Monatsdigest

[Regionalforum-Saar] Mühlen, Kraftwerke, Wasse rbauten: Die Regulierung von Flüssen und Gewässern . Rechtshistorische Tagung

Date: 2020/02/03 21:01:54
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Wenns nicht so weit weg wäre ...

Mühlen, Kraftwerke, Wasserbauten: Die Regulierung von Flüssen und Gewässern. Rechtshistorische Tagung

Ort     Irsee
Veranstaltungsort  Schwabenakademie Irsee, Klosterring 4, 87660 Irsee

Veranstalter
Heimatpflege des Bezirks Schwaben; Lehrstuhl für Bürgerliches Recht und Zivilverfahrensrecht, Römisches Recht und Europäische Rechtsgeschichte der Universität Augsburg; in Kooperation mit der Schwabenakademie Irsee

Datum         01.04.2020 - 02.04.2020

Bewerbungsschluss         31.03.2020

Url http://www.schwabenakademie.de

Von Peter Fassl, Christoph Becker

Bayerisch-Schwaben ist mit 6.000 km Fließgewässer reich an Flüssen und Bächen, die seit der römischen Zeit gewerblich genutzt wurden und die Wirtschaftsentwicklung des Raumes über die Industrialisierung und die Elektrizitätsgewinnung bis in die Gegenwart mitprägten.
Für die Rechtsgeschichte stellen sich grundsätzliche Fragen: Wer hat das Recht am Wasser? Wer darf Mühlen bauen? Wie wird der Flussbau reguliert? Zum ökonomischen Verwertungsinteresse kommen heute ökologische Vorgaben, der Hochwasserschutz, der Kiesabbau und die Freizeitindustrie. Ausgehend vom süddeutschen Raum wird die Frage in den europäischen Kontext gestellt. Experten aus Deutschland, Tschechien, der Schweiz und Spanien werden Forschungsergebnisse vorstellen.
4. rechtsgeschichtliche Tagung der Heimatpflege des Bezirks Schwaben und des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht und Zivilverfahrensrecht, Römisches Recht und Europäische Rechtsgeschichte der Universität Augsburg.

Programm

Mittwoch, 1. April 2020

9.30 Uhr
Eintreffen der Teilnehmer: Kaffee und Imbiss

10.00 Uhr
Dr. Markwart Herzog, Direktor der Schwabenakademie Irsee: Begrüßung

10.10 Uhr
Dr. Peter Fassl, Heimatpfleger des Bezirks Schwaben, Augsburg / Prof. Dr. Christoph Becker, Augsburg: Einführung

10.30 Uhr
Dr. Peter Fassl, Heimatpfleger des Bezirks Schwaben, Augsburg: Anmerkungen zur Wasserrechtsgeschichte Schwabens

10.50 Uhr
Dr. Barbara Rajkay, Stadtbergen: Die Rechte am Wasser in Augsburg

11.20 Uhr
Dr. Walter Bauernfeind, Stadtarchiv Nürnberg: Nürnberger Mühlen. Stadtentwicklung am Fluss im Mittelalter

11.50 Uhr
Christoph Engelhard, Stadtarchiv Memmingen: Der Fischertag in Memmingen

12.10 Uhr
Diskussion

12.30 Uhr Mittagessen

14.00 Uhr
PD Dr. Christof Paulus, Universität München: Fluss in Ketten. Streit um Wasserrechte am Lech im ausgehenden Spätmittelalter

14.20 Uhr
Prof. Dr. Karl Filser, Augsburg: Flößereirechte am Lech

14.50 Uhr
Prof. Dr. Wilhelm Liebhart, Altomünster: Die Wasserrechte der Reichsabtei St. Ulrich und Afra

15.20 Uhr Kaffeepause

15.40 Uhr
Felix Guffler, M.A., Augsburg: Wem gehört der Hecht? Ein Reichskammergerichtsprozess zu einem Biberbacher Streitfall

16.00 Uhr
Dr. Christoph Bachmann, Ltd. Archivdirektor, Staatsarchiv München: Wieso klappert die Mühle am rauschenden Bach? Zur Rechtsgeschichte der Mühlen und der Wassernutzung in Altbayern

16.30 Uhr
Diskussion

16.45 Uhr
Dr. Petr Kreuz, Archiv der Hauptstadt Prag: Mühlen und Wasserflüsse vor dem Stadtgericht der Prager Altstadt und der vereinten Prager Städte in der Zeit der Jagiellonen (1471–1526)

17.15 Uhr
Prof. Dr. Ignacio Czeguhn / Dr. Yolanda Quesada Morillas, Freie Universität Berlin: Das Wasserrecht im Spätmittelalter und der Frühen Neuzeit auf der iberischen Halbinsel und im Heiligen Römischen Reich. Eine vergleichende Betrachtung

18.00 Uhr
Diskussion

18.30 Uhr Abendessen

Donnerstag, 2. April 2020

9.00 Uhr
Prof. Dr. Theodor Bühler, Winterthur: Vom Klosterbezirk zum Gewerbebezirk dank Wasserverlauf, dargestellt am Kloster St. Alban in Basel

9.30 Uhr
Dr. Lutz-Dietrich Herbst, Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart: Der Haslachmühle das Wasser abgraben? Der Streit von 1841

