Monatsdigest

[Regionalforum-Saar] Spital und Wirtschaft. Lebensstandard in historischer Perspektive

Date: 2019/05/06 08:42:55
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Spital und Wirtschaft. Lebensstandard in historischer Perspektive

 

Ort

Regensburg

 

Veranstalter

Dr. Artur Dirmeier, Archiv der St. Katharinenspitalstiftung; Prof. Dr. Mark Spoerer, Universität Regensburg

 

Datum

22.03.2019 - 23.03.2019

 

Von Kathrin Pindl, GRK 2337 "Metropolität in der Vormoderne", Institut für Geschichte, Universität Regensburg

 

In ihrer historischen Entwicklung, ihrer institutionellen Konstitution, ihren Finanzierungsmechanismen, ihren diversen sozioökonomischen und karitativen Kernfunktionen, ihren umfangreichen Infrastrukturen und vor allem in ihrer pragmatischen Schriftlichkeit zeigt sich die vitale Verzahnung spätmittelalterlicher und (früh-)neuzeitlicher Hospitäler derer wirtschaftlichen Rahmenbedingungen mit denen europäischer Städte und Regionen. Aktuelle Zugänge der Hospitalgeschichtsschreibung betrachten alltägliche ökonomische Abläufe im einzelnen Spital als Großhaushalt. Andere wiederum ordnen Kennzahlen aus Spitalrechnungsbüchern in überregionale Wirtschaftszusammenhänge ein. Mit methodisch offenem Fokus widmete sich das Symposium „Spital und Wirtschaft“ den diversen Facetten der Untersuchung des materiellen Lebensstandards und – ganz allgemein – der wirtschaftlichen Praxis in vormodernen Hospitälern.

 

Nach einer programmatischen Einführung durch MARK SPOERER (Regensburg), die zentrale Entwicklungslinien der Wirtschafts- und Agrargeschichte vom Spätmittelalter zur Industrialisierung in Mitteleuropa skizzierte und die Diskussionen zur so genannten Little Divergence in direkten Kontext zur Hospitalgeschichte und ihrer spezifischen Überlieferungssituation brachte, setzte THOMAS FRANK (Pavia) den Rahmen für erste Diskussionen. Er beschrieb einige größere italienische Hospitäler des Spätmittelalters – u. a. Florenz, Siena und Mailand – auf Basis von Fiskal- und Notariatsüberlieferung als Wirtschaftsbetriebe mit einem Schwerpunkt auf der Landwirtschaft. Er zeichnete einen Trend hin zu Verpachtung und Ökonomisierung nach, der zu einer Bedeutungserweiterung der Hospitäler als Kreditanstalten für breite Bevölkerungskreise geführt habe. Herausgearbeitet wurden die personalen Netzwerke der Hospitalsverantwortlichen und damit das symbolische Kapital der jeweiligen Institutionen als Faktor ihrer ökonomischen Effektivität. Die Strahlkraft italienischer Hospitäler, deren Aufbau als Vorbild für Gründungen im weiteren europäischen Umfeld gilt, spiegelte sich in den Ausführungen von SIMON ZSOLT (Târgu Mureș), der die administrative Struktur, die Finanzierung sowie die Einnahmen- und Ausgabenmuster der transsilvanischen Hospitäler von Sibiu, Bistrița und Brașov bis zu deren Übernahme in den osmanischen Herrschaftsbereich analysiert hat und somit ein Schlaglicht auf die Parallelen, aber auch Unterschiede institutioneller Fürsorgeeinrichtungen in Zentraleuropa warf.

 

Den Blick auf Spitalökonomien in Reichsstädten lenkte schließlich JEANNETTE FISCHER (Lübeck) mit ihrer Projektvorstellung zur Rechnungsbuchüberlieferung des Heiligen-Geist-Hospitals zu Lübeck in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Serielle und nicht-serielle Quellen geben Aufschluss zur Verwaltungsgeschichte des Hospitalbetriebs per se, aber – zentral über eine Auswertung der detaillierten Küchenrechnungen – auch zur Alltags- und Konsumgeschichte der Hansestadt. Während Fischer sich also mit der „Ökonomie der Schriftlichkeit“ eines niederdeutschen Hospitals 1540–1610 befasste, zeigte STEFAN SONDEREGGER (St. Gallen) die seinen Forschungen nach zentralen Funktionen kommunaler Spitäler auf – Fürsorge, Wirtschaft bzw. Finanzierung sowie Herrschaft und Administration. Hierfür wertete Sonderegger Quellen zum Heiliggeistspital der Reichsstadt St. Gallen aus, u. a. seine Edition der Stadtbücher. Der Referent betonte die Bedeutung der Landwirtschaft (auch: Weinwirtschaft) für das St. Gallener Spital und stellte heraus, dass für ein Begreifen des Wirtschaftens eines städtischen Spitals die Untersuchung qualitativer als auch quantitativer Aspekte grundsätzlich ineinandergreifen müsse.

 

Auch der öffentliche Abendvortrag von MARTIN SCHEUTZ (Wien), der sich auf Grundlage von Beispielen aus Bayern und Österreich mit den wirtschaftlichen Aktivitäten verschiedener Spitäler vor karitativem Hintergrund beschäftigte, stützte die in den ersten Sektionen untermauerte Behauptung einer auf ökonomischer Effizienz angelegten Wirtschaftsführung vormoderner Hospitäler und der damit einhergehenden Bürokratisierungstendenzen, die auf der Notwendigkeit des pragmatischen Nachvollziehens der Rechnungslegung beruhten. Obwohl Scheutz, wie auch manche ReferentInnen insbesondere am zweiten Tag des Symposiums, eine Tendenz zur Verschleierung der tatsächlichen Kassenbewegungen feststellte, konstatierte seine Keynote ein Primat von Besitzerhaltung, Eigenverwaltung und Vorratshaltung als Leitmotiv der wirtschaftlichen Handlungspraxis sozialkaritativer Einrichtungen in Spätmittelalter und (Frühe) Neuzeit.

 

Mit dem Wirtschaften im frühneuzeitlichen Krankenhaus – in Kontrastierung zum Hospital als Fürsorgeeinrichtung mit eigenständigem Profil – beschäftigte sich eine weitere Sektion. Zunächst stellte SUSANNE WANNINGER (Regensburg) die Wirtschaftsführung im Krankenhaus St. Josef in Regensburg in den Jahren 1664–1837 vor und stellte ausgewählte Quellenzitate aus dem Bischöflichen Zentralarchiv ins Zentrum ihres Vortrags, um von diesen anekdotischen Beispielen ausgehend wirtschaftshistorische Forschungsfragen nach dem regionalen Kreditnetzwerk des Krankenhauses und dessen Geschäftsgebaren analytisch aufzufächern. Einem eher medizinhistorischen Thema – der Kranken- bzw. Verletztenfürsorge im Kriegs- bzw. Militärkontext – widmete sich im Folgenden NEBIHA ANTONINE GUIGA (Paris). Guiga befasst sich, auf der Basis von statistischen Quellen aus dem Kriegsarchiv in Wien, mit Militärhospitälern während des Fünften Koalitionskriegs im Jahr 1809. Ihr Vortrag konzentrierte sich auf die Folgen der Schlachten bei Aspern-Essling und Wagram und nahm die verwaltungsmäßige und personelle Organisation der provisorischen Feldhospitäler in den Blick. Obschon die Quellenlage eine exakte Rekonstruktion der Umstände der behandelten Offiziere und Soldaten nicht erlaubt, konnte der Vortrag von Guiga konventionelle Vorstellungen über die Krankenpflege und die Überlebenschancen im frühen 19. Jahrhundert korrigieren und somit das generelle Wissen über eine Ereigniskette ergänzen, die die Existenz zahlreicher Hospitäler in Mitteleuropa entscheidend geprägt hat – so auch des Regensburger St. Katharinenspitals, das in Folge von Kampfhandlungen im Österreichisch-Französischen Krieg im Frühjahr 1809 fast komplett zerstört wurde.

 

Mit Entscheidungsfindung und Erfahrungshandeln in der „Getreidepolitik“ des Regensburger St. Katharinenspitals befasste sich daraufhin KATHRIN PINDL (Regensburg). Anhand des Fallbeispiels der klimabedingten Hungerkrise von 1770, deren Konsequenzen für die BürgerInnen der Reichsstadt und die SpitalbewohnerInnen durch bayerische Getreidesperren noch verschärft wurde, zeigte die Referentin den Umgang des durch interne Umstrukturierungen in seiner Handlungsfähigkeit geschwächten Spitals mit der Krisensituation auf. Das Hospital war über seine Eigenwirtschaft und Grundherrschaft sowohl Produzent als auch als Konsument von Getreide, daneben verfügte es über Getreidekästen, die eine gewisse Vorratshaltung erlaubten. Pindls Quellenauswertung zufolge handelten die Spitalsoffizianten marktwirtschaftlich rational, doch im Gleichklang mit weiteren Untersuchungen kommt sie zum Schluss, dass es nur im Zusammenspiel mit den Regensburger Behörden und aufgrund der spezifischen politischen Geographie gelang, die Krise ohne Übersterblichkeit oder externe Hilfsmaßnahmen zu meistern. Auf die Eigenwirtschaft und Grundherrschaft des Regensburger Hospitals vertieft eingegangen ist dann CHRISTOPH-WERNER KARL (Neusath-Perschen), dessen agrarwirtschaftlich orientierter Beitrag die Verpachtung landwirtschaftlicher Nutzflächen des Spitals und hier im Besonderen die sich wandelnden (gewohnheits-)rechtlichen Konstrukte und Praktiken im 18. Jahrhundert zum Thema hatte. Konkrete Quellenbeispiele beleuchteten die Auswahl- und Entscheidungsmaximen der Spitalmeister bei neuen Pächtern und machten die aufgrund wirtschaftlicher Notlagen erforderlich gewordenen Reformbemühungen der spätmittelalterlich konstituierten Institution während der Sattelzeit nachvollziehbar.

