2020/03/23 20:56:03 Roland Geiger [Regionalforum-Saar] Im Transit auf dem Ozean. Schiffszeitungen als Dokumente globaler Verbindungen im 19. Jahrhundert
2020/03/05 20:44:10 Roland Geiger [Regionalforum-Saar] W. Plumpe: Das kalte Herz
2020/03/23 20:56:03 Roland Geiger [Regionalforum-Saar] Im Transit auf dem Ozean. Schiffszeitungen als Dokumente globaler Verbindungen im 19. Jahrhundert
Date: 2020/03/23 13:10:02 From: Roland Geiger <alsfassen(a)...
Salve,
im Regionalforum geht es um die Geschichte unserer Region. Um die
ganz alte, die etwas neuere, aber auch die von vorgestern.
Ich weiß nicht, wie lange es das Forum geben wird. Ich hoffe, so
lange ich lebe und jedes Jahr die 40 Euro aufbringen kann, mit
denen es finanziert wird.
Also hoffentlich noch recht lange.
Alles, was hier geschrieben wird, wird auch archiviert und kann
von angemeldeten Nutzern nachgelesen werden. Und so hoffe ich, daß
vielleicht das ein oder andere irgendwann mal nachgeschlagen und
als durchaus brauchbar angesehen und verwendet wird. Nicht allein
deshalb setze ich diesen Artikel rein, der heute in der
Saarbrücker Zeitung steht. Auf Seite 4, wo es um "Standpunkte"
geht. Dort findet sich die Glosse, die ich oft mit Genuß lese
(dort geht es heute um Wissenslücken - köstlich!). Darüber gibts
einen Kommentar zur Auflösung von Bernd Höckes Flügel, m.E. ein
schlechter Scherz hoch 3. Daneben die sich darauf beziehende
Karikatur.
Tja, und darunter der Gastbeitrag, dem auch mein o.a. "Betreff" gilt.
Roland Geiger
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In der Corona-Krise hat sich der Rechtsstaat
angesteckt
Von Markus Groß, stellvertretendes Mitglied des
Verfassungsgerichtshofes des
Saarlandes
Im Zeichen der Corona-Krise kommt das gesellschaftliche und
wirtschaftliche
Leben beinahe vollständig zum Erliegen. Mit Ausgangssperren und
anderen
drastischen Maßnahmen versucht der Staat die Ausbreitung des Virus
zu
verlangsamen.
Die Krise ist die Stunde der Exekutive. Und so wie sie zur
Hochform aufläuft,
schalten die anderen Staatsgewalten auf Notbetrieb herunter. Für
politische
Willensbildung in den Parteien lässt die exponentielle Ausbreitung
des Virus
weder Raum noch Zeit. Abstand ist das Gebot der Stunde. Dabei
erleben wir die
intensivsten flächendeckenden Grundrechtseingriffe der
(westdeutschen)
Nachkriegsgeschichte. Grenzen werden geschlossen, die
Versammlungsfreiheit ist
suspendiert, die Freizügigkeit massiv eingeschränkt. Selbst
Kirchen, Synagogen
und Moscheen sind geschlossen, von der Berufs- und Gewerbefreiheit
ganz zu
schweigen. Es braucht keinen Virologen, um festzustellen: der
Rechtsstaat hat
sich angesteckt.
Freilich gewährt die Verfassung dem einzelnen keine schrankenlose
Freiheit,
schon einem geordneten Zusammenleben wegen. Die Grundrechte sind
zugleich eine
objektive Wertordnung. Daraus resultiert die unmittelbare Pflicht
zum Schutz von
Leben und Gesundheit. Der Staat darf die Freiheit beschränken,
wenn er eine
gesetzliche Grundlage besitzt und sein Handeln dem Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit entspricht. Verhältnismäßig ist heute – so
scheint es –,
was die Virologen sagen, auch wenn die demokratisch legitimierten
Regierungen
zu entscheiden haben. Vielleicht werden sie Recht behalten.
Vielleicht. Vieles
ist ungewiss, angefangen von der Zahl der Infizierten über die
tatsächliche
Sterblichkeitsrate bis hin zur wahren Gefährlichkeit. Wo stehen
wir auf der
Skala? Nah an der Grippe oder doch eher bei Ebola? Droht dem
leistungsfähigeren
deutschen Gesundheitssystem der Kollaps wie in Italien? Die
Verfassung gesteht
dem Staat einen weiten Einschätzungsspielraum zu. Doch je
intensiver der Eingriff
in die Freiheitsrechte, desto valider muss die Tatsachgrundlage,
desto höher
die Wahrscheinlichkeit eines schweren Schadens sein.
Verhältnismäßigkeit
verpflichtet zum Rückgriff auf das mildeste Mittel. Daran muss
sich jede
Maßnahme messen lassen. Und das mildere Mittel muss konsequent mit
allen
Instrumenten des Rechtsstaats durchgesetzt werden, bevor das
ultima ratio zum
Tragen kommt. Das weckt Zweifel an der Verbotsspirale, die sich in
einem
politischen Überbietungswettbewerb nur in eine Richtung dreht.
Ende ungewiss.
Besorgniserregend ist die atemberaubende Geschwindigkeit, in der
die Exekutive
wesentliche Elemente des demokratischen Rechtsstaats im Alleingang
außer
Vollzug setzen konnte. Die Mütter und Väter des Grundgesetzes
dürften sich
anderes vorgestellt haben, als sie nach den Erfahrungen in der
NS-Diktatur
Gewaltenteilung und Föderalismus festgeschrieben haben. Das mahnt
zur
Wachsamkeit. Auch in der Krise tragen wir Verantwortung für den
Rechtsstaat.
Gerade dann. Aber richten wir den Blick auf die Zeit „danach“.
Wird die
Corona-Krise Drehbuch zukünftiger Katastrophen sein? Werden sich
die Maßstäbe
verändern? Die roten Linien weiter hinaus geschoben? Das nächste
Virus, die
nächste Krise kommen bestimmt. Man will nicht daran denken, wer
dieses Land einmal
regieren könnte.
erschienen in der Saarbrücker Zeitung vom 23.03.2020, Seite A4