10.00 Uhr
Prof. Dr. Bernd Kannowski, Universität Bayreuth: Über die Verantwortlichkeit der Deutschen Bundesbahn für die Unterhaltung einer 1851 durch den Bayerischen Eisenbahnfiskus angelegten Entwässerungsanlage

10.30 Uhr
Diskussion

10.45 Uhr Kaffeepause

11.00 Uhr
Corinna Malek M.A., Bezirk Schwaben, Augsburg: Rechtliche Rahmenbedingungen für die Moorentwässerung

11.30 Uhr
Katrin Holly M.A., Bezirk Schwaben, Augsburg: Die Regulierung von Flüssen zweiter Ordnung am Beispiel der „Genossenschaft zur Entwässerung des unteren Zusamtales“

12.00 Uhr
Diskussion

12.30 Uhr Mittagessen

14.00 Uhr
Ralph Neumeier, Regierung von Schwaben, Augsburg: Was bedeutet „guter Zustand“? Zum Stand der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie

14.30 Uhr
Gunther Wölfle, Wasserwirtschaftsamt Donauwörth: Wasserrechte im Landkreis Neu-Ulm

15.00 Uhr
Dr. Oliver Born, Bezirk Schwaben, Fachberater für das Fischereiwesen, Salgen: Mühlen, Wehre, Wasserkraftanlagen und die Fischerei – ein unlösbarer Konflikt?

15.30 Uhr
Schlussdiskussion

circa 16.30 Uhr
Ende der Tagung

Konzeption & Tagungsleitung
Dr. Peter Fassl, Heimatpfleger des Bezirks Schwaben, Augsburg
Prof. Dr. Christoph Becker, Universität Augsburg

Veranstalter
Heimatpflege des Bezirks Schwaben; Lehrstuhl für Bürgerliches Recht und Zivilverfahrensrecht, Römisches Recht und Europäische Rechtsgeschichte der Universität Augsburg; in Kooperation mit der Schwabenakademie Irsee

Anmeldungen
Schwabenakademie Irsee, Klosterring 4, 87660 Irsee
Tel. 08341 906-661, Fax 08341 906-669
www.schwabenakademie.de / buero(a)schwabenakademie.de


Kontakt
Peter Fassl
Bezirk Schwaben, Heimatpflege
Prinzregentenstr. 8, 86150 Augsburg
0821 3101-309
peter.fassl(a)bezirk-schwaben.de









[Regionalforum-Saar] O. Auge u.a. (Hrsg.): Klosterbuch Schleswig-Holstein

Date: 2020/02/04 20:23:41
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Klosterbuch Schleswig-Holstein und Hamburg. Klöster, Stifte und Konvente von den Anfängen bis zur Reformation


Herausgeber  Oliver Auge, Katja Hillebrand
Erschienen Regensburg 2019: Schnell & Steiner
Anzahl Seiten 1600 S.
ISBN 978-3-7954-2896-9

Inhalt:
=> meinclio.clio-online.de/uploads/media/book/toc_book-58043.pdf

Rezensiert für H-Soz-Kult von Wolfgang Huschner, Historisches Seminar, Universität Leipzig

Die Publikation des Brandenburgischen Klosterbuches im Jahre 2007[1] führte in mehreren nord- und mitteldeutschen Bundesländern zu Initiativen, interdisziplinär angelegte regionale Handbücher der Klöster, Kommenden und Stifte zu erarbeiten. Das Niedersächsische Klosterbuch erschien 2012[2], das Mecklenburgische 2016[3], das Sächsische wird derzeit für den Druck vorbereitet; jenes für Sachsen-Anhalt befindet sich seit 2019 in der ersten Bearbeitungsphase. In diesen Kontext gehört das nun vorliegende zweibändige Werk für Schleswig-Holstein und Hamburg. Diese Klosterbücher richten sich nicht nur an wissenschaftliche Nutzer, sondern auch an viele interessierte Leser sowie insbesondere an historische bzw. Klostervereine inner- und außerhalb der jeweiligen Region.

Das Handbuch entstand in zwei Phasen. Von 2007 bis 2011 wurden ein Klosterregister und Verzeichnisse der überlieferten Quellen, der Fachliteratur sowie des Bau- und Inventarbestandes erstellt. Zwischen 2014 und 2018 erfolgte die Erarbeitung der 59 Beiträge. Daran wirkten 64 Autorinnen und Autoren mit, von denen eine Reihe bereits am Brandenburgischen, Mecklenburgischen bzw. Niedersächsischen Klosterbuch beteiligt war.