 

Mit der Anpassung der Spitalwirtschaft in Regensburg an die Verhältnisse im „kurzen 18. Jahrhundert“ beschäftigte sich auch LUDWIG PELZL (Florenz), dessen Beitrag den Anhang von Rudolf Neumaiers 2011 erschienenem Standardwerk „Pfründner: Die Klientel des Regensburger Katharinenspitals und ihr Alltag (1649–1809)“ mit deskriptiv-statistischen Mitteln im Lichte der Fragestellung nach dem richtigen Preis für den Pfründenkauf unter verschiedenen Prämissen wie Geschlecht, Konfession, Herkunft und Lebensstand neu auswertete, was die Sinnhaftigkeit der Bereitstellung von kompiliertem Datenmaterial für innovative Forschungsvorhaben deutlich aufzeigte. Eine lebhaft sich entspinnende Diskussion regte hier eine weitergehende ökonometrische Auswertung an, die unter Umständen überraschende Zusammenhänge zwischen Interessenteneigenschaften und Pfründenkauf aufdecken könne.

 

Die bereits in mehreren vorhergehenden Referaten angeklungenen Grenzen der Aussagekraft von Spitalrechnungen aufgrund von immer wieder nachweisbaren zahlenmäßigen Ungenauigkeiten verschiedentlichen Ursprungs – nicht selten Misswirtschaft und Betrug – wurden dann überaus anschaulich von ALFRED STEFAN WEISS hervorgehoben, der faktengesättigt diverse Malversationen in Spitälern des Herzogtums Steiermark, etwa in Bruck an der Mur, darstellte. Weiß erläuterte anhand des vielfältig vorhandenen Quellenmaterials aus dem entstandenen Rechtsstreit bildhaft die negativen Konsequenzen des Unterschleifs der Spitalpfleger auf die Lebensumstände die Insass/inn/en, die rein anhand der quantitativen Daten schwer fassbar gewesen wären.

 

Zum Abschluss des Symposiums wurden Spitalrechnungen als Quelle für den historischen Lebensstandard ins Zentrum der Aufmerksamkeit gestellt. SEBASTIAN POESSNIKER (Regensburg) erläuterte sein Forschungsprojekt zu den Rechnungsbüchern der Fürsorgeeinrichtungen der Reichsstadt Regensburg in Spätmittelalter und Früher Neuzeit. Im inhaltlichen Kontext des so genannten „Ausgangs aus der Armutsfalle“ interessieren in der Wirtschafts- und Sozialgeschichte Zeitreihen zu Löhnen und Preisen, die bei aller Quellenkritik eine Berechnung des materiellen Lebensstandards etwa über Reallohnreihen und die den Preisindices zugrunde liegenden Warenkörbe ermöglichen. Pößniker unternimmt ein solches Unterfangen für verschiedene Berufsgruppen aus Regensburg und der Region. Zwischenergebnisse zum 17. Jahrhundert stellte er im Beitrag vor. Vergleichbare Untersuchungen zum Lebensstandard im vormodernen Wien werden von MICHAEL ADELSBERGER (Wien) durchgeführt. Seine Preis- und Lohndaten stammen aus den Rechnungsbüchern des Wiener Bürgerspitals, dessen vielfältige (land-)wirtschaftliche Aktivitäten ebenfalls ausführlich quellenmäßig dokumentiert sind. Adelsberger präsentierte analog zu Pößniker erste Lohn- und Preisreihen, zumeist aus dem Bauhandwerk, sowie Entwürfe für Warenkörbe, was in einer fachlich ergiebigen und für alle Tagungsteilnehmenden fruchtbaren Abschlussdiskussion im Plenum mündete.

 

Als Fazit des Symposiums „Spital und Wirtschaft“ hat sich bestätigt, dass das vielfach noch nicht erschöpfend ausgewertete pragmatische Verwaltungsschriftgut der europäischen Hospitallandschaft eine wertvolle Quelle für die wirtschafts-, sozial- und kulturhistorische Forschung darstellt, die oftmals noch erschlossen (vgl. etwa www.spital-history.ur.de) und methodisch kritisch diskutiert werden muss. Die 14 Referate erhellten anhand von konkreten Fallbeispielen den Horizont zur wirtschaftlichen Handlungspraxis einzelner Hospitäler, zur Organisation von Spitalbetrieben im Allgemeinen sowie zum Spannungsfeld von karitativem Ideal und Markt – hier brachte die Tagung dezidiert Synergien zwischen Wirtschafts- und Sozialgeschichte mit Stadt- und Spitalgeschichte zum Ausdruck, so dass bleibt, einer Publikation der Tagungsergebnisse in der Reihe „Studien zur Geschichte des Spital-, Wohlfahrts- und Gesundheitswesens“ mit Interesse entgegenzusehen.

 

Konferenzübersicht:

 

Begrüßung / Grußworte

 

Wolfgang Lindner, Spitalmeister des St. Katharinenspitals, Regensburg

 

Dompropst Prälat Dr. Franz Frühmorgen, Vors. des Spitalrats, Regensburg

 

Gertrud Maltz-Schwarzfischer M.A., Bürgermeisterin der Stadt Regensburg

 

Prof. Dr. Susanne Leist, Vizepräsidentin der Universität Regensburg

 

Einführung in das Tagungsthema

 

Mark Spoerer (Regensburg)

 

Sektion 1: Wirtschaften im spätmittelalterlichen Spital
Moderation: Klaus Bergdolt (Köln)

 

Thomas Frank, (Pavia): Italienische Hospitäler des Spätmittelalters als Wirtschaftsbetriebe

 

Simon Zsolt, Târgu Mureș (ROM): The Finances of the medieval Transsylvanian Hospitals

 

Sektion 2: Spitalökonomie in der Reichsstadt
Moderation: Bernhard Löffler (Regensburg)

 

Jeannette Fischer (Lübeck): Schriftlichkeit der Ökonomie – Ökonomie der Schriftlichkeit

 

Stephan Sonderegger (St. Gallen/Zürich): Städtische Spitäler: Sozialer Auftrag, Wirtschaft und Herrschaft. Das spätmittelalterliche Heiliggeistspital der Reichsstadt St. Gallen

 

Öffentlicher Abendvortrag
Martin Scheutz (Wien): Wirtschaften vor karitativem Hintergrund. Beispiele aus Bayern und Österreich in der Frühen Neuzeit

 

Sektion 3: Wirtschaften im frühneuzeitlichen Krankenhaus
Moderation: Harriet Rudolph (Regensburg)

 

Susanne Wanninger (Regensburg): Wirtschaftsführung in einem Krankenhaus der Vormoderne – St. Josef in Regensburg (1664–1837)

 

Nebiha Antonine Guiga (Paris): Everyday life, organization and supplies management: military hospitals in and around Vienna during the 1809 campaign in Austria

 

Sektion 4: Agrarwirtschaft im St. Katharinenspital
Moderation: Artur Dirmeier (Regensburg)

 

Kathrin Pindl (Regensburg): Saison und Subsistenz: Entscheidungsfindung und Erfahrungshandeln in der Getreidepolitik des Regensburger St. Katharinenspitals (17.–19. Jahrhundert)

 

Christoph-Werner Karl (Neusath-Perschen): Zwischen Eigenwirtschaft und Grundherrschaft – Die Verpachtung landwirtschaftlicher Nutzflächen durch das Regensburger St. Katharinenspital

 

Sektion 5: Alterssicherung und Veruntreuung im Spital
Moderation: Daniel Drascek (Regensburg)

 

Ludwig Pelzl (Florenz):„... and they lived happily ever after”? Commercial Retirement Business at St. Catherine’s Hospital in Regensburg, 1649–1809

 

Alfred Stefan Weiß (Salzburg): Betrug und Unterschleif: Malversationen in Spitälern des Herzogtums Steiermark im 18. Jahrhundert

 

Sektion 6: Spitalrechnungen als Quelle für den historischen Lebensstandard
Moderation: Mark Spoerer (Regensburg)

 

Sebastian Pößniker (Regensburg): Die Rechnungsbücher der Fürsorgeeinrichtungen der Reichsstadt Regensburg und der Lebensstandard der „kleinen Leute“

 

Michael Adelsberger (Wien): Lebensstandard im vormodernen Wien

 

Schlussdiskussion

 

Zitation

 

Tagungsbericht: Spital und Wirtschaft. Lebensstandard in historischer Perspektive, 22.03.2019 – 23.03.2019 Regensburg, in: H-Soz-Kult, 06.05.2019, <www.hsozkult.de/conferencereport/id/tagungsberichte-8253>.

 

 

 

 

[Regionalforum-Saar] Vortrag: Erinnerung an den Polit iker Bartholomäus Koßmann

Date: 2019/05/06 09:25:24
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Erinnerung an den Politiker Bartholomäus Koßmann

 

Aus der Ausstellung zum Leben und Wirken des Eppelborner Ehrenbürgers Bartholomäus Koßmann.

 

Tholey. Vortrag zu dem Eppelborner Politiker im Rathaus von Tholey. Außerdem gibt es eine Ausstellung im Schaumbergturm. red

 

Donnerstag, 9. Mai, 19.30 Uhr, geht es im Rathaussaal in Tholey um Bartholomäus Koßmann. 1883 in Eppelborn geboren, wurde Koßmann im Laufe seines Lebens zu einem der bedeutendsten saarländischen Politiker seiner Zeit. Er spielte in der Völkerbundverwaltung des Saargebietes von 1919 bis 1935 eine entscheidende Rolle. Vor 100 Jahren war der Eppelborner Mitbegründer der ersten deutschen Demokratie. Auch für die Tholeyer Geschichte ist er von großer Bedeutung.

 

Als das Saargebiet 1920 durch den Versailler Vertrag für 15 Jahre vom Deutschen Reich abgetrennt und dem Völkerbund unterstellt wurde, war er von 1924 bis 1935 der einzige Saarländer in der internationalen Regierungskommission. In dieser Zeit initiierte er einen Bauverein, um anstelle der alten Bauruine des Kaiser-Wilhelm-Gedächtnisturmes eine Krieger-Gedächtniskapelle auf dem Schaumberg zu errichten, ein Mahnmal für die Opfer des Ersten Weltkrieges. Die durch Krieg und Besatzung traumatisierte Bevölkerung sollte durch ein Mahnmal auf dem Schaumberg einen Gedenkort für die Weltkriegsgefallenen erhalten. 1930 erfolgte die feierliche Einweihung des Turmes. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg war der christlich geprägte Politiker an einer für die Gemeinde Tholey wichtigen Entwicklung beteiligt: der Wiederbesiedelung der Abtei, für die er sich gemeinsam mit anderen engagierte.

