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Autor 2013/04/13 15:45:42
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[Regionalforum-Saar] Von der Gotik zeugt an der Saar nicht gar so viel

Date: 2013/04/13 15:33:36
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heute in der SZ:
 

Von der Gotik zeugt an der Saar nicht gar so viel

Immerhin blieben einige Großbauten und Pfarrkirchen sowie verschiedene Turm-Relikte und manche Skulpturen erhalten

Von SZ-Mitarbeiter Peter Lempert

So nah und doch so fern …! Eigentlich wäre die Saarregion wegen ihrer vielfältigen Verbindungen zu Frankreich geradezu prädestiniert dafür gewesen, ein Vorreiter für einen neuen Stil in Architektur und Kunst in deutschen Landen zu werden. Ausgehend von der Abteikirche von Saint-Denis in Paris, der traditionellen Grablege des französischen Königshauses, die gemeinhin als erster gotischer Kirchenbau (um 1140) angesehen wird, breitete sich der Baustil recht zügig in Europa aus. Es folgten die Kathedralen von Senlis, Laon, Noyon sowie als erster Höhepunkt Notre Dame de Paris (ab 1163).

Mit den Bischofskirchen von Chartres, Reims und Amiens hatte sich Anfang des 13. Jahrhunderts der Bautyp der klassischen französischen Kathedrale als dreischiffige Basilika mit Umgangs-Chor, Doppelturmfassade, Maßwerkfenstern und dreigeschossiger Wandgliederung (Arkaden im Erdgeschoss, bogengerahmter Laufgang namens Triforium im Mittelgeschoss und darüber liegender Fensterzone namens Obergaden) herausgebildet. Im nahen Metz wurde 1220 mit dem Bau einer der höchsten gotischen Kathedralen begonnen, im nahen Trier wurde wenig später (ab 1230) mit dem Zentralbau der Liebfrauenkirche das erste rein gotische Gotteshaus des Reiches in Angriff genommen.

Auf dem Gebiet des heutigen Saarlandes konnte man ob dieser Prestigebauten fraglos nur staunen. Einen eigenen Bischofssitz hatte die Region nicht vorzuweisen, weshalb der Bau einer Kathedrale nicht in Frage kam. Auch größere Bürgerkirchen, wie sie manche aufstrebenden Reichsstädte als Demonstration ihrer Macht im architektonischen Wettstreit mit Fürsten, Adel oder Domkapitel errichten ließen, konnte es an der Saar mangels mächtiger Stadtansiedlungen nicht geben.

Nein, an der Saar musste der Einstieg in die gotische Baukunst eine Nummer kleiner angegangen werden, allein schon aus finanziellen Gründen. Mit der Deutschherrenkapelle besitzt Saarbrücken das älteste gotische Bauwerk des Saarlandes. Wohl nach 1236 errichtet, war es Teil der Kommende (auch „Komturei“) St. Elisabeth. Dabei handelte es sich um die von Graf Simon III. gestiftete und der Ballei (eine Verwaltungseinheit) Lothringen mit Sitz in Trier unterstellte Niederlassung des Deutschherrn- beziehungsweise Deutschritterordens in Saarbrücken. Der Orden war eine im Zuge der Kreuzzüge gegründete caritative kirchliche Rittergemeinschaft.

Saarbrücken war damals nicht mehr als eine kleine Ansiedlung rund um die Burg. Schon bald nach der Schenkung wurden Ordenshaus, Wirtschaftsgebäude und eben die als Kirche und Krankenpflegestätte genutzte Kapelle im nördlichen Teil der Kommende errichtet: Diese war Herberge, geistlicher Stützpunkt, Gerichtssitz und Gefängnis zugleich. Die Kapelle mit Spitzbogenfenstern, Kreuzgewölbe, einem quadratischen, zehn auf zehn Meter großen Schiff und einem ebenfalls quadratischen, an der Chorsüdseite angebauten Turm wurde vor einigen Jahren renoviert. Den Klappaltar des elsässischen Künstlers Jost Haller aus der Zeit um 1450 (in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts hatten sich Altarbilder endgültig etabliert, dazu kamen Holz- und Kupferstich) kann man nicht mehr vor Ort bewundern, dafür aber einige interessante Zeugnisse früher gotischer Bauskulpturen im Chor (Gewölbeschlusssteine mit reliefiertem Blattwerk, Engel, Frauenkopf). Die gotische Plastik wurde aus dem Wunsch geboren, die Fassaden und Portale der Kathedralen mit Standbildern, Reliefs oder Figuren zu schmücken. Das war eine Neuerung gegenüber dem eher schlichten romanischen Kirchenäußeren und ein erster Schritt in der europäischen Kunstgeschichte hin zur Freiplastik.

