Klosterbuch
Schleswig-Holstein und Hamburg. Klöster, Stifte und Konvente
von den Anfängen
bis zur Reformation
Herausgeber Oliver
Auge, Katja
Hillebrand
Erschienen Regensburg 2019: Schnell
& Steiner
Anzahl Seiten 1600 S.
ISBN 978-3-7954-2896-9
Inhalt:
=> meinclio.clio-online.de/uploads/media/book/toc_book-58043.pdf
Rezensiert für H-Soz-Kult von Wolfgang Huschner, Historisches
Seminar,
Universität Leipzig
Die Publikation des Brandenburgischen Klosterbuches im Jahre
2007[1] führte in mehreren
nord- und
mitteldeutschen Bundesländern zu Initiativen, interdisziplinär
angelegte
regionale Handbücher der Klöster, Kommenden und Stifte zu
erarbeiten. Das
Niedersächsische Klosterbuch erschien 2012[2], das Mecklenburgische
2016[3], das Sächsische wird
derzeit für den
Druck vorbereitet; jenes für Sachsen-Anhalt befindet sich seit
2019 in der
ersten Bearbeitungsphase. In diesen Kontext gehört das nun
vorliegende
zweibändige Werk für Schleswig-Holstein und Hamburg. Diese
Klosterbücher
richten sich nicht nur an wissenschaftliche Nutzer, sondern
auch an viele
interessierte Leser sowie insbesondere an historische bzw.
Klostervereine
inner- und außerhalb der jeweiligen Region.
Das Handbuch entstand in zwei Phasen. Von 2007 bis 2011 wurden
ein
Klosterregister und Verzeichnisse der überlieferten Quellen,
der Fachliteratur
sowie des Bau- und Inventarbestandes erstellt. Zwischen 2014
und 2018 erfolgte
die Erarbeitung der 59 Beiträge. Daran wirkten 64 Autorinnen
und Autoren mit,
von denen eine Reihe bereits am Brandenburgischen,
Mecklenburgischen bzw.
Niedersächsischen Klosterbuch beteiligt war.
Einleitend werden Erläuterungen zum Aufbau und zur
konzeptionellen Ausrichtung
des Klosterbuches, zur Gliederung und Textgestaltung der
Katalogartikel sowie
zu den Abbildungen und Karten geboten. In räumlicher Hinsicht
wurden alle
Institutionen berücksichtigt, die in den ehemaligen
Herzogtümern Schleswig,
Holstein und Sachsen-Lauenburg sowie den mittelalterlichen
Hansestädten Hamburg
und Lübeck bestanden. Zudem wurde das
Prämonstratenser-Domstift Ratzeburg
bearbeitet, das territorial (bis 1937) zu Mecklenburg gehörte
und besonders in
den Westen des Herzogtums ausstrahlte, in kirchlicher und
kultureller Hinsicht
aber auch mit Lauenburg, Lübeck und Holstein eng verbunden
war. Durch die
Orientierung an den historischen Territorien reicht das
Bearbeitungsgebiet über
die Grenzen des heutigen Bundeslandes Schleswig-Holstein
hinaus. Chronologisch
umfasst das Handbuch den Zeitraum von den ersten bekannten
Institutionen des 9.
Jahrhunderts bis zur Aufhebung der Klöster und Stifte im 16.
Jahrhundert. Von
den als evangelische Damenstifte fortgeführten Konventen
werden jene vier der
Ritterschaft in einem Einführungsbeitrag vorgestellt (Bd. 1,
S. 133–141). Das
inhaltliche Spektrum der vertretenen Orden umfasst Frauen- und
Männerkonvente
der Antoniter, Augustiner, Benediktiner, Birgittiner,
Dominikaner,
Franziskaner, Kartäuser, Prämonstratenser und Zisterzienser
sowie Säkularkanoniker.
Im Unterschied zum Brandenburgischen und Mecklenburgischen
wurden in das
vorliegende Klosterbuch auch semireligiöse Gemeinschaften der
Beginen und der
Schwestern vom gemeinsamen Leben aufgenommen, die ohne Gelübde
und offizielle
Regel ein klosterähnliches Leben führten. Der erste Band
enthält sechs
einführende Beiträge sowie in alphabetischer Reihung der
Standorte 29
Katalogbeiträge von Ahrensbök (Kartäuser) bis Lübeck
(Benediktiner;
Benediktiner und Benediktinerinnen; Zisterzienserinnen), der
zweite 30 Beiträge
von Lübeck (Dominikaner) bis Uetersen (Zisterzienserinnen)
sowie den Anhang.
Im ersten Einführungsbeitrag geben die beiden Herausgeber
einen Überblick der
Quellen und Forschungen zur Geschichte der Klöster und Stifte
im Untersuchungsraum
(Bd. 1, S. 21–53). Danach geht Oliver Auge auf die Errichtung
der verschiedenen
Klöster, Stifte und Konvente ein, stellt die im
Bearbeitungsgebiet vertretenen
Orden und Lebensformen vor und vergleicht die Kloster- und
Stiftsstruktur und
deren Ausstrahlung mit jener Brandenburgs (Bd. 1, S. 55–71),
allerdings nicht
mit der des benachbarten Mecklenburg. Aus komparatistischer
Sicht sei die
Vakanz von Ritterordensniederlassungen signifikant. Er
thematisiert in einem
weiteren Beitrag die vielfältigen Reformen Ende des 15./Anfang
des 16.