Einleitend werden Erläuterungen zum Aufbau und zur konzeptionellen Ausrichtung des Klosterbuches, zur Gliederung und Textgestaltung der Katalogartikel sowie zu den Abbildungen und Karten geboten. In räumlicher Hinsicht wurden alle Institutionen berücksichtigt, die in den ehemaligen Herzogtümern Schleswig, Holstein und Sachsen-Lauenburg sowie den mittelalterlichen Hansestädten Hamburg und Lübeck bestanden. Zudem wurde das Prämonstratenser-Domstift Ratzeburg bearbeitet, das territorial (bis 1937) zu Mecklenburg gehörte und besonders in den Westen des Herzogtums ausstrahlte, in kirchlicher und kultureller Hinsicht aber auch mit Lauenburg, Lübeck und Holstein eng verbunden war. Durch die Orientierung an den historischen Territorien reicht das Bearbeitungsgebiet über die Grenzen des heutigen Bundeslandes Schleswig-Holstein hinaus. Chronologisch umfasst das Handbuch den Zeitraum von den ersten bekannten Institutionen des 9. Jahrhunderts bis zur Aufhebung der Klöster und Stifte im 16. Jahrhundert. Von den als evangelische Damenstifte fortgeführten Konventen werden jene vier der Ritterschaft in einem Einführungsbeitrag vorgestellt (Bd. 1, S. 133–141). Das inhaltliche Spektrum der vertretenen Orden umfasst Frauen- und Männerkonvente der Antoniter, Augustiner, Benediktiner, Birgittiner, Dominikaner, Franziskaner, Kartäuser, Prämonstratenser und Zisterzienser sowie Säkularkanoniker. Im Unterschied zum Brandenburgischen und Mecklenburgischen wurden in das vorliegende Klosterbuch auch semireligiöse Gemeinschaften der Beginen und der Schwestern vom gemeinsamen Leben aufgenommen, die ohne Gelübde und offizielle Regel ein klosterähnliches Leben führten. Der erste Band enthält sechs einführende Beiträge sowie in alphabetischer Reihung der Standorte 29 Katalogbeiträge von Ahrensbök (Kartäuser) bis Lübeck (Benediktiner; Benediktiner und Benediktinerinnen; Zisterzienserinnen), der zweite 30 Beiträge von Lübeck (Dominikaner) bis Uetersen (Zisterzienserinnen) sowie den Anhang.
Im ersten Einführungsbeitrag geben die beiden Herausgeber einen Überblick der Quellen und Forschungen zur Geschichte der Klöster und Stifte im Untersuchungsraum (Bd. 1, S. 21–53). Danach geht Oliver Auge auf die Errichtung der verschiedenen Klöster, Stifte und Konvente ein, stellt die im Bearbeitungsgebiet vertretenen Orden und Lebensformen vor und vergleicht die Kloster- und Stiftsstruktur und deren Ausstrahlung mit jener Brandenburgs (Bd. 1, S. 55–71), allerdings nicht mit der des benachbarten Mecklenburg. Aus komparatistischer Sicht sei die Vakanz von Ritterordensniederlassungen signifikant. Er thematisiert in einem weiteren Beitrag die vielfältigen Reformen Ende des 15./Anfang des 16. Jahrhunderts sowie den Verlauf der Reformation und das Ende der mittelalterlichen Klöster und Stifte (S. 121–131). Katja Hillebrand, die schon am Brandenburgischen und Mecklenburgischen Klosterbuch beteiligt war, behandelt die bau- und kunstgeschichtlichen Profile der Einrichtungen sowie deren architektonische und stilistische regionale und überregionale Ausstrahlung (Bd. 1, S. 85–119). Der Beitrag von Linda Maria Koldau ist der klösterlichen Musikkultur gewidmet und hier insbesondere musikalischen Quellen aus Schleswig-Holsteinischen Klöstern (Bd. 1, S. 73–83).

Der inhaltliche und systematische Aufbau der Katalogartikel orientiert sich an jenem der anderen modernen Klosterbücher und berücksichtigt regionale Spezifika. Die Herausgeber entschieden sich für fünf inhaltliche Hauptpunkte (Übersicht, Geschichte, Archäologie sowie Bau- und Kunstgeschichte, Siegel, Archivalien und Literatur) mit mehreren Unterpunkten; das Gliederungsraster ist im Anhang gedruckt. Innerhalb der Katalogbeiträge sind Verweise auf relevante Quellen und Literatur am Satzende in Klammern gesetzt. Die Karten, die Stefan Magnussen nach den inhaltlichen Vorgaben der Autorinnen und Autoren erstellte, zeigen Besitzungen, Einkünfte und Rechte der Institutionen mittels spezifischer Symbole; Erstbelege werden chronologisch gestaffelt und durch unterschiedliche Farben für das jeweilige Jahrhundert markiert. Zu jedem Katalogartikel gehören illustrierende Abbildungen, die möglichst fünf Bereiche umfassen: Siegel, wichtige Urkunden zur Geschichte der Institution, historische Karten und Ansichten, Lagepläne sowie Fotografien zu den beschriebenen Bauten, Bauteilen und zur Innenausstattung. Am Ende jedes Beitrags werden die Verfasserinnen und Verfasser der einzelnen Punkte bzw. Abschnitte genannt.

Zum umfangreichen und nutzerfreundlichen Anhang (Band 2, S. 778–808) gehören eine Gesamtbibliografie, ein Glossar, eine Liste der Bischöfe, eine Übersicht der Institutionen nach ihrer Zugehörigkeit zu Orden und geistlichen Gemeinschaften, Auflistungen der Klöster, Stifte und Konvente mit ihren Bearbeiterinnen und Bearbeiter sowie aller Autorinnen und Autoren mit den von ihnen verfassten Beiträgen bzw. Punkten, zudem ein Verzeichnis der Abkürzungen und Siglen. Das Fehlen eines Personenregisters ist der einzige wirkliche Kritikpunkt am Klosterbuch. Sogar eine unkommentierte Auflistung aller Namen wäre ausreichend gewesen, um eine zielgerichtete Erschließung und Nutzung des Handbuches erheblich zu erleichtern. So lassen sich Mönche, Stiftsherren und Schwestern, die in mehreren Beiträgen vorkommen, nur zufällig finden. Ein Vergleich mit den in anderen Klosterbüchern genannten Mitgliedern geistlicher Institutionen oder Stiftern wird so erschwert.

