Guten Abend.
Heute bin ich auf etwas Seltsames gestoßen.
Wenn wir mit den Zivilstandsakten arbeiten und tragen aus einem
Geburtsakt ein
Kind in eine Familie ein, dann erhält das Kind - so der Vater
dabeisteht - den Nachnamen
des Vaters.
Außer wenn klar ist, daß der Vater zwar der Vater, aber nicht mit
der Mutter
verheiratet ist, dann erhält das Kind den Nachnamen der Mutter.
Wo ist das geregelt?
Im Code Civil, der gesetzlichen Grundlage der Zivilstandsakten
zumindest bis
1871, steht nichts darüber:
„Zweites Kapitel
Von den Geburtsakten
57. Der Geburtsakt muß den Tag, die Stunde und den Ort der Geburt,
das
Geschlecht des Kindes und die Vornamen, die ihm gegeben werden,
die Vor= und
Zunamen, Profession und Wohnort der Eltern, sowie der Zeugen
angeben.“
Da wird der Vorname des Kindes geregelt, der Teil mit den Vor- und
Zunamen
bezieht sich auf die Eltern.
In einem Artikel über das Namensrecht der Frau und der Kinder im
Privatrecht
und internationalen Privatrecht Argentiniens schreibt Juan José
Reyven:
„Ebenso wie sein berühmte Vorbild, der Code Civil in seiner
ursprünglichen
Fassung, enthält auch der argentinische Código civil keine
Vorschriften über
den Namen der verheirateten, verwitweten oder geschiedenen Frau.
Er sagt auch
nichts darüber, welchen Namen die ehelichen, unehelichen,
legitimierten und
adoptierten Kinder zu tragen haben.“ [Quelle:
https://www.jstor.org/stable/27875274?seq=1#page_scan_tab_contents]
Was uns Argentinien interessiert? Nichts, aber die Aussage, daß
auch der Code
Civil nichts darüber enthält.
Heute (2019 in Deutschland) ist das Namensrecht der Ehefrau so
geregelt:
„In Deutschland sollen Ehegatten gemäß § 1355 Abs. 1 des
Bürgerlichen
Gesetzbuchs einen gemeinsamen Ehenamen bestimmen. Tun sie dies
nicht, führen
sie ihren zur Zeit der Eheschließung geführten Namen auch nach der
Eheschließung. Der gemeinsame Ehename kann der zur Zeit der
Eheschließung
geführte Name eines Ehegatten sein. Derjenige Ehegatte, dessen
Nach-name nicht
Ehename wird, kann seinen Nachnamen entweder durch Voranstellen
oder Anfügen an
den Ehenamen hinzufügen.“
Quelle: Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages,
Sachstand WD 7 -
3000 - 019/19, eingesehen auf: https://www.bundestag.de
› resource › blob › WD-7-019-19-pdf-data
Dort steht für den heutigen Zustand in Frankreich:
„Auch im französischen Code Civil gibt es keine ausdrückliche
Regelung zum
Namen der Ehegatten nach Eheschließung. Daher behält kraft Gesetz
jeder
Ehegatte seinen ursprünglichen Namen.“
Allerdings wird für Frankreich eine gewohnheitsrechtliche Regelung
genannt,
wonach anerkannt ist, „dass jeder Ehegatte durch die Heirat das
Recht erhält,
im täglichen Leben den Namen des anderen Ehegatten seinem Namen
hinzuzufügen.
Die Ehefrau kann ihren eigenen Namen auch durch den Namen des
Ehemannes
ersetzen.“
Aber diese gewohnheitsrechtliche Anerkennung gilt heute, wie war
das früher?
Anders gefragt: Welchen Familiennamen trug eine verheiratete Frau
im 19ten
Jahrhundert in Deutschland?
Da im einzig maßgeblichen Rechtsbuch nichts drüber steht, behielt
sie ihren
Mädchennamen.
War das so?
In den Notariatsakten auf jeden Fall. Dort heißt es bis ins 20te
Jahrhundert
hinein:
1807: Franziska König, Witwe in St. Wendel, legt ein Testament
ihres
verstorbenen Ehemannes Peter Gunter vor
1808: Wilhelm Loch, Gerber in Nohfelden, Vormund der
minderjährigen Kinder von
Johann Nikolaus Fries, Ackerer in Walhausen, und Anna Margaretha
Loch, seiner
Witwe
1849: Peter Becker junior, Schützen genannt, Schneider, und
Ehefrau Katharina
Alles in Oberkirchen
1881: Franz Kreutz, Kreisschulinspektor in St. Wendel, und Ehefrau
Amalia von
Meckel
1925: Anna Schwaminger aus Waldsee, Pfalz, Witwe des
Fabrikarbeiters Georg
Kissler
1936: Helene genannt Lina Jung, Witwe des Bierverlegers Hermann
Riegel
Ich habe diese Beispiele wahllos herausgegriffen, stets wird die
Frau mit ihrem
Mädchennamen bezeichnet und der Ehemann mit seinem Nachnamen
genannt.
Hm - und wie unterschreibt die Frau?
Notariat
1811: Jean Jacques Brücher et Maria Gertrude Kirsch, son epouse
Unterschrift: Maria Gerthrud Brücherein
1834: Jacob Engel und seine von ihm hierzu besonders ermächtige
Ehefrau Anna
Maria Altmeyer
Unterschrift: handzeichen + (okay, schlechtes Beispiel)
Heiratsakt
7. Vendemaire im achten Jahre der fränkischen Republick
Johann Breininger heiratet Anna Maria Finkler
Ihre Unterschrift: Maria Finckler.
Heiratsakt
05.01.1881
Conrad Schneider heiratet Henrietta Besch
Ihre Unterschrift: Henriette Besch
=> Im Großen und Ganzen sehe ich, daß eine verheiratete Frau
ihren
Mädchennamen behielt.
Weiß jemand, wie das bei den christlichen Kirchen war?
Roland Geiger
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