 

Den Vortrag zu Bartholomäus Koßmann gestaltet Paul Burgard, Mitarbeiter des Saarländischen Landesarchivs für Bildung, Forschung und Öffentlichkeitsarbeit. Er studierte Geschichte, Politikwissenschaft, Romanistik und Jura, war Assistent am Historischen Institut der Saar-Uni und promovierte dort in Geschichte der Frühen Neuzeit. Danach war er als Autor und Redakteur tätig. Der Vortrag findet als Teil der Ausstellung „Bartholomäus Koßmann“ statt, die bis zum 12. Mai im Schaumbergturm zu sehen ist, eine Kooperation mit der Gemeinde Eppelborn und der Bartholomäus-Koßmann-Stiftung.

 

 

 

Die Gemeinden Tholey und Eppelborn sowie die Bartholomäus-Koßmann-Stiftung laden zu dieser Veranstaltung ein.

 

 

 

 

 

 

[Regionalforum-Saar] morgen abend: Buch mit Briefen der Herzogin Luise wird vorgestellt

Date: 2019/05/06 09:32:19
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Zwischen Trauer, Enttäuschung und Liebe

 

St. Wendel. Das St. Wendeler Stadtarchiv gewährt Einblicke in das Leben der Herzogin Luise: Die Brief-Sammung wird am Dienstag vorgestellt. Von Evelyn Schneider

„Und grüße die Kinder von mir.“ Dieser Satz ist Ausdruck tiefer Sehnsucht einer Mutter nach ihrem Nachwuchs, von dem sie getrennt wurde. Unfreiwillig. Herzogin Luise von Sachsen-Coburg-Saalfeld schrieb diese Zeile am 4. Dezember 1825 an ihren Mann Herzog Ernst I. von Sachsen-Coburg-Saalfeld. Da lebte sie schon seit einem Jahr in der Stadt St. Wendel, dem damaligen Fürstentum Lichtenberg. In diesen Teil des Herzogtums hatte ihr Gatte sie quasi verbannt.

 

Nicht nur diese Tragik macht Luise nach Ansicht des Historikers Josef Dreesen zu „einer besonderen Frauengestalt des 19. Jahrhunderts, die bislang unterschätzt wurde“. Das soll sich ändern. Ein Buch des St. Wendeler Stadtarchivs möchte Einblick in das Gefühlsleben der Herzogin gewähren. Es trägt den Titel „und grüße die Kinder von mir.“ Neben Aufsätzen werden darin 37 Briefe vorgestellt, die Luise in St. Wendel geschrieben hat beziehungsweise später von Paris aus in die Kreisstadt schickte. 36 der Schreiben stammen aus dem Staatsarchiv Coburg, das als Mitherausgeber fungiert, ein Schriftstück ist im Staatsarchiv Gotha zu finden.

Josef Dreesen vom Stadtarchiv wird die Publikation zusammen mit der Luise-Darstellerin Jutta Stumm am Dienstag, 7. Mai, 19 Uhr, im Mia-Münster-Haus vorstellen. Dieser Vortrag ist Teil der Veranstaltungsreihe „Herzogin Luise – die Vorfahrin der Windsors in St. Wendel“. Während die Welt anlässlich seines 200. Geburtstags den Prinzen Albert von Sachsen-Coburg und Gotha, den Gatten der englischen Königin Victoria, feiert, rückt St. Wendel dessen Mutter in den Mittelpunkt (wir berichteten). Jene Frau, die als Stammmutter der Windsors bezeichnet werden kann.

 

Die 1800 geborene Luise genoss eine liberale Erziehung. „Sie durfte ihre Meinung sagen“, weiß Dreesen. Bereits im Alter von 16 Jahren heiratete sie im Jahr 1817 den 17 Jahren älteren Herzog Ernst I. „Er war ein Vertreter der alten Schule“, sagt der Historiker. Als Mann war er der Vormund seiner Gattin. Doch Luise sah sich als ebenbürtig. Da waren Konflikte programmiert. „Luise war in ihrem Auftreten und dem Anspruch auf Ebenbürtigkeit sehr aufmüpfig“, beschreibt Dreesen. Damit sei Ernst nicht klar gekommen. Seine Mutter Auguste schrieb ihm 1823/24 in einem Brief, er dürfe Luise nicht mit den jungen Kavalieren umgehen lassen. Er müsse dies verbieten. Seit 1821 unterstellte Ernst seiner Gemahlin Affären. Die wohl vielmehr er selbst hatte.

Der so frei erzogenen jungen Luise kam in dieser Ehe nur eine Aufgabe zu: Thronfolger zu gebären. Das tat sie auch. 1818 kam Ernst II. auf die Welt, ein Jahr später Albert. Doch an dem Verhältnis zwischen den Eheleuten änderte die Geburt der Kinder nichts. Das Zerwürfnis zwischen den beiden wird auch in einem Brief Luises an Ernst deutlich: „Ich hatte das Gefühl, Du wurdest kälter. Da wurde auch ich kälter.“

 

Am 2. September 1824 musste Luise mitten in der Nacht und ohne ihre beiden Söhne Coburg verlassen. Es ging für sie nach St. Wendel. Obwohl sie keine glücklichen Umstände in ihre neue Heimat führten, lernte die Menschen hier schätzen und diese wiederum verehrten Luise als Landesmutter des Fürstentums. Die Scheidung des ungleichen Paares erfolgte im März 1826. Auf den Titel Herzogin von Sachsen-Coburg-Saalfeld musste Luise verzichten, stattdessen durfte sie den Titel Herzogin von Sachsen führen.

Trotz der schwierigen Situation, kein Umgang mit ihren Kindern haben zu dürfen, zählten die sechs Jahre in St. Wendel wohl zu der glücklichsten Zeit im Leben Luises. Einen Anteil daran hatte auch Maximilian von Hanstein. Er wurde wenige Monate nach der Scheidung ihr zweiter Ehemann, nachdem er zuvor zum Grafen von Pölzig und Beiersdorf ernannt worden war. „Man musste dafür sorgen, dass der Partner ebenbürtig war“, erklärt Dreesen. Der Historiker glaubt, dass Ernst bei dieser Verbindung seine Hände im Spiel hatte und Maximilian bewusst nach St. Wendel schickte, um Luise zu heiraten.

Also wieder eine Verbindung aus Kalkül, in der die Gefühle fehlten? „Ich glaube, dass Maximilian Luise auf Händen getragen hat“, sagt Dreesen. Bei ihm habe sie sich als Frau fühlen dürfen. Selbst als die Herzogin 1831 an Gebärmutterkrebs erkrankte und zur Behandlung nach Paris reiste, war Maximilian an ihrer Seite. Aufzeichnungen zufolge habe er sie gewaschen, als die Kammerfrau erkrankt war. „Man darf hier von Liebe sprechen“, sagt Dreesen. Eine Liebe, die viel zu schnell endete, denn Luise starb im gleichen Jahr. Und zwar ohne ihre beiden Söhne nochmal wiedergesehen zu haben.

Prinz Albert heiratete die englische Königin Victoria und hatte mit ihr neun Kinder. „Er beschäftigte sich viel mit ihnen, was auch ein Ausdruck fehlender Mutterliebe nach der Trennung von Luise gewesen sein mag“, vermutet der Historiker. Albert habe alles gesammelt, was er von seiner Mutter finden konnte. Es gebe eine persönliche Notiz Alberts in Windsor mit dem Vermerk „Mamas letzte Briefe.“

Sein Bruder Ernst II. schien mehr nach dem Vater zu kommen. Er war kein Kostverächter, was Frauen betraf, und heiratete 1842 die 16 Jahre alte Prinzessin Alexandrine von Baden. Sie duldete die Eskapaden ihres Mannes, den sie um gut zehn Jahre überlebte. Die Ehe blieb kinderlos.

Es ist jener Herzogin Alexandrine zu verdanken, dass Luises Briefe erhalten sind. Sie hatte wohl erkannt, welch‘ besondere Frau ihre Stiefmutter war. Daher verfügte sie 1893: „Diese Briefe bilden eine hochinteressante Charakteristik meiner seligen Schwiegermutter und zeigen die Güte und Liebenswürdigkeit ihrer Seele, die alle Herzen gewann. Die Briefe verdienen als historische Dokumente einen Platz im Archiv.“ Dort sind sie bis heute sicher verwahrt und lassen einen kleinen Einblick in das Leben Luises zu.

 

[Regionalforum-Saar] ónn noch dräi flaija

Date: 2019/05/06 09:38:43
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Flyer „5 x 100“ Nonnweiler wird vorgestellt

NONNWEILER Die Neuzeit, die vergangenen 500 Jahre, haben das Hier und Heute entscheidend geprägt. Einen ersten, einfachen Überblick der historischen Prozesse der vergangenen fünf Jahrhunderte und ihren Auswirkungen auf die Region, auf die Gemeinden in ihrer heutigen Form, bietet das Projekt „Lokale Erzählung St. Wendeler Land 5 x 100“.

Denn zu jeder Gemeinde des Landkreises St. Wendel entsteht ein Flyer, der, in 100-Jahr-Schritten unterteilt, die Geschichte der Gemeinden, besondere regionale Ereignisse, Landmarken und Persönlichkeiten sowie überregionale Entwicklungen vorstellt.

Der Flyer zur Gemeinde Nonnweiler wird am Dienstag, 7. Mai, 19 Uhr, im Bürgerhaus Braunshausen, Peterbergstraße 2a, vorgestellt. Ergänzt wird die Vorstellung durch einen Vortrag von Rainer Peter. Der Eintritt ist frei.

Die Flyer entstehen in Zusammenarbeit mit den Gemeinden des Landkreises, lokalen Vereinen und Forschern, der Kultur-Landschaft-Initiative St. Wendeler Land und dem Landkreis St. Wendel. red./hr


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Flyer für die Gemeinde Freisen wird vorgestellt

FREISEN Die Neuzeit, die vergangenen 500 Jahre, haben das Hier und Heute entscheidend geprägt.

Einen ersten, einfachen Überblick der historischen Prozesse der vergangenen fünf Jahrhunderte und ihren Auswirkungen auf die Region, auf die Gemeinden in ihrer heutigen Form, bietet das Projekt „Lokale Erzählung St. Wendeler Land 5 x 100“.

Denn zu jeder Gemeinde des Landkreises St. Wendel entsteht ein Flyer, der, in 100-Jahr-Schritten unterteilt, die Geschichte der Gemeinden, besondere regionale Ereignisse, Landmarken und Persönlichkeiten sowie überregionale Entwicklungen vorstellt.

