Date: 2012/01/03 17:45:01
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Universität des
Saarlandes KOLLOQUIUM „FORSCHUNGEN ZUR GESCHICHTE
DES MITTELALTERLICHEN EUROPA" Die Vorträge finden, wenn nicht anders
angegeben, um 18 Uhr c.t. im Gebäude B3 1, Raum 2.18
statt. Gäste, auch zu einzelnen Terminen,
sind stets willkommen! Zur Vorbereitung steht in der
Institutsbibliothek ein Ordner mit Hinweisen zu Quellen und Schrifttum.
11. Januar
2012 Benjamin Marschall, cand.
phil. Reiste die Frau Heinrichs IV.
auf Tierfellen über die vereisten Alpen? 18. Januar 2012 Prof. Dr. Harald Haferland
(Osnabrück) Christus als Licht der Welt
Sächsische
Christusdarstellungen aus dem 9.
Jahrhundert. 01. Februar
2012 Manuela
Fuchs Buchvorstellung:
Arnold Esch:
Wahre Geschichten aus dem
Mittelalter. Kleine Schicksale selbst
erzählt in Schreiben an den Papst, München
2010. (Das o.a. Plakat habe ich heute im
Landesarchiv Saarbrücken
gesehen) |
Date: 2012/01/04 17:02:09
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Salü,
hat jemand eine Idee, was der Begriff im Betreff heißen könnte? In einer Stellenausschreibung aus dem Jahre 1710 für eine Försterstelle werden folgende Eigenschaften genannt, die der Bewerber haben sollte: Gottesfürchtig,
Schnelle Füße,
Nicht gebrechlich.
Einen gesunden Atem und dahero laut vom
Laiße,
Wachsam,
Unverdrossen,
Unversoffen,
Treu,
Liebe zu Hunden haben,
Die Reinlichkeit, zumal an seinem Gewehr,
lieben.
Verschwiegen,
Nicht neidisch.
Dieses Wort „Laiße“ wurde in einem Zeitungsartikel wie folgt erklärt: Laut deutschem Wörterbuch der Sprachwissenschaftler Jacob und Wilhelm Grimm ist der Leis bzw. der Leise ein mitteldeutscher Ausdruck für geistlichen Volksgesang. Er soll sich gekürzt aus dem „Kyrie eleison“ gebildet haben. Aber das dürfte hier wohl kaum passen. Mit freundlichen Grüßen
Roland Geiger
|
Date: 2012/01/04 20:57:24
From: anneliese.schumacher(a)t-online.de <anneliese.schumacher(a)t-online.de>
Dies ist der Originaltext aus dem Grimmschen Wörterbuch:
leis, leise, m. geistliches lied, mhd. leise als häufiger ausdruck für den geistlichen volksgesang, gekürzt aus dem rufe kyrie eleison (theil 5, 2916), den das volk melodisch beim gottesdienste erschallen liesz, und aus welchem sich der christliche gemeindegesang herausbildete: doch hettent etliche (der geiszler) mancher hande andere leisze die wil sü zogetent. aber z der busze hieltent sü alle einen leis. d. städtechron. 118, 11 (in gleichem sinne mit leich gebraucht 107, 29, vgl. sp. 611 unten);
[Bd. 12, Sp. 713]
auf huben sie den narren
und truegen auf ein karren.
iren leis sungen sie do
vil laut kyrieleyso.
erzähl. aus altd. hdschr. 321, 27;
Von: Rolgeiger(a)aol.com
An: regionalforum-saar(a)genealogy.net
Betreff: [Regionalforum-Saar] "laut vom Laiße"
Datum: Wed, 04 Jan 2012 17:02:03 +0100
Date: 2012/01/05 17:43:37
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Quellen zur Genealogie im Landkreis Saarlouis und angrenzenden Gebieten Band 48 Anton Edel Die Einwohner von Dillingen/Saar 1815 - 1901 2 Bände mit ca. 900 Seiten mit Orts-, Berufs- und Familiennamenregister Vorbestellungen bitte an: Vereinigung für die Heimatkunde im Landkreis Saarlouis e. V. Kreisarchiv Saarlouis Postfach 1840 66718 Saarlouis Tel.: 06831/444-425 Email: hp.klauck(a)t-online.de |
Date: 2012/01/06 09:11:52
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
gestern in der SZ:
Der Amerika-ErklärerDer neue Direktor Werner Kremp will dem Deutsch-Amerikanischen Institut ein neues Profil geben und die Jugend für die USA begeisternDas Deutsch-Amerikanische Institut Saarbrücken steht vor Veränderungen. Der neue Direktor Werner Kremp, ein renommierter Amerika-Kenner, will der Einrichtung ein neues Profil geben und mehr junge Menschen erreichen.Von SZ-Redakteur Daniel KirchSaarbrücken. Irgendwann vor dem Jahreswechsel hat sich Werner Kremp an seinen Schreibtisch unter einer US-Flagge und einer Amerika-Landkarte gesetzt und ein paar Gedanken zu Papier gebracht. Der 66-Jährige überlegte, wozu das kleine Saarland überhaupt ein Deutsch-Amerikanisches Institut (DAI) benötigt. Der neue Direktor des DAI kam schnell zu dem Schluss: Nur zur Pflege der Beziehungen zu den gut 700 hier lebenden US-Bürgern jedenfalls sei die Einrichtung „in der Tat fast überflüssig“. Kremp, der im Oktober die Nachfolge des im August gestorbenen DAI-Direktors Hartmut Gimmler antrat, hat deshalb ehrgeizige Pläne: Er will das Institut in der Saarbrücker Talstraße trotz bescheidener Mittel – der Jahresetat beträgt rund 110 000 Euro aus Spenden und staatlichen Zuschüssen – zu „einem wichtigen Teil der saarländischen Bildungs- und Kulturlandschaft“ machen. Als seine Mission sieht Kremp „eine aufgeklärte Auseinandersetzung abseits von kritikloser Bewunderung und unreflektierter Ablehnung“. Umfassend und sachlich, aber nicht leidenschaftslos soll diese Aufklärung sein. Vor allem junge Menschen will Kremp erreichen. Aus der Forschung sei bekannt, dass Rechts- und Linksextremismus mit Anti-Amerikanismus einhergingen. Daher folgert Kremp: „Wer Sympathie, auch kritische Sympathie, für Amerika hegt, ist in der Regel gegen rechts- oder linksextremistisches Gedankengut gefeit.“ Kremp plant Workshops an Schulen, unter anderem zu moderner US-Musik oder den Präsidentschaftswahlen im November. In einem Wettbewerb sollen Oberstufenschüler außerdem historische Verbindungen zwischen dem Saarland und den USA herausarbeiten. Man darf Kremp getrost als Glücksfall für das DAI bezeichnen – kaum jemand im Saarland kennt die USA so gut wie der umtriebige Riegelsberger. Aufgewachsen in Augsburg, kam Kremp nach dem Studium in München 1973 zur SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung nach Saarbrücken. Er veranstaltete USA-Seminare – und hielt Amerika in der hitzigen Nachrüstungsdebatte der 80er Jahre als einer der wenigen Sozialdemokraten die Stange. Nach seiner Habilitation über das Amerikabild der deutschen Sozialdemokratie an der Saar-Universität holte ihn der damalige rheinland-pfälzische Ministerpräsident Rudolf Scharping (SPD) 1992 in die Mainzer Staatskanzlei, um die Kontakte zu den US-Streitkräften in Pfalz und Eifel zu pflegen. 1996 baute Kremp die Atlantische Akademie in Kaiserslautern auf, die er bis 2010 leitete. Seine saarländischen Wurzeln – sein Vater war aus Niederlinxweiler nach Bayern ausgewandert – hört man Kremp nicht an. Er klingt bayerisch – und doch wie ein überzeugter Saarländer, wenn er auf einen Unterschied zwischen Deutschland und Amerika zu sprechen kommt: „Kein Mensch käme in den USA auf die Idee, kleine Bundesstaaten abzuschaffen.“ |
Date: 2012/01/06 09:13:52
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
heute in der SZ:
Selchenbach stellt Festzeitschrift auf Neujahrsempfang vorSelchenbach. Die pfälzische Ortsgemeinde, die von 1818 bis 1947 zur Bürgermeisterei Niederkirchen im Ostertal gehörte, feiert im Jahr 2012 das 750-jährige Bestehen ihrer urkundlichen Ersterwähnung. Dazu finden im Verlauf des Jahres fünf verschiedene Veranstaltungen statt. Für kommenden Sonntag, 8. Januar, 15 Uhr, laden Ortsbürgermeisterin Melanie Jung und der Festausschuss zu einem Neujahrsempfang ein, bei dem die von Hans Kirsch, Klaus Zimmer und Marianne Kirsch verfasste Festschrift vorgestellt wird. Außerdem hat der Heimat- und Kulturverein Ostertal eine Fotoausstellung mit alten und neuen Bildern aufgebaut. Der Festkommers findet am Samstag, 14. Januar, 19 Uhr, ebenfalls im Dorfgemeinschaftshaus statt. red
-------------- Weiß jemand, wo und wie und für wieviel man die Festschrift beziehen kann? |
Date: 2012/01/06 09:16:43
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
heute in der SZ: Rettung vorm „Vergammeln“? Für 150 000 Euro hat die Stadt Ottweiler den Bahnhof gekauft. Auf dem Gelände soll zusätzlicher Raum zum Parken geschaffen werden. In den Räumen der früheren Bahnhofsgaststätte könnte ein Technikmuseum entstehen. Ottweiler. Noch in der letzten Woche des alten
Jahres ist der Vertrag notariell besiegelt worden: Der Bahnhof und das Umfeld
einschließlich des Parkplatzes sind nun Eigentum der Stadt Ottweiler. „Die
Verhandlungen waren schwierig, langwierig und mühsam. Aber alle für die Stadt
wichtigen Positionen konnten positiv geregelt werden“, wird der Ottweiler
Bürgermeister Hans-Heinrich Rödle in einer Pressemitteilung aus dem Rathaus
zitiert. Das 1887 erbaute denkmalgeschützte Bahnhofsgebäude ist in einem
vernachlässigten Zustand. Es befindet sich auf einem rund 4700 Quadratmeter
großen Grundstück, das zum großen Teil als Parkraum genutzt wird.
Bereits Anfang September hatte der
Bürgermeister dem Stadtrat vorgeschlagen, den Bahnhof zu dem „vertretbaren
Kaufpreis von 150 000 Euro“ zu erwerben. Die Ratsmitglieder hatten dies bei
lediglich zwei Gegenstimmen der FWG mit großer Mehrheit gebilligt.
Derzeit bestehen noch unterschiedliche
Auffassungen zur künftigen Verwendung des Bahnhofs. Es gibt verschiedene
Vorstellungen, über die nach Absicht der Verwaltung weiter beraten werden soll.
Ziel sei es, so die Pressemitteilung der Stadt Ottweiler, den Bahnhof und das
Bahnhofsumfeld aufzuwerten. Die Stadt habe das Projekt beim Land für
Fördermittel im Rahmen des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung
angemeldet und sei unter vielen Kommunen für eine Förderung ausgewählt worden.
