soz-Kult, 17.11.2020, <www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-50370>.

 

[Regionalforum-Saar] Vom ab und an notwendigen Griff an meine eigene Nase und vom Peterberg.

Date: 2020/11/17 09:11:04
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Vom ab und an notwendigen Griff an meine eigene Nase und vom Peterberg.

Gestern habe ich mir den Frust von der Seele geschrieben und ein paar Gedanken zu dem Begriff „Corona-Leugner“ und was das mit dem Begriff „Holocaust-Leugner“ zu tun hat und was nicht und über die Art, wie wir miteinander im Internet umgehen, und daß heutzutage jedwede Diskussion schnell persönlich wird und wir, statt Argumente zu bringen, dazu tendieren, den anderen und seine Meinungen und Ansichten ins Lächerliche zu ziehen und ihn zu verarschen, weil das ja viel einfacher ist als eine halbwegs objektive Argumentation. Habs geschrieben, abgespeichert, hier und da noch ein Wort verändert, ausgedruckt, noch mal gelesen und in Ablage 13 abgelegt.

Dann fiel mein Blick heute morgen noch mal auf einen Artikel aus der Saarbrücker Zeitung von gestern - und verflucht noch mal, fiel’s mir da auf einmal schwer, mir an die eigene Nase zu fassen und sachlich ein paar Worte von mir zu geben. Fällt mir jetzt noch schwer, aber ich kann mich ja dahinter verstecken, daß ich das Opus, um das es geht, noch nicht gelesen habe, und die Chance, daß ich in diesen Genuß komme, relativ gering ist. Aber da die Hoffnung es nie aus Pandoras Büchse in die Welt geschafft hat, mmmhh, …

St. Wendel an diesem trüben Dienstag im November des Jahres 2020

Roland Geiger

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gestern in der SZ, Lokales, C3:

Der Peterberg und seine Geschichte

Braunshausen
Der Autor und Heimatforscher Manfred Peter hat ein neues Buch mit neun Kapiteln veröffentlicht.

Den Peterberg kennen wohl die meisten Saarländer. Nicht zuletzt wegen der Schalenrutschbahn, auf der man den Berg hinabsausen kann. Über den Peterberg lässt sich aber auch einiges Interessantes und Wissenswertes berichten und erzählen. Das tut der Autor und Heimatforscher Manfred Peter in seinem neusten Buch. Es heißt: „Der Peterberg und seine Geheimnisse – Die Hochwald Saga“.

In neun Kapiteln beschreibt Peter in der Abfolge der Zeitepochen von der älteren Steinzeit bis zur Jetztzeit die besonderen Ereignisse, die auf dem Peterberg und in seinem Umfeld eine Rolle gespielt haben. Dabei untersucht er die Hintergründe der auffallend zahlreichen Hügelgräberfelder auf dem Peterberg, den Verlauf der Salzstraße von der Prims zur Nahe, die mögliche Bedeutung der auf dem Peterberg gefundenen besonderen Steine und das auf unsere Zeit herübergekommene Brauchtum der Kelten. Er geht der Frage nach, wie der Peterberg vor seinem christlichen Namen hieß und ob es bereits einen keltischen Kultplatz gab. Ebenso, wer dem Peterberg seinen am Heiligen Petrus orientierten Namen gegeben hat. Er widmet sich der Rolle der Heiligen Wendelinus und Willibrord für den Peterberg, erklärt, wer den Vorgängerbau der heutigen Peterkapelle veranlasst hat, welche Rolle der Petermarkt gespielt hat und warum der Berg auch als Hexenberg bezeichnet wird. Schließlich geht er auch auf die Perspektive des Berges in der Zukunft ein.

Da die Veröffentlichung des Buches durch eine Spende der Ernst-Wagner-Stiftung unterstützt wurde, kann es ab sofort zum Preis von 18 Euro an folgenden Stellen erworben werden: Bäckerei Mörsdorf (Primstal), Kaufhaus Becker (Primstal), Bäckerei Seibert (Otzenhausen), Karos Lädchen (Otzenhausen), Metzgerei Scherer (Braunshausen und Primstal), Familie Harald Peter (Braunshausen) und beim Autor, Tel. (00352) 348818.

Dazu gibt es über diesen Link ein schönes Foto von Anton Didas: https://www.saarbruecker-zeitung.de/saarland/st-wendel/nonnweiler/neues-buch-von-manfred-peter-der-peterberg-und-seine-geschichte_aid-54630049



[Regionalforum-Saar] Johann Engel - ein Nachtrag

Date: 2020/11/17 21:15:17
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Guten Abend

vor ein paar Monaten habe ich im Landesarchiv Saarbrücken die Personalakte des ehemaligen Lehrers, Schulrats und Lokalhistorikers Johann Engel durchgearbeitet und meine recht umfangreichen Notizen auf meiner Website abgestellt.

=> http://www.hfrg.de/index.php?id=1001

Heute erhielt ich dazu einen interessanten Hinweis, der leider anonym einging. Schade. Dem unbekannten Verfasser trotzdem meinen herzlichen Dank.

Ich habe eben meinen Eintrag wie nachstehend ergänzt:

Roland Geiger



12. November 2020

„Sehr geehrter Herr Geiger,

unter dem Titel „Historische Forschungen" haben Sie sich ausführlich mit dem Leben von Johann Engel aus Rimlingen/Baltersweiler beschäftigt und dies im Internet veröffentlicht.

Johann Engel hat eine sehr interessante und umfassende Chronik von Rimlingen geschrieben.

In dieser Chronik ist zu lesen:
„Juden haben niemals im Dorf gewohnt. Sie waren in Brotdorf ansäßig und handelten von dort aus mit den Dorfbewohnern, denen sie manches Goldstückchen aus der Tasche schwatzten. Der Isak und der Abraham werden noch lange im Gespräch der Dorfleute vorkommen und mancher Vater wird seinem Jungen erzählen können, wie er einmal einen Moses vor die Tür setzte. Und sie sind alle vor die Tür Großdeutschlands gesetzt worden und niemand, der ein wenig deutsches Blut in seinen Adern hat, wird ihnen eine Träne nachweinen."

Wäre dies bekannt gewesen hätte er das Bundesverdienstkreuz wohl nicht bekommen.“


Es wäre interessant zu wissen, was Engel nach dem Krieg zu diesen Zeilen gesagt hätte. Wie er haben auch andere namhafte Lokalhistoriker einiges verfaßt, was zu ihrer Zeit zumindest opportun war und aus heutiger Sicht völlig unmöglich. Ich denke da an Friedrich Hoppstädters „Der Jude in der Geschichte des Saarlandes“, erschienen 1943, oder Dr. Robert Mörsdorfs in seinem 1939 erschienen Buch „Die Auswanderung aus dem Birkenfelder Land“, wo er auf Seite 176 u.a. schreibt: „Ungemein vorteilhaft ist, erbbiologisch betrachtet, die Auswanderung des seines Blutes bewußt-völkisch, zionistischen Juden aus unserem Land.“ Und im gleichen Abschnitt ein bißchen später: „In der Zeit von 1800 bis 1890 sind etwa 250 Juden desertiert, d.h. 1/3 der Auswanderer dieses Zeitabschnitts waren Juden. Wir weinen ihnen nicht nach.“ Mir tat es weh, solche Zeilen in einem für meine Forschungen sehr hilfreichen Buch zu finden.

Leider können wir keinen von ihnen mehr dazu fragen.

Andererseits bin ich fast froh, nicht erfahren zu müssen, was man in einigen Dekaden über das sagen wird, was ich heute schreibe, wenn sich der Zeitgeist mal wieder völlig verändert haben mag.



[Regionalforum-Saar] Die Geburtskirche in Bethlehem. Die kreuzfahrerzeitliche Auskleidung einer frühchristliche n Basilika

Date: 2020/11/17 21:22:52
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Die Geburtskirche in Bethlehem. Die kreuzfahrerzeitliche Auskleidung einer frühchristlichen Basilika

 

 

Autoren Bianca Kühnel; Gustav Kühnel

Erschienen Regensburg 2019: Schnell & Steiner

Anzahl Seiten 192 S.