Das in mehrfacher Hinsicht schwergewichtige neue Klosterbuch (es bringt fast sieben Kilogramm auf die Waage) ist das Ergebnis einer enormen wissenschaftlichen Leistung aller Beteiligten. Wegen des sehr heterogenen Forschungsstandes zu den einzelnen Institutionen mussten die meisten Autorinnen und Autoren eigene Untersuchungen anstellen, um fundierte Beiträge verfassen zu können. Es bedurfte für dieses Projekt eines langen Atems sowie beharrlicher und flexibler Forschungstätigkeit, um es auf dem angestrebten Niveau ins Ziel zu führen. Das ist eindrucksvoll gelungen. Das Klosterbuch Schleswig-Holstein und Hamburg steht nun würdig an der Seite der anderen bisher publizierten Handbücher. In einer Hinsicht ragt es über diese noch hinaus: durch die stärkere Gewichtung der bau- und kunsthistorischen Gliederungspunkte. Die vielen sorgsam ausgewählten Fotos (zumeist von Katja Hillebrand), welche die Ausführungen zur Bau- und Kunstgeschichte flankieren und illustrieren, verbinden nicht nur Text- und Bildgestaltung sinnvoll miteinander, sondern machen das Werk zu einem ausgesprochen schönen Buch, das zweifellos viele Leser finden wird.

Anmerkungen:
[1] Heinz-Dieter Heimann, Klaus Neitmann / Winfried Schich (Hrsg.), Brandenburgisches Klosterbuch. Handbuch der Klöster, Stifte und Kommenden bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts, 2 Bände, Berlin 2007.
[2] Josef Dolle (Hrsg.), Niedersächsisches Klosterbuch. Verzeichnis der Klöster, Stifte, Kommenden und Beginenhäuser in Niedersachsen und Bremen von den Anfängen bis 1810, 4 Bände, Gütersloh 2012.
[3] Wolfgang Huschner / Ernst Münch / Cornelia Neustadt / Wolfgang Eric Wagner (Hrsg.), Mecklenburgisches Klosterbuch. Handbuch der Klöster, Stifte, Kommenden und Prioreien (10./11.-16. Jahrhundert), 2 Bände, Rostock 2016.


[Regionalforum-Saar] der jude in mir - 1932

Date: 2020/02/10 09:26:09
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Professor Dr. Hermann Freericks, Gymnasiallehrer in Münster, später Gymnasialdirektor in St. Wendel und Wiesbaden. Aufgewachsen in einer katholischen Familie, die den Fürstbischof Kopp zu ihren Freunden zählte. Bei einem Besuch in Paris in einen deutschen Klub. Als ein antisemitisches Lied gesungen wurde, erhob sich Freericks und bat, vom Singen solcher Lieder abzusehen, da es ihn als Juden verletze. Beim Weggehen fragte ihn der Freund verwundert, wie er, der hochgewachsene blonde Friesenspross, dazu käme, sich als Jude zu bezeichnen. „Das schien mir das am schnellsten wirkende Mittel, jener Gehässigkeit zu wehren. Ich nehme an, dass jeder anständige Nichtkatholik ähnlich handelt, wenn Katholisches verhöhnt wird.“

 

Quelle: Central-Verein-Zeitung : Blätter für Deutschtum u. Judentum , Zentral-Verein Deutscher Staatsbürger Jüdischen Glaubens (Hrsg.), Berlin, Heft 10 (Oktober 1932)

[Regionalforum-Saar] Aus dem Land, wo Zitronen nicht blühn

Date: 2020/02/10 10:12:34
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

"Im Fürstenthum Lichtenberg - Sie  kennen ja das umgetaufte Land, wo die Zitronen nicht blühn, und noch edlere Früchte nicht - geht es bunt zu. Ohne in die Untersuchung eingehen zu wollen, ob die Beschwerdeführer gegen die dortige Landes=Administrationskommission nicht irrige Darstellungen und Übertreibungen sich vorzuwerfen haben, und ob auch das Landesgericht in seinen Behauptungen über die Kompetenz der letztern nicht so weit ging, sowie denn offenbar die Anführung der Konstitution von 1793 und die Bestreitung der Gültigkeit aller nicht "vom Volke von St. Wendel" ratifizierten Dekrete und Ordnungen ein Missgriff war; so ergibt sich doch aus dem Moniteur oder Amtsblatt von St. Wendel selbst unwidersprechlich, daß die Verordnungssucht sehr weit getrieben war, und daß manche Maasregeln, die früher in den Rh. Blättern schon gerügt, willkürlich ins Eigenthum, in die heiligsten Rechte und in die Justiz eingegriffen.

Nun ist durch ein herzogliches Rescript vom 24. Februar 1819 der Knoten zerhauen. Die Gerichte stehen nämlich ganz unter der Verwaltung, der die gesetzgebende Macht förmlich anvertraut ist, müssen deren Leistung befolgen, werden von der Verwaltung vereidet, und diese hat die Disziplin!!! Der Staatsprokurator ist eine Art von Justizminister und denunziert die Richter, wenn sie nicht pariren, der - Landes=Administrationskommission.