Der Flyer zur Gemeinde Freisen wird am Mittwoch, 15. Mai, 19 Uhr, im Rathaus Freisen, Schulstraße 60, vorgestellt. Ergänzt wird die Vorstellung durch einen Vortrag von Erwin Raddatz. Der Eintritt ist frei.

Die Flyer entstehen in Zusammenarbeit mit den Gemeinden des Landkreises, lokalen Vereinen und Forschern, der Kultur-Landschaft-Initiative St. Wendeler Land und dem Landkreis St. Wendel. red./hr


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Der für St. Wendel wird am 21. Mai vorgestellt, wann und wo genau, das weiß ich nicht. Interessiert mich auch nicht, dann bin ich in Südtirol am Wandern.

FS


Roland Geiger

[Regionalforum-Saar] Führung über den jüdi schen Friedhof Ottweiler

Date: 2019/05/06 09:56:56
From: Hans-Joachim Hoffmann <hans-joachim-hoffmann(a)web.de>

„Verzeichnis einiger Verluste“

Erste Führung 2019 über den jüdischen Friedhof Ottweiler

Wie in den letzten Jahren bieten Klaus Burr und Hans-Joachim Hoffmann in Absprache mit der Synagogengemeinde Saar und der Stadt Ottweiler in Zusammenarbeit mit der KVHS Ottweiler Führungen über den jüdischen Friedhof Ottweiler an.

Judith Schalansky veröffentlichte 2018 eine Essay-Sammlung mit dem Titel: „Verzeichnis einiger Verluste“. In einer „Vorbemerkung“ rief sie in Erinnerung, welche Ereignisse während der Niederschrift ihres Buches die Nachrichten beherrschten und kontrastierte dabei aktuelle Tagesereignisse mit Wiederentdeckungen historischer Vorgänge und/oder der Lösung offener Fragen. So verwies sie z.B. darauf, dass während der Niederschrift dieses Buches „eine Boing 777 spurlos auf dem Weg von Kuala Lumpur nach Peking (verschwand)“ und zeitgleich „das vor 3800 Jahren in Steintafeln geritzte älteste Alphabet der Welt identifiziert (wurde).“ Diese beiden wahllos herausgegriffenen Beispiele deuten an, dass es naheliegt, Ereignisse in den Mittelpunkt einer Nachricht zu stellen, was vielleicht morgen schon der Vergessenheit anheimfällt oder im Laufe der Jahrtausende allmählich in Vergessenheit geriet. Dabei spielen oft Zufälligkeiten eine Rolle, oft greift Natur in Werden und Vergehen ein, oft der Mensch. Mit dem Zitat des assimilierten jüdischen Kulturphilosophen Theodor Lessing (1872-1933, ermordet): „Was bewahren die Geschichtsquellen? Nicht die Schicksale der bei der Eroberung von Lüttich zertretenen Veilchen, nicht die Leiden der Kühe beim Brande Löwens, nicht die Wolkenbildungen von Belgrad.“ leitet Schalansky zu der Feststellung über, dass Geschichte stets aus der Rückschau versucht, Vergangenes zu erklären, in Archiven zu sichern und es in einem an der Chronologie orientiertem System zu ordnen, um damit Sinnhaftigkeit vorzutäuschen.

Auch für Ottweiler lässt sich problemlos ein „Verzeichnis einiger Verluste“ erstellen, ohne allzu weit in die Vergangenheit zurückzuschauen. Einige Beispiele seien angedeutet: Schon oft hörten die Referenten die erstaunte Frage: Ein jüdischer Friedhof in Ottweiler? Wo findet man ihn denn? - Wann gründeten sich die Ottweiler die demokratischen Parteien nach dem 1. Weltkrieg? - Welche Persönlichkeiten prägten in der Gründungsphase 1919/20 die Parteiarbeit? - Wem sind die Verantwortlichen bekannt, die nach dem 8. Mai 1945, dem Tag der Befreiung Deutschlands von der NS-Diktatur, von Bürgermeister Jakob Zender als Mitglied des „Gemeindekomitees“, das zu seiner ersten Sitzung am 4.1.1946 zusammentrat, mit dem Neuaufbau der Verwaltung beauftragt wurden? Das „Verzeichnis einiger Verluste“ im kollektiven Gedächtnis Ottweilers ließe sich mühelos durch Ereignisse und Entwicklungen aus der jüngeren Zeit ergänzen.

Allen Bemühungen zum Trotz: Immer wieder gingen und gehen grundlegende Kenntnisse und Erkenntnisse verloren, werden Persönlichkeiten und ihre Leistungen für die Gesellschaft im kollektiven Gedächtnis verdrängt oder gar ausgelöscht. Dieser nahezu zwangsweisen Entwicklung versucht Schalansky zu begegnen: „Wie alle Bücher ist auch das vorliegende Buch von dem Begehren angetrieben, etwas überleben zu lassen, Vergangenes zu vergegenwärtigen, Vergessenes zu beschwören, Verstummtes zu Wort kommen zu lassen und Versäumtes zu betrauern.“

Etwas überleben zu lassen, Vergangenes zu vergegenwärtigen“ – darum bemühen sich auch die Referenten, indem sie die Entstehung und Entwicklung der jüdischen Gemeinde Ottweiler, aber auch ihre Vernichtung skizzieren.

Vergessenes zu beschwören, Verstummtes zu Wort kommen zu lassen“ – dazu bieten die Inschriften der Grabmale zahlreiche Ansatzpunkte.

Versäumtes zu betrauern“ – dazu mögen sich die Besucher nach der Führung über den jüdischen Friedhof Ottweilers ihre eigenen Gedanken machen.

Zur Aufarbeitung der NS-Zeit und zur Erinnerung an die letzten jüdischen Bewohner Ottweilers verfasste Hans-Joachim Hoffmann die Dokumentation „Seid vorsichtig mit der Obrigkeit...! Beitrag zur Erinnerungskultur und Lokalgeschichte Ottweilers“. Dieses 405 Seiten umfassende Buch (ISBN 978-3-946313-01-4) kann zum Preis von € 19.80 erworben werden bei:

Archäologie - Büro & Verlag - Glansdorp, Kantstraße 32, 66636 Tholey

Hans-Joachim Hoffmann, Adolf-Kolping-Weg 7, 66564 Ottweiler (06824-7990)

Sparkasse Neunkirchen, Filiale Wilhelm-Heinrich-Straße, 66564 Ottweiler

Presse-Shop Ottweiler, Inhaberin Hannelore Henn, Wilhelm-Heinrich-Straße 13, 66564 Ottweiler.

Die Führung über den jüdischen Friedhof Ottweiler erfolgt in Kooperation mit der KVHS Neunkirchen. Aus organisatorischen Gründen bittet die KVHS um vorherige Anmeldung. Eine Teilnahme ist jedoch auch ohne Anmeldung bei der KVHS möglich.

Klaus Burr und Hans-Joachim Hoffmann sowie die KVHS und die Synagogengemeinde Saar freuen sich auf Ihren Besuch.

Termin: Sonntag, 12.05.2019                

Uhrzeit: 17.00 Uhr

Treffpunkt: Aufgang zum Friedhof in der Straße Maria-Juchacz-Ring (aus Richtung Schwimmbad kommend: Kreuzung Karl-Marx-Straße/Maria-Juchacz-Ring: rechts abbiegen - nach ca. 80 m linker Hand Aufgang zum Friedhof) Dauer: ca. 1 ½ Stunde.

Die nächste Führung ist am Sonntag, 16.06.2019.

 

 



Virenfrei. www.avast.com

[Regionalforum-Saar] Vortrag 100 Jahre Frauenwahlrecht in Deutschland und den USA

Date: 2019/05/06 16:50:46
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

100 Jahre Frauenwahlrecht in Deutschland und den USA

Referentin: Dr. Anja Schüler
(Heidelberg Center for American Studies)

Montag, 20. Mai 2019, 18.00 - 19.30 Uhr
Atlantische Akademie Rheinland-Pfalz,
Lauterstr. 2, 67657 Kaiserslautern

Mit den Verordnungen des Rats der Volksbeauftragen führte Deutschland am 12.11.1918 als eine der ersten Industrienationen das Frauenwahlrecht ein. Knapp zwei Jahre später endete der Kampf der amerikanischen Frauenbewegung für das Wahlrecht mit der Ratifizierung des 19. Verfassungszusatzes. Der Kampf um größere gesellschaftliche Partizipation von Frauen jedoch reichte in beiden Ländern weit ins 19. Jahrhundert zurück, und er beschränkte sich nicht auf das Wahlrecht.

Der Vortrag schlägt einen Bogen von den Frauenvereinen, die sich in der politischen und gesellschaftlichen Aufbruchsstimmung um 1850 gegründet hatten und neben politischer Partizipation vor allem das Recht auf Bildung und Ausbildung forderten, zur politischen und gesellschaftlichen Realität nach dem Ersten Weltkrieg. Konnten die ersten weiblichen Abgeordneten die speziellen frauenpolitischen Ziele, die sie sich gesetzt hatten, durchsetzen oder waren sie eher der Parteidisziplin verpflichtet? Schlug sich dieser große emanzipatorische Schritt im Alltagsleben nieder? Wie „glänzend“ waren die „Goldenen Zwanziger“ Jahre wirklich? Abschließend wirft der Vortrag zum 70. Jahrestag des Grundgesetzes einen Blick auf die verfassungsrechtliche Stellung von Frauen in Deutschland und den USA.

Der Eintritt ist frei. Bitte melden Sie sich via E-Mail oder Telefon 0631/366100 zu dieser Veranstaltung an.

Weitere Informationen zur Veranstaltung finden Sie auf der Website der Atlantischen Akademie sowie bei unserer Facebook-Veranstaltung.

[Regionalforum-Saar] Anna's Lied

Date: 2019/05/07 08:58:10
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Anna's Lied

 

Mein ganzer Stolz ist Leopold,

Mein einz'ges Paradies,

Wenn er so lieblich und so hold

Den Kuß mir giebt so süß.

Wenn er als schneidiger Husar

An's heiße Herz nicht drückt,

Dann bin ich weg so ganz und gar,

Dann bin ich ganz verrückt.

In jüngster Zeit, da ist er stets,

So blank heraus gefitzt?

Das kommt, weil er die Stiefeln jetzt

Mit Krebs=Wichs hell gewichst.

 

Fabrikant Karl Gentner in Göppingen

 

Zu haben bei J. Hennes jr. und Witwe J. Keller.