Preis € 39,95

ISBN 978-3-7954-3332-1


Inhalt => meinclio.clio-online.de/uploads/media/book/toc_book-58497.pdf

 

Rezensiert für H-Soz-Kult von Thomas Wozniak, Seminar für Mittelalterliche Geschichte, Eberhard Karls Universität Tübingen

Die Geburtskirche in Bethlehem, eine der Hauptkirchen des Christentums, wird von griechisch-orthodoxen, franziskanischen und armenischen Kirchenvertretern betreut. Erstmals hatte Gustav Kühnel sich 1979 den mittelalterlichen Wandmosaiken dieser Basilika genähert und später die Erlaubnis erhalten, sie vorsichtig zu reinigen.[1] Seither versuchte er die Verantwortlichen zu überzeugen, das aus dem 15. Jahrhundert stammende Dach der Geburtskirche zu erneuern. Erst 2010 wurde eine Einigung erzielt, mit der das Dach der Kirche, die 2012 zum UNESCO-Welterbe ernannt wurde, grundlegend saniert werden konnte. In die begleitenden Restaurierungsarbeiten wurden auch die Mosaiken mit eingeschlossen, die, nachdem sie weit über eine Reinigung hinausgehend restauriert werden konnten, nun wieder in vollem Glanz erstrahlen.

Die bedeutende frühchristliche Kirche erhielt im dritten Viertel des 12. Jahrhunderts eine neue mittelalterliche Ausgestaltung. Die dabei kreierte Mosaikausstattung stammt ausnahmslos aus der Kreuzfahrerzeit und wurde später nicht mehr verändert (S. 9, 15). Während der Restaurierungsarbeiten konnten auch die Mosaiken bezüglich der kunsthistorischen und paläographischen Befunde noch einmal neu betrachtet werden, was in die vorliegende Publikation mit einfloss, die von Bianca Kühnel von der Hebrew University Jersualem auf Basis der Materialien Gustav Kühnels erstellt wurde.[2]

Das Buch besteht aus fünf großen Teilen. Im Kapitel „I. Geschichtlicher Kontext: Die Inschriften“ (S. 19–33) werden die drei zentralen Inschriften beschrieben, denn an „der einzigartigen Bedeutung der kreuzfahrerzeitlichen Auskleidung der Geburtskirche haben nicht zuletzt die begleitenden Inschriften Anteil.“ (S. 16). Obwohl von der Inschrift des Königs Amalrich (1136–1174) nur noch wenige Buchstaben erhalten sind, überliefern zwei voneinander unabhängige Pilgerberichte der Jahre 1335 und 1461 den vollständigen Text. Bei zwei anderen Inschriften sind konkrete Datierungen enthalten: In der Votivinschrift einer Säulenmalerei wird das Jahr 1130 genannt, in der griechischsprachigen Inschrift, die sich auf Kaiser Manuel Komnenos (1143–1180) bezieht, das byzantinische Jahr „Sept. 1168–Aug. 1169“. Diese Inschrift enthält zudem eine Künstlersignatur: Genannt wird in lateinisch Basilius pictor, dessen Name um „Diakon“ auf syrisch ergänzt ist, was die besondere Bedeutung syrischer Christen (suriani) innerhalb der griechisch-orthodoxen Gemeinschaften im religiös-kulturellen Leben des Königreiches Jerusalem unterstreicht. Nach den Autoren verweist bereits die Namensnennung des Basilius pictor auf die Kontinuität byzantinischer Handwerkskunst im Heiligen Land während der Kreuzzüge.

Im Kapitel „II. Das Ausstattungsprogramm“ (S. 31–124) werden ausführlich die kunsthistorischen Beobachtungen mitgeteilt, die zur „Inszenierung des locus sanctus“ (S. 34–55) verwendet wurden. Ausgehend vom zentralen Motiv der Geburt Christi in der Grotte werden hier zahlreiche narrative Szenen vorgestellt, die teilweise vorhanden, teilweise aus früheren Berichten bekannt sind. Die Bildprogramme weisen Bezüge zu nordgriechischen und mazedonischen Kirchen auf, aber auch zur byzantinischen Provinzialkunst besonders auf Zypern. Das Bildprogramm bestand ursprünglich aus dichtgedrängten, unmittelbar aneinander anschließenden Szenen aus dem Leben von Jesus und Maria, von denen aber nur Fragmente erhalten sind. Zu den erhaltenen Szenen zählen die Himmelfahrt Christi, die Verklärung Christi, der ungläubige Thomas und der Einzug in Jerusalem. Hinzu kommen genealogische Abbildungen der Ahnen Christi, wie Jakob, Mattan, Eleasar, Eliud, Achim, Zadok oder Azor.

Der größte Teil der Seitenwände ist jedoch den kirchlichen Konzilien gewidmet, die in anikonischer Form als in Scheinarchitektur eingebettete Texte präsentiert wurden. In sogenannten Konzilssynopsen wurden die wichtigsten Beschlüsse des jeweiligen Konzils präsentiert. Die Mosaike der Konzilien sind nach oben begrenzt von Mosaiken schreitender Engel und nach unten durch die auf die Säulen des Langhauses gemalten Heiligen. Zwischen den Konzilsdarstellungen sind Mosaike fantastisch geformter Kandelaber oder ein kunstvolles Gemmenkreuz platziert. Auf der Nordwand sind sechs Regionalsynoden des 3. und 4 Jahrhunderts abgebildet, auf der Südwand die sieben ökumenischen Konzilien des 4. bis 8. Jahrhunderts. An dieser Stelle (S. 76–87) bietet die Darstellung zwar redundant die Übersetzung der ab S. 166 abgedruckten und übersetzten Konzilstexte, für den Lesefluss ist diese Lösung jedoch unumgänglich. Am Ende des Kapitels werden die Ergebnisse zur Deutung des Bildprograms, der Geschichte und Autorenschaft noch einmal umfangreich zusammengefasst.

Im Kapitel „III. Die stilistische und technische Konsistenz der Ausstattung“ (S. 125–154) stehen dann die materiellen Aspekte der Mosaiken im Vordergrund, die bis 1983 aufgrund einer dicken Schmutzschicht immer nur eingeschränkt interpretiert und datiert werden konnten. Mittlerweile können die unterschiedlichen Hände einer großen Werkstatt zugeordnet und paläographisch alle Mosaike ins 12. Jahrhundert datiert werden.

In den anschließenden „Schlussbetrachtungen, Ort und Geschichte – Ein visueller Diskurs der Kreuzfahrerzeit an der Stätte von Christi Geburt“ (S. 155–158) werden noch einmal kurz die Ergebnisse zusammengetragen. Darauf folgt im Anhang „Die zweisprachige Inschrift im Bema und die Konzilsinschriften im Mittelschiff – Eine neue Edition“ (S. 159–180) ein Beitrag aus der Feder des Altphilologen Erich Lamberz. Dieser liefert eine seitenweise formatierte Transkription der Inschriften samt deutschsprachiger Übersetzung, die hilfreich sind, aber editorische Überlegungen nur teilweise aufgreifen, denn es fehlen genauere Angaben zu Größe, Lage oder Buchstabenhöhen und der Anmerkungsapparat führt die zugrunde liegenden Drucke, Handschriften und früheren Dokumentationen nur sehr sparsam an. Ideal wäre eine Nebeneinanderdarstellung von Abbildungen der Inschriften vor und nach der Restauration gewesen. Bei neun der 15 Mosaiken wird zumindest eine Abbildung gegeben. Trotz dieser Einschränkungen bietet der Anhang aber eine wichtige Grundlage für die künftige Forschung zu den Inschriften der Geburtskirche. Mit einer ausführlichen Bibliografie (S. 181–190), einem „Verzeichnis der Abbildungen“ (S. 190) und dem Index (S. 191 f.) endet der mit 59 farbigen Abbildungen ausgestattete Band. Wollte man nach Monita suchen, wäre anzumerken, dass im Index Basilius pictor fehlt oder dass sich zwischen dem Detailbild der Gewandfalten eines Engels (Abb. 53) und dessen Übersichtsbild (Abb. 52) keine Übereinstimmung feststellen lässt.

Fazit: Für die Geburtskirche in Bethlehem wurde nach den bahnbrechenden Forschungen Gustav Kühnels in den 1980er-Jahren nun eine aktualisierte Fassung für ein größeres Publikum vorgelegt. Der üppig ausgestattete, vollfarbige Band präsentiert die Früchte der Forschungen der letzten drei Dekaden und wird künftig einen Meilenstein bei der Beschäftigung mit diesem zentralen Bauwerk der Christenheit darstellen.

Anmerkungen:
[1] Gustav Kühnel, Wall painting in the Latin kingdom of Jerusalem, Berlin 1988.
[2] Anastasia W. Keshman, Crusader Wall Mosaics in the Holy Land. Gustav Kühnel’s Work in the Church of the Nativity in Bethlehem, in: Arte Medievale, serie IV, III (2013), S. 257–271.

Zitation

Thomas Wozniak: Rezension zu: Kühnel, Bianca; Kühnel, Gustav: Die Geburtskirche in Bethlehem. Die kreuzfahrerzeitliche Auskleidung einer frühchristlichen Basilika. Regensburg  2019. ISBN 978-3-7954-3332-1, In: H-Soz-Kult, 18.11.2020, <www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-29649>.

