Hallo,
der nachstehende Artikel - stand heute
morgen in der SZ - gehört vielleicht nicht wirklich ins Forum,
aber ich fand ihn interessant - auch die historische Anmerkung.
Man möge es mir verzeihen.
Roland Geiger
Das pädagogische Muselmann-Kaffee-Desaster
Die Holländer haben ihn den Arabern und den Türken geklaut. Das
ist zwar schon etwa 400 Jahre her, aber die Holländer haben
seitdem bei uns Deutschen eigentlich etwas gut, denn wir mögen
mehr als fast alle anderen Europäer kaum etwas lieber als ihn. Es
geht um Kaffee.
Die Warnung vor den miesen Angewohnheiten dieses Muselmanns war
zwar sehr melodisch, aber ich hatte schon früh den Verdacht: Da
stimmt etwas nicht. „C-a-f-f-e-e, trink nicht so viel Kaffee!“,
lautetet die Warnung. Der „Türkentrank“ schwäche die Nerven, mache
„blass und krank“. „Sei doch kein Muselmann, der ihn nicht lassen
kann!“, sangen wir in der Klasse. Und im Lehrerzimmer roch es nach
Kaffee.
Meine Oma sprach immer vom „guten Bohnenkaffee“. Lange bevor ich
selbst meine erste Tasse bekam, durfte ich bei der Zubereitung
helfen, das Wasser in den Filter aufs Pulver schütten, dem
Tröpfelgeräsuch zuhören und den Duft einatmen. Als ich dann meinen
ersten Kaffee hinter mir hatte, entwickelte ich mich schnell zum
guten Enkel und warnte meine Oma: Nicht die weißen Papierfilter
nehmen, die braunen sind besser. Sie ließ sich überzeugen.
Das ließ ich mich auch, als mir Thomas Brinkmann von der
Kaffeeschule in Hannover vor ein paar Tagen erklärte: Nicht die
braunen Filter nehmen, die weißen sind besser. Die werden nämlich
inzwischen nicht mehr mit Chlor, sondern mit Sauerstoff gebleicht
und verändern den Geschmack des Kaffees nicht so sehr wie die
braunen Filter. Außerdem habe ich gelernt: Kaffeewasser sollte
nicht kochen, sondern nur etwa 90 bis 96 Grad heiß sein. Kaffee
wird besser, wenn man den leeren Papierfilter erstmal mit heißem
Wasser begießt. Und am besten ist Kaffee, wenn man ihn nicht
länger als eine Viertelstunde vor dem Brühen mahlt. Denn mehr als
die Hälfte der wundervollen Kaffeearomen verflüchtigen sich nach
dem Mahlen ruck, zuck.
Und der Muselmann? Der hatte eine Art Kaffeemonopol – die Türken
und Araber verkauften nur Bohnen, die nicht mehr keimen konnten.
Clever. Bis die Holländern 1616 im damals osmanischen Jemen, wo
wohl schon 1454 der erste Kaffee angebaut wurde, Kaffeepflanzen
klauten, um selbst welchen in Ceylon und Java anzubauen.
Es gibt viele solcher Geschichten, aber das ist die
glaubwürdigste. Ganz sicher ist: Kaffee ist nach Wasser und vor
Bier das Lieblingsgetränk der Deutschen. 162 Liter davon trinken
wir pro Kopf im Jahresdurchschnitt. Die Warnung vor dem
muselmanischen Kaffeelaster scheint also nicht nur bei mir ein
pädagogisches Desaster gewesen zu sein.
Wie machen Sie Kaffee? Was trinken Sie am liebsten? Sagen
Sie dem Autor Ihre Meinung. Postadresse: Gutenbergstraße 11-23,
66103 Saarbrücken, E-Mail