„Nur wer die
Vergangenheit kennt,
kann die Gegenwart verstehen und die Zukunft gestalten.“
Führung über den jüdischen Friedhof Ottweiler
Am Sonntag, den 8.September 2019, bieten Klaus Burr und
Hans-Joachim Hoffmann
um 17.00 Uhr eine weitere Führung über den jüdischen Friedhof
Ottweiler an.
Während die Stadtführungen, gestaltet von historischen Figuren,
wie z.B. dem
Oberamtmann oder dem Stadtschreiber, die „Glanzzeiten“ der
historischen
Entwicklung Ottweilers aufzeigen, erinnern die Führungen über
das „unbequeme
Denkmal Jüdischer Friedhof“ an eine dunkle Seite der
Stadtgeschichte,
nämlich an das Werden und die gewaltsame Auslöschung des
jüdischen Lebens. Die
Referenten stellen jedoch nicht den letzten Aspekt in den
Mittelpunkt ihrer
Erläuterungen, sondern sie bemühen sich vielmehr darum,
einerseits die
untergegangene Kultur des Judentums, zwar eingegrenzt auf den
jüdischen
Totenkult und die Grabkultur, andererseits den positiven Beitrag
der jüdischen
Gemeinde Ottweiler während der Dauer ihres Bestehens den
Besuchern zu
vermitteln. Dabei lassen sie sich von der Überzeugung leiten,
die August Bebel
(1840–1913), der Mitbegründer der Sozialdemokratischen Partei
Deutschlands, als
notwendige Voraussetzung für politisches Gestalten formulierte:
„Nur wer die
Vergangenheit kennt, kann die Gegenwart verstehen und die
Zukunft gestalten.“

Klaus
Burr beschreibt zu Beginn der Führung die Entstehung und
Entwicklung der
jüdischen Gemeinde Ottweiler, bevor Hans-Joachim Hoffmann an
Beispiel dieser
Gemeinde, also auf lokaler Ebene, aufzeigt, dass sich Zuwanderer
mit anderem
kulturellen Hintergrund in eine Gemeinschaft integrieren können,
um dadurch
auch ihren Beitrag zur positiven Entwicklung in der lokalen
Gesellschaft zu
leisten. Stellvertretend seien an dieser Stelle Samuel Levy, der
Lehrer der
jüdischen Elementarschule Ottweiler von 1825–1875,
sowie sein Sohn, der Sanitätsrat Dr. Bernhard Levy (1831–1885),
genannt: Dr.
Bernhard Levy übernahm auf Beschluss der
Stadtverordnetenversammlung 1877 auch
die Stelle des Armenarztes der Stadt Ottweiler gegen ein festes
jährliches,
bescheidenes Honorar. Die Familie Levy dient jedoch auch als
Beispiel dafür,
dass staatliche Wertschätzung, die ihren Ausdruck in der
Verleihung von
Auszeichnungen, Orden und Ehrentiteln fand und findet, nicht
zwingend hoch zu
schätzen sind. Dies verdeutlicht das Schicksal der Enkelin
Samuel Levys bzw.
der Tochter Bernhard Levys: Der Staat dankte Samuel Levy 1875
für seinen
unermüdlichen Einsatz für die jüdische Elementarschule
Ottweiler, den Augenarzt
Bernhard Levy ernannte der preußische König 1882 wegen seiner
Verdienste in der
Augenheilkunde zum Sanitätsrat. Doch die Verdienste ihrer
Vorfahren retteten
Anna Amalia Levy, die Tochter Bernhard Levys, nicht vor der
Verfolgung durch
den Nationalsozialismus. Sie hatte den Ottweiler Seminarlehrer
für Musik und
Turnen Karl Christian Becker 1886 geheiratet, der u.a. „Rheinische
Volkslieder für vierstimmigen Männerchor“ bearbeitet und
1899 herausgegeben
hatte. Die assimilierte Anna Amalia Levy erhielt jedoch in der
NS-Zeit wegen
des frühen Todes ihres Mannes am 31.8.1928 nicht den Status der
„Mischehe“, da
die Ehe auch kinderlos geblieben war. Deshalb musste sie, seit
1908 mit ihrem
Mann in Berlin lebend, in das „Judenhaus“ in der Gervinusstraße
24 umziehen.
Von dort erfolgte ihr Abtransport in das Alters-KZ
Theresienstadt, wo sich ihre
Spur verliert.
Neben der Skizzierung der Lebenswege
der Familie
Levy gibt Hoffmann Informationen zu Grabinschriften und
einzelnen Symbolen.
Mit der als Motto gewählten Aussage
August Bebels
sprechen die Friedhofsführer dieses Mal ganz bewusst auch einmal
insbesondere die
Mitglieder der Ortsräte und des Stadtrates Ottweiler an und
laden sie ein,
durch ihre Teilnahme an dieser Friedhofsführung zu
dokumentieren, dass ihnen
die Aufarbeitung der NS-Zeit in Ottweiler im Zuge der „Aktion
Stolpersteine“,
die mit der Erforschung der politisch Verfolgten aus den Reihen
der SPD und KP
fortgesetzt wird, am Herzen liegt.
Zur Aufarbeitung der NS-Zeit und zur
Erinnerung an die letzten jüdischen
Bewohner Ottweilers verfasste Hans-Joachim Hoffmann die
Dokumentation „Seid
vorsichtig mit der Obrigkeit...! Beitrag zur Erinnerungskultur
und
Lokalgeschichte Ottweilers“. Dieses 405 Seiten umfassende Buch
(ISBN
978-3-946313-01-4) kann zum Preis von € 19.80 erworben werden
bei:
Archäologie-Büro
& Verlag - Glansdorp, Kantstraße 32, 66636 Tholey
Hans-Joachim Hoffmann,
Adolf-Kolping-Weg 7,
66564 Ottweiler (06824-7990)
Sparkasse Neunkirchen, Filiale
Wilhelm-Heinrich-Straße, 66564 Ottweiler
Presse-Shop Ottweiler, Inhaberin
Hannelore Henn,
Wilhelm-Heinrich-Straße 13, 66564 Ottweiler.
Henn’sche
Buchhandlung Köhler, Enggass, 66564
Ottweiler.
Die Führung über den jüdischen Friedhof Ottweiler erfolgt in
Kooperation mit
der KVHS Neunkirchen. Aus organisatorischen Gründen bat die KVHS
um vorherige
Anmeldung. Eine Teilnahme ist jedoch auch ohne Anmeldung bei der
KVHS möglich.
Klaus Burr und Hans-Joachim Hoffmann
sowie die KVHS
freuen sich auf Ihren Besuch.
Termin: Sonntag, 8.9.2019
Uhrzeit: 17.00 Uhr
Treffpunkt: Aufgang zum Friedhof
in der Straße
Maria-Juchacz-Ring (ca. 80 m hinter der Abzweigung
Karl-Marx-Straße - Nähe
Wohnheim AWO) Dauer: ca. 1 ½ Stunde.