Kaum wird man in Frankreich, in Rheinbaiern und Rheinpreußen sich von einer solchen Justiz einen Begriff machen können, und wer unter solchen Bedingungen und bei dieser Abhängigkeit einer Stelle annimmt, der muß in einer beklagenswerthen Lage sich befinden. Tröstlich insbesondere muß eine solche Einrichtung für Parteien seyn, die gegen den Fiskus Recht suchen.

Sie sollten wirklich der Sache erwähnen, deren Beweis sich durch die Ansicht des, wo ich nicht irre, auch in der Mainzer Zeitung abgedruckten obenerwähnten Rescripts selbst darstellt, dessen Durchlesung jeden Kommentar überflüssig macht. Was würde man in Frankreich gesagt haben, wenn je ein Präfekt, oder selbst ein Gouverneur einer Militärdivision in eine solche, den Gedanken an unparteiische Rechtspflege aufhebende Stellung gegen die Gerichte getreten wäre!"

 

Quelle: Zeitung der freien Stadt Frankfurt, Nr. 118 (28.4.1819)

[Regionalforum-Saar] Kirchenreform und Landesherrschaft im 15. Jahrhundert. Studien aus den Acta Cusana

Date: 2020/02/12 18:19:09
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Kirchenreform und Landesherrschaft im 15. Jahrhundert. Studien aus den Acta Cusana

Humboldt-Universität zu Berlin, Unter den Linden 6, 10099 Berlin, Raum 2249a
Veranstalter       Institut für Geschichtswissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin, Arbeitsstelle ‚Acta Cusana‘
Datum       16.04.2020 - 18.04.2020
Bewerbungsschluss     01.04.2020

Url http://www.actacusana.de

Von Thomas Woelki

Die Acta Cusana werden mit der Vollendung des zweiten Bandes im Jahre 2020 ein wichtiges Etappenziel erreicht haben. Zu diesem Anlass veranstaltet die Berliner Forschungsstelle ‚Acta Cusana‘ eine internationale Konferenz an der Humboldt-Universität in Berlin. Wichtigstes Ziel der Veranstaltung ist es, Möglichkeiten der wissenschaftlichen Auswertung des dann zur Verfügung stehenden Quellenmaterials zu diskutieren, Impulse für die fruchtbare Benutzung der neuen Editionsbände zu setzen und auf diesem Wege den Lebenskosmos des Cusanus umfassend zu erörtern.

Das von Erich Meuthen (1929-2018) und Hermann Hallauer (1926-2013) bereits in den 1950er Jahren begründete Projekt verfolgt eine detaillierte Dokumentation der Lebensgeschichte des bedeutenden Philosophen, Kardinals und Kirchenpolitikers Nikolaus von Kues und der ihn umfassenden politischen, intellektuellen und religiös-kirchlichen Lebenswelten des Spätmittelalters. Der im Jahre 2000 noch von Erich Meuthen vollendete Band I, der die frühen Lebensjahre des Nikolaus von Kues einschließlich seiner großen Legationsreise durch das Deutsche Reich (1451/52) umfasst, präsentiert durch seine weitverzweigte Überlieferung einen repräsentativen Querschnitt für nahezu alle Felder von Kirche, Reform, Diplomatie wie Frömmigkeitspraxis des Spätmittelalters.

Die ab 2012 von Johannes Helmrath und Thomas Woelki herausgegebenen Faszikel des zweiten Bandes, der die Jahre der Bischofsherrschaft in Brixen (1452-1458) behandelt, bilden mit ihrer stärkeren Radizierung auf die Tiroler Welt ein singuläres Beispiel für die Feinstruktur eines spätmittelalterlichen Bistums, die Techniken und Probleme seiner Verwaltung, die oft konfliktreiche praktische Umsetzbarkeit tiefgreifender Reformen des christlichen Lebens und auf politischer Ebene das Ringen um das Überleben geistlicher Landesherrschaften in Konkurrenz mit mächtigen, dynastisch und territorial eng verflochtenen Akteuren, wie in diesem Fall dem Herzog von Österreich-Tirol.

Programm

Donnerstag, 16. April 2020, Raum 2249a
14.00-14.30: Johannes Helmrath, Thomas Woelki: Begrüßung und Einführung

1. Sektion: Kirchenreform und Kirchenpolitik
Moderation: Johannes Helmrath
14.30-15.10: Enno Bünz (Leipzig) – Pastorale Visionen und die Kirchen vor Ort. Nikolaus von Kues, die Pfarreien und die Seelsorger im Bistum Brixen
15.10-15.50: Tillmann Lohse (Berlin) – Nikolaus von Kues und die Reform des Stifts Wilten
15.50-16.30: Tobias Daniels (München) – Brixen und Rom. Die Acta Cusana als Quelle für das Verhältnis von Kurie und Region
16.30-16.50: Pause
16.50-17.30: Giovanna Murano (Florenz) – Niccolò da Cusa, Giovanni Pico e il ms. Vat. lat. 4071
17.30-18.10: Marco Brösch (Trier), Der Bischof und seine Bücher. Studien zur Brixener Bibliothek des Nikolaus von Kues