Zurzeit würden die Unterlagen für den Förderantrag erarbeitet.
Es sei unstreitig, dass möglichst viel
öffentliche Zuschüsse und private Beteiligungen für das Sanierungsprojekt
eingesetzt werden müssen, so Rödle. Der Bürgermeister weiter: „Auch ist es unser
Ziel, in diesem Bereich so viel Parkraum wie möglich zu schaffen. Es wird ein
Konzept erarbeitet werden, das Parkraum für Bahnkunden, für Park-and-Ride, für
Dauerparker, aber auch für Kurzparker zum Besuch der Geschäfte und Praxen
enthalten wird.“ Gedacht sei daran, den gesamten
Parkraum in der Bahnhofstraße (auch zwischen den Platanen) dem kurzfristigen
Parken zur Verfügung zu stellen und den Parkraum um den Bahnhof herum und auf
dem Parkplatz für Tagesparken vorzusehen. Neben dem vorhandenen Ticket-, Reise-
und Tourismusservice mit Kiosk, bietet sich für die künftige Nutzung nach
Ansicht des Verwaltungschefs an, die Räume der früheren Bahnhofsgaststätte für
ein Museum für Kommunikation und Technik einzurichten. Ein großen saarländisches
Unternehmen wolle sich hier finanziell beteiligen. In den ehemaligen Wohnungen
könnte das Jugendzentrum untergebracht werden. Als erster Schritt wäre für das
Nebengebäude auch eine Fahrradreparaturwerkstatt (ein sogenanntes
Mobilitätszentrum) denkbar und wünschenswert, so Rödles Vorschläge. Für das
Umfeld, insbesondere für den Parkraum, könnte mit Mitteln aus dem
Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz eine schöne Gestaltung erfolgen.
Erwähnenswert sei, dass die Stadt als nunmehrige Eigentümerin aus drei
Mietverträgen Mietzins erziele – netto etwa 6000 Euro im Jahr. Die
Bewirtschaftung des Parkraumes werde zu weiteren Einnahmen führen.
Wenn die Stadt den Bahnhof nicht erworben hätte, würde er „vergammeln“, zeigt sich Rödle überzeugt. Wenn ein Privater ihn erworben hätte, wäre die Einflussnahme der öffentlichen Hand sehr gering gewesen. Rödle abschließend: „Jetzt kommt es darauf an, das Beste daraus zu machen und die Finanzierung des Gesamtprojektes in den nächsten vier Jahren sicherzustellen.“ red Bahnhof hat
eine wechselvolle Geschichte erlebt Als die DB den Standort aufgab, sprangen Stadt und ASB in die Bresche Stadt Ottweiler hat den Bahnhof und das angrenzende Gelände erworben Ottweiler. Der Bahnhof ist Eingangstor und
Markenzeichen für Ottweiler. Das denkmalgeschützte Gebäude wurde im Jahr 1877 im
Zusammenhang mit den Gründerzeithäusern in der Bahnhofstraße erbaut. Die
Deutsche Bahn hat den Ottweiler Bahnhof nach Darstellung der Stadt im Jahr 1995
„aufgegeben“ und seit dieser Zeit wenig für Gebäude und Umfeld getan. Auf
Drängen der Stadt wurde von 1996 bis 2001 der Bahnhof von der DB mit einer
Juniorfirma geführt. Das war ein Vorzeigeobjekt der DB, sogar Bahnmanager aus
Japan studierten vor Ort dieses Beispiel. Im August 2001 hieß es unvermittelt:
Der Juniorbahnhof rechnet sich nicht mehr. Dann kam die Firma Entrada aus
Rheinland-Pfalz, die mit Finanzierung des Landes Rheinland-Pfalz und der
Arbeitsverwaltung ältere Langzeitarbeitslose mit dem Fahrkartenbetrieb
beschäftigte. Das ging bis März 2003 leidlich gut – der Bahnhof war besetzt und
geöffnet und jeder konnte dort Fahrkarten kaufen, außerdem gab es eine soziale
Kontrolle. Über Nacht wurden die dort tätigen Mitarbeiter abgelöst.
Erst intensives Nachforschen der Stadt
führte zur Aufklärung: Die DB hatte wegen verschiedener Abrechnungsprobleme
entschieden, den Bahnhof Ottweiler „dunkel“ zu lassen. Stadtrat und Verwaltung
protestierten, eine Resolution wurde an DB und Politiker verschickt – ohne
Erfolg. Seitens der DB gab es kein Interesse, den Bahnhof weiterzuführen.
Stadtrat und Verwaltung überlegten sich ein neues Modell. Der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) war schließlich dazu bereit, mit einem Beschäftigungsmodell den Bahnhof weiterhin zu betreiben. Die Finanzierung dieses Projektes, das seit 2004 läuft, erfolgt über Gelder der Europäischen Gemeinschaft, der Arbeitsverwaltung und der Stadt. red Hintergrund Der Bahnhof Ottweiler hat nicht nur eine
städtebaulich wichtige und eine historische Bedeutung, sondern er ist für den
öffentlichen Personenverkehr eine wichtige Größe. Werktags benutzen ihn nach
Angaben der Stadt etwa 1300 Bahnreisende; es werden werktags rund 100
Zugverbindungen angeboten. Im Halbstunden-Takt gibt es eine Verbindung nach
Saarbrücken, stündlich Richtung Türkismühle, alle zwei Stunden bestehen
Verbindungen nach Mainz, Frankfurt und zum Flughafen. red
|
Date: 2012/01/06 15:32:20
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Neues Heft der Saarpfalz –
Blätter für Geschichte und Volkskunde erschienen Homburg. Soeben ist das neueste Heft der „Saarpfalz“ erschienen,
Heft 4/2011. Sein Inhalt: Christian Hausknecht: Wie kamen
die kaiserlichen Truppen 1636 in den Besitz von Schloss
Homburg? ·
Anna Michaela Loew: Ein
Reitergrab der frühen Neuzeit in Niedergailbach. ·
Buchbesprechung zu: Nestler,
Schaupp, Ziegler: Die Pfalz am Ende der Weimarer Republik ·
Bücherschau: Elke
Gelzleichtner: Dorfbuch Reiskirchen ·
Gerd Imbsweiler: Die
Grabsteine des ehemaligen Friedhofs hinter der protestantischen Kirche in
Limbach ·
Buchbesprechung: Erna-Maria
Folz-Philipp: Berta – eine Lebensgeschichte im 20.
Jahrhundert ·
Interessante Artikel aus der
„Pfälzer Zeitung“ von 1863 ·
Buchbesprechung: Beitrag zum
Edith-Aron-Wettbewerb 2011 der Kreisstadt HOM (Thema „Migration und
Integration“ ·
Karl Lillig: Von der
Handapotheke bis zur Filialapotheke ·
Gunther Altenkirch:
Totenbrauchtum ·
Terminkalender Noch ein kleiner Hinweis Die „Saarpfalz“ Jg. 1998/Nr. 3 enthält einen nicht
uninteressanten Artikel: |
Date: 2012/01/07 09:34:46
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
heute in der SZ:
Keltischer Ringwall wird zum Archäologie- und KeltenparkOtzenhausen. In den kommenden fünf Jahren will die Gemeinde Nonnweiler den kelktischen Ringwall in Otzenhausen zu einem Archäologie- und Keltenpark auszubauen (wir berichteten). Das Wirtschafts-Ministerium unterstützt den ersten Bauabschnitt mit 370 000 Euro. Das 2,5 Hektar große Gelände wurde bereits vorbereitet, eine Freilichtarena für Veranstaltungen gebaut. In weiteren Bauabschnitten sollen ein Keltengehöft sowie ein Zentralgebäude mit Keltenmuseum entstehen. Das Ministerium übernimmt von den Basiskosten für den Archäologie- und Keltenpark von rund 528 450 Euro 70 Prozent, also insgesamt 369 915 Euro, Geld aus EU- und Landesmitteln. Die EU kofinanziert das Projekt mit 50 Prozent. red
|
Date: 2012/01/07 09:37:25
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
heute in der SZ:
Ist die Goldmark heute immer noch Gold wert?Was Kunden von Sparkassen und Volksbanken bekommen, wenn sie historische Sparbücher ihrer Vorfahren findenManch einer findet auf seinem Dachboden ein altes Sparbuch vom Urgroßvater, das dort vor Jahren vergessen wurde. Was aber damit tun?Saarbrücken. Als Tagelöhner hatte der Urgroßvater von Michael Müller (der Name wurde geändert, weil der Leser in der Branche beschäftigt ist) gearbeitet und sein Geld bei der Volksbank St. Ingbert auf ein Sparbuch eingezahlt. Am 14. März war das – im Jahr 1922. Schön ordentlich vom Bankmitarbeiter in Sütterlin-Schrift dokumentiert – und später auch umgerechnet. 22 Goldmark seien die 1500 eingezahlten Mark wert, heißt es. Wie viel allerdings heute dieser Goldmark-Betrag wert sei, fragte sich Müller, als er das Sparbuch gemeinsam mit Inflations-Banknoten von seiner Großmutter geschenkt bekam. Er forschte nach, fand Umrechnungstabellen, nahm eine Verzinsung im unteren Prozentbereich an und kam auf einen fünfstelligen Betrag, den er nun von der Bank1Saar erstattet haben wollte – schließlich war in dem Konto ja kein Auszahlungsvermerk zu finden, und die Bank1Saar war Rechtsnachfolgerin der Volksbank. Doch diese lehnte jede Zahlung ab – und bezog sich dabei auf das Gesetz zum Abschluss der Währungsumstellung von 1975, nach dem Goldmark-Konten ihren Wert verloren hätten. „Das Grundproblem besteht schon darin, dass wir heute wegen fehlender Unterlagen nicht mehr nachvollziehen können, ob vielleicht irgendwann ein Ersatzkonto ausgestellt wurde“, sagt Herbert Herget, Sprecher der Bank1Saar. Mit ihrer Ablehnung hat die Bank recht, schreibt die Bundesbank in einer Stellungnahme. Überhaupt sei es ungewöhnlich, dass ein Konto im Jahre 1922 in Goldmark umgerechnet wurde. Denn die Goldmark sei zu keiner Zeit eine Währung gewesen. Vielmehr war sie nur eine Festlegung dafür, dass eine Reichsmark dem Gegenwert von 0,358 Gramm entsprach. Allerdings hätten entsprechende Goldmark-Klausen bereits im Jahr 1940 (Verordnung über wertbeständige Rechte) ihren Wertsicherungscharakter verloren. Dass das Sparbuch, ursprünglich in Mark geführt, in Goldmark umgerechnet ist, könne auf eine Aufwertung im Jahr 1925 nach den Inflationen der Jahre 1923 und 1924 sowie der Umstellung auf die Reichsmark zurückzuführen sein, schreibt die Bundesbank. Doch selbst dann hätte das Konto keinen Wert mehr, denn durch das von der Bank1Saar angeführte Gesetz aus dem Jahr 1975 sind sämtliche Reichsmark Konten, die nicht bis Juni 1975 umgestellt waren, erloschen. Commerzbank und Deutsche Bank gehen auch davon aus, dass solche Konten keinen Wert mehr haben. Allerdings würden die Filialen gerne prüfen, ob noch Ansprüche bestünden, sagt Andrea Michels von der Deutschen Bank. Christian Molitor vom Sparkassenverband des Saarlandes sieht schon wegen der zwischenzeitlichen Hyperinflationen – mit beispielsweise einer Währungsumstellung im Jahr 1923 zum Kurs von eins zu einer Billion – kaum Chancen, hier noch Ansprüche geltend zu machen. Außerdem seien 1948 alle Sparbücher noch einmal auf einen Wert von 40 DM gekappt worden. Er sagt, dass solche Bücher rechtlich „vor allem historisch-immateriellen“ Wert haben. Doch könne es sein, dass einzelne Sparkassen sich da kulant zeigen. Tatsächlich sagt Rainer Hero von der Sparkasse Merzig, dass das Institut noch alte Kladden über historische Sparbücher führt. „Wir würden da mit dem Kunden eine Lösung finden“, sagt er. Und auch die Sparkasse St. Wendel hat laut Christoph Backes ein Archiv, das noch weit in die Vorkriegszeit reicht. Auch die Bank1Saar hat dem Leser letztlich ein Kulanzangebot gemacht: „Das Konto hat für uns historischen Wert. Deshalb würden wir es dem Kunden gerne abkaufen und in unser Archiv übernehmen“, sagt Herget. jwo
|
Date: 2012/01/08 12:49:31
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Die andere Seite des Saarlouiser „Helden“ Paul von
Lettow-Vorbeck Aus Spiegel Online „Eines Tages“ Zeitgeschichten vom 8. Januar
2012 Lebensmittelskandal 1919 Schuld und Sülze Durch Zufall wurde im Juni 1919 in Hamburg ein Lebensmittelskandal
bekannt: Der Industrielle Jacob Heil hatte aus Fleischabfällen Sülze hergestellt
und an die hungernde Bevölkerung verscherbelt. Der Ekel-Eklat trieb die
Bevölkerung auf die Barrikaden - bis die Reichswehr die Revolte brutal
niederknüppelte. Formularbeginn Formularende Schweigend wuchtete Fuhrmann Rüssau ein Fass nach dem anderen auf seinen
Wagen. Regelmäßig fuhr er für die Fleischwarenfabrik Heil & Co. Dieses Mal
sollte er verdorbene Fleischabfälle nach Ochsenwerder bringen, die die Bauern
dort als Dung verwendeten. Für ihn war dieser Morgen des 23. Juni 1919 wie alle
anderen. Bis eines der Fässer aus Versehen auf den Boden fiel und zerbarst. Eine
stinkende, undefinierbare gelbliche Masse ergoss sich über die Straße.