 

Nahe=Blies=Zeitung, 11.05.1899

 

(eingesehen im Stadtarchiv St. Wendel)

 

[Regionalforum-Saar] Ende der mütterlichen Vormund schaft 1899

Date: 2019/05/07 09:01:00
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Ende der mütterlichen Vormundschaft

 

Vom 1. Januar 1900 an hört die Vormundschaft der Mütter für ihre Kinder auf.

 

Eine Witwe, welche die Vormundschaft über ihre Kinder führt, erhält mit dem Inkrafttreten des bürgerlichen Gesetzbuches die elterliche Gewalt über diese Kinder.

 

Aus diesem Anlass haben bereits verschiedene Gerichte im Deutschen Reich an die Vormünderinnen ihres Amtesbezirks das nachstehende Schreiben gesandt: "Sie werden hierdurch benachrichtigt, daß Ihnen als Mutter über ihr Mündel, in Gemäßheit des Paragraphen 1684 des bürgerlichen Gesetzbuches, am 1. Januar 1900 die elterliche Gewalt zusteht, die bei den hiesigen Gericht geführte Vormundschaft mit dem genannten Zeitpunkte daher aufgehoben wird. Die Ihnen erteilte vormundschaftliche Bestallung ist Anfang 1900 ohne weitere Aufforderung zu den Akten zurückzugeben."

 

Nahe=Blies=Zeitung, 11.05.1899

 

(eingesehen im Stadtarchiv St. Wendel)

 

 

 

Re: [Regionalforum-Saar] Varia u.a. [Hunsrueck] End e der mütterlichen Vormundschaft 1899

Date: 2019/05/07 22:41:19
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Hallo,

den Sinn dieser Email verstehe ich nicht.

Roland Geiger


Am 07.05.2019 um 18:10 schrieb Helmut Schäfer:

-------- Weitergeleitete Nachricht --------

Betreff:

[Hunsrueck] Ende der mütterlichen Vormundschaft 1899

Datum:

Tue, 7 May 2019 09:00:58 +0200

Von:

Roland Geiger < >

 

 

 

 

Wenn ich „Vormünderinnen“ lese, interessiert mich der Rest nicht mehr

 


Ende der mütterlichen Vormundschaft

Vom 1. Januar 1900 an hört die Vormundschaft der Mütter für ihre Kinder
auf.

Eine Witwe, welche die Vormundschaft über ihre Kinder führt, erhält mit
dem Inkrafttreten des bürgerlichen Gesetzbuches die elterliche Gewalt
über diese Kinder.

Aus diesem Anlass haben bereits verschiedene Gerichte im Deutschen Reich
an die Vormünderinnen ihres Amtesbezirks das nachstehende Schreiben
gesandt: "Sie werden hierdurch benachrichtigt, daß Ihnen als Mutter über
ihr Mündel, in Gemäßheit des Paragraphen 1684 des bürgerlichen
Gesetzbuches, am 1. Januar 1900 die elterliche Gewalt zusteht, die bei
den hiesigen Gericht geführte Vormundschaft mit dem genannten Zeitpunkte
daher aufgehoben wird. Die Ihnen erteilte vormundschaftliche Bestallung
ist Anfang 1900 ohne weitere Aufforderung zu den Akten zurückzugeben."

Nahe=Blies=Zeitung, 11.05.1899

(eingesehen im Stadtarchiv St. Wendel)

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Mit freundlichen Grüßen

Roland Geiger

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[Regionalforum-Saar] Vortrag über die Abteikirche Tholey aus kunsthistorischer Sicht

Date: 2019/05/20 21:38:22
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Liebe Freunde des Schaumberger Landes,

zu einem Vortrag von Prof. Dr. Christoph Brachmann über die Abteikirche Tholey aus kunsthistorischer Sicht

am Freitag, den 14. Juni 2019 um 19.00 Uhr im Sitzungssaal des Rathauses Tholey, Am Marktplatz

möchte ich euch herzlich einladen.

Viele Grüße


Niko Leiß

(1. Vors.)

--

 

 

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Historischer Verein zur Erforschung des Schaumberger Landes Tholey e.V.

niko leiß
grimostraße 11
d-66636 tholey
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f +496853922369

 

[Regionalforum-Saar] Die Kreisstadt in der Neuzeit

Date: 2019/05/20 21:50:24
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Die Kreisstadt in der Neuzeit

Flyer zur „Lokalen Erzählung 5 x 100“ wird vorgestellt

ST. WENDEL Die letzte Station der Tour steht an: Am Dienstag, 21. Mai, 19 Uhr, wird in der Stadt- und Kreisbibliothek St. Wendel der Flyer zur „Lokalen Erzählung der Kreisstadt St. Wendel 5 x 100“ vorgestellt. Der Flyer thematisiert die historische Entwicklung der Kreisstadt während der Neuzeit, also der vergangenen 500 Jahre, gegliedert in 100-Jahr-Schritte.

Ein einfacher, erster Überblick. Mit der gleichen Methode wurden bereits die Flyer der sieben anderen Gemeinden des Landkreises vorgestellt. In St. Wendel werden die Historiker Dr. Josef Dreesen und Bernhard W. Planz einen Vortrag zu St. Wendel in der Neuzeit halten. Der Eintritt ist frei.

Die Flyer entstanden in Zusammenarbeit mit den Gemeinden des Landkreises, lokalen Vereinen und Forschern, der Kultur-Landschaft-Initiative St. Wendeler Land und dem Landkreis St. Wendel. red./hr

[Regionalforum-Saar] in eigener Sache

Date: 2019/05/20 21:57:54
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Salve,

nicht daß Sie meinen, angesichts meiner ab morgen in St. Wendel eine Fata Morgana vor sich zu haben - ggf. auch trotz gegenteiligen Wunsches - ich bin wieder in der Stadt.

Der Iseosee in Oberitalien ist ne wirklich schöne Ecke, aber vergangene Woche nach Montag war es dort saukalt (plus 14 Grad im Schnitt), seit Samstag hats nur geregnet, und die Sonne ham wir auch kaum zu sehen bekommen.

Da haben wir uns hoit schweren Herzens entschlossen, die geplanten vier Tage in Meransen in Südtirol platzen zu lassen, vor allem, weil alle Vorhersagen für dorten in der heut begonnenen Woche Dauerregen und Temperaturen um 10 Grad prognostizierten.

Als wir heute von Mailand auf der Autobahn hochkamen und Airolo passierten, war der St. Gotthard in Wolken gehüllt und aus verschiedenen Lücken schimmerte es verdächtig weiß. War natürlich gesperrt.
Auf der Nordseite hatten wir den Eindruck, der Vierwaltstättersee sei bis Göschenen hochgeschwappt.

Allez dann.
--
Mit freundlichen Grüßen

Roland Geiger

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Roland Geiger
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[Regionalforum-Saar] Vortrag "Luise, die Coburger und die evangelische Kirche"

Date: 2019/05/20 22:23:33
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Vortrag "Luise, die Coburger und die evangelische Kirche"


Ort: Museum St. Wendel, Mia-Münster-Haus

Referent: Gerhard Koepke

Eintritt: frei

 

Noch bis 1784 durften sich keine Protestanten im katholischen St. Wendel niederlassen. Erst als St. Wendel ab 1816 zum (protestantischen) Herzogtum Coburg gehörte, kamen Protestanten in größerer Zahl in die Stadt. Einen eigenen Pfarrer erhielt St. Wendel 1824 und eine evangelische Kirche wurde, trotz wiederholter Bitten, erst später, in preußischer Zeit, erbaut. Gerhard Koepke, lange Jahre Gemeindepfarrer in St. Wendel, später Superintendent des Kirchenkreises St. Wendel bzw. ab 2010 des neuen Kirchenkreises Saar-Ost, gibt einen Überblick über die Geschichte der evangelischen Kirche in St. Wendel und erläutert, welche Rolle Herzogin Luise für ihre Entstehung spielte.

 

Mittwoch, 22. Mai 19:00 - 21:00

[Regionalforum-Saar] Die Benediktiner. Von den Anf ängen bis zum Ende des Mittelalters

Date: 2019/05/21 09:17:57
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Die Benediktiner. Von den Anfängen bis zum Ende des Mittelalters

von Christoph Dartmann

 

Erschienen Stuttgart 2018: Kohlhammer Verlag

Umfang 301 S.

Preis € 20,00

ISBN 978-3-17-021419-4

 

Rezensiert für H-Soz-Kult von Andrea Knopik, Stiftung Kloster und Kaiserpfalz Memleben

 

Der Titel verspricht eine Überblickspublikation zur Geschichte, Entwicklung und Bedeutung des Benediktinerordens. Der Umschlagtext stellt einen Blick auf die Bedeutung der Benediktiner und Klöster für die mittelalterliche Gesellschaft und Kulturgeschichte in Aussicht. Christoph Dartmann hat sich mit der vorliegenden Publikation ein hohes Ziel gesetzt. Er möchte eine Geschichte des benediktinischen Mönchtums von der Entstehung der Benediktsregel bis zur Reformation für alle lesbar und verständlich vorlegen. Dies formuliert er gleich zu Beginn in der Einleitung, in der er ebenso auf den unterschiedlichen Wissensstand der Adressaten eingeht, für die er hofft, ein Einstiegswerk geschaffen zu haben.

 

Den Einstieg schafft Christoph Dartmann im zweiten Kapitel über eine intensive Auseinandersetzung mit der Benediktsregel, die er in den Mittelpunkt stellt. Seine thematische Hinführung zu Benedikt und der Regula Benedicti führt er über einzelne Asketen wie Antonius und das Eremitentum, Pachomius und das Zönobitentum sowie Basilius von Caesarea. Wichtige Regionen für die Entfaltung des lateinischen Mönchtums lagen im Nahen Osten, heute Ägypten, Palästina und Syrien.

 

Provozierende Formulierungen wie zu Beginn des Abschnittes zur Rekonstruktion von Benedikts Leben – „Unterstellt man, diese Heiligenvita beruhe auf glaubwürdigen Informationen, […]“ (S. 22) – setzen beim Leser die Kenntnis der Sache voraus, um eine Einordnung der Formulierung vornehmen zu können. Zwar führt Dartmann im Vorfeld dieser Formulierung kausal darauf hin, gleichwohl hebt er seinen Anspruch an Text und Leser damit erheblich. Mit den entsprechenden Vorkenntnissen sind Wertung und Weiterdenken möglich, ohne Vorkenntnis wird der Leser über die Absichten des vorliegenden Textes verunsichert.