 

Re: [Regionalforum-Saar] Johann Engel - ein Nachtrag

Date: 2020/11/18 10:44:02
From: schubertbrigitte(a)t-online.de <schubertbrigitte(a)t-online.de>

Vielen Dank, Roland

Was sagen wir da? : jede Zeit schafft sich ihre eigenen Scheußlichkeiten, und das nennt man dann "Geschichte"

Grüße Brigitte

 

 

 

 

-----Original-Nachricht-----

Betreff: [Regionalforum-Saar] Johann Engel - ein Nachtrag

Datum: 2020-11-17T21:25:21+0100

Von: "Roland Geiger via Regionalforum-Saar" <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

An: "Regionalforum" <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

 

 

 

Guten Abend

vor ein paar Monaten habe ich im Landesarchiv Saarbrücken die Personalakte des ehemaligen Lehrers, Schulrats und Lokalhistorikers Johann Engel durchgearbeitet und meine recht umfangreichen Notizen auf meiner Website abgestellt.

=> http://www.hfrg.de/index.php?id=1001

Heute erhielt ich dazu einen interessanten Hinweis, der leider anonym einging. Schade. Dem unbekannten Verfasser trotzdem meinen herzlichen Dank.

Ich habe eben meinen Eintrag wie nachstehend ergänzt:

Roland Geiger



12. November 2020

„Sehr geehrter Herr Geiger,

unter dem Titel „Historische Forschungen" haben Sie sich ausführlich mit dem Leben von Johann Engel aus Rimlingen/Baltersweiler beschäftigt und dies im Internet veröffentlicht.

Johann Engel hat eine sehr interessante und umfassende Chronik von Rimlingen geschrieben.

In dieser Chronik ist zu lesen:
„Juden haben niemals im Dorf gewohnt. Sie waren in Brotdorf ansäßig und handelten von dort aus mit den Dorfbewohnern, denen sie manches Goldstückchen aus der Tasche schwatzten. Der Isak und der Abraham werden noch lange im Gespräch der Dorfleute vorkommen und mancher Vater wird seinem Jungen erzählen können, wie er einmal einen Moses vor die Tür setzte. Und sie sind alle vor die Tür Großdeutschlands gesetzt worden und niemand, der ein wenig deutsches Blut in seinen Adern hat, wird ihnen eine Träne nachweinen."

Wäre dies bekannt gewesen hätte er das Bundesverdienstkreuz wohl nicht bekommen.“


Es wäre interessant zu wissen, was Engel nach dem Krieg zu diesen Zeilen gesagt hätte. Wie er haben auch andere namhafte Lokalhistoriker einiges verfaßt, was zu ihrer Zeit zumindest opportun war und aus heutiger Sicht völlig unmöglich. Ich denke da an Friedrich Hoppstädters „Der Jude in der Geschichte des Saarlandes“, erschienen 1943, oder Dr. Robert Mörsdorfs in seinem 1939 erschienen Buch „Die Auswanderung aus dem Birkenfelder Land“, wo er auf Seite 176 u.a. schreibt: „Ungemein vorteilhaft ist, erbbiologisch betrachtet, die Auswanderung des seines Blutes bewußt-völkisch, zionistischen Juden aus unserem Land.“ Und im gleichen Abschnitt ein bißchen später: „In der Zeit von 1800 bis 1890 sind etwa 250 Juden desertiert, d.h. 1/3 der Auswanderer dieses Zeitabschnitts waren Juden. Wir weinen ihnen nicht nach.“ Mir tat es weh, solche Zeilen in einem für meine Forschungen sehr hilfreichen Buch zu finden.

Leider können wir keinen von ihnen mehr dazu fragen.

Andererseits bin ich fast froh, nicht erfahren zu müssen, was man in einigen Dekaden über das sagen wird, was ich heute schreibe, wenn sich der Zeitgeist mal wieder völlig verändert haben mag.





Re: [Regionalforum-Saar] Johann Engel - ein Nachtrag

Date: 2020/11/18 20:16:42
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

starker Spruch!


Am 18.11.2020 um 10:43 schrieb schubertbrigitte(a)t-online.de:

Vielen Dank, Roland

Was sagen wir da? : jede Zeit schafft sich ihre eigenen Scheußlichkeiten, und das nennt man dann "Geschichte"

Grüße Brigitte

 

 

 

 

-----Original-Nachricht-----

Betreff: [Regionalforum-Saar] Johann Engel - ein Nachtrag

Datum: 2020-11-17T21:25:21+0100

Von: "Roland Geiger via Regionalforum-Saar" <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

An: "Regionalforum" <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

 

 

 

Guten Abend

vor ein paar Monaten habe ich im Landesarchiv Saarbrücken die Personalakte des ehemaligen Lehrers, Schulrats und Lokalhistorikers Johann Engel durchgearbeitet und meine recht umfangreichen Notizen auf meiner Website abgestellt.

=> http://www.hfrg.de/index.php?id=1001

Heute erhielt ich dazu einen interessanten Hinweis, der leider anonym einging. Schade. Dem unbekannten Verfasser trotzdem meinen herzlichen Dank.

Ich habe eben meinen Eintrag wie nachstehend ergänzt:

Roland Geiger



12. November 2020

„Sehr geehrter Herr Geiger,

unter dem Titel „Historische Forschungen" haben Sie sich ausführlich mit dem Leben von Johann Engel aus Rimlingen/Baltersweiler beschäftigt und dies im Internet veröffentlicht.

Johann Engel hat eine sehr interessante und umfassende Chronik von Rimlingen geschrieben.

In dieser Chronik ist zu lesen:
„Juden haben niemals im Dorf gewohnt. Sie waren in Brotdorf ansäßig und handelten von dort aus mit den Dorfbewohnern, denen sie manches Goldstückchen aus der Tasche schwatzten. Der Isak und der Abraham werden noch lange im Gespräch der Dorfleute vorkommen und mancher Vater wird seinem Jungen erzählen können, wie er einmal einen Moses vor die Tür setzte. Und sie sind alle vor die Tür Großdeutschlands gesetzt worden und niemand, der ein wenig deutsches Blut in seinen Adern hat, wird ihnen eine Träne nachweinen."

Wäre dies bekannt gewesen hätte er das Bundesverdienstkreuz wohl nicht bekommen.“


Es wäre interessant zu wissen, was Engel nach dem Krieg zu diesen Zeilen gesagt hätte. Wie er haben auch andere namhafte Lokalhistoriker einiges verfaßt, was zu ihrer Zeit zumindest opportun war und aus heutiger Sicht völlig unmöglich. Ich denke da an Friedrich Hoppstädters „Der Jude in der Geschichte des Saarlandes“, erschienen 1943, oder Dr. Robert Mörsdorfs in seinem 1939 erschienen Buch „Die Auswanderung aus dem Birkenfelder Land“, wo er auf Seite 176 u.a. schreibt: „Ungemein vorteilhaft ist, erbbiologisch betrachtet, die Auswanderung des seines Blutes bewußt-völkisch, zionistischen Juden aus unserem Land.“ Und im gleichen Abschnitt ein bißchen später: „In der Zeit von 1800 bis 1890 sind etwa 250 Juden desertiert, d.h. 1/3 der Auswanderer dieses Zeitabschnitts waren Juden. Wir weinen ihnen nicht nach.“ Mir tat es weh, solche Zeilen in einem für meine Forschungen sehr hilfreichen Buch zu finden.

Leider können wir keinen von ihnen mehr dazu fragen.

Andererseits bin ich fast froh, nicht erfahren zu müssen, was man in einigen Dekaden über das sagen wird, was ich heute schreibe, wenn sich der Zeitgeist mal wieder völlig verändert haben mag.





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Mit freundlichen Grüßen

Roland Geiger

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Roland Geiger
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[Regionalforum-Saar] einen der ersten Protestanten in St. Wendel betreffend

Date: 2020/11/22 14:18:21
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Anfangs der 1780er verabschiedete der Trierer Kurfürst das sog. Toleranzedikt, nach dem ab sofort neben den Katholiken und manchen immer wieder mal temporär geduldeten Juden auch Protestanten sich im Kurtrierischen niederlassen durften - unter gewissen Bedingungen: ihr Gewerbe mußte einen Profit abwerfen, d.h. sie mußten Steuern bezahlen, und ihre Pfarrer durften nur in Zivil erscheinen.