Fassungslos starrten einige herumstehende Arbeiter den widerlichen Brei an.
Literaturhinweis: 238 S., 48 Abb. s/w,
Hardcover mit Schutzumschlag und Lesebändchen, 25,80 EUR Fazit: „In der Geschichtsschreibung der
Bundesrepublik Deutschland blieben die „Sülzeunruhen“ nur eine Randnotiz, wenn
auch zumindest seit den achtziger Jahren in der hamburgischen Historiografie
eindeutig eine kritischere, wissenschaftlich seriösere und damit angemessene
Betrachtung und Einordnung der Ereignisse feststellbar ist. Dies war lange Zeit
nicht so. Die wissenschaftlichen Untersuchungen, in denen die „Sülzeunruhen“
zumindest als Teilaspekt aufgegriffen wurden, blieben rar und in ihrer Deutung
der Ereignisse einseitig strukturiert. Dies lag eindeutig daran, dass fast
ausschließlich Zeitzeugenberichte von konservativen und rechtsnationalistischen
Beteiligten herangezogen wurden. Die vorhandenen Akten blieben weitestgehend
unbeachtet. Damit wurde ein „schiefes“, um nicht zu sagen falsches
Geschichtsbild der Vorkommnisse erzeugt, welches sich über Jahrzehnte hinweg
halten und immer weiter verfestigen konnte.“ Aus: Uwe Schulte-Varendorff in:
„Die Hungerunruhen in Hamburg im Juni 1919 - eine zweite Revolution?“ (Beiträge zur Geschichte Hamburgs,
herausgegeben vom Verein für Hamburgische Geschichte, Band 65) Hamburg 2010, S.
211. |
Date: 2012/01/08 13:18:10
From: anneliese.schumacher(a)t-online.de <anneliese.schumacher(a)t-online.de>
Hochinteressanter Aufsatz. Nur am Rande sei zitiert:
Dieser Artikel ist in Kooperation mit dem Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten "Aufsehen, Empörung, Ärgernis: Skandale" 2010/2011 entstanden.
Date: 2012/01/08 20:12:28
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
From: Ulrich Lambrecht
<lambre(a)uni-koblenz.de> Date: 09.01.2012 Subject: Rez. AG: R. Mathisen u.a. (Hrsg.): Romans, Barbarians, and the Transformation ------------------------------------------------------------------------ Mathisen, Ralph W.; Shanzer, Danuta (Hrsg.): Romans, Barbarians, and the Transformation of the Roman World. Cultural Interaction and the Creation of Identity in Late Antiquity. Farnham: Ashgate 2011. ISBN 978-0-7546-6814-5; XIX, 378 S.; £ 65,00. Inhaltsverzeichnis: <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/media/beitraege/rezbuecher/toc_17139.pdf> Rezensiert für H-Soz-u-Kult von: Ulrich Lambrecht, Institut für Geschichte, Universität Koblenz-Landau E-Mail: <lambre(a)uni-koblenz.de> Das Verhältnis zwischen barbarischen - also nichtrömischen - Völkerschaften und den Römern in der Spätantike ist seit Jahrzehnten ein in diversen Richtungen intensiv untersuchtes Feld, an dem verschiedene Forschungstraditionen Anteil haben. Der Auffassung vom unversöhnlichen Gegeneinander barbarischer und römischer Welten in starren Fronten ist durch die Ansätze der Ethnogenese-Forschung der "Wiener Schule" vieles von ihrer Inflexibilität genommen worden. Zugleich haben historisch-anthropologische Ansätze vom Wandel in der Spätantike das Denken in Dichotomien zugunsten von Übergangsphasen verflüssigt, in denen unterschiedliche Lebenswelten einander beeinflussten und durchdrangen: So konnte durch Vorstellungen von sukzessiver und wechselseitiger Transformation anstelle von einseitigen Einwirkungen die eher integrativ orientierte Auffassung einer allmählichen Entwicklung von gänzlich Neuem in den verschiedensten Lebensbereichen in den Vordergrund treten. Allerdings wird auch in einigen aktuellen Forschungsarbeiten Roms Untergang wieder primär auf die barbarischen Völker zurückgeführt.[1] Der von Ralph Mathisen und Danuta Shanzer herausgegebene Sammelband geht auf eine Tagung der University of Illinois im Jahre 2005 zurück, deren Beiträge nun - leider erst - nach sechs Jahren publiziert wurden. Die Aufsätze sind dem Transformationsansatz verpflichtet und stellen die Wechselseitigkeit der Einflussnahme in den Vordergrund: Veränderungen der römischen Kultur und des barbarischen Selbstverständnisses werden gleichermaßen berücksichtigt, Untergangsszenarien wegen der ihnen inhärenten Bewertungen vermieden. Es geht also um die Identitätsbildung von Barbaren unter dem Einfluss der auch nach 476 noch dominierenden römischen Kultur und zugleich um die Veränderung der römischen Kultur unter dem Einfluss dieser Völker. Damit wendet sich das Buch gegen die Vorstellung einseitiger "Romanisierung" von Barbaren und ersetzt sie durch das Konzept wechselseitiger Beeinflussung: Derartige Interaktion sorgte für "a composite barbaro-Roman culture that integrated elements of the cultures of all the peoples involved" (S. 4). Im Interesse innerer Kohärenz der 25 Beiträge zu einem sehr offen und weit gefassten, obendrein alle geographischen Räume in der Nachbarschaft des Römischen Reiches tangierenden Thema sind diese nach übergeordneten inhaltlichen Gesichtspunkten gruppiert: Die vier Teile untersuchen Identitätskonstruktionen von Barbaren durch unterschiedliche Urheber und Faktoren (zehn Beiträge), die wechselseitige Einwirkung von Römern und Barbaren in den Grenzräumen (neun Beiträge), die Identitätsausformung in der nachrömischen Welt (fünf Beiträge) und die in Rezeptionsaspekten zum Ausdruck kommende moderne Konstruktion barbarischer Identität (ein Beitrag). Damit werden vielfältige Aspekte angeschnitten, mit deren Hilfe sich die Einwirkungen von Barbaren und Römern aufeinander illustrieren lassen. Der erste Unterabschnitt des ersten Teils behandelt mit literarischen Konstruktionen barbarischer Identität Vorstellungen aus römischer Perspektive. Man erwartet abgrenzende Zuschreibungen, doch bieten diese angesichts der Veränderungen, die die Spätantike mit sich brachte, darüber hinaus teilweise durchaus differenzierte Einsichten. Behandelt werden hier unter anderem spätantike Barbarenkataloge (Ralph W. Mathisen) zur Ab- und Ausgrenzung gegenüber den Römern, wobei auch der teilweise feststellbare Wandel dieser Auffassung unter christlichem Einfluss berücksichtigt wird. Nicht zu bemerken ist ein solcher Wandel allerdings bei Augustinus (Gillian Clark), dessen Urteil alten Stereotypen verhaftet bleibt. Ein Problem ist die Zuordnung der Sasaniden zu den Barbaren: Auch wenn die Römer von ihrer Überlegenheit überzeugt sein mochten, mussten sie den Persern doch einen vergleichbaren Rang zuerkennen (Scott McDonough), so dass deren "barbarische" Qualität - eine andere als die der nördlichen Nachbarn Roms - die Römer Charakteristiken ihrer eigenen Identität erkennen ließ (Jan Willem Drijvers). Im zweiten Abschnitt des ersten Teils geht es um Deutungen barbarischer Aktivitäten: Hierzu zählen politische Interpretationen im Zusammenhang mit Einfällen barbarischer Gruppen in das römische Griechenland, die im 3. Jahrhundert n.Chr. im hergebrachten römischen Verständnis dichotomische Vorstellungen bedienten, im späten 4. Jahrhundert aber die Faktizität der innerrömischen Kämpfe zwischen Westen und Osten um Einfluss und Macht kaum noch hinter ihren Klagen über die Aktivitäten der Goten Alarichs verbergen konnten (Amelia Robertson Brown); ebenso finden sich religiöse Deutungen, in deren Rahmen miaphysitische Protagonisten im Osten das Ende des weströmischen Kaisertums als Gottes Missfallen an den Ergebnissen des Konzils von Chalkedon interpretierten (Edward Watts). Unter den regierungsamtlichen Vorgaben zur Wahrnehmung von Barbaren, dem Thema des dritten Abschnitts dieses Teils, wird zunächst die Auseinanderentwicklung zwischen Juden und Samaritern im Gefolge der religiösen Vereinheitlichungspolitik Diokletians anlässlich seiner antichristlichen Maßnahmen behandelt, die für die Juden eine Ausnahme vom kaiserlichen Opferbefehl vorsahen, nicht jedoch für die Samariter (Yuval Shahar). Ein weiteres Thema ist das Verhältnis der Christen zum römischen Staat anfangs des 4. Jahrhunderts: Diokletian grenzte in Übereinstimmung mit neuplatonischen Vorstellungen nur die Christen, verstanden als "challenge to Roman identity" (S. 123), aus dem römischen orbis aus (Elizabeth DePalma Digeser). Eine von herkömmlichen Szenarien abweichende Betrachtung der alemannischen Barbaren vertritt - der militärisch unerfahrene - Symmachus (or. 2,10-12), indem er die von Valentinian I. den Germanen gewährte Gelegenheit zur Flucht als "strafende" indulgentia und damit als eine Strategie interpretiert, die in Untertänigkeit einzumünden vermag; Symmachus sieht also die Barbaren auf diese Weise in das Reich integriert (Cristiana Sogno). Im zweiten Teil geht es im ersten Abschnitt um den Wechsel von Völkerschaften auf die römische Seite der Grenze, die durchaus auf römische Initiative zurückgehen konnte, wie der Kolonat als Modell für die Ansiedlung von Barbaren auf römischem Boden, den Cam Grey am Beispiel eines Gesetzes aus dem Jahre 409 (Cod. Theod. 