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2015/04/06 08:32:39
Roland Geiger via Regionalforum-Saar
[Regionalforum-Saar] Stolpersteine in Tholey
Datum 2015/04/06 23:38:52
Roland Geiger via Regionalforum-Saar
[Regionalforum-Saar] Deutsche Frauen in den Süds ee-Kolonien des Kaiserreichs
2015/04/27 08:53:14
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[Regionalforum-Saar] neuer Weg für Pilger
Betreff 2015/04/15 09:12:34
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[Regionalforum-Saar] Repertorium der Benediktinera btei St. Mauritius Tholey, Ergänzungsverzeichnis
2015/04/06 08:32:39
Roland Geiger via Regionalforum-Saar
[Regionalforum-Saar] Stolpersteine in Tholey
Autor 2015/04/06 23:38:52
Roland Geiger via Regionalforum-Saar
[Regionalforum-Saar] Deutsche Frauen in den Süds ee-Kolonien des Kaiserreichs

[Regionalforum-Saar] Orte der Varuskatastrophe und der römischen Okkupation in Germanien.

Date: 2015/04/06 23:29:58
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)...

Dreyer, Boris: Orte der Varuskatastrophe und der römischen Okkupation in
Germanien. Der historisch-archäologische Führer. Darmstadt: Theiss
Verlag 2014. ISBN 978-3-8062-2956-1; 124 S.; EUR 19,95.

Rezensiert für H-Soz-Kult von:
Klaus-Peter Johne, Institut für Geschichtswissenschaften,
Humboldt-Universität zu Berlin
E-Mail: <petra.machon(a)... 2000-Jahrfeier der Schlacht im Teutoburger Wald hat eine wahre Flut
von Veröffentlichungen hervorgerufen, die, wie die vorliegende Schrift
zeigt, noch zu keinem Ende gelangt ist.[1] Das Thema wird von Boris
Dreyer in sechs Kapiteln behandelt. In dem ersten geht es um
Zusammenhänge und Aktionsorte der Hauptpersonen, wobei Arminius, Varus
und Marbod im Mittelpunkt stehen (S. 10-25).

Das mit Abstand längste, zweite Kapitel erörtert die "Stätten der
Varusniederlage" (S. 26-62). Darin werden alle relevanten literarischen
Quellen zu der Schlacht im Jahre 9 n.Chr. und zum Besuch des
Schlachtfeldes durch Germanicus im Jahre 15 n.Chr., vor allem aus den
Werken von Velleius Paterculus, Tacitus und Cassius Dio, in Übersetzung
präsentiert und umsichtig interpretiert. Die konkrete Lokalisierung des
Geschehens lässt sich jedoch anhand der Schriftquellen alleine nicht
lösen, wie die seit langem geführte Diskussion mit zahlreichen Theorien
gezeigt hat. Dieser Meinungsstreit ist seit nunmehr fast 30 Jahren durch
die spektakulären Ausgrabungen von Kalkriese im Osnabrücker Land auf
eine qualitativ neue Stufe gehoben worden. Die inzwischen etwa 5000 dort
geborgenen Einzelfunde weisen eindeutig auf eine große militärische
Auseinandersetzung zwischen Römern und Germanen hin. Dreyer spricht sich
klar für Kalkriese als eine der Örtlichkeiten für den Untergang der
Varusarmee aus. Er wendet sich gegen die Versuche, den archäologischen
Befund mit der von Tacitus ausführlich geschilderten Schlacht von den
"Langen Brücken" zwischen dem Heer des Arminius und der
Vier-Legionen-Armee des Aulus Caecina im Herbst des Jahres 15 in
Einklang zu bringen (S. 49-62). Allerdings wäre eine überzeugendere
Beweisführung gegen die durchaus beachtenswerten Argumente der
Verfechter der Caecina-These erforderlich gewesen, um diese zu
entkräften.[2]

Das dritte Kapitel widmet sich den "Stätten römischer Herrschaft" (S.
63-80). Mit der Vorstellung der Militärlager an Rhein, Lippe, Main und
Werra sowie der Zivilsiedlung Waldgirmes an der Lahn wird die
Ereignisgeschichte zwischen Caesar und Varus knapp und quellennah
behandelt. "Stätten der Germanicusfeldzüge" heißt das folgende Kapitel
über die Kämpfe in den Jahren 14 bis 16, zu denen es jedoch keine
gesicherten Örtlichkeiten gab, da sich auch die Schlachten von
Idistaviso und am Angrivarierwall nicht exakt lokalisieren lassen (S.
81-95).

