St. Wendel. Am 27. Januar 1945 befreite die Rote Armee
Auschwitz. Als größtes der rund 2000 Konzentrations- und
Arbeitslager versinnbildlicht es wie kein zweites die
Gräueltaten der Nazis. Der Ort im Süden Polens steht für den
Verlust jeglicher Menschlichkeit und Zivilisation. Seit 1996 ist
die Befreiung der Gefangenen von Auschwitz ein nationaler, seit
2005 internationaler Gedenktag für die Opfer des Holocaust. Auch
in St. Wendel wird jährlich mit einer zentralen Veranstaltung
der Opfer gedacht. In diesem Jahr war die Aula des
Cusanus-Gymnasiums der Ort des Gedenkens.
„Wir dürfen nicht vergessen, was damals geschah“, erklärt
Landrat Udo Recktenwald den Gedanken hinter der Veranstaltung.
Besonders junge Menschen wolle man ansprechen: „Je mehr
Zeitzeugen sterben, desto wichtiger ist es, die Erinnerung an
das Geschehene in die Jugend zu tragen“, erklärte Recktenwald.
„Die Erinnerungskultur muss ein Zeitloszeuge werden.“ Das sei
gerade angesichts des aktuellen politischen Geschehens wichtiger
denn je.
In der Aula selbst konnten Besucher sich an Schautafeln über
das Thema Nationalsozialismus am Beispiel unserer Region und
auch anhand einiger Einzelschicksale informieren. Schüler des
Cusanus hatten sie im Vorfeld angefertigt. Neben Briefen und
offiziellen Schreiben von der Front gehörten vor allem auch
zahlreiche Schwarz-Weiß-Fotografien zu der kleinen Ausstellung
dazu. Gruppenfotos von Soldaten, Porträtbilder von
Daheimgebliebenen, aber auch Bilder von brennenden Häusern,
Massengräbern, Leichenbergen. Schnell wurde klar, bei der
Gedenkveranstaltung wird nichts beschönigt. Das macht auch
Landrat Recktenwald in seiner Ansprache klar: „Kein Vergessen,
kein Relativieren, kein Beschönigen.“
Wenige widerstanden
So war auch der Vortrag von Superintendent Gerhard Koepke mit dem
Thema „Das Dritte Reich und die evangelische Kirche- regionale
Perspektive“ eine ehrliche, unverblümte Auseinandersetzung mit der
Frage der Schuld. „Kann man von einer Mittäterschaft der Kirchen
sprechen?“ fragte Koepke zu Anfang. Schnell machte er klar:
Widerstand leisteten in den Kirchen nur wenige. Als Beispiel
nannte er unter anderem Pfarrer Wilhelm Engels aus Dirmingen. Der
habe in der Nazi-Zeit versucht, als Christ zu leben und zu
handeln. Er hielt kritische Predigten und verweigerte den
Treueeid. Doch er bleibe ein Einzelbeispiel. Am Ende seines
Vortrags ruft Koepke auf, es besser zu machen: „Lassen Sie uns
alle eintreten für die Würde des Menschen, die Freiheit, die
Demokratie und ein gemeinsames Europa.“
Im Anschluss stellte dann das Seminarfach des
Cusanus-Gymnasiums „Spuren von Krieg und Faschismus im
St. Wendeler Land“ eine Auswahl seiner Arbeiten dem Publikum
vor. „Die Idee war, Grundlagenarbeit als Form der persönlichen
Auseinandersetzung mit unserer Geschichte zu leisten“, erklärt
Seminarleiter Mathias Hans. Zu diesem Zweck haben die Schüler
Teilthemen des Gesamtprojektes bearbeitet. [Was hier fehlt, ist,
daß fünf Schüler spezielle Themen vorgetragen haben - und das
viel eindrucksvoller als Mathias Hans, den ich eher als eine Art
Selbstdarsteller empfand. Sehr beeindruckend war der Beitrag des
jungen Mädchens, die über ihre verstorbene Großmutter aus
Namborn sprach, die in Danzig geboren wurde und mit ihren
Pflegeltern 1945 vor den Russen flüchtete]. Dazu gehörten
beispielsweise die Erfassung von Kriegsdenkmälern im Landkreis
oder auch die Digitalisierung und der Aufbau eines Fotoarchivs
[welchen Zweck ein solches Archiv in einer Schule auch immer hat
- vor allem, welche Nachhaltigkeit.]. Das Ergebnis ist unter
anderem eine Buchreihe mit dem Titel „Spuren ...“[Weiß jemand,
wo es diese Bücher gibt?]. Auf diese Weise kämpfen die
Seminarteilnehmer gegen das Vergessen und werden selbst Teil
einer Erinnerungskultur und der Auseinandersetzung mit der
Vergangenheit.
Musikalisch wurde der Abend von zwei Schüler-Lehrer-Gruppen des
Cusanus-Gymnasiums und der Formation Cholores gestaltet, die
passend zum Thema hebräische Lieder und Reinhard Meys „Die
Kinder von Izieu“ vortrugen.
„Seid wachsam,erhebt eure Stimme“
Marpingen. Mehr als 60 Besucher waren nach Angaben
des Vereins wider das Vergessen und Rassismus am Samstag
nach Marpingen gekommen, um der Kranzniederlegung an der
Gedenkplatte des ermordeten Sozialdemokraten Alois Kunz
beizuwohnen. In seiner Ansprache anlässlich des Gedenktags
an die Opfer der Nazi-Zeit gedachte Vereinsvorsitzender
Eberhard Wagner nicht nur des Marpinger Widerstandskämpfers
Kunz, sondern auch der ebenso in Auschwitz ermordeten
Sinti-Kinder Peter, Maria und Eva Weiß aus Urexweiler sowie
des auch im KZ ermordeten Homosexuellen Johann Adam Huber
aus Urexweiler. Wagner zeigte Parallelen auf, die er
zwischen den Anfängen der Nazi-Zeit und heute sieht:
„Hilfsbereitschaft und Mitgefühl werden denunziert.
Menschen, die christlich handeln“, würden als „Gutmenschen“
beschimpft. „Ich kann nur appellieren: Seid wachsam, erhebt
eure Stimme gegen diese Entwicklungen, wo immer es geht.“ red
[Ich hab mal gehört, daß es in Berschweiler einen dicken
Nazi namens Wagner gab. Über den schweigt sich der Verein
wider das Vergessen stets aus.]