Einen der ersten Protestanten, der sich in St. Wendel niederließ, war der Schönfärber Johann Psotta, der aus Neusohl in Oberungarn und in den 1770ern nach Ottweiler gekommen war. Dort hatte er am 5. Oktober 1780 die dort ansässige Anna Maria Waltzinger geheiratet und war mit ihr und den beiden Söhnen Johann Andreas und Christian Friedrich 1786 nach St. Wendel übergesiedelt. Johann Andreas übernahm später das Geschäft seines Vaters in St. Wendel, während der jüngste Sohn mit seiner Familie Ende der 1830er in die USA auswanderte (+ 1870 in Philadelphia, Pennsylvania)

Am 24. September 1786 wandte sich der St. Wendeler Amtmann Gatterman an seinen Vorgesetzten, den Trierer Kurfürsten Clemens Wenceslaus, und bat um Rat, was er mit dem neuzugezogenen Psotta in Hinsicht auf dessen Religion anstellen sollte:


„St. Wendel d 24t 9ber 1786

Hochwürdigster Erzbischof, Durchlauchtigster Kurfürst, Gnädigster Kurfürst und Herr

Johann Psotta, Schön Färber seines Handwerks wurde Vermög gnädigsten Dekrets vom 23ten Merz laufd. Jahrs dahier beigehend von Eurer Kurfürstlichen Durchlaucht in die Zahl der Unterthanen gnädigst aufgenommen, derselbe hat sich seit einiger Zeit in hiesiger Stadt häuslich niedergelassen, und wünscht zu wissen, in wie weit ihm die Ausübung der protestantischen Religion, welcher Er zugethan ist, gestattet seye, welches mich Veranlasset höchstdieselbe und die gnädigste Erklärung, und Weissung in Unterthänigkeit zu bitten,  

mit schuldigster Verehrung ersterbend
Eurer Kurfürstlichen Durchlaucht unterthänigst treugehorsamster
Gatterman“

Die Antwort erfolgt nicht wirklich postwendend:

„Von wegen Sr Kurfürstlichen Durchlaucht zu Trier dem Amt St. Wendel auf seinen erstatteten Bericht in Betref des Schönfärbers Johan Psotta pto Religionsausübung hierdurch anzufügen: Er habe den Psotta nach denen hier beiliegenden höchsten Vorschriften in Betref des Handelsmanns Böcking von dahier zu Vorbescheiden, und zu behandeln.
Koblenz in C(astro) E(hrenbreitstein) den 12ten Decemb. 1786
Ex Mandato
J.L. Schaeffer“

Gefolgt von dem, was drei Jahre zuvor in Sachen Richard Böcking entschieden worden ist, als das Toleranzedikt noch relativ neu war:

„Jn Betref der Protestantischen Religions=Ausübung im Hohen Erzstift Trier
Extractus Protocolli Regiminis, de dato Coblenz den 4. Nov 1783

Jn Trarbach Richard Böcking pto der Handlungsfreiheit in Coblenz p.

Legebatur dessen unthgste bittschrift cum Clemo Decreto de 31. mit dem Befehl, dem Supplicanten also bald anzufügen: daß S. Kurf. Durchlaucht demselben gnädigst gestatten, sich in der Stadt Coblenz oder dem Thal Ehrenbreitstein mit seiner Handlung niederzulassen, und obwohlen Hochdieselbe noch zur Zeit bedenken hatten, demselben das Bürgerrecht angedeihen zu lasen, so solle er dennoch eine denen Bürgern ähnliche Freyheit zu geniesen haben.

Seine Kurfürstliche Durchlaucht wollen demselben auch gnädigst gestatten, seine Kinder durch einen Geistlichen seiner Religion taufen und unterrichten zu lasen, auch in Sterbfällen sich und die seinigen an einen seiner Religion zugethanen Ort beerdigen zu lasen.

Jedoch solte der protestantische Geistliche in keiner geistlichen Kleidung offentlich erscheinen, und den katholischen Pastor die gewöhnliche Jura stola entrichtet werden; Uebrigens aber hätte derselbe von seinem Handel, und Gewerb, wie die Inländische Handelsleuthe eine billige, und proportionirte Abgabe zu entrichten. Wo dann schließlich wegen der Aufnahm des Supplicanten bei seiner Niederlasung dem Stadtmagistrat das nötige von der Regierung anzufügen ist.

Fiat hiernach Decretum ad Supplicum dem Handelsmann Böcking.

Churfürstlich Trierische Regierungs Canzley“

Das würde ich gerne wissen: was der protestantische Pfarrer damals gedacht haben muß, als er erfuhr, daß zum einen er in Zivil erscheinen, zum anderen sein katholischer Kollege die Stolgebühren einkassieren konnte.


Quelle: Pfarrarchiv St. Wendel, B28, S. 179 - 183.

Re: [Regionalforum-Saar] einen der ersten Protestanten in St. Wendel betreffend

Date: 2020/11/22 14:24:49
From: Robert Morsch <robert.morsch(a)gmx.de>

Hurra, Roland, du lebst also noch und dabei so aktiv als
Schriftgelehrter! Weiter so! - Ergebenst 😛! Robert M.



--
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Re: [Regionalforum-Saar] einen der ersten Protestanten in St. Wendel betreffend

Date: 2020/11/22 16:23:12
From: Margarete Stitz <ma.stitz(a)gmx.de>

Salve, statt „Clemo“ würde ich „Cl(ementissi)mo“ schreiben; zu korrigieren ist außerdem „Jura stolae“ und „Decretum ad Supplicem“. Herzlich M.S.

 

Von: regionalforum-saar-bounces+ma.stitz=gmx.de(a)genealogy.net [mailto:regionalforum-saar-bounces+ma.stitz=gmx.de(a)genealogy.net] Im Auftrag von Roland Geiger via Regionalforum-Saar
Gesendet: Sonntag, 22. November 2020 14:18
An: Regionalforum
Betreff: [Regionalforum-Saar] einen der ersten Protestanten in St. Wendel betreffend

 

Anfangs der 1780er verabschiedete der Trierer Kurfürst das sog. Toleranzedikt, nach dem ab sofort neben den Katholiken und manchen immer wieder mal temporär geduldeten Juden auch Protestanten sich im Kurtrierischen niederlassen durften - unter gewissen Bedingungen: ihr Gewerbe mußte einen Profit abwerfen, d.h. sie mußten Steuern bezahlen, und ihre Pfarrer durften nur in Zivil erscheinen.

Einen der ersten Protestanten, der sich in St. Wendel niederließ, war der Schönfärber Johann Psotta, der aus Neusohl in Oberungarn und in den 1770ern nach Ottweiler gekommen war. Dort hatte er am 5. Oktober 1780 die dort ansässige Anna Maria Waltzinger geheiratet und war mit ihr und den beiden Söhnen Johann Andreas und Christian Friedrich 1786 nach St. Wendel übergesiedelt. Johann Andreas übernahm später das Geschäft seines Vaters in St. Wendel, während der jüngste Sohn mit seiner Familie Ende der 1830er in die USA auswanderte (+ 1870 in Philadelphia, Pennsylvania)

Am 24. September 1786 wandte sich der St. Wendeler Amtmann Gatterman an seinen Vorgesetzten, den Trierer Kurfürsten Clemens Wenceslaus, und bat um Rat, was er mit dem neuzugezogenen Psotta in Hinsicht auf dessen Religion anstellen sollte:


„St. Wendel d 24t 9ber 1786

Hochwürdigster Erzbischof, Durchlauchtigster Kurfürst, Gnädigster Kurfürst und Herr

Johann Psotta, Schön Färber seines Handwerks wurde Vermög gnädigsten Dekrets vom 23ten Merz laufd. Jahrs dahier beigehend von Eurer Kurfürstlichen Durchlaucht in die Zahl der Unterthanen gnädigst aufgenommen, derselbe hat sich seit einiger Zeit in hiesiger Stadt häuslich niedergelassen, und wünscht zu wissen, in wie weit ihm die Ausübung der protestantischen Religion, welcher Er zugethan ist, gestattet seye, welches mich Veranlasset höchstdieselbe und die gnädigste Erklärung, und Weissung in Unterthänigkeit zu bitten, 

mit schuldigster Verehrung ersterbend
Eurer Kurfürstlichen Durchlaucht unterthänigst treugehorsamster
Gatterman“

Die Antwort erfolgt nicht wirklich postwendend:

„Von wegen Sr Kurfürstlichen Durchlaucht zu Trier dem Amt St. Wendel auf seinen erstatteten Bericht in Betref des Schönfärbers Johan Psotta pto Religionsausübung hierdurch anzufügen: Er habe den Psotta nach denen hier beiliegenden höchsten Vorschriften in Betref des Handelsmanns Böcking von dahier zu Vorbescheiden, und zu behandeln.
Koblenz in C(astro) E(hrenbreitstein) den 12ten Decemb. 1786
Ex Mandato
J.L. Schaeffer“

Gefolgt von dem, was drei Jahre zuvor in Sachen Richard Böcking entschieden worden ist, als das Toleranzedikt noch relativ neu war:

„Jn Betref der Protestantischen Religions=Ausübung im Hohen Erzstift Trier
Extractus Protocolli Regiminis, de dato Coblenz den 4. Nov 1783

Jn Trarbach Richard Böcking pto der Handlungsfreiheit in Coblenz p.

