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2017/01/20 09:22:02
Roland Geiger via Regionalforum-Saar
[Regionalforum-Saar] Vortrag bei der St. Sebastianusbruderschaft in St. Wendel
Datum 2017/01/26 01:10:17
Roland Geiger
[Regionalforum-Saar] Pastor Rudolf Gerber verstorben
2017/01/09 08:59:19
Roland Geiger
[Regionalforum-Saar] Grenzgänge. Vom Imperium Ro manum zu den regna Francorum
Betreff 2017/01/26 01:10:17
Roland Geiger
[Regionalforum-Saar] Pastor Rudolf Gerber verstorben
2017/01/20 09:20:36
Roland Geiger
[Regionalforum-Saar] düster
Autor 2017/01/26 01:10:17
Roland Geiger
[Regionalforum-Saar] Pastor Rudolf Gerber verstorben

[Regionalforum-Saar] Mord an den Schwächsten

Date: 2017/01/20 09:23:54
From: Roland Geiger <alsfassen(a)...

heute in der SZ:


Mord an den Schwächsten

Ausstellung im Rathaus St. Johann zeigt, wie Kinderärzte in der NS-Zeit Verbrechen begingen

Vergast, vergiftet, mit tödlichen Erregern infiziert, langsam ausgehungert – auf diese Weise ermordeten Kinderärzte in der NS-Zeit zwischen 5000 und 10 000 Säuglinge, Kinder und Jugendliche mit Behinderung. Belege dafür gibt es im Rathaus St. Johann.

Saarbrücken. „Es war geheim. Es war verboten. Man konnte es wissen, und man hat es gewusst.“ Thomas Beddies gerät bei seinem Forschungsthema in Rage. Der Historiker erforscht im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) die Verbrechen von Kinderärzten in der NS-Zeit. Die daraus entstandene Ausstellung „Im Gedenken der Kinder. Die Kinderärzte und die Verbrechen an Kindern in der NS-Zeit“ wurde erstmals im September 2010 bei der Jahrestagung der DGKJ in Potsdam gezeigt. Seit Dienstag ist sie im Hauberrisser Saal im Rathaus St. Johann zu sehen.

„Kinder mit Trisomie 21, die glücklich und gesund zuhause gelebt haben, wurden von ihren Eltern ins Krankenhaus gebracht und waren später programmgemäß tot. Sie hätten noch lange zuhause und gut leben können“, sagt Beddies in seinem Vortrag. Kinder wie Elke Jacob. Sie war eines von zirka 200 Kindern mit Behinderung, die im Landeskrankenhaus Stadtroda in Thüringen starben. Ärzte haben die Zweijährigen vermutlich mit einer Überdosis des Betäubungsmittels Luminal getötet. Stadtroda war Teil eines Netzwerks von etwa dreißig „Kinderfachabteilungen“, in denen Ärzte von 1939 bis 1945 zwischen 5000 und 10 000 Säuglinge, Kinder und Jugendliche ermordeten. Welches Kind „lebensunwert“ war und getötet werden sollte, darüber entschied in vielen Fällen der „Reichsausschuss zur wissenschaftlichen Erfassung von erb- und anlagebedingten schweren Leiden“. Oft ohne Wissen der Eltern. Hauptgutachter waren die Kinderärzte Werner Catel, Hans Heinze und Ernst Wentzler. Und sie hatten Helfershelfer im ganzen Land. Dazu heißt es in der Monatsschrift Kinderheilkunde (Januar 2011): „Ein dichtes Netzwerk kollegialer Kontakte lieferte Hinweise auf Säuglinge, Kinder und Jugendliche. Ohne die Beteiligung einer Vielzahl von Ärzten hätte der Vernichtungsapparat längst nicht so effektiv arbeiten können.“

Viele Belege dafür sind in der Ausstellung „Im Gedenken der Kinder. Kinderärzte und die Verbrechen an Kindern in der NS-Zeit“ zu sehen. Sie ist bis zum 3. Februar, Montag bis Freitag, 12 bis 18 Uhr, geöffnet. Der Eintritt ist frei. dög

im-gedenken-der-kinder.de

Verbrecher in allen Ehren

Mediziner, die verantwortlich für Tod und Leid waren, lebten nach dem Krieg gut

Homburg/Ensheim/Merzig. Die meisten Kinderärzte, die für die Morde an bis zu 10 000 Kindern verantwortlich waren, praktizierten und lehrten in der Nachkriegszeit unbehelligt weiter, etwa Werner Catel in Kiel und Hans Heinze in Hannover.

Beim NS-Euthanasieprogramm, das selbst nach NS-Recht strafbar war, haben auch viele Saarländer freiwillig mitgemacht. Von den bis zu 1600 Patienten der psychiatrischen Anstalten Homburg und Merzig wurden in der Nazizeit über 1000 deportiert und ermordet, nur 80 bis 260 überlebten. Die Forschungsergebnisse sind dem Historiker Christoph Braß zu verdanken.

Mitverantwortlich für etwa 2350 Zwangssterilisationen und Krankenmorde in der NS-Zeit war der Ensheimer Arzt Oskar Orth (1876-1958), Leiter des Landeskrankenhauses in Homburg. Auch er genoss nach 1945 höchstes Ansehen, wurde Ehrenbürger Homburgs und Saarbrückens, erhielt 1957 das Bundesverdienstkreuz. Straßen wurden nach ihm benannt. Erst 2012 entschloss sich der Bezirksrat Halberg, den Oskar-Orth-Brunnen umzubenennen, in Ensheimer Brunnen. Die Stadt Homburg stiftete noch 1980 einen nach Orth benannten Wissenschaftspreis, jetzt „Wissenschaftspreis der Stadt Homburg“. dög/sbu