 

Christoph Dartmann gelingt es, im zweiten Kapitel ein Bild des Benediktinertums zu schaffen, in dem die Entwicklungsgeschichte gleichermaßen wie Benedikt als Person, die Regula Benedicti und ihre Bedeutung, die Consuetudines, die Rezeptionsgeschichte der Regula sowie die Reformbestrebungen zusammengefasst werden. Hier wird deutlich, dass der benediktinischen Gemeinschaft mehr als nur der Namensgeber oder das von ihm verfasste Regelwerk zugrunde liegt.

 

Die vier folgenden Kapitel widmet Christoph Dartmann einzelnen wesentlichen Aspekten des Benediktinertums, beschränkt diese im Vergleich zu den Grundlagen in Kapitel 2 jedoch auf insgesamt keine zwei Drittel des Gesamtumfangs der vorliegenden Publikation. Zunächst greift Dartmann das Thema des Gebetes und die Religiosität der Benediktiner an. Hier werden die Texte des zweiten Kapitels, welches der theoretischen Einführung diente, lebendig. Sowohl die Stundenliturgie inklusive Gesang und Musikkultur als auch das Gebetsgedenken, die Memoria oder das Sünden- und Bußverständnis werden anschaulich beschrieben. Auch die Heiligenverehrung oder der Umgang mit Reliquien werden kritisch beleuchtet und gleichermaßen ausführlich besprochen.

 

Ein zweites Unterkapitel widmet sich der Kunst im benediktinischen Mönchtum. Diese lasse sich nur aus dem Zusammenhang der Liturgie als Zentrum des klösterlichen Lebens und ihrer Funktion heraus verstehen. Die Architektur, Buchmalerei und die Schatzkunst wurden als Beispielgeber ausgewählt – repräsentative mittelalterliche Kunstgattungen. Auf nur wenigen Seiten schafft es Dartmann, einen groben Überblick über die mittelalterliche Kloster- und Kirchenbaukunst zu schaffen, ohne jedoch den Eindruck zu erwecken, es würde eine typische Baukunst der Benediktiner geben. Wichtig ist hier die Einordnung in die allgemeine Geschichte der Sakralbaukunst unter Berücksichtigung regionaler Besonderheiten. Die Ausstattung der Klöster, Reliquiare und Altäre werden thematisch aufgeführt, in den benediktinischen Kontext gestellt, in ihrer liturgischen Bedeutung und Funktion erläutert und anhand einzelner Besonderheiten herausgestellt. Grundsätzlich sei hier angemerkt, dass Christoph Dartmann es sehr gut versteht, durch gut gewählte Beispiele allen Themen, auch wenn sie noch so theoretisch sind, ein heute noch sichtbares Bild beizustellen. Das sollte zumindest denjenigen Lesern einen Einstieg ins Thema ermöglichen, die sich ohne Vorkenntnisse an das Werk wagen.

 

Klöster werden gemeinhin als die Bildungszentren des Mittelalters bezeichnet. Im Kapitel zu Schriftkultur und Gelehrsamkeit wird auf die verschiedenen Aspekte eingegangen. Ob Schrift- oder Buchkultur, ob St. Gallen oder das Kloster Reichenau, ob Buchbestand oder Buchproduktion, ob die Gelehrsamkeit von Hrabanus Maurus oder von Hildegard von Bingen – Christoph Dartmann versteht es auch hier, anhand populärer Beispiele und knapper Zusammenfassungen ein Fenster zu öffnen und dem Leser zu verdeutlichen, wie viel Wissen hinter diesen kurzen Abschnitten steht. Er schafft es zwar, essentielle Themen anzureißen, allerdings sollte dem Leser hier bewusst sein, wie vielschichtig und detailreich die nur angerissenen Ausführungen tatsächlich sind. Allein am gewählten Beispiel St. Gallen wird deutlich, wie bedeutsam und facettenreich die Geschichte der Benediktinerabtei zu beleuchten wäre. Es trat bereits unter dem Thema Architektur auf, das Kloster Reichenau wird im Buch spätestens als Reichskloster unter der Überschrift „Das Kloster zwischen König, Kirche und Stadt“ erneut in Erscheinung treten.

 

Im zuletzt genannten fünften Kapitel dreht sich alles um das Beziehungsgeflecht und Netzwerk zwischen Herrschertum und Kirche, zwischen der Lebenswelt der Klöster in der Abgeschiedenheit im Gegensatz zu Konventen innerhalb mittelalterlicher Stadtmauern oder nahe bei diesen. Auch wirtschaftliche Aspekte fließen hier bereits ein, obwohl sich erst das letzte Kapitel des Buches diesem Thema im Besonderen widmet. Irritierend in diesem Kapitel ist das Fehlen des Themas Reichskloster, obwohl gerade diese beispielsweise im 10. Jahrhundert bei den Ottonen eine ganz wesentliche Rolle gespielt haben. Allein an den Ottonen ließen sich auch hervorragend die engen familiären Beziehungen zwischen kirchlichen und weltlichen Machtpositionen erklären und wie diese gerade im Mittelalter ganz gezielt zur Stärkung der Macht mit Familienmitgliedern besetzt wurden.

 

Neben den Bildungszentren waren Klöster auch Wirtschaftszentren. Im letzten Kapitel vor dem Epilog, der Danksagung, den Anmerkungen, der äußerst umfangreichen Bibliographie sowie dem Personen- und Ortsregister führt Christoph Dartmann in das Thema „Die Wirtschaft der Klöster“ ein. Hier schreibt er über die Bedeutung der Landwirtschaft sowie deren Entwicklung, der Viehwirtschaft, den Grundbesitz der Klöster, die Auswirkungen der Landwirtschaft auf die Landschaft. An dieser Stelle fällt auf, dass Wirtschaft mit Landwirtschaft gleichgesetzt zu werden scheint. Dies ist jedoch mitnichten zutreffend. Markt-, Münz- und Zollrechte sorgten ebenfalls für Einnahmen, die die wirtschaftliche Situation beeinflussten, gleichermaßen führten auch Auftragsarbeiten der Skriptorien zu einnahmen – oder abgebrochenes Steinmaterial aus klostereigenen Steinbrüchen. Sicher ist, dass jeder Konvent individuelle wirtschaftliche Ziele verfolgte, die je nach den regionalen Bedingungen unterschiedlich ausfallen konnten.

 

Christoph Dartmann schafft einen äußerst interessanten Abschluss des Werkes über den Epilog. Er schreibt hier, es hätte auch die Möglichkeit gegeben, die Geschichte und Entwicklung des Benediktinertums aus einer völlig anderen Perspektive zu beleuchten. In kurzen Abschnitten gibt er einen Ausblick auf die „Geschichte der Macht“, in dem er die Macht des Abtes, die Macht über Mitbrüder, die Macht in der Welt jenseits der Klostermauern thematisiert und so für den Leser den Blickwinkel erheblich weitet. Dartmann regt den Leser dadurch an, das Gelesene zu durchdenken und nicht hinzunehmen, sondern sich weiter damit zu beschäftigen und das Wissen zu vertiefen. Hierfür gibt er eine sehr umfangreiche Bibliographie an die Hand, die je nach Anspruch des Lesers die aktuellste und wichtigste Literatur zusammenfasst.

 

Zusammenfassend lässt sich Folgendes sagen: Wer anhand des Titels und Umschlagtextes ein einfaches Nachschlagewerk zur Einführung in die beschriebene Thematik erwartet, wird enttäuscht. Stattdessen findet der Leser ein umfassendes Werk, welches vielschichtig die Entwicklungsfacetten beleuchtet, Schwerpunkte setzt, aber auch Wissen voraussetzt. Ohne Vorkenntnisse erfordert das Werk ein Durcharbeiten vom Beginn bis zum Ende sowie Begleitliteratur, um alles verstehen zu können.

 

Zitation

Andrea Knopik: Rezension zu: Dartmann, Christoph: Die Benediktiner. Von den Anfängen bis zum Ende des Mittelalters. Stuttgart  2018 , in: H-Soz-Kult, 15.05.2019, <www.hsozkult.de/publicationreview/id/rezbuecher-30245>.

 

[Regionalforum-Saar] Christoph Arzberger, geb. in Coburg, gest. in St. Wendel

Date: 2019/05/23 13:19:50
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Hallo,

am 11.07.1822 starb in St. Wendel an den Folgen einer Lungenentzündung der Geheime Rath Christoph Arzberger, ein coburgischer Beamter auf Dienstreise.
Bestattet wurde er in St. Wendel auf dem neuen Friedhof (den wir heute noch haben) in einem recht opulenten Grab, das ein paar Jahre später auf Geheiß der Regierung renoviert wurde.

Beurkundet wurde der Todesfall im Standesamtregister in St. Wendel.

Ich suche den Kirchenbucheintrag. St. Wendels evangelische Kirchengemeinde wurde 1825 gegründet, aber lt. Kirchenarchiv Boppard gibt es erst ab 1831 Taufeinträge, Heiraten und Bestattungen erst ab 1838.

In Remmesweiler, Nieder- und Oberlinxweiler, Dörrenbach habe ich nachgeschaut, aber ohne Erfolg. Reichenbach wäre noch eine Möglichkeit, aber da habe ich keine Unterlagen.


Es sind noch andere Fälle in der Richtung, deren kirchliche Akte unbekannt sind:

Johann Martin Fladt (1801-1837) oo Juliette Stuss am 08.03.1831 in St. Wendel, kirchliche Heirat?

Luise Dorothea Paulina zu Sachsen (die Herzogin) oo Maximilian Elisius Alexander von Hanstein am 16.10.1826 in St. Wendel, kirchliche Heirat?


Hat jemand eine Idee?

--
Mit freundlichen Grüßen

Roland Geiger

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Roland Geiger
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[Regionalforum-Saar] Pilgerfahrten und Wallfahrtskirchen zwischen Weser und Elbe

Date: 2019/05/30 21:46:31
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Pilgerfahrten und Wallfahrtskirchen zwischen Weser und Elbe

 

Museen Lüneburg und Stade

03.04.2019 - 05.04.2019

Von Nadine Mai, Universität Hamburg

 

Die Entdeckung zahlreicher mittelalterlicher Pilgerzeichen bei Ausgrabungen im Stader Hansehafen 2012/13 gab den Blick in eine unbekannte Welt frei: In Norddeutschland waren bis zur Reformation viele Menschen unterwegs zu den großen Pilgerkirchen Europas, aber auch zu zahlreichen heute völlig vergessenen Wallfahrtskirchen in der eigenen Heimat. Einen Zugang zu diesen Funden soll das Forschungsprojekt Pilgerspuren. Orte – Wege – Zeichen entwickeln, das an den Museen Stade und Lüneburg angesiedelt ist. Eine erste Ergebnispräsentation bot die international ausgerichtete Tagung Pilgerfahrten und Wallfahrtskirchen zwischen Weser und Elbe, die vom 3.–5. April 2019 in Lüneburg stattfand.