Jahrhunderts sowie den Verlauf der Reformation und das Ende
der
mittelalterlichen Klöster und Stifte (S. 121–131). Katja
Hillebrand, die schon
am Brandenburgischen und Mecklenburgischen Klosterbuch
beteiligt war, behandelt
die bau- und kunstgeschichtlichen Profile der Einrichtungen
sowie deren
architektonische und stilistische regionale und überregionale
Ausstrahlung (Bd.
1, S. 85–119). Der Beitrag von Linda Maria Koldau ist der
klösterlichen
Musikkultur gewidmet und hier insbesondere musikalischen
Quellen aus
Schleswig-Holsteinischen Klöstern (Bd. 1, S. 73–83).
Der inhaltliche und systematische Aufbau der Katalogartikel
orientiert sich an
jenem der anderen modernen Klosterbücher und berücksichtigt
regionale
Spezifika. Die Herausgeber entschieden sich für fünf
inhaltliche Hauptpunkte
(Übersicht, Geschichte, Archäologie sowie Bau- und
Kunstgeschichte, Siegel,
Archivalien und Literatur) mit mehreren Unterpunkten; das
Gliederungsraster ist
im Anhang gedruckt. Innerhalb der Katalogbeiträge sind
Verweise auf relevante
Quellen und Literatur am Satzende in Klammern gesetzt. Die
Karten, die Stefan
Magnussen nach den inhaltlichen Vorgaben der Autorinnen und
Autoren erstellte,
zeigen Besitzungen, Einkünfte und Rechte der Institutionen
mittels spezifischer
Symbole; Erstbelege werden chronologisch gestaffelt und durch
unterschiedliche
Farben für das jeweilige Jahrhundert markiert. Zu jedem
Katalogartikel gehören
illustrierende Abbildungen, die möglichst fünf Bereiche
umfassen: Siegel,
wichtige Urkunden zur Geschichte der Institution, historische
Karten und
Ansichten, Lagepläne sowie Fotografien zu den beschriebenen
Bauten, Bauteilen
und zur Innenausstattung. Am Ende jedes Beitrags werden die
Verfasserinnen und
Verfasser der einzelnen Punkte bzw. Abschnitte genannt.
Zum umfangreichen und nutzerfreundlichen Anhang (Band 2, S.
778–808) gehören
eine Gesamtbibliografie, ein Glossar, eine Liste der Bischöfe,
eine Übersicht
der Institutionen nach ihrer Zugehörigkeit zu Orden und
geistlichen
Gemeinschaften, Auflistungen der Klöster, Stifte und Konvente
mit ihren
Bearbeiterinnen und Bearbeiter sowie aller Autorinnen und
Autoren mit den von
ihnen verfassten Beiträgen bzw. Punkten, zudem ein Verzeichnis
der Abkürzungen
und Siglen. Das Fehlen eines Personenregisters ist der einzige
wirkliche
Kritikpunkt am Klosterbuch. Sogar eine unkommentierte
Auflistung aller Namen
wäre ausreichend gewesen, um eine zielgerichtete Erschließung
und Nutzung des Handbuches
erheblich zu erleichtern. So lassen sich Mönche, Stiftsherren
und Schwestern,
die in mehreren Beiträgen vorkommen, nur zufällig finden. Ein
Vergleich mit den
in anderen Klosterbüchern genannten Mitgliedern geistlicher
Institutionen oder
Stiftern wird so erschwert.
Das in mehrfacher Hinsicht schwergewichtige neue Klosterbuch
(es bringt fast
sieben Kilogramm auf die Waage) ist das Ergebnis einer enormen
wissenschaftlichen Leistung aller Beteiligten. Wegen des sehr
heterogenen
Forschungsstandes zu den einzelnen Institutionen mussten die
meisten Autorinnen
und Autoren eigene Untersuchungen anstellen, um fundierte
Beiträge verfassen zu
können. Es bedurfte für dieses Projekt eines langen Atems
sowie beharrlicher
und flexibler Forschungstätigkeit, um es auf dem angestrebten
Niveau ins Ziel
zu führen. Das ist eindrucksvoll gelungen. Das Klosterbuch
Schleswig-Holstein
und Hamburg steht nun würdig an der Seite der anderen bisher
publizierten
Handbücher. In einer Hinsicht ragt es über diese noch hinaus:
durch die
stärkere Gewichtung der bau- und kunsthistorischen
Gliederungspunkte. Die
vielen sorgsam ausgewählten Fotos (zumeist von Katja
Hillebrand), welche die
Ausführungen zur Bau- und Kunstgeschichte flankieren und
illustrieren,
verbinden nicht nur Text- und Bildgestaltung sinnvoll
miteinander, sondern
machen das Werk zu einem ausgesprochen schönen Buch, das
zweifellos viele Leser
finden wird.
Anmerkungen:
[1] Heinz-Dieter Heimann,
Klaus Neitmann /
Winfried Schich (Hrsg.), Brandenburgisches Klosterbuch.
Handbuch der Klöster,
Stifte und Kommenden bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts, 2
Bände, Berlin 2007.
[2] Josef Dolle (Hrsg.),
Niedersächsisches
Klosterbuch. Verzeichnis der Klöster, Stifte, Kommenden und
Beginenhäuser in
Niedersachsen und Bremen von den Anfängen bis 1810, 4 Bände,
Gütersloh 2012.
[3] Wolfgang Huschner / Ernst
Münch / Cornelia
Neustadt / Wolfgang Eric Wagner (Hrsg.), Mecklenburgisches
Klosterbuch.
Handbuch der Klöster, Stifte, Kommenden und Prioreien
(10./11.-16.
Jahrhundert), 2 Bände, Rostock 2016.
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