5,6,3) diskutiert. Desgleichen konnte es bei Barbaren im römischen Dienst zu Loyalitätskonkurrenzen kommen (Kimberley Kagan). Der zweite Abschnitt thematisiert die Bedeutung des sozialen und wirtschaftlichen Austauschs für die Romanisierung von Barbaren, und zwar am Beispiel der Sklaverei barbarischer Gefangener bei den Römern und von Römern bei den Barbaren (Noel Lenski) sowie an der Diskrepanz zwischen ideologiegeprägten Barbarenstereotypen und einer Realität, die es auch Barbaren ermöglichte, Römer zu werden (Hartmut Ziche). Im dritten Abschnitt werden Beispiele wechselseitiger Anpassung in Grenzregionen vorgestellt: die religiöse Entwicklung an der Grenze zwischen dem südlichen Ägypten und dem Reich von Kusch (Salim Faraji), die Begegnung der Einwohner von Petra mit Arabern (Jason Moralee), Identitätsfragen in der Scythia minor bis zu den Einfällen der Avaren und Slaven zu Beginn des 7. Jahrhunderts (Linda Ellis) sowie von Augustinus (epist. 46-47) diskutierte Fragen des Umgangs christlicher Römer mit nordafrikanischen Barbaren (Kevin Uhalde). Der dritte Teil bietet Beispiele für Identitätsausformungen barbarischer Völkerschaften auf der Grundlage römischer Vorbilder. Einen Schwerpunkt bildet dabei Spanien: Andreas Schwarcz fasst Argumente für die Klassifikation der tertiae Romanae und der sortes Gothicae als Grundlagen für die Landversorgung der Westgoten zusammen; Luis A. García Moreno liefert anhand eines Ehevertrags von 615 ein Beispiel gotischen wie römischen Einflusses angesichts eines ethnisch gemischten Adels in Córdoba; Scott de Brestian spürt der Entwicklung des Selbstverständnisses der Vascones in der Spätantike nach, die den Niedergang der römischen Herrschaft zur Ausbildung ihrer Identität nutzten. Ferner geht es anhand archäologischer Zeugnisse um Fragen barbarisch-römischer Ethnogenese durch Ansiedlung in Gallien (Patrick Périn und Michel Kazanski) sowie um Versuche, die Qualität der angelsächsischen Einwanderung nach Britannien anhand genetischer Spuren zu ermessen (Michael E. Jones). Der letzte Teil behandelt mit den Ausgrabungen Auguste Moutiés auf einem spätrömisch-frühmerowingischen Gräberfeld nahe Houdan (Île de France) in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein Beispiel für die Entwicklung moderner Barbarenwahrnehmungen (Bailey Young und Barbara Oehlschlaeger-Garvey). Die mit meist wenig mehr als zehn Druckseiten überwiegend kurzen Aufsätze bieten zahlreiche unterschiedliche Zugänge zu Beziehungen zwischen Barbaren und Römern in der Spätantike und ihren Folgen, ohne dass der Barbarenbegriff, wie es oft geschieht, auf die nördlichen Nachbarn des Römischen Reiches an Rhein und Donau beschränkt wäre, sondern vielmehr auch die Perser und Araber im Osten und Völker in Afrika im Süden einschließt. Damit umfasst er in diesem Sammelband alles Nichtrömische, wird als solcher aber nicht eigens reflektiert, wie es beispielsweise angesichts der Qualifikation von Christen als Barbaren bzw. Römer angebracht gewesen wäre: Durch Diokletian werden Christen aus der zivilisierten römisch-griechischen Welt ausgegrenzt und damit "barbarisiert", während später christliche Einflussnahme in Nubien und im Donaudelta als "römisch" gilt. Eine zusammenfassende Darstellung des Barbarenbildes und seiner Mutationen hätte in einem auswertenden Schlussbeitrag erfolgen können, der aus einem anderen Blickwinkel als in der Einleitung die wechselseitige Beeinflussung des Bildes von Römern und Barbaren und ihre Folgen für Verschiebungen und Veränderungen des Barbarenbegriffs bis in seine moderne Rezeption hinein thematisiert. Dies hätte das Anliegen des Sammelbandes und seiner Beiträge im Interesse der Historisierung des Transformationsgedankens zusammenfassend und ergebnissichernd verdeutlichen können. Trotz des eingangs erläuterten ganzheitlichen Zugangs zum Thema über den Transformationsgedanken und eine wohlüberlegte Zuordnung der Aufsätze zu übergeordneten Themen bleibt der Zusammenhang mancher Beiträge mit den Zielen dieses Bandes eher locker, wie es vielleicht nicht ausbleibt, wenn mit Ergebnissen von Spezialforschungen diverse allgemeine Aspekte abgedeckt werden sollen. Eine Zusammenschau der gegenseitigen Einflussnahmen zwischen den Römern und den Barbaren in konziser Form versucht zu haben, darin liegt unbestreitbar ein Vorteil dieses Buches; das verleiht ihm auch gegenüber der von der Europäischen Wissenschaftsstiftung geförderten Reihe "Transformation of the Roman World" mit ihren zahlreichen Bänden ein eigenes Profil. Anmerkung: [1] Vgl. Peter Heather, The Fall of the Roman Empire, London 2006; Bryan Ward-Perkins, The Fall of Rome and the End of Civilisation, Oxford 2006. Zu beiden Büchern die Rezension von Udo Hartmann in: H-Soz-u-Kult, 09.07.2007, <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2007-3-022> (09.12.2011). Diese Rezension wurde redaktionell betreut von: Udo Hartmann <hartmannu(a)geschichte.hu-berlin.de> URL zur Zitation dieses Beitrages <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2012-1-014> ------------------------------------------------------------------------ Copyright (c) 2012 by H-Net, Clio-online, and the author, all rights reserved. This work may be copied and redistributed for non-commercial, educational purposes, if permission is granted by the author and usage right holders. For permission please contact H-SOZ-U-KULT(a)H-NET.MSU.EDU. Falls Sie Fragen oder Anmerkungen zu Rezensionen haben, dann schreiben Sie bitte an die Redaktion von H-Soz-u-Kult: <hsk.redaktion(a)geschichte.hu-berlin.de> _________________________________________________ HUMANITIES - SOZIAL- UND KULTURGESCHICHTE H-SOZ-U-KULT(a)H-NET.MSU.EDU Redaktion: E-Mail: hsk.redaktion(a)geschichte.hu-berlin.de WWW: http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de _________________________________________________ |
Date: 2012/01/08 23:56:45
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Vortrag am 8.1.2012 im Tempel Emanuel in Kensington Maryland bei Dr. Itzik Eshel: „Mein Vater Walter hat
die Flucht aus seiner Vaterstadt nie überwunden. Nach dem grünen St. Wendel in
der Wüste von Palästina leben zu müssen … In Israel ist er nie zuhause gewesen.
Er richtete sich hier ein, baute ein Haus, gründete eine Familie, zog seine
Kinder groß. Aber im Herzen ist er immer in Deutschland geblieben. In Israel
nannte er sich mit seinem jüdischen Namen Benjamin. Walter nannte ihn nur seine
Ehefrau, und auch nur, wenn sie richtig sauer auf ihn
war“. So berichtete Dr. Itzik Eshel am vergangenen Sonntag im Gemeindesaal des Tempels Emanuel in Kensington, Maryland, einer mittelgroßen jüdischen Gemeinde von ungefähr 540 Familien, nicht weit von Amerikas Bundeshauptstadt Washington, D.C., entfernt. Eshel ist Direktor des Bildungswesens, das die Gemeinde in eigenen Religonsschulen für rund 300 Studenten unterhält. Geboren wurde er in Israel; mit Deutschland, dem Land seiner Vorväter, hatte er nach eigenen Angaben bis vor ein paar Jahren nichts am Hut. „Mein älterer Bruder Eli
besuchte vor fünf Jahren die Heimatstadt unseres Vaters und Großvaters und kam
begeistert zurück. Ich hatte bis dahin keinen Gedanken daran verschwendet. Aber
als meine Frau Ronit und ich im vergangenen Jahr Deutschland besuchten, stießen
wir in Baden-Baden auf die Freundlichkeit der Deutschen, und sie hat uns
verzaubert. Wir mieteten ein Auto, und wie von allein kamen wir nach St. Wendel.