Anno 1261 wurde am damaligen Saarbrücker Burggraben die Kapelle St. Nikolaus erbaut, die jedoch nach 1476 durch einen spätgotischen Neubau, die heutige Schlosskirche, ersetzt wurde. Bedingt durch die Hanglage hat der Bau mit Hauptschiff, südlichem Seitenschiff, in die Südwestecke eingebautem Turm und einem 5/8-Chor einen unsymmetrischen Grundriss. Das einstige Kreuzrippengewölbe wurde nach Zerstörungen durch eine Flachdecke ersetzt. Ab 1651 wurde die Kirche als Grablege des Hauses Nassau-Saarbrücken und bis zur Fertigstellung der Ludwigskirche 1775 als Hofkirche benutzt. Heute beherbergt sie ein Museum für Sakralkunst und lockt zudem die Besucher mit farbenprächtigen, von Georg Meistermann entworfenen Glasfenstern.

Mit der Ende des 13. Jahrhunderts begonnenen und Ende des 14. Jahrhunderts fertig gestellten Stiftskirche St. Arnual kann die Landeshauptstadt Saarbrücken mit einer dritten gotischen Kirche aufwarten, die zu den bedeutendsten Baudenkmälern des deutschen Südwestens gezählt wird. Die dreischiffige Basilika mit Querschiff hat einen kreuzförmigen Grundriss und birgt Grabmäler der Grafen von Saarbrücken, darunter in der Apsis den Epitaph der Gräfin Elisabeth von Lothringen, der Fürstin, die zu einer wichtigen Wegebereiterin des Prosaromans in früh-neuhochdeutscher Sprache werden sollte. Sehenswert sind wiederum der Skulpturenschmuck am Westportal (aus der Zeit um 1315) und die Kapitelle im Chor.

Ebenfalls wie die St. Arnualer Stiftskirche bereits der Spätgotik, die nördlich der Alpen um 1520-1530 von der Renaissance abgelöst wurde, zuzuordnen ist die Wendalinuskirche beziehungsweise Wendalinusbasilika in St. Wendel. Das ist eine Hallenkirche mit dreitürmiger Westfassade und netzgewölbtem, durch rostrote, kapitellose Rundstützen unterteiltem Langhaus (Länge 52 Meter, Höhe 17 Meter). Der Baubeginn wird um 1332 vermutet, ihr Chor wurde 1360 geweiht, und sie wurde um 1460 endgültig fertig gestellt (die südliche Vorhalle wurde 1465 angefügt). Die Hallenkirche ist eine Sonderform des gotischen Gotteshauses, Mittel- und Seitenschiffe sind im Unterschied zur Basilika gleich hoch, wodurch das Kircheninnere einer riesigen Halle ähnelt. In St. Wendel ist das Mittelschiff allerdings leicht überhöht, weshalb es sich streng genommen um eine Staffelhalle oder Pseudobasilika handelt. Sehenswert sind die Steinkanzel, die zweitälteste Deutschlands, das „Heilige Grab“ aus der Zeit um 1480 in einer Maßwerknische an der Nordostecke des Chores und natürlich im Chorhaupt das Hochgrab mit dem Reliquiensarkophag des hier verehrten Heiligen.

Im Unterschied zu den Zisterziensern und den neuen Bettelorden der Dominikaner und Franziskaner, die mit ihren berühmten universitären Wortführern wie Thomas von Aquin, Bonaventura von Bagnoregio oder Albertus Magnus die Gotik wegen deren Prachtentfaltung ablehnten, stand der bis ins Hochmittelalter bedeutsamste Orden der Benediktiner dem neuen Baustil positiv gegenüber. Da war es nicht verwunderlich, dass sich die Mönche der Benediktinerabtei St. Mauritius in Tholey, damals so etwas wie das geistliche Zentrum der Saarregion, beim Neubau ihrer Kirche zwischen 1264 und 1304 dieser zeitgeistigen Architektur-Vorlage annahmen. Der frühgotische Bau besteht aus drei Längsschiffen mit sechs Jochen, ein Querhaus wurde nicht errichtet. Allerdings wurde in Tholey, damit die Bettelordens-Architektur im deutschen Kulturraum des 13. Jahrhunderts durchaus nachahmend, auf den andernorts gebräuchlichen Reichtum der Bauzierde weitgehend verzichtet. Die große Halle beeindruckt mit mächtigen Säulen und imposantem Deckengewölbe, allein die skulpturale Ausschmückung fällt etwas üppiger aus (Verkündigungsengel, Portalfiguren).

Wehrkirche in Dörrenbach

Die Wehrkirche Sankt Martin in Dörrenbach hat in ihrem Chor noch ein frühgotisches Rippenkreuzgewölbe aus der Zeit um 1300 bewahrt, die dortige Wandbemalung stammt aus dem 14./15. Jahrhundert. Der achtseitige Spitzturm öffnet sich durch ein Spitzbogenportal aus dem 16. Jahrhundert in den Innenraum.

Bei der spätgotischen Martinskirche in Köllerbach-Kölln handelt es sich um eine vierjochige Pseudobasilika mit einem kreuzgewölbten Chor aus dem 14. Jahrhundert samt mittelalterlichen Deckenmalereien, skulpturalem Schmuck und einem spätgotischen Sakramentsschrein.