Legebatur dessen unthgste bittschrift cum Clemo Decreto de 31. mit dem Befehl, dem Supplicanten also bald anzufügen: daß S. Kurf. Durchlaucht demselben gnädigst gestatten, sich in der Stadt Coblenz oder dem Thal Ehrenbreitstein mit seiner Handlung niederzulassen, und obwohlen Hochdieselbe noch zur Zeit bedenken hatten, demselben das Bürgerrecht angedeihen zu lasen, so solle er dennoch eine denen Bürgern ähnliche Freyheit zu geniesen haben.

Seine Kurfürstliche Durchlaucht wollen demselben auch gnädigst gestatten, seine Kinder durch einen Geistlichen seiner Religion taufen und unterrichten zu lasen, auch in Sterbfällen sich und die seinigen an einen seiner Religion zugethanen Ort beerdigen zu lasen.

Jedoch solte der protestantische Geistliche in keiner geistlichen Kleidung offentlich erscheinen, und den katholischen Pastor die gewöhnliche Jura stola entrichtet werden; Uebrigens aber hätte derselbe von seinem Handel, und Gewerb, wie die Inländische Handelsleuthe eine billige, und proportionirte Abgabe zu entrichten. Wo dann schließlich wegen der Aufnahm des Supplicanten bei seiner Niederlasung dem Stadtmagistrat das nötige von der Regierung anzufügen ist.

Fiat hiernach Decretum ad Supplicum dem Handelsmann Böcking.

Churfürstlich Trierische Regierungs Canzley“

Das würde ich gerne wissen: was der protestantische Pfarrer damals gedacht haben muß, als er erfuhr, daß zum einen er in Zivil erscheinen, zum anderen sein katholischer Kollege die Stolgebühren einkassieren konnte.


Quelle: Pfarrarchiv St. Wendel, B28, S. 179 - 183.


[Regionalforum-Saar] Hinweis

Date: 2020/11/24 09:47:35
From: Hans-Joachim Hoffmann via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Erinnern Sie sich an

RUTH Pfordt,

die erste aus dem Saarland stammende Ansagerin des SR?

Gemeinsam mit Axel Buchholz, Journalist und Journalismusdozent, Honorarprofessor am Journalistischen Seminar der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, verfasste Hans-Joachim Hoffmann eine biographische Skizze Ruth Pfordts. Im ersten Teil beschreibt Axel Buchholz die Tätigkeit Ruth Pfordts am SR, im zweiten Teil schildert Hans-Joachim Hoffmann den politischen Hintergrund, in dem Ruth Pfordt aufwuchs: Ihre Vorfahren und Verwandten engagierten sich parteipolitisch für die SPD bzw. KP und mussten in der NS-Zeit mit Verfolgung und Tod ihre politische Überzeugung bezahlen.

Den Beitrag findet man unter:

Archiv Fundstücke - SR.de

www.sr.de › sr › wir_uber_uns › geschichte › fundstucke

Ruth Pfordt: die erste SR-Fernsehansagerin - SR.de



Virenfrei. www.avast.com

[Regionalforum-Saar] 2. Hinweis

Date: 2020/11/24 09:51:25
From: Hans-Joachim Hoffmann via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>


Kämpferin für die Kunst - Ida Dehmel aus Bingen

ein Film von Henriette von Hellborn in der ARD Mediathek (37 Minuten)

und auf dem Sendeplatz: “Bekannt im Land” am 13.12.2020, 18:45 (30 Minuten)

https://www.ardmediathek.de/ard/video/bekannt-im-land/kaempferin-fuer-die-kunst-ida-dehmel-aus-bingen/swr-rheinland-pfalz/Y3JpZDovL3N3ci5kZS9hZXgvbzEzNDkwODk/

Es ist ein filmreifer Lebenslauf: Geboren vor 150 Jahren in Bingen, erlebte Ida Dehmel Leid, Verluste und Gefahren, die ein Mensch kaum überleben kann. Und sie durchlebte Episoden von Erfolg, Bewunderung und Höhenflügen so intensiv, als wären sie erdichtet. Der Publizist und langjährige Verleger Matthias Wegner hat diese Biografie vor 20 Jahren rekonstruiert, zuvor kannte Ida Dehmel kaum jemand.

Ida, geborene Coblenz, und ihr zweiter Ehemann Richard Dehmel waren das Traumpaar der Avantgarde. Zu Beginn des 20. Jahrhundert verstand sich Ida, in der Mitte einer pulsierenden Kunst- und Kulturszene, auf Networking und Kulturmanagement in denkbar modernem Sinne. Ihrer Zeit weit voraus, engagierte sie sich für die Rechte und Chancen von Frauen in der Kunst. Sie gründete die Gedok, die älteste heute noch bestehende Vereinigung von Kunstförderinnen und Künstlerinnen. In diesem – Ida Dehmels Jubiläumsjahr – vergibt die Organisation hochdotierte Preise an Künstlerinnen vieler Sparten. Solche Aktivitäten beweisen: Ida Dehmels Anliegen ist hochaktuell.

Textfeld: Am
          jüdischen Friedhof, hoch über Bingen, wo die Familie Ida
          Dehmels, geborene Coblenz, bestattet ist. Das Buch der Autoren
          Hans-Joachim Hoffmann und Francois Van Menxel war wichtige
          Grundlage für die filmische Spurensuche.
          Eine der Preisträgerinnen ist die bildende Künstlerin Susanne Krell aus Betzdorf im Westerwald. Mit ihr gemeinsam begibt sich das Filmteam um Henriette von Hellborn auf die Spuren Ida Dehmels. Von ihrer Heimatstadt Bingen aus nach Berlin und Hamburg. Dort treffen wir auch den Dehmel-Biografen Richard Wegner, der den Lebenslauf der beeindruckenden Persönlichkeit mit vielen Zeitbezügen rekonstruiert hat. Aus heutiger Sicht – rückwärtsblickend - ist es die Geschichte einer Jüdin, deren Geburtsjahr bereits das Verhängnis ihres Lebens vorausnahm: 1870 setzte Deutschland an, sich eine Vormachtsstellung in Europa zu erkämpfen. Heute kennen wir die verhängnisvollen Folgen.. Ida Dehmel war Patriotin, gab sich der Faszination eines übersteigerten Schönheitskultes hin. Was nichts daran ändern konnte, dass der Nationalsozialismus ihrem Leben ein tragisches Ende bereitete.

Carolin Vogel hütet eine Jugendstil-Villa in Hamburg-Blankenese wie ihren Augapfel. Sie leitet die Dehmelhaus-Stiftung, die das ehemalige Wohnhaus des Traumpaares zum Museum gemacht hat. Ein lichter, wunderschöner Ort aus der Blüte des Jugendstils. Für Vogel ist es wichtig, Geschichte nicht nur vom Ende her zu denken. Hier war aus ihrer Sicht lange Jahre das Glück zu Hause – und die Ausstrahlung des Ortes gibt ihr Recht.

Und auch Ida Dehmels Werk lebt weiter. In unglaublicher Weitsicht hat sie zu Lebzeiten 35000 Briefe von und an die Dehmels archiviert. Ein ungeheurer Schatz, den sie vor den Nazis retten konnte. Jahrzehntelang schlummerte er in der Hamburger Universitätsbibliothek Nun wird er gehoben: Das Projekt “Dehmel Digital” setzt an, die handschriftlichen Dokumente digial zu erschliessen und auszuwerten. “Das ist das who is who der Kunst- und Kulturwelt des frühen 20. Jahrhunderts”, schwärmt die Leiterin des Projektes, Julia Nantke. Für sie ist Ida Dehmel “eine unglaublich moderne Frau” und - ohne Frage: “ein großes Vorbild!”