Freitag, 17. April 2020, Raum 2249a
9.00-9.40: Walter Andreas Euler (Trier) – Die Bedeutung der Acta Cusana, Band II mit Blick auf die Brixener Predigten des Nikolaus von Kues.
9.40-10.20: Isabelle Mandrella (München) – Nicolaus Cusanus und Verena von Stuben: Neue Einsichten in ein spannungsreiches Verhältnis
10.20-10.40: Pause

2. Sektion: Landes- und Verfassungsgeschichte
Moderation: Matthias Thumser
10.40-11.20: Thomas Horst (Lissabon) – Das Bistum Brixen unter Bischof Ulrich Putsch (1427-1437) - einem Vorgänger des Cusanus: ständiges Ringen um die Tiroler Herrschaft im Vergleich
11.20-12.00: Clémence Revest (Paris) – Il predecessore dimenticato : il vescovo Johann Rötel e l’umanesimo italiano
12.00-13.30: Mittagspause
13.30-14.10: Felix Melching (Berlin) – Bemerkungen zu einigen wenig beachteten Briefen aus der Brixner Zeit des Nikolaus von Kues
14.10-14.50: Emmanuele Curzel (Trient) – Nicolò Cusano vescovo di Bressanone e il vescovo di Trento Georg Hack (1446-1465)
14.50-15.30: Erika Kustatscher (Bozen) – Mikropolitische Aspekte der Herrschaft des Nikolaus von Kues als geistlicher und weltlicher Fürst in Brixen
15.30-16.00: Pause
16.00-16.40: Thomas Woelki, Ein „Schuman-Plan“ avant la lettre? Die Vorschläge des Nikolaus von Kues zu einer integrativen Tiroler Landesherrschaft (1458)
16.40-17.20: Henrike Liv Vallentin (Berlin), Loyalität als Machtressource. Der Cusanus-Familiar Heinrich Pomert
17.20-18.00: Werner Maleczek (Wien) – Nikolaus von Kues als reisender Bischof von Brixen. Innerhalb und außerhalb seiner Diözese

Samstag, 18. April 2020, Raum 2249a
3. Sektion: Cusanus in der Kulturgeschichte
Moderation: Thomas Woelki
9.00-9.40: Johannes Helmrath (Berlin) – Gerüchte und Fake News im spätmittelalterlichen Tirol: Die „Wiltener Affäre“ und ihre mediale Resonanz
9.40-10.20: Kerstin Hitzbleck (Ahrensburg) – Conscientia - Dimensionen des Gewissens bei Nikolaus von Kues
10.20-10.40: Pause
10.40-11.20: Christian Jaser (Berlin) – Cusanus und die Tiere
11.20-12.00: Hans Gerhard Senger (Köln) – Die Brixener Jahre des Nikolaus von Kues in Roman, Drama und Erzählung
12.00-12.30: Johannes Helmrath, Thomas Woelki: Schlusswort


Kontakt
Thomas Woelki
Humboldt-Universität zu Berlin, Institut für Geschichtswissenschaften
Unter den Linden 6, D-10099 Berlin
030/2093-70637
woelkith(a)geschichte.hu-berlin.de

 

[Regionalforum-Saar] M. Lorenz: Menschenzucht

Date: 2020/02/18 22:13:34
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Menschenzucht. Frühe Ideen und Strategien 1500–1870

Autor  Maren Lorenz
Erschienen Göttingen 2018: Wallstein Verlag
Seiten 416 S.
Preis € 34,90
ISBN 978-3-8353-3349-9

Inhalt meinclio.clio-online.de/uploads/media/book/toc_book-54625.pdf
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Regine Maritz, Historisches Institut, Universität Bern
Sicherlich zu Recht besteht Maren Lorenz in der Einführung zu ihrem hier zu rezensierenden Buch auf die historische Relevanz des Themas Menschenzucht; zumal heute die aktive genetische Manipulation von menschlichen Embryonen in greifbare Nähe rückt und sich medizinisch unterstützte Fortpflanzungsmethoden immer weiter verbreiten. In ihrer Studie will sie „Normalisierungsprozesse“ untersuchen, durch die „gedankliche Grenzen und kollektive Wertvorstellungen“ verschoben wurden (S. 10). Daher arbeitet der vorliegende Beitrag zur Ideengeschichte mit Michel Foucaults Konzepten zu Gouvernementalität und Bio-Macht, sowie mit Ludwik Flecks Überlegungen zu Denkkollektiven und strebt somit eine breite Kontextualisierung der Diskussionen um bevölkerungspolitische Optimierungen an. Dies gelingt Lorenz auch beispielhaft. Sie liefert eine wichtige Untersuchung proto-eugenischer Ideen und führt souverän in ein bisher wenig bearbeitetes Thema ein. Der überwiegende Fokus der Studie liegt auf dem 18. und 19. Jahrhundert, was angesichts des recht offen gehaltenen Titels erwähnt werden muss. Gerade der Fokus auf die Vorgeschichte der Eugenik ist besonders interessant, da die Autorin hier die tiefen Wurzeln der (pseudo-)wissenschaftlichen Unterfütterung dieser Bewegung auf nuancierte Art und Weise historisieren kann. Die Studie verfolgt einen transnationalen Fokus und beschäftigt sich ausführlich mit dem Alten Reich, Frankreich, Großbritannien und Nordamerika. Dem Leser oder der Leserin wird es so ermöglicht zu beobachten, wie einzelne proto-eugenische Konzepte und Vorschläge in verschiedenen Kontexten entwickelt und entweder aufgegriffen oder zurückgewiesen wurden.