Ich war noch nie hiergewesen, aber ich fand den Weg wie in einem Traum. Wir
fuhren hinauf in die Hospitalstraße, wo ich mitten im Halteverbot parkte, um den
Platz zu fotografieren, wo früher das Haus meiner Großeltern stand
(Hospitalstraße 32). Zwei Polizisten fragten, was ich da mache, und meine Frau
ging energisch auf sie zu und rief: Lassen Sie ihn in Ruhe, er kommt aus Amerika
und fotografiert das Haus seiner Vorfahren. Aber gern, sagten sie, nehmen Sie
sich ruhig Zeit. Dann stellten wir den Wagen im Rathaus ab und gingen zum
Marktplatz ins Rathaus, um mit jemand Offiziellem zu sprechen. Und ob Sie’s
glauben oder nicht, man empfing uns freundlich und zuvorkommend und war ganz
neugierig, was aus unserer Familie geworden war.“ Nur drei der fünf Familienmitglieder sind 1936 den Nazis entkommen: Isaac Lehmann (1861-1937), sein Sohn Walter (1902-1973) und seine Tochter Paula (geb. 1895). Isaacs Ehefrau Rosa geb. Hess war 1934 gestorben, ihr Grabstein steht noch heute auf dem jüdischen Friedhof bei Urweiler. Tochter Thekla (geb. 1897), eine ehemalige Bankangestellte, wurde für geisteskrank und Eugen Berl gerichtlich zu ihrem Vormund erklärt; sie kam nach Sayn bei Koblenz in eine jüdische Nervenheilanstalt und von dort direkt ins KZ Auschwitz, wo sie 1941 ermordet wurde. Tochter Flora Maria (geb. 1907) war eine gelernte Säuglingsschwester. Als ihr Vater und ihre Geschwister St. Wendel verließen, blieb sie da und verzog im Sommer 1936 nach Frankfurt am Main. Ein Jahr lang arbeitete sie in einem jüdischen Heim für alleinerziehende Mütter und schwangere ledige Frauen, dann zog sie nach Berlin. Von dort wurde sie 1943 nach Auschwitz deportiert und umgebracht. Anlaß für Dr. Eshels Bericht war eine Powerpoint-Präsentation über die Juden in St. Wendel, die ich über das Internet präsentierte. Ich hatte – basierend auf einem früheren Vortrag über die St. Wendeler Juden vom 14ten bis ins frühe 20te Jahrhundert, den ich vor zwei Jahren im Adolf-Bender-Zentrum gehalten hatte – eine kurze Vorstellung der Stadt St. Wendel und dann die Geschichte der Juden im Amt St. Wendel und dann ab 1860 zusammengestellt. Ich hatte den Vortrag per Internet übermittelt und kommentierte ihn nun über das Internet-Kommunikationssystem Skype. Einen großen Raum nahm die Synagoge in der Kelsweilerstraße im Vortrag ein, ihre Planung, ihr Bau und ihre Zerstörung. Über den jüdischen Friedhof leitete ich auf die Familie Lehmann, die 1893 aus Darmstadt nach St. Wendel übersiedelte, erst in der Kelsweilerstraße in einem Haus neben dem Bahnübergang, dann in der Balduinstraße im Haus von Mayer Eppstein (heute „El Corazon“) wohnte. 1902 kaufte Isaac Lehmann das Haus in der oberen Hospitalstraße, das er 1935 für 8.000 Goldmark wieder verkaufte. Der Vortrag dauerte eine gute Stunde, während der die Verbindung ohne Probleme aufrechterhalten werden konnte. Jeder im Saal wußte, dass das Ende – der Holocaust – unausweichlich war; den Abschluß des Vortrages, der in englischer Sprache gehalten wurde, bildete der „Stolperstein“ von Erna Berl und die erste Textzeile des jüdischen Totengebetes „Kaddisch“, die Dr. Eshel vortrug. Das Publikum dankte mit einem kräftigen Applaus und stellte noch zahlreiche Fragen. Dr. Eshel sprach die Schlußworte und legte seinen Zuschauern nahe, bei ihrem nächsten Deutschlandbesuch doch auch einmal nach St. Wendel zu kommen. Er wird auf jeden Fall wiederkommen und dann seinen beiden Töchtern Neir und Inbal die Heimat ihrer Vorväter zeigen.
Roland Geiger |
Date: 2012/01/09 17:56:58
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Die Gemeinde Selchenbach im Kreis Kusel feiert in diesem Jahr das 750-jährige Jubiläum ihrer ersten urkundlichen Erwähnung. Aus diesem Anlass hat sie eine Festschrift herausgegeben, die am 8. Januar im Rahmen eines Neujahrsempfangs vorgestellt wurde. Autoren des Buches sind Hans Kirsch, Klaus Zimmer und Marianne Kirsch. Inhaltlich gliedert sich die Schrift in drei Teile: Einer kurzgefassten Geschichte und Beschreibung des Dorfes folgen einzelne Bausteine der Geschichte, die bestimmte Ereignisse und Entwicklungen ausführlicher beschreiben. Der dritte Abschnitt beinhaltet amüsante Begebenheiten aus dem früheren Dorfleben. Die Festschrift mit dem Titel „Selchenbach 750 Jahre Ersterwähnung 1262 – 2012“ umfasst 120 Seiten mit 28 Fotos und kostet 9,90 Euro (evtl. plus Versandkosten). Erhältlich ist sie bei Hans Kirsch, Selchenbach, Tel. 06384/925703, E-Mail: hansakirsch(a)t-online.de. |
Date: 2012/01/10 23:18:02
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
From: Christian Jaser
<christian.jaser(a)mailbox.tu-dresden.de> Date: 11.01.2012 Subject: Rez. MA: S. Neumann: Der gerichtliche Zweikampf ------------------------------------------------------------------------ Neumann, Sarah: Der gerichtliche Zweikampf. Gottesurteil - Wettstreit - Ehrensache (= Mittelalter-Forschungen 31). Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag 2010. ISBN 978-3-7995-4284-5; geb.; 268 S.; EUR 49,00. Rezensiert für H-Soz-u-Kult von: Christian Jaser, Institut für Geschichte, Technische Universität Dresden E-Mail: <christian.jaser(a)mailbox.tu-dresden.de> Sarah Neumann markiert mit ihrer Studie zum gerichtlichen duellum des Mittelalters, die 2008 als Dissertation an der Universität Oldenburg angenommen wurde, eine wichtige Zwischenetappe der mediävistischen Zweikampfforschung. Sie räumt ebenso sachdienlich wie begrüßenswert mit der rechtshistorischen "Sehnsucht nach Eindeutigkeit" (S. 21) auf, die mittelalterliche Zweikampfpraktiken in ein Korsett aus Definitionen und Typologisierungen einzuzwängen suchte und daran fortschrittsoptimistische Entwicklungshypothesen wie etwa einen Ausbruch des Zweikampfs aus der vermeintlichen Irrationalität des Gottesurteils anknüpfte.[1] Gegen diesen simplifizierenden Zugriff einer historischen Rechtssystematik betont Neumann in ihrer diachron angelegten "Bestandsaufnahme der Bedeutungsvarianten des gerichtlichen Zweikampfs" (S. 30) mit Recht, dass "sich das duellum durch Mehrdeutigkeit und gerade nicht durch Eindeutigkeit auszeichnet" (S. 27). Denn dieses vielschichtige und variantenreiche historische Phänomen lässt sich keinesfalls in einem entschiedenen Entweder-Oder monolithischer Klassifikationen, sondern nur in der Interaktion von Wahrnehmungs- und Deutungsebenen - Gottesurteil, Wettstreit, Ehrensache - hinreichend interpretieren, wie bereits der differenzierende Untertitel von Neumanns Arbeit nahelegt. Indem die Autorin konsequent der Analyse von Rechtsnormen die Auswertung historiographischer und literarischer Narrative zur Seite stellt und damit den "Mechanismen der erzählerischen Sinnstiftung" (S. 30) breiten Raum gewährt, bewahrt sie ihren Gegenstand vor dem Irrweg einer dezidiert essentialistischen Lesart und nimmt stattdessen wechselseitige Durchdringungen und Bruchlinien beider Quellentypen in den Blick. Im Zuschnitt ihres Untersuchungsfeldes bemüht Neumann ein ambitioniertes grand tableau, wie es gegenwärtig bei Dissertationen nur noch selten anzutreffen ist: In zeitlicher Hinsicht deckt sie das gesamte Mittelalter von den frühmittelalterlichen leges bis zu den "Ritter[n] von sehr trauriger Gestalt" (S. 218) der beginnenden Neuzeit ab, während der räumliche Horizont das Reich, Frankreich, England und Skandinavien umfasst. Gegliedert ist der Hauptteil der Arbeit nach vier W-Fragen: "Wo, wie und warum wird gekämpft und wer sind die Kombattanten" (S. 30)? Im ersten Analyseabschnitt geht die Autorin nicht nur den Rechtsräumen und typischen Schauplätzen des gerichtlichen Zweikampfes nach, sondern rückt auch das traditionelle Bild, sowohl die Stadt als auch die Kirche seien kategorische Duellfeinde gewesen, zugunsten eines eher ambivalenten Meinungsspektrums zurecht. Die Verlaufsformen des Zweikampfs stehen im Mittelpunkt des zweiten Fragekomplexes. In der Zusammenschau von Regelwerken, die den Zweikampf als Rechtsmittel, Sakralhandlung oder Wettkampf ausweisen, und narrativen Schilderungen treten Interdependenz- und Transformationslogiken zutage, die im Gefährdungsmoment des Regelverstoßes zusätzlich akzentuiert werden. Den Gründen für den Einsatz des duellum als Beweis- und Rechtsmittel spürt Neumann in der dritten Etappe ihres Fragekataloges nach: Privat- und strafrechtliche Delikte - Auseinandersetzungen um Besitzrechte an Grund und Boden, Raub, schwere Körperverletzung oder Mord - werden dabei genauso diskutiert wie die typischen Konfliktstrukturen um Treubruch und Verrat, die in der erzählenden Literatur regelmäßig mit spezifischen Vorstellungen von Ehre und Reputation verknüpft werden. Den Abschluss des Hauptteils bildet der Blick auf Identifikationsmuster, Wertvorstellungen und Distinktionsinteressen derjenigen Personen, die in die Schranken des Kampfplatzes eintreten oder darüber verhandeln. Die erwartbar enge Verbindung von duellum und adlig-ritterlichem Standesbewusstsein ist in der Dichtung und Chronistik ebenso gegenwärtig wie hierarchische Binnendifferenzierungen zwischen Herren und Vasallen, Ritterbürtigen und Aufsteigern. In diese aristokratische Logik des Zweikampfs, der - abgesehen von entlohnten Kampfesstellvertretern - nur von der funktional und moralisch definierten Elite der bellatores adäquat ausgeführt werden kann, gliedern sich implizit auch inversive literarische Sujets ein, die kämpfende Bauern, Bürger, Juden und Frauen präsentieren. Insofern fungiert der Zweikampf in den erzählenden Quellen als Instrument sozialer Integration oder Ausgrenzung, das in einem fiktionalen Aushandlungsraum seinerseits die etablierte geistliche und weltliche Ordnung reproduziert und stabilisiert. Freilich bringt die auf den ersten Blick durchaus überzeugende Architektur der Arbeit bei genauerem Hinsehen nicht unerhebliche Kosten mit sich. Zwar gelingt die avisierte Bestandsaufnahme der Bedeutungsvarianten, die - so Neumanns durchaus vorhersehbarer Befund - "sowohl dem Gesetz der Tradition als auch dem Diktat des Wandels unterworfen" (S. 215) sind und in der Schlussbetrachtung als Schnittmenge von Rechtsvorstellungen, Gesellschaftsbildern, Positionen und Ausdrucksformen resümiert werden. Allerdings bleibt der analytische Geländegewinn bei der sich aufdrängenden historischen Frage, welche spezifischen Funktionen, Bedeutungen und Eigenlogiken dem Zweikampf für bestimmte soziale Räume und soziokulturelle Milieus zukam, doch eher bescheiden. Verantwortlich hierfür ist das Zusammenhänge und Kontexte zerschneidende Trennungsdenken der W-Fragen, das beispielsweise keinen systematischen Zugriff auf mittelalterliche Städte als Rechtsräume, Austragungsorte, Konfliktschauplätze und Aufenthaltsorte potenzieller Zweikampfakteure erlaubt. Zwangsläufig verweist die Autorin regelmäßig auf die unscharfe Totale der "mittelalterlichen Kultur" (S. 23), "mittelalterlichen Rechts- und Lebenswelt" (S. 27), "mittelalterlichen Vorstellungen von Recht und Gesellschaft" (S. 215) als analytischen Fluchtpunkt, setzt aber nur sehr zaghaft das Instrumentarium einer sozial- und kulturgeschichtlichen Feinanalyse an. Insofern bleibt auch ihr Erkenntnisinteresse, eine "Re-Interpretation des duellum unter kulturwissenschaftlichen Vorzeichen" (S. 30) zu leisten, auf halber Strecke stehen. Hierfür hätte es einer konsequenteren Nahperspektive auf die agonalen Praktiken kleinerer sozialer Einheiten in Selbst- und Fremddeutung bedurft. Aus diesem Blickwinkel wäre vielleicht auch neu und unverkrampft über den historischen Wandel des mittelalterlichen Zweikampfs zum neuzeitlichen Ehrenduell nachzudenken, dem Neumann im Abwehrkampf gegen jegliche entwicklungsgeschichtliche Fragestellung zu wenig Aufmerksamkeit schenkt. An dieser Stelle erscheint es besonders bedauerlich, dass Neumann zwar den Gerichtszweikampf mit Recht als "gesamteuropäisches Element des mittelalterlichen Rechts" (S. 11) begreift, zugleich aber ohne weitere Begründung den südeuropäischen Raum ausspart. Denn die lebhafte italienische Duellforschung des letzten Jahrzehnts, namentlich eines Marco Cavina, konnte zeigen, dass Italien für die zukunftsweisenden Fortschreibungen des mittelalterlichen Zweikampfs eine Schlüsselrolle zukommt.