 

Das rege Interesse an der Thematik der Pilgerfahrten und Wallfahrtskirchen in Norddeutschland zeigte sich bereits bei der Eröffnung im Fürstensaal des Lüneburger Rathauses, zu der zahlreiche Gäste und Interessierte erschienen. Auch die Grußworte der Förder/innen und Institutionsverteter/innen Eduard Kolle, Bürgermeister der Hansestadt Lüneburg, der Museumsdirektoren Heike Düselder (Museum Lüneburg) und Sebastian Möllers (Museen Stade) sowie Andreas Hesse (Klosterkammer Hannover) und Tabea Golgath (Stiftung Niedersachsen) transportierten die Spannung und Freude über das Unterfangen.

 

In seiner Einführung gab HARTMUT KÜHNE (Berlin), der wissenschaftliche Leiter des Projekts, einen Forschungsüberblick zum mittelalterlichen Wallfahrtswesen in Niedersachsen und schloss mit einem ernüchternden Fazit. So beklagt Kühne in Bezug auf die religiöse mittelalterliche Kultur im norddeutschen Raum ein großes Forschungsdesiderat sowie große Verluste von Architektur und Kunstgut sowie Quellen und Wissen zur Heiligenverehrung insgesamt. Das alles sollte dennoch nicht über das reiche mittelalterliche Wallfahrtswesen in dieser Region hinwegtäuschen, welches durch die Stader Funde eindrucksvoll belegt wird. Sie konterkarieren auch die „weißen Landstriche“ auf der 1979 von Lionel Rothkrug [1] veröffentlichten Übersichtskarte mittelalterlicher Wallfahrtsorte in Deutschland und zeigen, dass eine Revision der mittelalterlichen Wallfahrtsgeografie von der Weser bis in die Elbregionen dringend geboten ist.

 

Neben den ehemaligen Wallfahrtskirchen und -kapellen nimmt das Projekt, wie Kühne betont, norddeutsche Reisende auf den Wegen zu den großen Pilgerkirchen im römisch-deutschen Reich sowie nach Santiago de Compostela, Rom und Jerusalem in den Blick. Der Strahlkraft dieser Heiligen Stätten widmete sich schon der Eröffnungsvortrag des israelischen Diplomaten und Historikers MORDECHAY LEWY (Bonn). Mit dem Kunstbegriff der Kartogenealogie und am Beispiel der Nürnberger Pilgerfamilie Ketzel umriss Lewy, wie Pilgernde nach Jerusalem spezifische Merkmale und Jerusalembilder in die Heimat transportierten, sie hier an die eigenen Erwartungen und Stadtbilder anglichen und durch Kunststiftungen in „ein ständiges Dejà vu“ Jerusalems übersetzten. KLAUS HERBERS (Erlangen) widmete sich seinem wissenschaftlichen Lebensthema, den Pilgerfahrten zum Grab des Heiligen Jacobus Major in Santiago de Compostela aus einer typisch ‚norddeutschen‘ Perspektive: vom Meer aus. So zeigte Herbers, dass im Gegensatz zu den heute bekannteren ‚Jakobswegen‘ viele mittelalterliche Pilger aus den Hansestädten per Schiff nach Galizien fuhren und damit einen „Akt der Imitatio“ unternahmen, bedenkt man wie wichtig Wasser, Seefahrt und Meereswunder in der Jacobuslegende sind. Mit dem Vortrag von CARSTEN JAHNKE (Kopenhagen) nahm die Tagung auch Pilgerfahrten aus Dänemark, Norwegen und Schweden in den Blick, die sich in Richtung Süden (über die Elbe, Mitteldeutschland und die Alpen) oder Osten (über Polen und Konstantinopel) nach Jerusalem, Rom und Santiago de Compostela bewegten. Großen Einfluss nördlich der Elbe hatte auch die Wallfahrtskultur der Lübecker Bürger/innen im späten Mittelalter, die durch Testamente außerordentlich gut dokumentiert ist und von HEINRICH DORMEIER (Kiel) skizziert wurde. Einen besonderen Blick lohne – so Dormeier – die Verbreitung des Rochus-Kultes, eines der Pilgerheiligen, die bislang nur wenig Aufmerksamkeit erlangt haben.

 

Eine Reihe von Vorträgen widmete sich einzelnen Pilgern, Wallfahrten und Quellen aus den Kernregionen des Projekts: Lüneburg und Stade. So stellte AREND MINDERMANN (Stade) die in der bis 1256 reichenden Annales Stadenses beschriebene Romreise des Albert von Stade (vor 1187–1264) vor, der offenbar einen Umweg nutzte, um auch den großen Zisterzienserklöstern Frankreichs einen Besuch abzustatten, deren Regel Albert in Lüneburg etablieren wollte. Weitere meist durch Suppliken und die Praxis der Sammelindulgenzen motivierte Reisen aus Lüneburg und Norddeutschland nach Rom betrachtete JÖRG VOIGT (Rom) in zwei Vorträgen: Vom Propst des Klosters Lüne, Nikolaus Graurock, oder dem Lüneburger Bürgermeister Albert van der Molen, der im Zusammenhang des Lüneburger Prälatenkrieges vom Stadtrat 1453 nach Rom entsandt wurde, bekamen die Tagungsgäste einen tiefen Einblick in das geschäftige Rom des 14. und 15. Jahrhunderts. Die materiellen Zeugnisse solcher Romreisen und weiterer Pilgerfahrten in Lüneburg zeigte ULFERT TSCHIRNER (Lüneburg) anhand von Quellen wie dem Reisebuch des Zacharias Konrad von Uffenbach (1756) und weiteren frühneuzeitlichen Berichten und Exponaten aus den Beständen des Museum Lüneburg.

 

Am zweiten Tag ging die Tagung intensiv auf einzelne Wallfahrten – und wichtige Transitwallfahrtsorte ein, wie den thüringischen Hülfensberg im Eichsfeld, den THOMAS MÜLLER (Mühlhausen) vorstellte. In zahlreichen Lübecker Testamenten werden Legate für eine Wallfahrt zum „Salvator“ oder „Gehülfen“ errichtet, womit man ein monumentales romanisches Christuskreuz bezeichnete, das offenbar seit dem 13. Jahrhundert bekleidet und als wundertätig verehrt wurde. Die enge Verquickung dieses Wunderkreuzes mit dem Kult des Volto Santo in Lucca und einem Märtyrer Sankt Hulpe im Raum Oldenburg und Plön zeigte ein weiterer Vortrag von ANDREAS RÖPCKE (Schwerin) auf. Im Vortrag von IRMGARD HAAS (Hannover) ging es um eine heute fast unbekannte Kapelle mit einem wundertätigen Marienbild in Hainholz bei Hannover. Aus dem 15. Jahrhundert stammt das zugehörige Pilgerzeichen, das eine stehende Maria mit Kind zwischen zwei Eichenbäumen zeigt. Trotz eines vornehmlich regionalen Einzugs belegen Lübecker Testamente und Pilgerzeichenfunde, die bis nach Dänemark reichen, den weiten Einzugsbereich der Kapelle am „Heynholte“.

 

Auch ein anderes im Stader Fund enthaltenes Pilgerzeichen macht den Wallfahrtsort als „Wald“ im Zeichen präsent: Es ist eine Darstellung der Heiligen Birgitta von Schweden, die inzwischen dem Birgittenkloster Marienwohlde bei Mölln zugewiesen und von HENRIKE LÄHNEMANN (Oxford), ELIZABETH A. ANDERSEN (Newcastle) und MAI-BRITT WIECHMANN (Oxford) vorgestellt wurde. Birgittas Kult verbreitete sich über die Hansewege und machte sie im skandinavischen und norddeutschen Raum auch als Altar-, Kirchen- und Klosterpatronin beliebt. Eine weitere heute weniger bekannte Wallfahrt führte die norddeutschen Pilger nach Nikolausberg beim Kloster Wende, dem sich WOLFGANG PETKE (Göttingen) widmete. Die angebliche Bestätigung der dortigen Kapelle durch Papst Alexander III im Jahre 1162 verdankt sich zwar einer späteren notariellen Fälschung - tatsächlich begann die Wallfahrt erst in den 1370er Jahren – durch einen großzügigen Umgangschor, verschiedene Ablässe und Bildwerke wurden dann jedoch schnell zahlreiche Pilger angelockt. Die Strahlkraft von Pilgerzielen veranschaulichte auch die akribische Sammlung von Abgüssen früher Pilgerzeichen – einer Kreuzigungsdarstellung sowie einer Marienfigur –, die RENATE SAMARITER (Greifswald) und CHRISTIAN POPP (Göttingen) vorstellten. Die Zeichen sind in Variationen gehäuft im mitteldeutschen Raum, aber auch in Dordrecht und Rostock archäologisch belegt: Wie die Wissenschaftler annehmen, stammen sie aus der Bischofsstadt Halberstadt, für die 1208 die Einführung eines Festum Adventus Reliquiarum belegt ist, das mit feierlichen Reliquienweisungen begangen wurde.

