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2012/01/22 19:04:03
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] Historische Sachverhalte in Karten darstellen
Datum 2012/01/25 10:19:02
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] Wie sah man früher zur Erst kommunion aus
2012/01/21 12:42:20
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[Regionalforum-Saar] Unter Canadiensern, Irokesen und Rebellen
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2012/01/22 19:04:03
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[Regionalforum-Saar] Historische Sachverhalte in Karten darstellen
Autor 2012/01/25 10:19:02
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] Wie sah man früher zur Erst kommunion aus

[Regionalforum-Saar] Vinland - Die Entdeckungsfahrten der Wikinger

Date: 2012/01/24 23:08:10
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)...

From:    Anita Sauckel <Anita.Sauckel(a)...   25.01.2012
Subject: Rez. MA: J. Findeisen: Vinland - Die Entdeckungsfahrten der
         Wikinger
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Findeisen, Jörg-Peter: Vinland - Die Entdeckungsfahrten der Wikinger von
Island nach Grönland und Amerika. Erik der Rote, Bjarni Herjulfsson,
Leif Eriksson und Thorfinn Karlsefni [10 S/W-Abb.]. Kiel: Verlag Ludwig
2011. ISBN 978-3-86935-055-4; brosch.; 224 S.; EUR 19,90.

Rezensiert für H-Soz-u-Kult von:
Anita Sauckel, Institut für Nordische Philologie,
Ludwig-Maximilians-Universität München
E-Mail: <Anita.Sauckel(a)... zur Frankfurter Buchmesse im Herbst 2011 mit ihrem Ehrengast
Island erschienen zahlreiche Neuveröffentlichungen zum mittelalterlichen
literarischen und historischen Erbe des Inselstaats im Nordatlantik.
Viele von ihnen richten sich an den interessierten Laien, so auch der
vorliegende Titel. In neun Kapiteln versucht der Neuzeithistoriker
Jörg-Peter Findeisen die Entdeckung und Besiedlung Grönlands durch die
Isländer und die sich daran anschließenden Entdeckungsfahrten an die
nordamerikanische Küste (altnordisch: Vínland) sowie das Ende der
wikingischen Besiedlung auf Grönland im Spätmittelalter zu skizzieren.
Darüber hinaus wird auf die Forschungsexpeditionen des 15. bis 17.
Jahrhunderts eingegangen, die sich zum Ziel gesetzt hatten, sowohl den
wikingischen Siedlern auf Grönland nachzuspüren und deren Nachkommen
ausfindig zu machen, als auch die Küste Nordamerikas zu erkunden.
Findeisen unternimmt in diesem Zusammenhang den Versuch einer Synthese
aus Archäologie, Historie und Literaturwissenschaft.

Die ersten drei Kapitel widmen sich den Voraussetzungen für die
wikingische Expansion im Nordatlantik und stellen gleichzeitig die der
Forschung zur Verfügung stehenden Quellen über diese Zeit vor, die sich
aus archäologischen Funden und Befunden, lateinischen Schriftquellen und
den Vínlandsagas, der Eiríks saga rauða und der Groenlendinga saga,
zusammensetzen. Letztere sind der Textgattung der sogenannten
Isländersagas zuzuordnen, bei denen es sich um in altnordischer Sprache
verfasste, literarische Prosatexte handelt, die über die Zeit von 870
n.Chr. (Besiedlung Islands) bis circa 1030 n.Chr. über das Geschehen auf
Island berichten und hauptsächlich die Schicksale der führenden
isländischen Familien im Freistaat verfolgen. Das Textkorpus der
Isländersagas umfasst ungefähr drei Dutzend Werke, von denen ein
Großteil im 13. Jahrhundert entstanden ist, und in der Vergangenheit
lange Zeit als eine Sammlung historischer Quellen zur isländischen
Geschichte des Mittelalters betrachtet wurde. Noch im 19. und frühen 20.
Jahrhundert wurde die Theorie vertreten, die Isländersagas seien
mündlich tradierte, wahrheitsgemäße Berichte aus der isländischen
Freistaatzeit der Jahre 930-1030 n.Chr., die anschließend starr, in
unveränderter Form über die Jahrhunderte hinweg bis zum Zeitpunkt ihrer
Verschriftlichung tradiert worden, und somit als vollwertige,
historische Quellen zu betrachten seien. Obwohl heutzutage
ausgeschlossen werden kann, dass es sich bei den Isländersagas um
historische Quellen handelt, sind sie trotzdem keine rein fiktive,
literarische Gattung des Hoch- und Spätmittelalters. Immerhin haben
viele der Sagahelden tatsächlich gelebt, und auch bekannte historische
Ereignisse, wie etwa die Christianisierung Islands, finden Erwähnung.
Zudem wird vonseiten der Forschung die Existenz mündlich tradierter
Vorstufen der späteren, schriftlichen Isländersagas, nicht bezweifelt.