 

Die Broschüre

 

Die jüdische Familie Simon Zacharias Coblenz (1836 – 1910) aus Bingen

 

kann zum Preis von € 5,00 bezogen werden bei hans-joachim-hoffmann(a)web.de

 

 


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[Regionalforum-Saar] online Konferenz: Haus – Geschlecht – Sicherheit. Diskursive Formierungen in der Frühen Neuzeit

Date: 2020/11/28 10:06:03
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Anmeldung erforderlich

Haus – Geschlecht – Sicherheit. Diskursive Formierungen in der Frühen Neuzeit

Veranstalter Prof. Dr. Inken Schmidt-Voges (Philipps-Universität Marburg); Prof. Dr. Sigrid Ruby (Justus-Liebig-Universität Gießen)


Gefördert durch  DFG
35039 Marburg

07.12.2020 - 08.12.2020

Deadline 04.12.2020

Von Inken Schmidt-Voges, Geschichte der Frühen Neuzeit, FB 06, Philipps-Universität Marburg

Die Tagung thematisiert die unterschiedlichen diskursiven Formationen vom Spätmittelalter bis ins 18. Jhd., in denen eine Engführung von Geschlechterordnung und gesellschaftlicher Sicherheit über das Konstrukt des "Hauses" sich entwickelte und nachhaltige Deutungsautorität erlangte. Aus interdisziplinärer Perspektive werden vor allem die Deutungskämpfe um diese Konzepte sowie deren soziale Referenzobjekte und Widerhall in den Praktiken problematisiert.

Haus – Geschlecht – Sicherheit. Diskursive Formierungen in der Frühen Neuzeit

Die Tagung wird ausgerichtet vom Teilprojekt C03 "Das 'Haus' als Sicherheit und die (Un)sicherheit der Geschlechter" im SFB TRR138 "Dynaamiken der Sicherheit".

Als Nucleus der politischen (und göttlichen) Weltordnung besaß das Haus eine zentrale Bedeutung für die Organisation der frühneuzeitlichen Gesellschaft. Seit dem 15. Jahrhundert war es in ökonomischen, erzieherischen, gemeindlichen und ästhetischen Zuständigkeitsbereichen der maßgebliche Garant sozialer Stabilität. Insbesondere wurde dem Haus eine zugleich formende wie absichernde Funktion für die Geschlechterordnung zuteil. Hinsichtlich der ihm zugeschriebenen Sicherheitsleistungen bedeutete die Mehrdimensionalität des Hauses (Gebäude, soziale Gruppe, gesellschaftliches Ordnungsmodell) aber auch eine hohe Ambivalenz. Die Analyse dieser Zusammenhänge, ihrer diskursiven Ausgestaltung in der Verklammerung unterschiedlicher gesellschaftlicher Teilbereiche (Ökonomie, Recht, Theologie, Politik, visuelle Kultur, Kunst) stand bislang aus und ist Gegenstand der Tagung.

Programm

Montag, 07.12.2020

09:00–09:30: Begrüßung und Einführung in die Tagung (Sigrid Ruby/Inken Schmidt-Voges)

09:30–13:00: Sektion 1: Konzepte, Problemstellungen der Forschungsfelder in den Disziplinen (Chair: Heide Wunder, Bad Nauheim)

9:30–10:20: Inken Schmidt-Voges (Marburg): Haus – Privatheit – Sicherheit. Konjunkturen und Ambivalenzen historiographischer Konzepte

10:30–11:20: Daniela Hammer-Tugendhat (Wien): Haus – Geschlecht – Unsicherheit

11:30–12:20: Key note lecture von Daniel Schläppi (Bern): Sicherheitsrisiko Mann. Der Rat der Kleinstadt Zug und seine "Sozialarbeit avant la lettre" im Infight mit Übelhausern, Säufern, Schlägern und notorisch Renitenten (17. und 18. Jahrhundert)

12:20–13:00 Diskussion

13:00–14:00: Mittagspause

14:00–16:30: Sektion 2: Haus, Geschlecht und Sicherheit in Theologie und Philosophie (Chair: Anna Becker, Aarhus)

14:00–14:50: Joseph Freedman (Tuscaloosa/Alabama): Haus, Geschlecht und Stabilität in schulphilosophischen Schriften während der Frühen Neuzeit

15:00–15:50: Joachim Werz (Tübingen): Die Haussegnung im frühneuzeitlichen Katholizismus. Ein exemplarischer Durchblick aus liturgiehistorischer Perspektive

16:00–16:30 Diskussion

Dienstag, 08.12.2020

9:00–12:30: Sektion 3: Literarische Problematisierungen von Haus, Geschlecht und Sicherheit (Chair: Jürgen Wolf, Marburg)

9:00–09:50: Tina Terrahe (Marburg): Der Tabubruch als Sicherheitslücke. Domestizierung und mythischer Ursprung in der „Melusine“ des Thüring von Ringoltingen

10:00–10:50: Anna Katharina Nachtsheim (Bonn): „nû stuont vrou Gîburc ze wer / mit ûf geworfeme swerte“.Weiblichkeit und (äußere) Bedrohung im „Willehalm“ Wolframs von Eschenbach

11:00–11:50 Sigrid Ruby (Gießen): Das ganze Haus ist sicher und (k)ein Frauenkörper: Les Blasons domestiques von Gilles Corrozet (1539)

12:00–12:30: Diskussion

12:30–14:00 Mittagspause

14:00–18:00: Sektion 3: Die Verortung der Geschlechter im Haus – visuell, performativ, diskursiv (Chair: Margareth Lanzinger, Wien)

14:00–14:50: Elisabetta Cau (Gießen): Die Frau und das Haus – zur visuellen Verknüpfung von weiblichem und architektonischem Körper

15:00–15:50: Raffaella Sarti (Urbino): „Case aperte“ in early-modern Italy

16:00–16:50: John Egle (Marburg): Sicherheit und Geschlechterkonzepte. Die 'oeconomia' als gesellschaftlicher Stabilitätsgarant in frühneuzeitlichen Diskursen

17:00–17:30: Diskussion

17:30–18:00: Ergebnissicherung, Diskussion und Abschluss der Tagung

Kontakt und Anmeldung: elisabetta.cau(a)kunstgeschichte.uni-giessen.de

https://www.sfb138.de/



Zitation
Haus – Geschlecht – Sicherheit. Diskursive Formierungen in der Frühen Neuzeit. In: H-Soz-Kult, 27.11.2020, <www.hsozkult.de/event/id/event-94520>.

[Regionalforum-Saar] Jahresband der ASF 2020 erschienen

Date: 2020/11/30 14:00:40
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Guten (Vorsicht: ein Anglizismus) Nachmittag,

wieder ist das Jahr fast zu Ende, und obwohl die meisten unserer geplanten Vorträge nicht durchgeführt werden konnten, ist der Jahresabschlußband SFK 2020 der Arbeitsgemeinschaft für Saarländische Familienforschung (ASF) ziemlich dick geworden.

Dies sind die Beiträge:

Helmut PRIEWER
Die Spanische Grippe 1918/19

Ferdinand MÜLLER
Wer waren die Vorfahren und Nachkommen der "Von Schwalpach" in Saarbrücken im 13./14. Jahrhundert?

Helmut LISSMANN
Die ersten Vorfahren namens Lissmann in der Baillage d'Allemagne des Herzogtums Lothringen (Oberamt Schaumberg)

Marta KNOBLOCH
Die „Ingenios" von Miera. Vorfahren im 17. Jahrhundert    S.

Markus DETEMPLE
Der Streit um das Herrengut in Hirtel 1731    S.

Klaus PACK
Auswanderer von 1741 anhand seiner Unterschrift identifiziert

Christa LIPPOLD
Ein Offizier, im Heer Napoleons verloren

Roland GEIGER
Von der standesamtlichen Ehe im 19. Jahrhundert

Roland GEIGER
Was bei einer Auswanderung nach Nordamerika und Australien zu beachten ist

Jos KALDENBACH
Von Pestels auch in Holland

Nikolaus GRÜN / Annemarie BRETTAR
Der Deutsch-Französische Krieg 1870/71
Jugenderinnerungen über die Kriegserlebnisse in Kleinblittersdorf S

Paul GLASS
Der Bliesgau als bevorzugtes Gebiet für die Binnenmigration nach Ensheim im 18. und 19. Jahrhundert — Dargestellt am Beispiel meiner eigenen Familiengeschichte.

Jenny ASHCRAFT
Was die amerikanischen Volkszählungen beinhalten

Roland GEIGER
1904 ... dafür ist das Loch zu elend

Paul GLASS
Festschriften zu Vereinsjubiläen und Kleintierzuchtausstellungen als Familienkundliche Quelle — Aufgezeigt am Beispiel des Kaninchenzuchtvereins Saarbrücken-Ensheim

Da nach der Fütterung der Raubtiere (Versand an die Mitglieder) noch ein paar Exemplare da sind, bieten wir diese wohlfeil für 10 Euro plus Versand (2) zum Verkauf an. Da es andererseits dann doch nicht sooo viele Exemplare übrig sind, gilt das altbekannte Motto „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“ oder andersrum „Wer zuletzt kommt, muß sein Geld woanders loswerden“.

Ergebenst

Roland Geiger
an den die Bestellungen offlist => „alsfassen(a)web.de“ zu richten sind.