[2] Den gerichtlichen Zweikampf des Mittelalters und das neuzeitliche Ehrenduell als gemeinsames alteuropäisches Langzeitphänomen zu denken und in der Reziprozität von mikrogeschichtlichen Logiken und makrohistorischen Wandlungsprozessen zu begreifen, wird für die zukünftige Beschäftigung mit dem Untersuchungsgegenstand maßgebend sein. Hierfür hat Sarah Neumann eine bei allen genannten Defiziten höchst anregende, für den weiteren Gang der Forschung grundlegende Arbeit geschaffen. Anmerkungen: [1] Der Generalmaßstab der 'Rationalität' zur Bewertung historischer Phänomene steht auch vonseiten der Rechtswissenschaft selbst zunehmend in Frage. Vgl. Helge Dedek, Die Schönheit der Vernunft - (Ir-)Rationalität von Rechtswissenschaft in Mittelalter und Moderne, in: Rechtswissenschaft 1 (2010), S. 59-86. [2] Siehe Marco Cavina, Il sangue dell'onore. Storia del duello, Rom 2005; ders., Il duello giudiziario per punto d'onore. Genesi, apogeo e crisi nell'elaborazione dottrinale italiana (sec. XIV-XVI), Turin 2003. Diese Rezension wurde redaktionell betreut von: Lioba Geis <geis(a)histinst.rwth-aachen.de> URL for citation of this contribution <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2012-1-020> ------------------------------------------------------------------------ Copyright (c) 2012 by H-Net, Clio-online, and the author, all rights reserved. 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Date: 2012/01/10 23:18:57
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
From: Cornelia Logemann
<Logemann(a)uni-heidelberg.de> Date: 11.01.2012 Subject: Rez. MA: W. Metternich: Teufel, Geister und Dämonen ------------------------------------------------------------------------ Metternich, Wolfgang: Teufel, Geister und Dämonen. Das Unheimliche in der Kunst des Mittelalters [135 farb. Abb.]. Darmstadt: Primus Verlag 2011. ISBN 978-3-89678-725-5; geb. m. SU; 144 S.; EUR 39,90. Rezensiert für H-Soz-u-Kult von: Cornelia Logemann, Transcultural Studies Program, Universität Heidelberg E-Mail: <Logemann(a)uni-heidelberg.de> Kaum ein Dokumentar- oder Historienfilm über das Mittelalter, kaum ein historischer Roman kommt ohne jene Prise von Dramatik und Finsternis aus, die solange Zeit unsere Vorstellungen von mittelalterlicher Lebenswirklichkeit bestimmt haben. Dabei ist es meist eine Inszenierung düster-grauer Farben und höchst dramatischer Musik, die offenbar als Fanal vom Ende der ebenso düsteren Epoche verstanden werden wollen. Die nebulöse Stimmung und dumpfe Kälte sind es, die bis in die letzte Sequenz die Verfilmung von Umberto Ecos "Name der Rose" prägen - und die auch dem Zuschauer die finstere Epoche mit einfachen Stilmitteln nahebringen soll. Dämonenglaube und Teufelsfurcht sind dem modernen Betrachter nicht glaubwürdig vermittelbar, und so treten dramaturgisch andere, nachvollziehbare Bedrohlichkeiten an diese Stelle. Auch das vorliegende Buch beginnt bezeichnender Weise bei Ecos Meisterwerk und daran anknüpfend mit dem Dictum Gregors des Großen (gest. 604), nach dem die Bilder dem leseunkundigen Laien die Schrift ersetzen würden. Es stellt die Frage, wie Bilder auf den mittelalterlichen Betrachter wirkten und inwiefern diese eine 'unheimliche' Wirkung zeitigten, die sich dem modernen Rezipienten allerdings völlig entzieht. Wovor sich der Mensch des Mittelalters tatsächlich fürchtete, ist umso schwerer zu ermitteln, versucht man die didaktisch motivierten Texte der Geistlichen und die Monstrositäten, die unter Chorgestühl, an Kapitellen und im Portal so vieler Sakralarchitekturen begegnen, miteinander in Einklang zu bringen. Eine bunte Welt mit verstörendem bis scheußlichem Formenrepertoire erregte nicht zuletzt das Missfallen des Bernhard von Clairvaux, das dieser für seine Ordensbrüder artikulierte als "deformis formositas ac formosa deformitas".[1] Seine Kritik richtete sich dabei gegen die zeitgenössischen Ausgestaltungen von Klosterbauten, da er in den unpassenden Bildwerken großes Ablenkungspotential sah. Seltsame und absonderliche Dinge begegnen dem Gläubigen in der Kirche, an halb verborgenen Orten oder oft auch prominent, den irritierten Blicken der Betenden entgegengesetzt. Immer wieder transportieren Buchmalereien die eine oder andere Mär von unheimlichen Planetenbewohnern am Ende der Welt, ohne Kopf oder mit überdimensioniertem Fuß, nebst menschlichen Körpern an tierischen Gesichtern, kurzum: Teufel, Geister und Dämonen und Monstrositäten scheinen visuell omnipräsent zu sein in der mittelalterlichen Kunst. Wolfgang Metternichs Buch über Teufel, Geister und Dämonen ist an ein breites Publikum adressiert, es ist eine Reise in ein fernes und fremdes "Damals", in dem die Menschen nach gängiger Vorstellung in einem Zustand permanenter religiöser Furcht zu leben schienen. In zwölf Kapiteln wirft Metternich verschiedene Schlaglichter auf die Ausprägungen des Unheimlichen in der mittelalterlichen Kunst. Zunächst wird die Einflussnahme der Heiligen Schrift, die "in langen Passagen nichts für zarte Gemüter" (S. 9) sei, auf das Leben im Mittelalter geschildert und mit dämonischen Darstellungen in verschiedensten Medien, Buchmalerei und Portalplastik verglichen. Die Relikte antiker Kulte und das Fortleben mancher heidnischer Götterbilder im Mittelalter werden in einem zweiten Kapitel kursorisch zusammengefasst. Imaginationen des Teufels und seiner Helfer folgen ebenso wie Erörterungen zu wilden Männern, Fabelwesen und himmlischen Geschöpfen. Als Allgemeinplatz im Kanon von Teufeln, Geistern und Dämonen darf offenbar auch ein Kapitel zur Frau und verderblicher Sexualität nicht fehlen, in dem der Autor durchaus auch die humoristischen Seiten mittelalterlicher Bildfindungen erläutert, wenngleich sehr fraglich ist, ob die eine oder andere Grimasse tatsächlich durch die "unbewusste Antwort des Kirchenvolkes auf die Verdrängung der Sexualität" (S. 102) zu erklären ist. Es folgen schließlich Abschnitte zu fremden und wundersamen Völkern, wie sie bekanntermaßen in Reisebeschreibungen und Weltkarten visualisiert wurden, ebenso wie klassische mittelalterliche Randgruppen von Jongleurs bis zu den Juden. Ein letzter Abschnitt über Seuchen, Krankheit und Tod öffnet dabei ein weiteres Feld, das auch mit dem Isenheimer Altar zeitlich einen neuen Rahmen absteckt. Das Thema des Unheimlichen wurde hierbei weitestgehend verlassen, selbst wenn, wie Metternich betont, Unheimlichkeit "immer auch die Angst vor dem Fremden ist" (S. 103). Die Teufel, Geister und Dämonen wären damit primär in den ersten acht Kapiteln abgehandelt, während der zweite Teil des Buchs sich mehr auf Fremde konzentriert - inwiefern dies die Kategorie des 'Unheimlichen' wesentlich ergänzt, wäre zu hinterfragen. Statt dieses sehr großen Parcours durch verschiedenste Themenbereiche wären vielleicht mehr Beispiele mit engerem inhaltlichen Zuschnitt wünschenswert gewesen: Die teils topographisch und zeitlich auseinander liegenden Objekte sind oft schwierig zu verbinden. Gesamtansichten über mittelalterliche Kunst, die an eine größere Leserschaft gerichtet sind, erschienen in den letzten Jahren einige. Michael Camille hat sich in seinen Forschungen immer wieder mit jenen Erscheinungsformen der mittelalterlichen Bildproduktion auseinandergesetzt, die hier in opulenter Farbigkeit zusammengestellt sind. Neben Camilles mehrfach übersetztem Standardwerk zur mittelalterlichen Kunst[2], das auch ohne größere Vorkenntnisse gewinnbringend zu lesen ist, sei etwa auch Jacques Le Goffs unterhaltsames und üppig illustriertes Werk zum Mittelalter in Bildern hervorgehoben[3], das in sehr prägnanter Zuspitzung wesentliche Aspekte mittelalterlicher Kunst nennt. Auch kleinere Buchformate wie etwa Bruno Reudenbachs "Kunst des Mittelalters" gehen auf diese Präsenz Furcht einflößender Bilder zweifelsohne ein.