„Verzeichnis einiger Verluste“
Erste Führung 2019 über den
jüdischen Friedhof Ottweiler
Wie in den letzten Jahren bieten
Klaus Burr und
Hans-Joachim Hoffmann in Absprache mit der Synagogengemeinde
Saar und der Stadt
Ottweiler in Zusammenarbeit mit der KVHS Ottweiler Führungen
über den jüdischen
Friedhof Ottweiler an.
Judith Schalansky veröffentlichte
2018 eine
Essay-Sammlung mit dem Titel: „Verzeichnis
einiger Verluste“. In einer „Vorbemerkung“
rief sie in Erinnerung, welche
Ereignisse während der Niederschrift ihres Buches die
Nachrichten beherrschten
und kontrastierte dabei aktuelle Tagesereignisse mit
Wiederentdeckungen
historischer Vorgänge und/oder der Lösung offener Fragen. So
verwies sie z.B.
darauf, dass während der Niederschrift dieses Buches „eine Boing 777 spurlos auf dem Weg von Kuala Lumpur
nach Peking
(verschwand)“ und zeitgleich „das vor
3800 Jahren in Steintafeln geritzte älteste Alphabet der
Welt identifiziert
(wurde).“ Diese beiden wahllos herausgegriffenen
Beispiele deuten an, dass
es naheliegt, Ereignisse in den Mittelpunkt einer Nachricht zu
stellen, was
vielleicht morgen schon der Vergessenheit anheimfällt oder im
Laufe der
Jahrtausende allmählich in Vergessenheit geriet. Dabei spielen
oft
Zufälligkeiten eine Rolle, oft greift Natur in Werden und
Vergehen ein, oft der
Mensch. Mit dem Zitat des assimilierten jüdischen
Kulturphilosophen Theodor
Lessing (1872-1933, ermordet): „Was
bewahren die Geschichtsquellen? Nicht die Schicksale der bei
der Eroberung von
Lüttich zertretenen Veilchen, nicht die Leiden der Kühe beim
Brande Löwens,
nicht die Wolkenbildungen von Belgrad.“ leitet
Schalansky zu der
Feststellung über, dass Geschichte stets aus der Rückschau
versucht,
Vergangenes zu erklären, in Archiven zu sichern und es in
einem an der
Chronologie orientiertem System zu ordnen, um damit
Sinnhaftigkeit
vorzutäuschen.
Auch für Ottweiler lässt sich
problemlos ein „Verzeichnis
einiger Verluste“ erstellen,
ohne allzu weit in die Vergangenheit zurückzuschauen. Einige
Beispiele seien
angedeutet: Schon oft hörten die Referenten die erstaunte
Frage: Ein jüdischer
Friedhof in Ottweiler? Wo findet man ihn denn? - Wann
gründeten sich die
Ottweiler die demokratischen Parteien nach dem 1. Weltkrieg? -
Welche
Persönlichkeiten prägten in der Gründungsphase 1919/20 die
Parteiarbeit? - Wem
sind die Verantwortlichen bekannt, die nach dem 8. Mai 1945,
dem Tag der
Befreiung Deutschlands von der NS-Diktatur, von Bürgermeister
Jakob Zender als
Mitglied des „Gemeindekomitees“,
das
zu seiner ersten Sitzung am 4.1.1946 zusammentrat, mit dem
Neuaufbau der
Verwaltung beauftragt wurden? Das „Verzeichnis
einiger Verluste“ im kollektiven Gedächtnis Ottweilers
ließe sich mühelos
durch Ereignisse und Entwicklungen aus der jüngeren Zeit
ergänzen.
Allen Bemühungen zum Trotz: Immer
wieder gingen und
gehen grundlegende Kenntnisse und Erkenntnisse verloren,
werden
Persönlichkeiten und ihre Leistungen für die Gesellschaft im
kollektiven
Gedächtnis verdrängt oder gar ausgelöscht. Dieser nahezu
zwangsweisen
Entwicklung versucht Schalansky zu begegnen: „Wie alle Bücher ist auch das vorliegende Buch von
dem Begehren
angetrieben, etwas überleben zu lassen, Vergangenes zu
vergegenwärtigen,
Vergessenes zu beschwören, Verstummtes zu Wort kommen zu
lassen und Versäumtes
zu betrauern.“
„Etwas
überleben zu lassen, Vergangenes zu vergegenwärtigen“ –
darum bemühen sich
auch die Referenten, indem sie die Entstehung und Entwicklung
der jüdischen Gemeinde
Ottweiler, aber auch ihre Vernichtung skizzieren.
„Vergessenes
zu beschwören, Verstummtes zu Wort kommen zu lassen“ –
dazu bieten die
Inschriften der Grabmale zahlreiche Ansatzpunkte.
„Versäumtes
zu betrauern“ – dazu mögen sich die Besucher nach der
Führung über den
jüdischen Friedhof Ottweilers ihre eigenen Gedanken machen.
Zur Aufarbeitung der NS-Zeit und zur Erinnerung an die
letzten jüdischen
Bewohner Ottweilers verfasste Hans-Joachim Hoffmann die
Dokumentation „Seid
vorsichtig mit der Obrigkeit...! Beitrag zur
Erinnerungskultur und
Lokalgeschichte Ottweilers“. Dieses 405 Seiten umfassende
Buch (ISBN
978-3-946313-01-4) kann zum Preis von € 19.80 erworben
werden bei:
Archäologie
- Büro
& Verlag - Glansdorp, Kantstraße 32, 66636 Tholey
Hans-Joachim
Hoffmann,
Adolf-Kolping-Weg 7, 66564 Ottweiler (06824-7990)
Sparkasse
Neunkirchen,
Filiale Wilhelm-Heinrich-Straße, 66564 Ottweiler
Presse-Shop Ottweiler, Inhaberin Hannelore Henn,
Wilhelm-Heinrich-Straße
13, 66564 Ottweiler.
Die Führung über den jüdischen Friedhof Ottweiler
erfolgt in Kooperation
mit der KVHS Neunkirchen. Aus organisatorischen Gründen
bittet die KVHS um
vorherige Anmeldung. Eine Teilnahme ist jedoch auch ohne
Anmeldung bei der
KVHS möglich.
Klaus Burr und Hans-Joachim Hoffmann sowie die KVHS und
die
Synagogengemeinde Saar freuen sich auf Ihren Besuch.
Termin: Sonntag, 12.05.2019
Uhrzeit: 17.00 Uhr
Treffpunkt: Aufgang zum Friedhof in der Straße
Maria-Juchacz-Ring (aus
Richtung Schwimmbad kommend: Kreuzung
Karl-Marx-Straße/Maria-Juchacz-Ring:
rechts abbiegen - nach ca. 80 m linker Hand Aufgang zum
Friedhof) Dauer: ca. 1
½ Stunde.
Die
nächste
Führung ist am Sonntag, 16.06.2019.