[Regionalforum-Saar] Spiel ohne Grenzen? Fußball als „Brandbeschleuniger“ der Globalisierung

Date: 2020/11/30 17:08:35
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Spiel ohne Grenzen? Fußball als „Brandbeschleuniger“ der Globalisierung

Woller, Hans: Gerd Müller oder Wie das große Geld in den Fußball kam. Eine Biografie. München  2019. ISBN 978-3-406-74151-7

Jonas, Hannah: Fußball in England und Deutschland von 1961 bis 2000. Vom Verlierer der Wohlstandsgesellschaft zum Vorreiter der Globalisierung. Göttingen  2019. ISBN 978-3-525-37086-5

Rezensiert für H-Soz-Kult von Jutta Braun, Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam

Erst auf dem Deutschen Historikertag im Jahr 2000 nahm sich die Zunft in einer Sektion der Geschichte des Fußballsports als Teil der bundesdeutschen Zeitgeschichte an.[1] Nach zunächst überwiegend kulturhistorischen Betrachtungen gelang es 2013 dem Stuttgarter Historiker Nils Havemann, das erkenntnisreiche Tor zu einer längst überfälligen wirtschaftshistorischen Betrachtung der Bundesliga aufzustoßen.[2] Havemann skizzierte erstmals das Gespinst aus Gemeinnützigkeitsanspruch, halblegalen Steuersparmodellen, Schwarzgeldzahlungen und Vetternwirtschaft mit der Lokalpolitik, das den Fußball im Zuge seiner Professionalisierung von Beginn an begleitete. Hans Woller hat diese Verflechtungen, die den Sport als markanten politischen und gesellschaftlichen Machtfaktor insbesondere der Regionalpolitik sichtbar machen, nun in die Tiefe gehend am Beispiel des FC Bayern München erforscht. Protagonist seiner rasanten Geschichte, „wie das große Geld in den Fußball kam“, ist der aus Nördlingen stammende Gerd Müller, der als „Bomber der Nation“ sämtliche Höhen und Tiefen erlebte, die ein Fußballheld seiner Generation erfahren konnte: Weltmeister von 1974, Werbestar, Jugendidol – aber auch Opfer der Medien, die gegen Ende seiner Karriere seine privaten Probleme ebenso scheinheilig wie gierig ausweideten. Wollers eingehende Presseanalyse zeigt hierbei, wie die „Gezeitenwende“[3] im Sportjournalismus der 1990er-Jahre, die eine Aufbereitung des Fußballs als Unterhaltungsshow nach sich zog, bereits in den 1970er-Jahren durch eine Hinwendung zum Boulevard vorbereitet wurde: Homestories und „Spielerfrauen“ hatten schon damals einen festen Platz im Blätterwald.

Zugleich wird in Wollers Untersuchung deutlich, welche Belastung der Profisport in doppelter Hinsicht darstellte: Neben ständigen Anfeindungen und Machtspielen in der hart umkämpften Branche trat ein wie selbstverständlich hingenommener physischer Verschleiß bis hin zur Invalidität ein, den „echte Männer“ eben zu ertragen hatten. Der Autor wirft hier auch einen beeindruckenden Blick in das korrespondierende Milieu aus fahrlässigen Medizinern und Doping-freundlichen Praktiken, in dem die Spieler sich ebenso bedenkenlos wie leichtfertig bewegten (S. 162–173). Der brisanteste Part des Buches sind jedoch die Einblicke in das „Amigo-System“ der CSU-geführten Landesregierung, auf das sich der Verein während der 1960er- bis 1980er-Jahre, die in der Studie primär betrachtet werden, meist zuverlässig stützen konnte. So wäre es den Verantwortlichen im bayerischen Finanzministerium offenbar „nicht im Traum eingefallen, das fußballerische Aushängeschild und dessen wichtigste Repräsentanten an den Pranger zu stellen“ (S. 117). Wollers Aktenfunde sowie die unveröffentlichten Memoiren des Vereinspräsidenten Wilhelm Neudecker (Amtszeit 1962–1979) legen vielmehr das Gegenteil nahe: Die CSU-Politiker „stifteten die Bayern-Führung zu illegalen Praktiken an“ und erteilten ihr „die Lizenz zum doppelten Steuerbetrug bei Einnahmen im Ausland – durch den Verein und den begünstigten Spieler, denn das Verfahren funktionierte nur, wenn beide Seiten mitmachten und wenn die Spitze des Finanzministeriums die Augen verschloss“ (S. 117). Es ist das große Verdienst Wollers, diese verdeckte Maschinerie nachvollziehbar rekonstruiert zu haben, etwa anhand des Nachlasses des ehemaligen Finanzministers Ludwig Huber (Amtszeit 1972–1977). Hingegen wurde ein Antrag auf Schutzfristverkürzung für wesentliche staatliche Akten vom Bayerischen Staatsministerium der Finanzen und für Heimat wegen des Steuergeheimnisses abschlägig beschieden (S. 15). Überraschend ist, wie haarscharf der Verein immer wieder am Bankrott vorbeischlitterte – paradoxerweise, gerade weil er so erfolgreich war: Denn insbesondere die hohen Spielergehälter (und die informellen Handgelder) sowie die Prämien für erfolgreich bestrittene Turniere bedeuteten bereits in jenen Jahren eine immense Belastung für die offiziell noch „gemeinnützigen“ Vereine, die ihren langen Weg der Transformation in ein Wirtschaftsunternehmen, im Fall des FC Bayern München sogar in eine Aktiengesellschaft (seit 2001), noch vor sich hatten.

Mit genau dieser turbokapitalistischen Fortschreibung befasst sich Hannah Jonas in ihrer fundierten Geschichte des Fußballs in England und Deutschland, die bis in das Jahr 2000 reicht und sich neben Verbandsakten auf eine breite Analyse der Presseberichterstattung und der sporthistorischen wie sportökonomischen Forschung stützt. Bereits zu Gerd Müllers Zeiten stellten internationale Transfers die finanziell wie personell heikelste Angelegenheit des Fußballgeschäfts dar. So beschwerte sich der Stürmer 1973 über einen vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) untersagten Wechsel nach Barcelona mit dem durchaus sachgerechten Einwand, dass dieses Verbot nicht im Einklang mit dem Recht auf freie Berufswahl stehe (S. 133f.). Mit einer ähnlichen Argumentation brachte der belgische Erstliga-Spieler Jean-Marc Bosman im Jahr 1995 die Architektur des gesamten europäischen Transfermarktes zum Einsturz.[4] Das sogenannte Bosman-Urteil des Europäischen Gerichtshofes besagte, dass die bisherigen Praktiken dem Prinzip der Freizügigkeit der europäischen Arbeitnehmer widersprächen. Hiermit fiel vor allem die bisherige Obergrenze für die Anzahl ausländischer Spieler in einer Klubmannschaft.[5]

Wie sich in der Folge dieses Gerichtsurteils die Profiligen in Windeseile internationalisierten und „revolutionierten“, untersucht Jonas eindrucksvoll in vergleichender deutsch-englischer Perspektive. So charakterisiert sie die Geschichte des professionellen Vereinsfußballs in England und Deutschland seit den 1990er-Jahren als „Geschichte der zweiten Globalisierung in nuce“. Der Fußball entwickelte hier eine eigene Dynamik und wurde „selbst zur Triebkraft“ der Globalisierung, da sein liberalisierter Arbeitsmarkt für Profispieler im Gegensatz zu anderen Wirtschaftsbranchen kaum noch Migrationsbarrieren kannte (S. 209). Als weiterer effektiver „Brandbeschleuniger“ der Kommerzialisierung wirkten die aufkommenden Privatsender, die für TV-Übertragungsrechte im wechselseitigen Bieterkampf nun Summen an Vereine entrichteten, die ins Astronomische stiegen (S. 220). Dadurch konnte sich auch der Durchschnittsverdienst der Profispieler in beiden Ländern allein zwischen 1995 und 2000 mindestens verdreifachen, mit Ausreißern nach oben wie 100.000 Pfund pro Woche für David Beckham (S. 236).

