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2017/01/20 09:23:54
Roland Geiger
[Regionalforum-Saar] Mord an den Schwächsten
Datum 2017/01/29 07:54:45
Roland Geiger
[Regionalforum-Saar] Besuch eines arabischen Prinzen 1769
2017/01/20 09:23:54
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[Regionalforum-Saar] Mord an den Schwächsten
Betreff 2017/01/20 09:22:02
Roland Geiger via Regionalforum-Saar
[Regionalforum-Saar] Vortrag bei der St. Sebastianusbruderschaft in St. Wendel
2017/01/20 09:23:54
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Autor 2017/01/29 07:54:45
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[Regionalforum-Saar] Besuch eines arabischen Prinzen 1769

[Regionalforum-Saar] Pastor Rudolf Gerber verstorben

Date: 2017/01/26 01:10:17
From: Roland Geiger <alsfassen(a)...

Guten Morgen,

 

am Sonntag, 18. Dezember 2016, ist in Bernkastel-Kues der Pfarrer in Rente Rudolf Gerber verstorben. Heute vor einer Woche wäre er 91 Jahre alt geworden.

 

Vor gut 25 Jahren war er der Überzeugung, der St. Wendeler Altarist Sebastian Cerdo, der in der Zeit des 30-jährigen Krieges in St. Wendel lebte und arbeitete, sei ein entfernter Verwandter gewesen. Auf dieser Basis arbeitete er sich durch zahlreiche Akten des Stadtarchivs St. Wendel, des Pfarrarchivs St. Wendel und des Landeshauptarchivs Koblenz, fertigte Regesten und Abschriften an und veröffentlichte diese in mehr 33 selbstgemachten Büchern in kleiner Auflage.

 

Dazu zählten u.a. eine Neubearbeitung der Urkundensammlung des Pfarrarchivs, ein Projekt, in das er mehrere -zigtausend DM steckte. U.a. engagierte er Dieter Kortenkamp, der die Transkriptionen und Übersetzungen vornahm.

 

Ich lernte ihn Anfang der 1990er in St. Wendel kennen, als mich der damalige Leiter des St. Wendeler Stadtarchivs Heribert Catrein auf seine Arbeiten aufmerksam machte.

 

1999 verfaßte ich für mein Heft „gestern 3“ einen Artikel mit dem Titel "Dääne kannsche fagesse" über den unverdient schlechten Ruf und die weitgehende Ignorierung der Arbeiten des Heimatforschers Rudolf Gerber.

 

 

„Um 1987 begann der in Bernkastel-Kues lebende katholische Pastor Rudolf Gerber damit, im Stadtarchiv St. Wendel nach Unterlagen zu suchen, die im Zusammenhang standen mit einem seiner vermutlichen Vorfahren, dem Altaristen Sebastian Cerdo, der während des 30-jährigen Krieges in St. Wendel lebte.

 

Die Ergebnisse dieser Recherchen, die sich später sowohl über sein Ziel als auch das Stadtarchiv hinaus ausdehnten, veröffentlichte er in selbstproduzierten Büchern, wobei er auch deren Vertrieb übernahm. D.h. er tippte den Text in seine elektronische Schreibmaschine, druckte ihn aus, verkleinerte von A4 auf A5, kopierte die Seiten, heftete sie mit Klammern zusammen, versah sie mit Vorder- und Rückseite aus gelbem Karton, überklebte die Heftklammern mit schwarzem Klebeband, schickte zwei Exemplare an das Stadtarchiv St. Wendel und ein paar weitere an verschiedene Leute, die sich freuten, die DM 25 pro Band bezahlen zu dürfen, weil auf diese billige Art jemand anders ihnen einen großen Anteil an Arbeit abnahm. Diese Leute wohnten fast ausschließlich nicht in St. Wendel. Auf diese Art wurde Gerber dort, wo er seine Quellen ausschöpfte, nicht bekannt - in St. Wendel. Auch von seinen Tauf-, Ehe- und Sterberegistern, die er gern "Familienbuch" nennt, wissen in St. Wendel nur ein paar Leute Bescheid. Selbst Rudi Jung, der in diesen Monaten ein Familienbuch für St. Wendel veröffentlichen wird, wußte - so scheint es mir - von Gerbers Arbeit nichts, denn er erwähnt ihn nicht, weder als Literatur noch als Quelle.

 

Es ist nicht einfach, mit Gerbers Arbeiten zu arbeiten. Es ist sehr schwer, überhaupt von ihrer Existenz zu erfahren, noch schwerer, ein Exemplar in die Hände zu bekommen, und fast ebenso schwer, Informationen daraus zu gewinnen. Zwar hat er viele Leute - auch mich - gefragt, wie er verschiedenes machen sollte, doch hat er weitgehend auf alle Ratschläge verzichtet und ist nach seiner eigenen Methodik verfahren. Er ging davon aus, daß sie leicht verständlich und logisch ist und konnte nicht verstehen, daß andere damit nicht zurechtkamen. Keine seiner Arbeiten (außer die Bände 27 - 30) wurde jemals korrekturgelesen, und sie strotzen vor Fehlern - vor allem Lesefehlern. Konsequent führte er den Begriff "Abersmann" durch die Bände 21 bis 23, wo es richtig heißen müßte "Ackersmann". Ein einfacher Lesefehler.

 

Es ist sehr schwer, eine innere Logik im System zu erkennen, wie er seine einzelnen Bände zusammengestellt hat, auch der Autor hat sie meines Erachtens bisher nicht gefunden. Dies und noch ein paar andere Gründe führten dazu, daß Gerbers Arbeiten ziemlich schnell ziemlich abfällig angesehen und mit der Bemerkung "dääne kannsche fagesse" abgetan wurde - in Hochdeutsch und in Mundart.

 

Doch trotz aller Mängel darf man eines nicht vergessen: Er hat sich einen Haufen Arbeit gemacht, hat fast den gesamten A-Bestand des Stadtarchivs (die Zeit zwischen Urknall und etwa 1792), fast das gesamte Pfarrarchiv St. Wendelin und den "1 C"-Bestand des Landeshauptarchives Koblenz - sofern St. Wendel betroffen war - durchgesehen und aufgearbeitet, ihn in Form von Abschriften und Inhaltsangaben in seinen Büchern wiedergegeben, und hat dabei sowohl immense Kosten und Mühen nicht gescheut.

 

Und ich finde, er verdient ein bißchen mehr Mühe als das Pauschalurteil, seine Arbeit sei nicht zu verwerten und damit unbrauchbar. Denn es ist immer noch einfacher, in seinen Büchern zu lesen und dort nach einem Begriff zu suchen als in manchen Originalurkunden. Findet man in seinen Büchern ein Passage, so steht die Quelle direkt dabei; dann kann man immer noch (und muß es auch tun) das Original zur Auswertung heranziehen. Sind sie als Belege möglicherweise nicht gut genug, als Findbücher sind seine Arbeiten meines Erachtens phantastisch.“

 

Pastor Gerber brach seine historischen Forschungen plötzlich ab und wandte sich biblischen und manchmal auch esoterisch anmutenden Themen zu. Damals habe ich ihn aus den Augen verloren und heute erst von seinem Tod am 4ten Advent erfahren.

 

Möge er in Frieden ruhen.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Roland Geiger, St. Wendel