In ihrem ersten Kapitel unterstreicht Lorenz, wie Überlegungen zur Entwicklung idealer Staatlichkeit bereits im voraufklärerischen Europa fast immer auch beim Thema menschliche Reproduktion ansetzten. Das Kapitel analysiert diverse Textstellen in den Utopien von Thomas More, Francis Bacon und einer Reihe anderer frühneuzeitlicher Denker, sowie in den staatstheoretischen Schriften Jean Bodins. Lorenz betont, dass religiöse und ständische Logiken zu dieser Zeit variabel eingesetzt werden konnten, um körperliche Differenzen auf unterschiedliche Art und Weise zu interpretieren. Insgesamt bestätigt Lorenz für die ausgehende Frühe Neuzeit eine fortschreitende Abwendung von religiösen Erklärungsmustern hin zu einer vermehrten Privilegierung von Naturbeobachtungen, worauf zum Beispiel der Erfolg von Johann Caspar Lavaters Physiognomie hindeutet.

Kapitel zwei und drei befassen sich mit der Epoche, die von Lorenz als für die vorliegende Thematik am ausschlaggebendsten identifiziert wird: der Aufklärung. Das zweite Kapitel untersucht die Sattelzeit im Alten Reich. Im Kontext landesfürstlicher Herrschaft wurden dort Konzepte und Ordnungen zur besseren Kontrolle des Volkskörpers entwickelt, wie zum Beispiel Johann Peter Franks „medicinische Policey“ (S. 100). Die Kernideen Franks und seiner Kollegen zu Themen wie Samenökonomie und Gesundheitschecks für Heiratswillige, gepaart mit dem erwachenden Selbstbewusstsein von Medizinern, die nun als Experten über gesellschaftliche Ordnungen präsidierten, führt die Autorin gekonnt anhand von einigen spannenden Fallstudien vor.

Im folgenden Kapitel werden die Debatten in Frankreich für dieselbe Periode vergleichend analysiert. Dort verstärkten die Revolution und ihre unsteten Nachwirkungen die Beschäftigung mit Problemfeldern wie Bevölkerungsschwund und „Degeneration“ (S. 149–51). Lorenz bespricht unter anderem die Vorschläge zur sozialen Restrukturierung von Sexualität und Fortpflanzung anhand der Schriften von Jean-Jacques Rousseau und dem Marquis de Sade, sowie die Reflexionen von Maupertuis und Diderot zur Erblichkeit physischer und moralischer Qualitäten. In den französischen Kolonien konnten diese Gedankenspiele zur Optimierung menschlicher Zucht schließlich in die Praxis umgesetzt werden. Die Autorin zeigt hier, dass die Machtstrukturen in den Kolonien mit den Hierarchien der neuen gegenderten, rassistischen Konzeption der Gesellschaft deckungsgleich waren. Sie liefert somit ein weiteres implizites Argument für ihren Zugang: „neue“ Ideen erweisen sich nämlich stets als Modifikationen und Anpassungen von vorbestehenden Strukturen und Ideen.

Das vierte Kapitel der Studie nimmt Großbritannien in den Blick. Literarische Auseinandersetzungen mit dem Thema Reproduktion und Vererblichkeit bilden hier den Ausgangspunkt für eine Betrachtung der internen britischen Diskussionen zum Thema. Zum Beispiel schlug Jonathan Swift in einer Polemik von 1729 vor, verarmte irische Kinder als Nahrungsmittel zu verwenden, um ihnen einen gesellschaftlichen Nutzen abzugewinnen. Diese analytische Verknüpfung der Diskussionen um menschlichen Überschuss und Ressourcenknappheit wurde schließlich etwa 70 Jahre später effektvoll von Thomas Robert Malthus bearbeitet. Der Schockfaktor war sowohl für die zeitgenössische Literatur als auch für die Wissenschaft in diesem Bereich zentral, wie die regen sich entfaltenden Diskussionen über die Implikationen von kontrollierter Bevölkerungspolitik in Zeitungen und anderen öffentlichen Räumen beweisen.

Das fünfte Kapitel beschäftigt sich mit der Neuen Welt. Lorenz argumentiert, dass proto-eugenisches Gedankengut gerade dort auf besonders fruchtbaren Boden stieß. Nach dem amerikanischen Bürgerkrieg war die lokale Elite stark dezimiert und die Frage nach den künftigen Führungsschichten der USA stellte sich mit Dringlichkeit. Darüber hinaus verlangte die heikle Frage der Integration der schwarzen Bevölkerung Aufmerksamkeit, weshalb Schriften, Vorträge und Debatten, die sich mit der Optimierung von menschlicher Reproduktion auseinandersetzten, auf großes Interesse stießen und nicht nur intellektuelle, sondern auch kommerzielle Chancen eröffneten. Diese Vorschläge und Ideen bildeten ein breites Spektrum ab und die Autorin geht im Besonderen auf die Phrenologie ein, also jene Idee, dass Vermessungen des Schädels eines Menschen dessen Talente und Einschränkungen nachweisen können.