[4] Doch die in "Teufel, Geister & Dämonen" zusammengestellten Bilder auf ihre unheimliche Funktion zu reduzieren, erscheint schwierig, funktionieren etwa die das strenge ikonographische Gesamtprogramm eines Portals konterkarierenden dämonischen oder monströsen Bilder auch auf anderer Ebene - in dem Sinne, dass sie durch Aufzeigen einer chaotischen Gegenwelt die Ordnung des christlichen Weltbildes zementieren. Die im Band verwendeten Beispielbilder wurden von Metternich dabei größtenteils im sozialgeschichtlichen Kontext interpretiert: Verschiedene Medien und Rezipientenschichten spielen bei der Analyse der Bilder jedoch durchaus eine wichtige Rolle, und so scheint doch das Studium fremder Völker in Jean de Mandevilles Reisebeschreibungen auf einer ganz anderen Ebene zu liegen als etwa Fragmente heidnischer Ikonographie in hochmittelalterlichen Portalen. Furchterregende Gestalten in der Buchmalerei dienten nicht selten als Herausforderung, sich im Akt der Kontemplation gegen die Geister der Einbildung zu wehren, während die an das Massenpublikum gerichteten Dämonen an und in Kirchen nach Willen der Geistlichen Furcht einflößend wirken sollten (aber vielleicht auch in ihrer didaktischen Drohgebärde am Betrachter vorbeizielten). Die im Rahmen eines solchen Buchs vielleicht auch notwendigen Akzentuierungen, die von Metternich formuliert werden, manifestieren, gewollt oder ungewollt, ein Bild des finsteren Mittelalters, das die Mittelalterforschung eigentlich überwunden zu haben glaubte. Dabei wird im üppigen Literaturverzeichnis des Werkes alles genannt, was eine differenziertere Sicht auf die Dämonen mittelalterlicher Kunst erlaubt. Denn letztlich, um nun auch auf den vorangehenden Passus in Bernhards eingangs zitierten Äußerungen einzugehen, in dem er von lächerlichen Monstrositäten spricht, ist die ironische Brechung des Unheimlichen und der Übergang des Dämonischen zur Phantasie ein wesentliches Moment, auf das das vorliegende Buch nicht eingeht. Anmerkungen: [1] Bernhard von Clairvaux, Apologia ad Guillelmum Sancti Theoderici abbatem, in: Jacques Leclercq / Henri Marie Rochais (Hrsg.), S. Bernardi Opera, Bd. III, Rom 1963, S. 106: "Ceterum in claustris, coram legentibus fratribus, quid facit illa ridicula monstruositas, mira quaedam deformis formositas, ac formosa deformitas?" [2] Michael Camille, Die Kunst der Gotik. Höfe, Klöster und Kathedralen, Ostfildern 1999. [3] Jacques Le Goff, Das Mittelalter in Bildern, Stuttgart 2002. [4] Bruno Reudenbach, Die Kunst des Mittelalters, Bd. 1: 800-1200, München 2008. Vgl. auch den zweiten Teil zur mittelalterlichen Kunst von Klaus Niehr, Die Kunst des Mittelalters, Bd. 2: 1200-1500, München 2009. Diese Rezension wurde redaktionell betreut von: Wolfgang Eric Wagner <wolfgang-eric.wagner(a)uni-rostock.de> URL for citation of this contribution <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2012-1-022> ------------------------------------------------------------------------ Copyright (c) 2012 by H-Net, Clio-online, and the author, all rights reserved. This work may be copied and redistributed for non-commercial, educational purposes, if permission is granted by the author and usage right holders. For permission please contact H-SOZ-U-KULT(a)H-NET.MSU.EDU. Falls Sie Fragen oder Anmerkungen zu Rezensionen haben, dann schreiben Sie bitte an die Redaktion von H-Soz-u-Kult: <hsk.redaktion(a)geschichte.hu-berlin.de> _________________________________________________ HUMANITIES - SOZIAL- UND KULTURGESCHICHTE H-SOZ-U-KULT(a)H-NET.MSU.EDU Redaktion: E-Mail: hsk.redaktion(a)geschichte.hu-berlin.de WWW: http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de _________________________________________________ |
Date: 2012/01/11 23:22:33
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
From: Museum Joanneum Museumsakademie <museumsakademie(a)museum-joanneum.at> Date: 10.01.2012 Subject: Konf: Ja, nein, gegebenenfalls. Gehören menschliche Überreste ins Museum? - Wien 01/12 ------------------------------------------------------------------------ Museumsakademie Joanneum 19.01.2012-20.01.2012, Wien In vielen Sammlungen befinden sich menschliche Knochen, Häute und Leichenteile. Sie entstammen archäologischen Grabungen oder wurden zu Studienzwecken präpariert. Teilweise handelt es sich um Relikte aus einer Vergangenheit, in der für (pseudo)wissenschaftliche Zwecke Gräber geschändet, Leichen geraubt und Menschen zu Anschauungs- und Vergleichszwecken gesammelt wurden. Es geht in der geplanten Veranstaltung weniger um die Aufarbeitung einstiger, teils entwürdigender Sammelpraktiken und fragwürdiger Umstände des Erwerbs, als vielmehr um die Frage, wie Museumsverantwortliche heute mit diesem Erbe in Sammlungen und Ausstellungen verantwortungsvoll umgehen können. Wie steht es um das Bewusstsein in den betroffenen Museen und Fachwissenschaften für die Problematik solcher Sammlungsbestände und welches wissenschaftliche Interesse gibt es heute noch an diesen? Seit wann erfolgen Rückgaben an wen auf Basis welcher ethischen, rechtlichen und museologischen Grundlagen? Welche diesbezüglichen Empfehlungen geben Museumsverbände in Europa, welche Richtlinien existieren? Welche Argumente werden für und wider das Ausstellen von menschlichen Überresten vorgebracht und gibt es Beispiele für einen sensiblen Umgang damit in Ausstellungen? Wie könnte ein Kriterienkatalog für Kuratorinnen/Kuratoren aussehen, der diesen im konkreten Fall hilft, über eine Präsentation zu entscheiden? mit Wiebke Ahrndt, Ethnologin, Direktorin Übersee Museum Bremen (D) sowie Leiterin einer Arbeitsgruppe des Deutschen Museumsbundes zum Thema Human Remains Gabriele Dorffner, Historikerin, Zahnärztliches Museum Wien (A) Angelika Fleckinger, Archäologin, Direktorin Südtiroler Archäologiemuseum Bozen (I) Andre Gingrich, Professor für Ethnologie/Sozialanthropologie an der Universität Wien (A) Bettina Habsburg-Lothringen, Leitung Museumsakademie Joanneum, Graz (A) Wolfgang Kos, Historiker, Direktor Wien Museum (A) Maria Teschler-Nicola, Anthropologin Naturhistorisches Museum Wien (A) sowie Leiterin des forMuse-Forschungsprojekts Euphorische Anfänge - dysphorische Gegenwart: Anthropologische Sammlungen im Spannungsfeld von Wissenschaft und Ethik Kosten 140 EUR, ermäßigt 100 EUR Ort Wien Museum, Karlsplatz Über Ihre Anmeldung freut sich das Team der Museumsakademie Joanneum ------------------------------------------------------------------------ Donnerstag, 19. Januar 2012 13.00-14.30 Zur Einführung. Historische Hintergründe, verwandte Themen, notwendige Debatten Bettina Habsburg-Lothringen Seit wann gibt es menschliche Überreste in archäologischen, ethnologischen, historischen, naturwissenschaftlichen und medizinhistorischen Museen? Inwiefern unterscheiden sich Sammlungs-, Forschungs- und Präsentationstraditionen in den einzelnen Disziplinen? Was sagt die Geschichte und Gegenwart des Sammelns, Forschens und Zeigens dieser Bestände über das Institutionen- und Selbstverständnis der Museumsverantwortlichen aus? Welche Themenaspekte und Fragen beschäftigen Museumspraktiker/innen derzeit, welche sollten sie beschäftigen? 15.00-17.30 Menschliche Überreste in Sammlungen und Forschung. Erhaltung versus Restitution Gabriele Dorffner Maria Teschler-Nicola (angefragt) Welche Wiener Museen besitzen menschliche Überreste in ihren Sammlungen? Was lässt sich über die Umstände ihres Erwerbs und die Geschichte ihrer Beforschung rekonstruieren? Welche heutigen Forschungsinteressen gibt es? Wo und in welchem Rahmen gab und gibt es eine Befassung mit diesen Beständen und ihrer Provenienz? Wo steht Österreich im diesbezüglichen internationalen Kontext? Wir diskutieren an Beispielen. 18.30 Öffentliche Podiumsdiskussion: Gehören menschliche Überreste ins Museum? mit Wiebke Ahrndt, Andre Gingrich, Wolfgang Kos, Maria Teschler-Nicola Moderation: Bettina Habsburg-Lothringen Freitag, 20. Januar 2012 09.30-12.00 Richtlinien und Empfehlungen. Zur Verantwortung der Museumsverbände Wiebke Ahrndt Welche Richtlinien und Empfehlungen zum Umgang mit menschlichen Überresten gibt es in Europa? Wer entwickelt/e diese aus welchen Anlässen? Woran orientieren sich Diskussionsprozesse und Zielsetzungen, auf welchen Erfahrungen und internationalen Debatten bauen sie auf? Wie verhält sich die Praxis zur Theorie? Und warum fehlen Richtlinien in Österreich bislang? 13.30-16.00 Ausstellen und Vermitteln. Ja, nein, gegebenenfalls? Angelika Fleckinger Welche Argumente gibt es für und wider das Ausstellen von menschlichen Überresten? Was kann man von der Präsentation anderer sensibler Themen (wie z.B. Krieg, religiöse Themen) für das Ausstellen von Skeletten, Mumien oder Schrumpfköpfen lernen? Gibt es eine Art Kriterienkatalog für Kuratoren/Kuratorinnen, der ihnen im konkreten Fall zu entscheiden hilft, ob man einen Körper(teil) überhaupt ausstellt? Welche Faktoren entscheiden darüber, ob ein Zeigen menschlicher Überreste gerechtfertigt ist? Welche Faktoren sind relevant für die Wahrnehmung menschlicher Reste? Gibt es überhaupt eine Möglichkeit, dem Publikum bewusst zu machen, was es da sieht? ------------------------------------------------------------------------ Sabine Fauland Mariahilferstraße 2-4, 8020 Graz museumsakademie(a)museum-joanneum.at Homepage <http://www.museumsakademie-joanneum.at> URL zur Zitation dieses Beitrages <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/termine/id=18187> _________________________________________________ HUMANITIES - SOZIAL- UND KULTURGESCHICHTE H-SOZ-U-KULT(a)H-NET.MSU.EDU Redaktion: E-Mail: hsk.redaktion(a)geschichte.hu-berlin.de WWW: http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de _________________________________________________ |
Date: 2012/01/12 12:53:24
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Date: 2012/01/12 17:27:31
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Die Atlantische Akademie und
die Techn. Universität Kaiserslautern, Fachbereich Politikwissenschaften, laden
ein zu einem öffentlichen Forum in englischer Sprache "The
Tea Party Movement and American Populism: Historical and Contemporary
Contexts" Dienstag, 24. Januar 2012,
18 bis 19:30 Uhr Weitere
Informationen: Atlant. Akademie,
info(a)atlantische-akademie.de,
www.atlantische-akademie.de Wegbeschreibung: http://www.uni-kl.de/fileadmin/prum/Lageplan/TU-PLAN-LEGENDE_2008__Rotunde_markiert.pdf
Dr. Charles Postel ist
Dozent für Geschichte an der San Francisco State University. Er erhielt seinen
Ph.D. in Geschichte an der University of California in Berkeley. Mit seinem Buch
"The Populist Vision" (Oxford 2007) gewann er den Frederick Jackson Turner Award
der Organization of American Historians und den Bancroft Prize, zwei der
prestigeträchtigsten Preise der Geschichtswissenschaft in den
USA Information
von Larry Zani, Kaiserslautern American German Business Club |
Date: 2012/01/12 23:13:51
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Salü, eben stieß ich auf diesen interessanten Text: "Diejenige, die das Stück im Sarg ver- kauft haben, müssen das an ihrem Erb- teil abgehen lassen mit Ausnahme von Joseph Paquè Gerber dem schenk ich sein Anteil weil ich seine Tauf- pathin bin. St. Wendel, den 20. Januar 1894 gez. Sophie Laur" Dabei sollte man wissen, daß die Familie Laur aus St. Wendel ein großes Wiesenstück hatte, das im Distrikt "Im Sarg" lag. Es hat also nichts mit Leichenfledderei zu tun. Roland |
Date: 2012/01/13 09:30:46
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
heute in der SZ: :
Himmelsscheibe ist nationales KulturgutHalle. Die 3600 Jahre alte Himmelsscheibe von Nebra und ein 50 Millionen Jahre altes versteinertes Urpferdchen aus dem Geiseltal bei Halle sind nationales Kulturgut. Die Stücke wurden gestern dem „Verzeichnis national wertvolles Kulturgut“ zugefügt. Die Eintragung bedeutet eine besondere Würdigung und soll verhindern, dass die Stücke Deutschland verlassen. dpa |
Date: 2012/01/13 11:18:33
From: anneliese.schumacher(a)t-online.de <anneliese.schumacher(a)t-online.de>
Ich möchte folgene email weitergeben:
Sehr geehrte Freunde des keltischen Ringwalls,
im Römisch-Germanischen Zentralmuseum Mainz (RGZM) finden regelmäßig Vorträge statt. Der Eintritt ist frei.