In den anschließenden Kapiteln begibt sich Findeisen auf die Spuren der
Eríks saga rauða und der Groenlendinga saga: Als historisch gesichert
gilt, dass Erik der Rote (Eiríkr rauði) aufgrund mehrfachen Totschlags
zuerst aus Norwegen verbannt wird, sich anschließend auf Island
niederlässt und letztlich wegen erneuter Vergehen das Land für einen
Zeitraum von drei Jahren verlassen muss. Während dieser Zeit (circa
982-985 n.Chr.) versucht er, das Land zu finden, das der Eiríks saga
rauða zufolge einst ein gewisser Gunnbjörn Úlfsson entdeckt hatte.[1]
Nach Ablauf der dreijährigen Bannfrist kehrt Erik der Rote in seine
Heimat zurück und wirbt dort Siedler für das neu erschlossene Gebiet an.
Um möglichst viele Isländer von einer Auswanderung überzeugen zu können,
nennt er das neue Land "grünes Land" (Groenland).[2] An der
grönländischen Westküste errichtet er seinen künftigen Wohnsitz
Brattahlíð am Eiríksfjörðr, der gleichzeitig Thingstätte und somit
politisches Zentrum des wikingisch besiedelten Teils der Insel wird. In
unmittelbarer Nähe lokalisieren Archäologen zudem die erste Kirche des
Landes, die sogenannte "Thjodhildskirche", die den beiden Sagas zufolge
von Eriks Ehefrau Thjodhild (Þjóðhildr) begründet wurde. Von diesem Ort
aus werden auch die Erkundungsfahrten nach Vinland unternommen, das den
Sagas zufolge von Eriks Sohn Leif entdeckt und von Archäologen an der
neufundländischen Küste lokalisiert wird.

Der Versuch einer Synthese aus Archäologie, Historie und
Literaturwissenschaft gelingt im Großen und Ganzen: Der Leser erhält in
chronologischer Abfolge klar und verständlich gegliederte Einblicke
sowohl in die archäologischen Untersuchungen auf Grönland und an der
neufundländischen Küste sowie in die Lebensgewohnheiten der wikingischen
Siedler. Besonders interessant ist die Untersuchung der Ereignisse des
Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit einschließlich der europäischen
Forschungsexpeditionen nach Grönland und Nordamerika - kommen diese in
den Analysen der Archäologen und in der altnordistischen Forschung doch
gelegentlich zu kurz. Die Forschungsdiskussion um die Lokalisierung
skandinavischer Überreste im neufundländischen L'Anse aux Meadows sowie
die Probleme der Toponymik in Bezug auf die Ortsnamenbezeichnung
"Vínland" im Altnordischen werden thematisiert, jedoch nicht vertieft
dargestellt, um ein Laienpublikum nicht unnötig zu strapazieren.

Verwirrend ist dagegen die uneinheitliche Orthografie von Orts- und
Personennamen, auch wenn Findeisen darauf bereits im Vorwort aufmerksam
macht (S. 17). So wird beispielsweise Erik der Rote mal "Eirik", "Erik"
oder "Erich" geschrieben. Bedauerlich ist außerdem, dass die
anschaulichen Rekonstruktionsbeschreibungen vom Wohnsitz Eriks des
Roten, Brattahlíð (S. 72-80), nicht durch entsprechende Bebilderung
unterstrichen werden. Zwar ist das Werk sowohl mit einer modernen als
auch einigen historischen Karten ausgestattet, doch sind sie entweder
sehr klein geraten oder nur in unscharfen Graustufen abgedruckt und
somit wenig wirkungsvoll.

Insgesamt stellt "Vinland" ein für den interessierten Laien informatives
Überblickswerk dar, das sowohl Archäologie als auch Historie und
Literaturwissenschaft berücksichtigt. Ein umfangreiches
Literaturverzeichnis am Ende sowie ein chronologischer Überblick über
die Wikingerzeit und die Geschichte der Besiedlung Grönlands und der
Amerika-Expeditionen von 778 bis zum Jahr 1978 sowie ein Orts- und
Personenregister runden die Monografie ab. Als Einstieg in die
historische Grönlandforschung ist Findeisens "Vinland" auch für
Studenten durchaus geeignet.


Anmerkungen:
[1] Vgl. Eiríks saga rauða, in: Eyrbyggja saga. Groenlendinga sögur,
hrsg. v. Einar Ólafur Sveinsson / Mathías Þorðarson, Reykjavík 1935, S.
193-237, hier: S. 199.
[2] Vgl. ebd., S. 201.

Diese Rezension wurde redaktionell betreut von:
Wolfgang Eric Wagner <wolfgang-eric.wagner(a)... for citation of this contribution
<http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2012-1-050>

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