Neben den Parallelen in der Entwicklung beider Fußballnationen sind jedoch vor allem die von Jonas herausgearbeiteten strukturellen Unterschiede aufschlussreich: Während in England die Fußballklubs schon Ende des 19. Jahrhunderts als Wirtschaftsbetriebe arbeiteten, vollzog der DFB-Bundestag erst „100 Jahre später“, im Oktober 1998, diesen Schritt mit der Erlaubnis, die Lizenzabteilungen der Bundesligisten in Kapitalgesellschaften umzuwandeln. Doch suchte sich der bundesdeutsche Fußball trotz dieser nachholenden Entwicklung auch vor Auswüchsen des englischen Modells zu schützen: Verhindert werden sollte einerseits eine „Murdochization“, also der Aufkauf einzelner Vereine durch Massenmedien, andererseits eine Invasion „superreicher“ Eigentümer aus dem Ausland, wie im Fall der Übernahme des FC Chelsea durch den russischen Oligarchen Abramowitsch (2003). Bis 2015 gehörten bereits mehr als die Hälfte der Klubs in der Premier League ausländischen Investoren. Als Sperre gegen derartige Entwicklungen hatte der DFB 1998 die sogenannte 50+1-Regel festgelegt, nach der für die Bundesliga zugelassene Vereine mindestens 50 Prozent zuzüglich eines weiteren Stimmanteils in der Versammlung der Anteilseigner ausgegliederter Kapitalgesellschaften halten müssen. Dennoch ist auch in Deutschland der Weg vom „Idealverein“ zum Wirtschaftsunternehmen unübersehbar (S. 241–243).

Ein zweites Leitmotiv neben dem „großen Geld“, das die Studien von Hans Woller und Hannah Jonas durchzieht, ist die Frage nach dem immateriellen Wert des Fußballs. Hier steht sogleich die Frage der „Authentizität“ im Raum – ein Begriff, der nicht nur bei Historikern eine hohe Konjunktur hat.[6] So wird im öffentlichen Diskurs, vor allem unter den Fußballanhängern, immer häufiger eine „Dichotomie zwischen ‚authentischen‘ und ‚nicht-authentischen Formen‘ der Fußballverbundenheit“ (Jonas, S. 267) behauptet; der „Kommerz“ wird gegen die aufrichtige „Sympathie für den Verein“ und die „Seele des Fußballs“ ausgespielt. Dieses Deutungsmuster wird auch in den beiden vorliegenden Studien aufgegriffen und diskutiert, aber mit unterschiedlichen Akzenten: So findet bei Woller die berufliche Laufbahn Gerd Müllers, der an seiner kommerziellen Verwertung nahezu zerbrach, doch noch ein versöhnliches Ende, als sich der Verein seines verlorenen Sohnes schließlich annimmt und ihn vor dem finalen Absturz bewahrt. Mehr als zehn Jahre arbeitete der Rekordtorschütze nach einer durch Uli Hoeneß geebneten Rückkehr zum FC Bayern als Jugend-Trainer an der Säbener Straße, abseits des Scheinwerferlichts. Es sind ebensolche Sinnhorizonte – wie derjenige des Vereins als Orientierung stiftende Gemeinschaft mit „Familiensinn“ (Woller, S. 289) –, an die allerorts eine „Memorialkultur im Fußballsport“[7] anknüpft und die der FC Bayern im Fall Müller offenbar beispielhaft einzulösen imstande war.

Jonas wiederum weist mit Recht darauf hin, dass eine scharfe Trennlinie zwischen Vermarktung und „wahrem Wert“ des Fußballs nicht so leicht zu ziehen, ja nicht einmal sinnvoll sei: Denn die Traditionalisten tragen ihrer Ansicht nach dazu bei, den Markenkern des Fußballs zu festigen, der an vermarktbarem Wert gerade dadurch gewinnt, dass man ihm eine den schnöden Kommerz transzendierende Dimension zuschreibt (S. 270). In gewisser Hinsicht brachte der gewiefte Manager Uli Hoeneß, dessen Bedeutung als neuer Typus eines strategisch denkenden Spielers und Managers beide Studien hervorheben, ebendieses Spannungs- und Abhängigkeitsverhältnis sehr offen in seiner prominenten „Wutrede“ aus dem Jahr 2007 auf den Punkt. Hier machte er sich nicht nur über die „schöne, alte Welt“ des Fußballs als vermeintlich unzeitgemäße Sehnsucht der Basis lustig, sondern konstatierte auch, dass der Verein den Leuten in der VIP-Loge „das Geld aus der Tasche ziehen“ müsse, damit die Fans für sieben Euro das Spiel in der Südkurve genießen könnten.[8]

Die Erfolgsgeschichte des FC Bayern als Prototyp der jüngeren Entwicklung lässt sich in beiden Studien chronologisch verfolgen: Während Woller die feste Verankerung des Vereins in der bayerischen Politik und seine Regionalidentität beschreibt, kann Jonas den folgenden Prozess der „Glokalisierung“[9] aufzeigen: Im Zuge einer europäischen[10] und internationalen Vermarktung des Fußballs wächst der Wert des Traditionalen als „Branding“, das sich wiederum global vorzüglich verkaufen lässt. Dementsprechend besitzt der FC Bayern als mitgliederstärkster Fußballverein der Welt heute Anhänger rund um den Globus.

Was auch immer der wahre, authentische Wert des Spiels sein mag: Hans Woller und Hannah Jonas haben in ihren wichtigen Arbeiten – aus der Warte einer Biografie ebenso wie in der Form eines sporthistorischen Ländervergleichs – vor allem eindrucksvoll nachgewiesen, warum die Kommerzialisierung aus dem Fußball nicht mehr wegzudenken ist. Dass der Fußballsport „das große Geld“ magisch anzuziehen scheint, ist darüber hinaus eine Erkenntnis, die auch für den sich ganz und gar antikapitalistisch gebenden Fußball des ehemaligen Ostblocks zutrifft. Üppige Privilegien, offizielle und informelle Prämien und Handgelder prägten auch das Leben der offiziell als Amateure auflaufenden Kicker in der DDR, die in Jonas' Studie trotz ihres Blicks auf „Deutschland“ ausgespart bleiben.[11] Auch König Fußball im Staatssozialismus hatte seine „Amigos“ – selbst wenn diese sich mit „Genosse“ ansprachen.

Anmerkungen:
[1] Im Jahr des 100-jährigen DFB-Jubiläums fand auf dem 43. Deutschen Historikertag in Aachen die vom Stuttgarter Historiker Wolfram Pyta geleitete Sektion „Kinder der Bundesliga“ statt.
[2] Nils Havemann, Samstags um halb 4. Die Geschichte der Fußballbundesliga, München 2013.
[3] W. Ludwig Tegelbeckers, Spiegel der „Erlebnisgesellschaft“? Der Fußball im Wandel vom Spielprozess zum Marktprodukt, in: ders. / Dietrich Milles (Hrsg.), Quo vadis, Fußball? Vom Spielprozess zum Marktprodukt, Göttingen 2000, S. 9–15, hier S. 14.
[4] Bosman hatte Klage gegen den belgischen Fußballverband erhoben, da dieser ihm nicht den ablösefreien Wechsel zu einem französischen Klub gestattet hatte.
[5] Zuvor waren höchstens drei ausländische Spieler pro Klub zulässig (plus zwei „assimilierte“ Staatsangehörige anderer Länder, die seit mehr als fünf Jahren für einen Verein antraten).
[6] Achim Saupe, Authentizität, Version: 3.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 25.08.2015, https://docupedia.de/zg/Saupe_authentizitaet_v3_de_2015 (30.10.2020).
[7] Markwart Herzog (Hrsg.), Memorialkultur im Fußballsport. Medien, Rituale und Praktiken des Erinnerns, Gedenkens und Vergessens, Stuttgart 2013.
[8] Zur Hoeneß-Rede auf der Jahreshauptversammlung des FC Bayern 2007 vgl. Havemann, Samstags, S. 495.
[9] Richard Giulianotti / Roland Robertson, Die Globalisierung des Fußballs: ‚Glokalisierung‘, transnationale Konzerne und demokratische Regulierung, in: Peter Lösche (Hrsg.), Fußballwelten. Zum Verhältnis von Sport, Politik, Ökonomie und Gesellschaft, Opladen 2002, S. 219–251.
[10] Zur Bedeutung europäischer Wettbewerbe wie der Champions League vgl. Wolfram Pyta / Nils Havemann (Hrsg.), European Football and Collective Memory, Houndmills 2015.
[11] Die Westfälische Wilhelms-Universität Münster führte gemeinsam mit dem Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam und dem Zentrum deutsche Sportgeschichte Berlin-Brandenburg ein dreijähriges Projekt zum Fußball in der DDR durch, das vom DFB gefördert wurde.

Zitation

Jutta Braun: Rezension zu: Woller, Hans: Gerd Müller oder Wie das große Geld in den Fußball kam. Eine Biografie. München  2019. ISBN 978-3-406-74151-7 / Jonas, Hannah: Fußball in England und Deutschland von 1961 bis 2000. Vom Verlierer der Wohlstandsgesellschaft zum Vorreiter der Globalisierung. Göttingen  2019. ISBN 978-3-525-37086-5, In: H-Soz-Kult, 30.11.2020, <www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-28546>.