Verhandelt zu St. Wendel
Die St. Wendeler Schiedsmannsprotokolle von 1880 bis 1917
Als nach dem Wiener Kongress 1814/15 die europäischen Territorien
neu geordnet
wurden, blieb in den vordem französisch besetzt gewesenen
linksrheinischen
deutschen Gebieten das Institut des Friedensrichters bestehen,
während daran
anlehnend das Königreich Preußen (mit Ausnahme von Rheinpreußen)
1827 das
Institut des Schiedsmanns einführte. Dessen Aufgabe war es, bei
kleinen
Privatrechtsstreitigkeiten und Ehrverletzungen vor einem Gang zu
den
ordentlichen Gerichten einen Sühneversuch (=Versöhnung) zwischen den streitenden
Parteien zu
unternehmen.
Dem Beispiel Preußens folgten andere deutsche Länder, die
Vergleichs- und
Friedensrichter beriefen, so dass dieses Institut schließlich
zunächst für
private Beleidigungen als Vergleichsbehörde Eingang in die
deutsche Strafprozessordnung
von 1877 fand. Mit der preußischen Schiedsmannsordnung von 1879
erfolgte eine
Ausdehnung auf ganz Preußen, und sachlich wurde das
Aufgabenspektrum um weniger
bedeutsame bürgerliche Rechtsstreitigkeiten erweitert, dem
wiederum andere
deutsche Länder sich anschlossen.
In diesem Jahre 1879 wurde auch in St. Wendel der erste
Schiedsmann eingesetzt,
der über seine Tätigkeit, sprich: die Fälle, akribisch Buch führte
- in einem
sog. Protokollbuch. Er nannte darin die beteiligten Personen und
was sie getan
hatten und wie das Ganze ausging. D.h. ob es ihm gelang, eine
Versöhnung zu
erzielen.
Das erste Protokollbuch der Stadt St. Wendel erhielt ich im Januar
2019 von Willi
Maas, dem Wirt des Café Journal in St. Wendel, dem es von einem
Dritten
übergeben wurde, der es bei der Renovierung seines Hauses gefunden
hatte. Ich habe daraus zunächst eine Abschrift erstellt und dann
versucht, die
beteiligten Personen zu identifizieren, was mich ein paar Monate
beschäftigte.
Daraus ist nun ein Buch im Format A5 geworden, das 360 Seiten
umfaßt.
Zunächst gibt es ein paar editorische Hinweise über das Buch
selbst, dann einen
Abdruck des Gesetzes von 1879, der das Original initiiert hat.
Dann werden die St.
Wendeler Schiedsmänner vorgestellt, die ihre Einträge im Buch
hinterlassen
haben.
Die Protokolle selber - 419 Fälle aus 37 Jahren - umfassen 190
Seiten, gefolgt von
mehreren Registern (wer gegen wen, handelnde Personen, Ausgang)
und einem „Familienteil“,
der etwa 115 Seiten stark ist. Im letzteren werden gut 2/3 aller
genannten
Personen im Kreis ihrer Familien (genealogische Daten = Eltern und
Ehefrau und
Anzahl der Kinder) genannt.
Beleidigungen, Beschimpfungen und üble Nachrede - das konnten
unsere
Altvorderen auch. Da gibt es harmloses und brutales wie
Unbehobelter, Narr, Zottelmensch,
Spitzbub oder der Klassiker bei Nachbarinnen in Rage: „Du Huhr“.
Da gehen
Zeitungsleute aufeinander los, Hausfrauen, Kaufleute, junge Damen,
grobe Kerle.
Wenn Sie wissen wollen, was Ihre Urgroßeltern angestellt haben,
hier könnten
Sie fündig werden.
Format A5
364 Seiten
Text mit diversen Schwarz-Weiß-Abbildungen
Auflage: momentan 10
Preis 15 Euro plus Versand (als Büchersendung inkl. Verpackung bis
31.12.19
noch 2,00 Euro).
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