Guten Morgen,
vor ein, zwei Wochen sah ich in der SZ die Sterbeanzeige von
Joachim „Jovi“ Güth
aus Saarbrücken. Als wir vor 20 Jahren unsere alte Stiege im Haus
durch eine
Treppe ersetzten, holte er sich die Stiege ab für sein Haus in
Frankreich und
identifizierte die seltsamen Ziegel, auf die wir im Boden unserer
Scheune
gestoßen waren, als römische (was letztendlich zu den Grabungen in
Hof und
Garten führte). Er schaute sich unser altes Haus an, dessen
Renovierung ihm
recht gut gefiel - bis auf die Wand meines Arbeitszimmers, das wir
neu verputzt
hatten - aber nicht flach, sondern mit vielen Wölbungen etc.
Da schaute er mich an mit seinem Blick nach dem Motto „Das ist ja
wohl nicht
Dein Ernst“, zuckte mit den Schultern und meinte verächtlich:
„Pizza-Putz!“,
worauf wir beide lachen mußten.
Heute morgen erschien in der SZ auf der Seite B3 ein Nachruf,
verfaßt von der
Reporterin Cathrin Elss-Seringhaus:
„Saarbrücker Heimatforscher Joachim Güth gestorben : Ein Leben als
Kämpfer für
den Denkmalschutz
Er war bekannt und gefürchtet – und geschätzt. Am Ende eines
langen
kämpferischen Lebens für Denkmalschutz und Heimatpflege konnte
sich Joachim
Güth „Träger des Bundesverdienstkreuzes am Bande“ nennen.
Bis vor gar nicht allzu langer Zeit durchstreifte er immer noch
die Straßen
seiner Heimatstadt Saarbrücken, in der er jahrzehntelang als
kompetenter
Spurenleser unterwegs war, städtebaulich-historische Führungen
durchführte.
Dann erhob Güth seinen Stock in Richtung jeder von ihm als
Kulturfrevel
empfundenen Bausünde, und bis zuletzt noch hielt er nicht selten
auch Passanten
an, um seiner Empörung Luft zu machen. Der Geograf Güth, vormals
Lehrbeauftragter und Mitarbeiter des Instituts für Landeskunde,
starb kürzlich
im Alter von 82 Jahren.
Er war mehr als ein „Saarbrücker Original“, nämlich ein landesweit
engagierter
„Meister des Aufruhrs“, wie ihn Freunde charakterisieren, er war
ein
unbeirrbarer, fundamentalistischer Revolutionär im Kampf für
gewachsene Dorf-
und Stadtstrukturen. Widerstand hielt Güth für seinen persönlichen
Auftrag und
seine erste Bürgerpflicht. So mischte sich der Denkmalschützer
beispielsweise
in die Debatte um den Umbau der Saarbrücker Bergwerksdirektion
ein, benutzte
die Begriffe „Verrat“ und „Mord“. Wahrlich, bei der Wortwahl war
Güth nie
zimperlich. Er selbst lebte in einem Fachwerkhaus aus dem 15.
Jahrhundert mit
einer Rückwand aus Resten der alten Saarbrücker Stadtmauer, hatte
als
Evakuierungs-Kind erlebt, was Heimatverlust und Heimweh bedeuten.
Güth
beschrieb seine Grund-Überzeugung wie folgt: „Wenn ein Mensch ein
Kulturgut
besitzt, hat er die Verantwortung, damit pfleglich umzugehen.“
Politisch
korrekte Heimatpflege?
Über der Trauergottesdienstrede, die der Seelsorger Peter Sorg für
ihn hielt,
stand der Bibelspruch „Bewahre, was dir anvertraut ist“. Die Rede
ist also von
zärtlicher Fürsorge für das, was alle Bürger angeht.“
Ergebenst
Roland Geiger