Bei der Pfarrkirche in Niederkirchen beeindruckt der dreischiffige Innenraum mit spätgotischem Netzgewölbe sowie wunderschönen Maßwerkfenstern aus der gleichen Zeit. In der Sakristei, dem ehemaligen Chor der um 1350 errichteten Kirche St. Martin in Medelsheim, wurden gotische Fresken sowie ein gotisches Sakramentshäuschen entdeckt, auf dem Hochaltar ist ein Retabel aus der Zeit um 1430 zu besichtigen. Beim Neuaufbau der Pfarrkirche St. Hubertus in Wallerfangen-Ihn im Jahr 1726 wurde der gotische Chor integriert.

Auf eine wahrlich bewegte Vergangenheit kann die Maria-Magdalenenkapelle in St. Wendel zurückblicken. Erstmals urkundlich erwähnt wurde sie 1318, danach wurde sie während der Umbauphase der Wendalinusbasilika als interimistische Grablege des heiligen Wendelin genutzt. 1405 wurde in ihrem Kellergewölbe eine Krypta eingeweiht (ungewöhnlich für die Gotik), ab der Wende zum 19. Jahrhundert wurde sie profaniert, heute befindet sie sich in Privatbesitz. Am Besten erhalten mit gotischen Fensterrahmen ist die gastronomisch genutzte Krypta.

Beim avantgardistischen Neubau der Pfarrkirche Kreuzerhöhung in Primstal im Jahr 1971 wurden vom spätgotischen Bau Turm und Chor aus der Zeit um 1450 erhalten. Ebenfalls noch erhalten ist der spätgotische Chor aus der Zeit um 1477 bei der einstigen Kapelle und heutigen evangelischen Pfarrkirche in Ottweiler. In Perl-Wochern ist der kleine Saalbau St. Nikolaus und St. Bernhard die Hauptsehenswürdigkeit, da sein gewölbter Rechtecks-Chor noch die ursprünglichen Maßwerkfenster aus dem 15. Jahrhundert vorweisen kann.

Gotische Türme

Bei einigen Pfarrkirchen sind nur die gotischen Türme erhalten: beispielsweise bei der Pfarrkirche St. Andreas in Altheim (Turmuntergeschoss aus dem 14. Jahrhundert mit Kreuzrippengewölbe, heute als Sakristei genutzt), bei der Remigiuskirche in Beeden (Turm aus dem 14. Jahrhundert), bei der Kirche St. Barbara in Blickweiler (Turm aus dem 12./13. Jahrhundert, nur kleine Schallöffnungen mit Spitzbogen im oberen Teil, ein schönes Beispiel des Übergangs von der Romanik zur Gotik), beim Alten Turm in Dudweiler (Relikt einer Kirche aus der Zeit um 1330 mit Maßwerkfenstern und Kreuzrippengewölbe), beim Alten Turm in Fürth im Ostertal (spätgotischer Satteldachturm, der im Volksmund als „Römerturm“ bezeichnet wird), bei der Pfarrkirche St. Katharina in Oberkirchen (spätgotischer Westturm mit zierlichem Portal, Taufstein aus dem Jahr 1473), bei der Pfarrkirche in Sötern (spätgotischer Turm 1578 mit Renaissance-Portal versehen) oder bei der Kirche St. Albanus in Thalexweiler (Turm aus dem 15. Jahrhundert).

Gotische Bauskulpturen sind ebenfalls noch zu finden in der Wintringer Kapelle in Kleinblittersdorf (acht spätgotische Wasserschlagfiguren als Schmuck von Strebepfeilern). In Tholey wurde die Bettelorden-Architektur nachgeahmt

Hintergrund

Die Gotik wollte die christliche Ideenwelt verbildlichen, was ihr am Besten in der Kathedrale als einem Gesamtkunstwerk aus Architektur, Plastik und (Glas-)Malerei gelang. In theologischer Hinsicht wurden Gotteshäuser als ein gebauter Teil der Liturgie angesehen: Sie sollten wie der Kosmos eine vollkommene, von strahlendem Licht und perfekten Proportionen geprägte Einheit ausstrahlen – in Nachahmung des himmlischen Jerusalems. In der Gotik entstand eine neue Form von „Lichtarchitektur“, indem die Mauerflächen zunehmend aufgelöst und großflächig durch den Einbau von Glasfenstern ersetzt wurden und indem die Wandstärken und die Gewölbemasse auf ein Minimum reduziert wurden. Dadurch sollte der Innenraum mit seinem auf Bündelpfeilern ruhenden Gewölbe aus Kreuzrippen leicht und scheinbar schwerelos wirken. Neben dem Spitzbogen als zentralem Element kam mit dem Maßwerk aus geometrischen Formen ein neues Gestaltungsdetail hinzu, das erstmals um 1220 bei der Kathedrale von Reims auftauchte und fortan in spitzbogigen Maßwerkfenstern oder auch kreisru