Noch problematischer ist die Bezeichnung des fünften Kapitels "Stätten
der römischen Präsenz in Germanien seit Tiberius" (S. 96-102). Dieser
Kaiser hat ja die römischen Truppen auf die Rheinlinie zurückbeordert
und auf weitere Eroberungen verzichtet. Erst viel später gab es in
Süddeutschland wieder eine "römische Präsenz" östlich des Rheins bis zum
Limes. In diesem Kapitel verlässt der Verfasser den bisherigen Rahmen
seiner Arbeit und wendet sich mit einem Zeitsprung der erst seit 2008
bekannten Schlacht am Harzhorn nördlich von Göttingen zu, die in die
Jahre 235 oder 236 zu datieren ist, also über 200 Jahre nach der
Varusschlacht. Dort fand eine für ein Römerheer, das sich offenbar auf
dem Weg von Niedersachsen nach Hessen befand, siegreiche Schlacht gegen
Germanen statt. Der zweifellos sensationelle archäologische Fund findet
jedoch keine Bestätigung in den literarischen Quellen, wie der Verfasser
annimmt. Es handelt sich dabei weder um eine "literarisch gut belegte
Offensive zur Eroberung des westelbischen Raumes", noch gibt es
"eindeutige Hinweise in der antiken Literatur" oder eine
ungerechtfertigte Umdeutung durch "moderne Interpretatoren" (S. 98). Der
griechische Historiker Herodian, der allein von dem in die fraglichen
Jahre fallenden Germanen-Feldzug des Kaisers Maximinus Thrax berichtet,
weiß nur, dass er am Rhein begann und an die mittlere Donau führte. Die
Darstellung in der Historia Augusta hängt von Herodian ab und bietet mit
ihren vermeintlich genauen Entfernungsangaben Erfindungen und
Übertreibungen. Es gibt eben keine "gesicherte Überlieferung", sondern
unterschiedliche Zahlenangaben über die römischen Vorstöße in den
Handschriften, die bereits Claudius Salmasius 1620 in einer bisher
anerkannten Weise verbessert hat.[3] Das Geschehen am Harzhorn war, wie
es scheint, eine letzte erfolgreiche Episode für die Römer vor der
Aufgabe aller rechtsrheinischen Provinzgebiete um 260.

Um tatsächliche "Stätten der Erinnerung und Glorifizierung" geht es dann
im abschließenden Kapitel, dem ein Anhang folgt (S. 103-114). Darin wird
auch das Nachleben des Arminius skizziert. Von einigen Irrtümern im Band
seien nur zwei genannt, die sich jeweils an auffälliger Stelle finden:
Die Karte 1 auf Seite 8 soll die Lage der Germanenstämme nach den
Angaben des Tacitus aus dem 1. Jahrhundert n.Chr. zeigen. Tatsächlich
sind diese jedoch mit Angaben aus dem Werk des Ptolemaios aus dem 2.
Jahrhundert vermischt, was nur Verwirrung stiften kann. In der
Zeitleiste auf Seite 115 wird die Einrichtung der Provinzen Noricum und
Raetien auf 15 v.Chr. datiert. In diesem Jahr sind zwar beide Gebiete
unter römischen Einfluss gekommen, als Provinzen eingerichtet wurden sie
jedoch erst Jahrzehnte später unter Tiberius und Claudius.

Ungeachtet der genannten Monita bietet Dreyer eine übersichtliche und
prägnante Darstellung mit einer ausgewogenen Behandlung der historischen
wie der archäologischen Quellen.


Anmerkungen:
[1] Vgl. Peter Kehne, Neues, Bekanntes und Überflüssiges zur
Varusschlacht und zum Kampfplatz Kalkriese, in: Die Kunde, N.F. 59
(2008), S. 229-280; Dieter Timpe, Die "Varusschlacht" in ihren
Kontexten. Eine kritische Nachlese zum Bimillennium 2009, in:
Historische Zeitschrift 294 (2012), S. 593-652.
[2] Vgl. Reinhard Wolters, Hermeneutik des Hinterhalts: die antiken
Berichte zur Varuskatastrophe und der Fundplatz von Kalkriese, in: Klio
85 (2003), S. 131-170, bes. S. 149ff.; Peter Kehne, Lokalisierung der
Varusschlacht? Vieles spricht gegen Mommsen - alles gegen Kalkriese, in:
Lippische Mitteilungen aus Geschichte und Landeskunde 78 (2009), S.
135-180, bes. S. 160ff.; Timpe, "Varusschlacht", S. 625-637.
[3] Dazu Klaus-Peter Johne, Die Römer an der Elbe. Das Stromgebiet der
Elbe im geographischen Weltbild und im politischen Bewusstsein der
griechisch-römischen Antike, Berlin 2006, S. 262-264; vgl. Rainer
Wiegels, Zu den Heeresformationen Roms an Rhein und oberer Donau in der
Zeit des Alexander Severus und des Maximinus Thrax, in: Klio 96 (2014),
S. 93-143, bes. S. 95-97 u. S. 135.

Diese Rezension wurde redaktionell betreut von:
Udo Hartmann <hartmannu(a)...