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2015/04/02 08:09:46
Roland Geiger via Regionalforum-Saar
[Regionalforum-Saar] Er war der Herr des Eisens.
Datum 2015/04/06 23:29:58
Roland Geiger via Regionalforum-Saar
[Regionalforum-Saar] Orte der Varuskatastrophe und der römischen Okkupation in Germanien.
2015/04/15 19:24:35
Hans-Joachim Hoffmann
[Regionalforum-Saar] Stolpersteine in Ottweiler
Betreff 2015/04/27 22:08:02
Roland Geiger via Regionalforum-Saar
[Regionalforum-Saar] Vortrag in St. Wendel des V ereins für Landeskunde
2015/04/02 08:09:46
Roland Geiger via Regionalforum-Saar
[Regionalforum-Saar] Er war der Herr des Eisens.
Autor 2015/04/06 23:29:58
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[Regionalforum-Saar] Orte der Varuskatastrophe und der römischen Okkupation in Germanien.

[Regionalforum-Saar] Stolpersteine in Tholey

Date: 2015/04/06 08:32:39
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)...

Stolpersteine in Tholey

 

Am Dienstag, 21. April 2015, mittags um 13 Uhr im Matzenecken 17 in Tholey.

 

Gunter Demnig verlegt Stolpersteine für die Familien von Emilie Kahn und Moses Isaak im Matzenecken und in der Trierer Straße.

 

Initiator ist die Gemeinde Tholey in Zusammenarbeit mit dem Adolf-Bender-Zentrum in St. Wendel.

 

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Zu Emilie Kahn liegt in Saarbrücken im Landesarchiv eine Restitutionsakte (Wiedergutmachungsakte). Darin fand ich u.a.:

 

Restitutionsklage

1. des Kaufmanns Artur Kahn, 3315 Natchey, Houston, Texas,

2. des Kaufmanns Alfred Kahn, 810 Ashbury, Houston, Texas,

gegen

1. Eheleute Nikolaus Gross und Irene Boullay, Lebach,

2. das Saarland

 

wegen eines Hausgrundstücks in Tholey, Band 22 Blatt 1086, Flur 14 Nr. 1514/15.

 

Emilie Katz, Mutter der Kläger, Witwe von Albert Kahn, wurde 1941 von Tholey nach Polen deportiert und kam seither nicht mehr zurück.

Das Wohnhaus wurde durch Akt vom 09.04.1940 vor Notar Heinekamp, Tholey, an das Ehepaar Gross verkauft (vereinbart 6000 Mark, gezahlt 5000 Mark),

am 17.04.1942 weiterveräußert vor Notar Hess in Lebach an die Strassen- und Strombauverwaltung des Saarlandes für 8500 Mark.

 

Schreiben des Rechtsanwalts Dr. Sam Jacobson, 4002 Austin Street, Houston, Texas, vom 15.05.1950: Rechtsanwalt wurde in Deutschland geboren und war dort ca. 35 Jahre alt Rechtsanwalt und 30 Jahre als Notar tätig. Am 1.12.1938 verlor er seine Rechtsanwalt-Lizenz, verließ Deutschland im April 1939 und wanderte im April 1940 in Texas ein.

 

„Emilie Kahn hat vor, bei und nach dem Abschluß des Vertrages unter einem furchtbaren physischen und moralischen Zwange gestanden. Es sollen nur einige Fakten aus der Judenverfolgung hervorgehoben werden, die Frau Kahn unmittelbar berührt haben und hinsichtlich ihrer Person sowohl als Kollektivzwang als auch als Individualzwang angesprochen werden müssen. Es ist bekanntlich der Beschluß der Nazi-Regierung vom 22. Januar 1942 durch die Alliierten aufgefunden und in den ausländischen Zeitungen als das sog. „Wannseer Protokoll betreffend die Endlösung der Judenfrage“ veröffentlicht worden. Nach diesem Protokoll hat damals die officielle Naziregierung unter Mitwirkung von 17 Staatssekretären beschlossen, 11 Millionen europäischer Juden durch eingehend in dem Beschluß dargelegte Gewaltmassnahmen grausamster Art wie Sklavenarbeit, Vergasung etc. auszurotten. Dieser unsagbare Terror wird ausdrücklich damit begründet, daß die Regierung bis dahin versucht habe, die Juden zur Auswanderung zu zwingen, dass ihr dies aber nur bei einer halben Million gelungen sei. Es steht jetzt fest, daß die Naziregierung gemäß diesem Beschluß 6 Millionen Juden ums Leben gebracht hat. Im November 1938 verübte sie einen Pogrom unter den Juden Deutschlands, indem sie etwa 30.000 Juden verhaftete, wovon viele Tausend umgekommen sind, während der Rest nur unter dem Versprechen unverzüglicher Auswanderung entlassen wurde mit der Androhung sofortiger Deportation zum Zwecke der Beseitigung bei Nichterfüllung des Versprechens.

 

Seitdem stand jeder deutsche Staatsbürger jüdischen Glaubens unter der Gefahr der Deportation und Ermordung, so auch Frau Kahn, die nun in Todesangst gezwungen war, schnellstens auszuwandern und sich ihres Besitzes zu jedem beliebigen Preise zu entäussern, um die Voraussetzungen der zur Auswanderung notwendigen Unbedenklichkeitsbescheinigung erfüllen zu können. Es gelang ihr aber nicht, und an ihr hat sich ihre Todesangst voll verwirklicht, sie wurde deportiert und in Auschwitz vergast; das gleiche Schicksal erlitten zahlreiche ihrer Verwandten und besten Freunde.

 

Die Situation der Frau Kahn war dadurch besonders verschlimmert, dass ihr Sohn Alfred, der mit ihr zusammenlebte und einen Viehhandel betrieb, existenzlos wurde, weil ihm als Juden die Legitimationskarte entzogen wurde und er, um sein Leben zu retten, da er als junger Mann nach den Nazi-Methoden besonders gefährdet war, zur unverzüglichen Auswanderung gezwungen war.

Frau Emilie Kahn war so ganz vereinsamt und der durch den Naziterror aufgehetzten judenfeindlichen Bevölkerung in Tholey ausgeliefert. Frau Kahn wäre es doch ohne diesen brutalen Zwang nicht eingefallen, auf ihre alten Tage ihre Heimat zu verlassen und sich all ihres Hab und Gut zu entschlagen, ohne in der Lage zu sein, über den absolut unzureichenden Gegenwert verfügen zu können.“

 

Schreiben der Rechtsanwalt Lehmann und Sender an das Landgericht Saarbrücken am 18.10.1950:

„Beide Beklagte waren beim Erwerb nicht gutgläubig“.

 

Rechtsanwalt A. Maaß, Saarbrücken, an LG Saarbrücken am 04.12.1950:

„Die Beklagte „Saarland“ war als Behörde ihrer Zweckbestimmung gemäß verpflichtet, das Gebäude zu erwerben, um ein öffentliches Bedürfnis zu befriedigen, nämlich ein Verkehrshindernis zu beseitigen.“ Das Haus wurde nach dem Erwerb abgerissen.

 

Vergleich am 07.12.1950: „Die Beklagte „Saarland“ zahlt an die Kläger … 350.000 Frs.“