Im letzten Kapitel untersucht Lorenz die Modalitäten der Übernahme proto-eugenischen Gedankenguts in den privaten Haushalt und liefert somit einen angemessenen Schluss für ihre auf Foucault aufbauende Studie. Sowohl für Alteuropa als auch in den USA verfolgt sie die Publikationsgeschichten von Eheratgebern, die behaupteten, bei der Zeugung von besonders schönen (und männlichen) Kindern Hilfe leisten zu können. Neben dem Wunsch, zur Optimierung der Bevölkerung beizutragen, sieht Lorenz den Erfolg dieser Schriften auch darin begründet, dass hier oft anatomisch bis schlüpfrige Illustrationen enthalten waren, und nebenbei auch stets Tipps zur Verhütung erlernt werden konnten. Diese Texte sowie die Vorträge und Demonstrationen ihrer Autoren trugen dazu bei, breiten Bevölkerungsschichten das Vertrauen zu den medizinischen Wissenschaften und deren Vertretern anzuerziehen und somit den gesellschaftlichen und privaten Rahmen für die Empfängnis von praktischen Anwendungen der Menschenzucht vorzubereiten.

Da Lorenz spezifisch an Normalisierungsprozessen – also an Veränderung – interessiert ist, wirft ihr Material, welches von zentralen Kontinuitäten zeugt, weitere Fragen auf. Zum Beispiel fällt auf, dass die in der antiken Imaginationstheorie angelegte Annahme der engen Verbindung zwischen den mentalen Zuständen einer Schwangeren und der Unversehrtheit ihres Fötus bis weit ins 19. Jahrhundert weiterlebte (S. 50–53 und 299). Dieses Konzept entfaltete also über Jahrhunderte seinen Einfluss und es wäre interessant zu fragen, was die Resilienz dieses Diskurses ausmachte. Des Weiteren nimmt das vorliegende Buch Religion zumeist als ein normsetzendes Bündel von Argumenten in den Blick, welches dank der Grundsätze von Barmherzigkeit und Nächstenliebe radikalere Vorschläge von Naturwissenschaftlern für einige Zeit abfederte (z.B. S. 104, 111, 152, 319). Jedoch scheinen Glauben und Religion in manchen von der Autorin angesprochenen Situationen auch in andere Richtungen zu weisen. So etwa im Fall von John Humphrey Noyes, der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts danach strebte, seine – angeblich – von Gott auserwählte Blutlinie in innovativen, sektiererisch anmutenden Familienstrukturen fortzupflanzen (S. 265–271). Für die Rezensentin regen solche Handlungen auch zu Überlegungen dazu an, welche Wechselwirkungen sich zwischen spirituellen Bedürfnissen und entstehenden Individualisierungskonzepten entfalteten und ob diese proto-eugenischen Praktiken weiter den Weg bereiteten. Solche weiterführenden Fragen aufzuwerfen, ist ein weiterer Verdienst dieser lesenswerten Studie. Darüber hinaus ist die Genderperspektive, die sich gewinnbringend durch das gesamte Buch zieht, ein besonders interessanter und methodisch wertvoller Beitrag zur nach wie vor sehr männlich konnotierten Wissenschafts- und Ideengeschichte.

Zitation

Regine Maritz: Rezension zu: Lorenz, Maren: Menschenzucht. Frühe Ideen und Strategien 1500–1870. Göttingen  2018. ISBN 978-3-8353-3349-9, in: H-Soz-Kult, 19.02.2020, <www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-27397>.






[Regionalforum-Saar] Tag der Archive im Landesarchiv Sa arbrücken am 7. März 2020

Date: 2020/02/28 20:05:35
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Salve,
 
anlässlich des bundesweiten "Tags der Archive" lädt das Landesarchiv Saarbrücken am 7. März 2020 zu einem Tag der offenen Tür ein.

Programm im Landesarchiv Saarbrücken

am 7. März 2020, 10-16 Uhr

• Archivführungen um 11, 13 und 15 Uhr
Sie bekommen einen Einblick in die für die Öffentlichkeit sonst geschlossenen Bereiche des Landesarchivs und erfahren Näheres über seine Arbeit und seine vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten. Ausgewählte Archivalien zeigen Ihnen die Vielfalt der in einem Archiv aufbewahrten Unterlagen. So können Sie hautnah erleben, welche Schätze in einem Archiv schlummern und darauf warten, von Ihnen entdeckt und ausgewertet zu werden.

• Ausstellung

• Buchverkauf
Publikationen der Reihe Echolot zu Sonderpreisen

• Universitätsarchiv
Impressionen universitärer Kommunikation
Das Landesarchiv und das Universitätsarchiv laden Sie zu diesem Tag der offenen Tür herzlich ein und freuen sich auf Ihr Kommen!

Ihr Weg zu uns:
Landesarchiv Saarbrücken
Dudweilerstraße 1, 66133 Saarbrücken-Scheidt
Bushaltestelle: Im Flürchen
mit dem Zug: Bahnhof Scheidt (direkt gegenüber)
mit dem Auto: Parkplätze vor dem Haus


[Regionalforum-Saar] Nachtrag zum Tag der Archive am 7 . März 2020

Date: 2020/02/28 20:10:18
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Hallo,

 

beim Kopieren aus der zur Verfügung gestellten pdf ging der Titel der Ausstellung im Landesarchiv flöten:

 

=> Ausstellung

 

Von der Depesche zum Denkmal

Der Deutsch-Französische Krieg in der regionalen Kommunikation

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Roland Geiger