 

In einem weiteren Block thematisierte die Tagung Pilgerorte nördlich der Elbe. So wies ENNO BÜNZ (Leipzig) auf einige Pilgerziele in dieser Region hin und zeigte, dass der von Rothkrug Ende der 1970er Jahre erweckte Eindruck einer „Wallfahrtsfreien Zone“ nicht stimmt. Neben zahlreichen Klöstern, die schon im 12. und 13. Jahrhundert gegründet wurden, gab es am Ende des Mittelalters weitere Gnadenkapellen und Wallfahrtsstätten, für die, wie Bünz beklagt, jedoch keine verlässlichen Untersuchungen existieren: So das Heilige Kreuz in Lütjenburg, die Kirche des Heiligen Servatius in Selent, die Marienkapelle in Kirchnüchel oder die Sankt Hulpe-Kapellen in Plön und Flensburg. Großen Forschungsbedarf in Schleswig-Holstein mahnte auch JOACHIM STÜBEN (Hamburg) an, der anhand der Pilgerwege über den Ochsenweg von Haithabu über Itzehoe nach Stade Einblicke in die Entwicklung der Wallfahrtsrouten und der Sakraltopografie der Region gab. Wie seine Vorredner fordert Stüben die Tagungsgäste auf, aktiv zu werden und sich in die Quellenbestände von Gemeinden und kleineren Kirchen, sowie in Familienarchive und -sammlungen zu begeben. Im Vortrag von EDGAR RING (Lüneburg) wurde die St. Joos-Kapelle bei Stinstedt und die Marienkapelle von Lenzen betrachtet (übrigens beide durch ein Pilgerzeichen im Stader Fund vertreten), von denen sich nur die Grundmauern der einstigen Wallfahrtskapellen und von Wirtschaftsgebäuden erhalten haben. Die dort gemachten Keramikfunde von Trinkbechern bestätigten die Devise: Wallfahrt macht durstig – also den Zusammenhang von Wallfahrten und erhöhtem Bierausschank.

 

Ein Highlight der Tagung war sicher die Vorstellung des Stader Pilgerzeichenfundes durch JÖRG ANSORGE (Greifswald) und Hartmut Kühne (Berlin). Die Begeisterung über den Fund war im Vortrag von Jörg Ansorge deutlich zu spüren. Es handele sich um den umfangreichsten Fund mittelalterlicher Pilgerzeichen an einer einzelnen Stelle in Deutschland überhaupt. Kühne und Ansorge versuchen die Pilgerzeichen zu ordnen und die bislang unbekannten Zeichen, regionalen Wallfahrtsorten im Norden zuzuweisen: Darunter finden sich 10 Pilgerzeichen mit einem als Sankt Hulpe definierten bekleideten und bekrönten Kruzifix, der möglicherweise in die Nähe von Stade gehört. Neben Wilsnack und seinen Transitstationen sowie dem niedersächsischen Hellweg, zu der die Hostienwunderkirche von Blomberg und die Abtei Königslutter gehörten, sind auch Zeichen der großen Pilgerziele aus dem Rhein-Maas Gebiet sowie den Oberrheinischen Wallfahrtsorten Thann und Einsiedeln Teil des Fundes. Eindringlich warb das Forscherduo um Hinweise für die Zuordnung einiger Zeichen, die noch nicht eindeutig einem Wallfahrtsort zugeschrieben werden konnten, wie ein Christophorus (eventuell Kloster Reinhausen?) oder ein Palmesel mit der Inschrift Bremensis.

 

Durch das Tagungsthema und die zahlreichen Beiträge hat die Tagung ein großes Portfolio an neuen Erkenntnissen und Fragestellungen zusammengetragen. Die Diskussionen nahm nochmals das während der drei Tage oft beklagte große Forschungsdesiderat auf: Nur wenige Orte sind gut dokumentiert, vielmehr gibt die Mehrheit der Kapellen – insbesondere in Schleswig Holstein oder im nördlichen Niedersachsen – Rätsel auf und harrt einer intensiven Erforschung, die neben den Quellenbeständen auch Pilgergraffiti stärker einbeziehen sollten. Von der raschen Ausbreitung der Birgittenverehrung in Norddeutschland (Mai-Britt Wiechmann) bis hin zu einem Verweis auf Margarethe von Dänemarks Engagement in Meißen (Enno Bünz) oder den grenzübergreifenden Stiftungen der Herren zu Rantzau (Arend Mindermann). Anstoß für eine intensive Diskussion gab zudem die Frage, ob die Zeichen erkennbar waren oder sich nur einem bestimmten Kreis von „Insidern“ öffnen. Auch die Bild- und Formsprache der Zeichen und die Diskrepanz zwischen dem schlichten materiellen und oft hohen ideellen Wertes der Tragezeichen war Teil der Debatte. Für eine stärkere theoretische Auseinandersetzung mit der Vielfalt von tragbaren Zeichen im Spätmittelalter sowie die Beschäftigung mit deren Dekodierungsstrategien, die Material, Motiv, Kontext, Träger und Betrachter des Zeichens miteinbeziehen, warb zudem ANN MARIE RASMUSSEN (Waterloo, Kanada) in ihrem Festvortrag. In der Abschlussdiskussion richtete sich das Interesse der Gäste durch die starke Präsenz der für viele bisher unbekannten Pilgerzeichen noch einmal auf deren Materialität, ihre „Magie“ sowie ihre Funktion, etwa als Glockenabgüsse. Kritisch zu hinterfragen ist nach Jörg Richter (Klosterkammer Hannover) aber auch die Definition vieler Pilgerzeichen, die – wie etwa in Halberstadt – teils sehr groß seien und keine Ösen besäßen.

 

Mit einem eindringlichen Aufruf an die Tagungsteilnehmer/innen und Interessierten, ihr Wissen und weitere Ergebnisse in das laufende Forschungsprojekt sowie in die für 2020 geplante Ausstellung einzubringen, schloss Hartmut Kühne die Tagung. Wenn es gelingt, die interdisziplinären Zugänge der Tagung und das beeindruckende Detailwissen dieses Forschungs-Netzwerkes dort zusammenzutragen, darf man auf die Schau und den angesprochenen Begleitband mehr als gespannt sein.

 

Konferenzübersicht:

 

Begrüßung

 

Ulrich Mädge (Oberbürgermeister der Hansestadt Lüneburg) / Heike Düselder (Museum Lüneburg) / Sebastian Möllers (Museen Stade)

 

Grußwort der Förderer

 

Tabea Golgath (Stiftung Niedersachsen) / Andreas Hesse (Klosterkammer Hannover)

 

Einführung in die Tagung

 

Hartmut Kühne (Projektleiter)

 

Abendvortrag

 

Mordechay Lewy (Bonn), Die Wahrnehmung des Stadtbildes von Jerusalem im Spätmittelalter

 

1. Sektion: Fernwallfahrten zwischen Lübeck, Braunschweig und Bremen

 

Klaus Herbers (Erlangen), Jakobus und das Meer: Jakobuspilger zu Wasser und zu Lande

 

Heinrich Dormeier (Kiel), Lübecker Bürger in Santiago, Rom und Jerusalem im 15. und 16. Jahrhundert. Geplante und tatsächlich durchgeführte Pilgerreisen und die Popularität des Wallfahrtsgedankens in der Stadt

 

Carsten Jahnke (Kopenhagen), Suðurganga und Jórsalfari, Südgänger und Jerusalemfahrer. Pilgerfahrten nach Santiago und Jerusalem aus Dänemark und Skandinavien

 

Arend Mindermann (Stade), Der Romweg des Albrecht von Stade in seiner Weltchronik

 

Jörg Voigt (Rom), Der Lüneburger Bürgermeister Albert van der Molen und der Lüner Propst Nikolaus Graurock – zwei Lüneburger Rombesucher im 15. Jahrhundert

 

Ulfert Tschirner (Lüneburg), Zeugnisse von Wallfahrten in Lüneburger Sammlungen

 

2. Sektion: Wallfahrten zwischen Weser und Elbe: exemplarische Fälle

 

Thomas T. Müller (Mühlhausen), Wunder an der Werra – Die Wallfahrtskapelle auf dem Hülfensberg

 

Irmgard Haas (Hannover), Die Wallfahrt zur Marienkapelle in Hainholz vor Hannover

 

Wolfgang Petke (Göttingen), Die Wallfahrt nach Nikolausberg bei Göttingen

 

3. Sektion: Wallfahrten zwischen Weser und Elbe: thematische Überblicke

 

Enno Bünz (Leipzig), Spätmittelalterliche Wallfahrten nördlich der Elbe (Holstein, Storman, Dithmarschen, Lauenburg, Schleswig)

 

Jörg Ansorge (Greifswald) / Hartmut Kühne (Berlin), Der Stader Pilgerzeichen-Fund und sein Kontext

 

Joachim Stüben (Hamburg), Schlaglichter auf potentielle Quellen zur künftigen Wallfahrtsforschung im Raum Hamburg

 

Abendvortrag

 

Ann Marie Rasmussen (Waterloo, Kanada), Eine mit Zeichen aufgeladene Welt: Zur Funktion der Zeichen im Spätmittelalter

 

4. Sektion: Wallfahrten zwischen Weser und Elbe: Kultverbreitungen

 

Henrike Lähnemann (Oxford) / Elizabeth A. Andersen (Newcastle) / Mai-Britt Wiechmann (Oxford), Birgitta in Norddeutschland: Texte und Bilder

 

Andreas Röpcke (Schwerin), St. Hulpe im norddeutschen Raum. Eine Problemskizze

 

Timo Steyer (Wolfenbüttel), Wallfahrten im Spiegel spätmittelalterlicher Bürgertestamente aus Braunschweig

 

5. Sektion: Wallfahrten zwischen Weser und Elbe: Ablass, Stadt , Bistum

 

Jörg Voigt (Rom), Schwerpunkte päpstlicher Indulgenzvergaben zwischen Elbe und Weser vom 14. bis zum 16. Jahrhundert

 

Thomas Lux (Lüneburg), Städtische Frömmigkeit im Aufbruch: Lüneburg und die Kirche von 1380 bis 1440

 

Renate Samariter (Greifswald) / Christian Popp (Göttingen), Halberstädter Pilgerzeichen auf Erztaufen und Glocken zwischen Ostsee und Saale? Sachkultur und Quellenbefunde im Dialog

 

6. Sektion: Wallfahrt und Sachkultur

 

Jan Friedrich Richter (Berlin), Pilgerdarstellungen in der spätmittelalterlichen Kunst zwischen Bremen, Braunschweig und Lübeck

 

Edgar Ring (Lüneburg), Wallfahrtsarchäologie - Archäologische Befunde zu ehemaligen Wallfahrtskapellen zwischen Weser und Elbe

 

Anmerkung:
[1] Lionel Rothkrug, Popular Religion and Holy Shrines. Their Influence on the Origins of the German Reformation and Their Role in German Cultural Development, in: James Obelkevich (Hrsg.), Religion and the People 800–1700, Chapel Hill 1979, S. 20–86.

 

Zitation

Tagungsbericht: Pilgerfahrten und Wallfahrtskirchen zwischen Weser und Elbe, 03.04.2019 – 05.04.2019 Lüneburg, in: H-Soz-Kult, 30.05.2019, <www.hsozkult.de/conferencereport/id/tagungsberichte-8295>.