Die folgenden zwei Vorträge möchten wir hervorheben, da sie sehr gut zur derzeit intensiv geführten Diskussion zur keltischen Kunst sowie den keltischen Beziehungen nach Etrurien passen:
Dienstag 17. Januar 2012, 18.00 Uhr
Etruskische Kunst nördlich der Alpen: Der Dreifuß aus dem keltischen Prunkgrab von Bad Dürkheim
Giacomo Bardelli
Im Jahr 1864 wurde nahe Bad Dürkheim in einem latènezeitlichen Prunkgrab, neben anderen Importen aus Italien, ein bronzener Dreifuß entdeckt. Die Funktion derartiger Untergestelle wird in der Forschung zwar konträr diskutiert, in einem der reichsten keltischen Bestattungen des 5. Jh. v. Chr. nördlich der Alpen handelt es sich aber zweifellos um ein Prestigeobjekt aus dem etruskischen Raum. Seine besondere Stellung innerhalb der Gruppe der spätarchaischen Stabdreifüße wird derzeit im Rahmen eines Forschungsprojektes zur etruskischen Toreutik im RGZM erneut untersucht.
Dienstag 24. Januar 2012, 18.00 Uhr
Keltische Kunst zur Zeit der Oppida: Eberfiguren – Carnyx – Emailmit besten Grüßen,
Dr. Martin Schönfelder
Beim Thema Keltische Kunst hat man meist Stücke des 5.-3. Jahrhunderts v. Chr. vor Augen – oder gar irische insulare Kunstwerke des Frühen Mittelalters. Doch auch in der Epoche der keltischen Oppida, im 2.-1. Jahrhundert v. Chr., gibt es in Mitteleuropa figürliche Kunstwerke und eine eigene Stilentwicklung. Der Einfluss römischer Kunst ist bereits deutlich zu spüren, jedoch sind auch die schöpferischen Eigenheiten in dieser Blütezeit der keltischen Stämme und Städte zu würdigen.
Date: 2012/01/16 22:46:59
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
In einer eMail vom 16.01.2012 21:10:54 Westeuropäische Normalzeit schreibt
idetemple(a)t-online.de:
Guten Tag, |
--- Begin Message ---Guten Tag an alle Ahnenforscher, nachdem ich erfolglos bei verschiedenen Diakonissenhäusern angerufen habe, wende ich mich Hilfe suchend an euch. Ich würde so gerne etwas mehr herausfinden als Geburt und Tod meiner Tante, z.B. wo gelernt, wo gearbeitet, wo im Krieg eingesetzt. Der Status der Diakonisse müßte eigentlich auch irgendwo festgehalten sein. Es ist nicht klar, ob sie vom methodistischen Glauben zum evangelischen gewechselt ist. Die Taufunterlagen wurden durch Wasserschaden vernichtet - sie waren in Saarbrücken gelagert. Diakonisse Gertrud FEYOCK * 09.09.1919 Spiesen-Elversberg Saarland + 29.09.1948 Ansbach bei Nürnberg. Alles was ich habe ist ein Bild, ein Foto des Grabes und die Geburtsurkunde. Ein bißchen wenig für ein Leben im Dienst des Nächsten. Wer kann helfen? beste Grüße Irene (Detemple) 66265 Heusweiler _______________________________________________ Saarland-L mailing list Saarland-L(a)genealogy.net http://list.genealogy.net/mm/listinfo/saarland-l
--- End Message ---
Date: 2012/01/18 08:57:52
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Vom Börsenmakler zum LebensretterARD zeigt Dokumentation über einen britischen Helden – 669 Kindern die Flucht vor den Nazis ermöglichtSir Nicholas Winton rettete kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs vielen jüdischen Kindern in der Tschechoslowakei das Leben. Die Dokumentation „Sir Nicky – Ein Held wider Willen" erzählt die Geschichte des Briten und ist heute erstmals in der deutschen Synchronfassung, erstellt im Auftrag von SR und SWR, in der ARD zu sehen.Von SZ-Redaktionsmitglied Katrin MeyerSaarbrücken. „An manchen Geschichten nehmen wir nicht nur Anteil, wir sind Teil von ihnen“, meint der Erzähler der Dokumentation „Sir Nicky – Ein Held wider Willen“ gleich zu Beginn des Films. Und tatsächlich ist der bekannte, inzwischen über 80-jährige BBC-Reporter Joe Schlesinger einer der Menschen, die als Kind von dem Briten Sir Nicholas Winton (geb. 1909) gerettet wurden. 669 Kinder aus der Tschechoslowakei – die meisten von ihnen jüdisch – rettete der heute über 100-Jährige kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs vor dem Abtransport ins Konzentrationslager – und damit vor dem sicheren Tod. Fast 50 Jahre lang schwieg Winton über das Geschehene, bis seine Frau Anfang der 80er sein Notizbuch entdeckte und ein „Familientreffen“ in einer Fernsehsendung organisierte. Die öffentliche Ressonanz war groß, Queen Elisabeth II adelte ihn 2003 sogar für sein heldenhaftes Verhalten mit dem Ritterschlag. Die slowakischen Filmemacher Patrik Pass und Mateij Minàc drehten für ihr Doku-Drama sechs Jahre lang. Darin erzählen sie zunächst die ungewöhnliche Geschichte des britischen Helden. Im Jahr 1939, kurz vor dem Einmarsch der Nazis in der Tschechoslowakei, kam der damals 30-jährige Börsenmakler Nicholas Winton nach Prag. Dort wurde er Zeuge von verzweifelten Fluchtversuchen jüdischer Familien. Besonders das Schicksal der Kinder berührte ihn. „Für alles, was nicht vollkommen unmöglich ist, gibt es einen Weg“, sagt der gealterte Winton im Film. Aus dieser tiefsten Überzeugung heraus baute der Börsenmakler ein Hilfsnetz zwischen Prag und Großbritannien auf und organisierte Kindertransporte. Die Dokumentation ist mehr als die Geschichte eines Helden, sie besteht aus mehreren Geschichten über viele Einzelschicksale. Die Regisseure lassen neben Winton selbst viele der geretteten Kinder zu Wort kommen – inzwischen sind sie über 70 Jahre alt und leben überall in der Welt verstreut. Sie erzählen von der schmerzhaften Trennung von den Eltern, von der langen Zugfahrt, von der Angst, als sie durch Nazi-Deutschland fuhren. Aber auch von der Ankunft in England, von einem Gefühl der Verlorenheit sowie vom herzlichen Empfang ihrer neuen Familien. Daneben kommen auch weitere Betroffene zu Wort wie Eltern, die ihre Kinder gehenlassen mussten oder britische Paare, die Kinder aufnahmen. Visualisiert wird das Erzählte sowohl durch dokumentarische Bilder als auch durch mitreißende Spielszenen. Die geschickte Dramaturgie, ein flottes Erzähltempo und die emotionalen Geschichten sorgen während des ganzen Films für Spannung und ergreifende Momente. Besonders rührend wird es gegen Ende, wenn er schildert, wie sich Kinder und Jugendliche, inspiriert durch das selbstlose Verhalten Nicholas Wintons, überall auf der Welt sozial engagieren. Szenen, bei denen es einem warm ums Herz wird. Im Auftrag von SR und SWR wurde eine deutsche Fassung erstellt, jetzt läuft der Film erstmals im deutschen Fernsehen. Heute, 23 Uhr, ARD |
Date: 2012/01/18 08:59:57
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Gemeinschaftsgefühl und Beistand in NotlagenSebastianus-Bruderschaft zelebriert Jahrestag der Heiligen Sebastian und Fabian in St. Wendel mit Festhochamt und FeierstundeSt. Wendel. Am kommenden Freitag, 20. Januar, dem Fest der Heiligen Sebastian und Fabian, feiert die Sebastianus-Bruderschaft den Jahrestag in St. Wendel. Er beginnt um 9.30 Uhr mit einem Festhochamt für die lebenden und verstorbenen Mitglieder der Bruderschaft in der Basilika St. Wendelin. Ab 18 Uhr ist eine Feierstunde im „Vaterhaus“ Café Lerner, Balduinstraße. Brudermeister Anton Stier hält eine Ansprache mit Totengedenken und stellt ein neues Mitglied des Bruderrates vor. Bruderschreiber Gerd Schmitt berichtet über das „Prozessions- und Wallfahrtswesen im alten St. Wendel von den Anfängen bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts“. Als im Jahr 1441 in St. Wendel die Bruderschaft der Heiligen Sebastian und Fabian gegründet wurde, konnte niemand ahnen, dass sie so lange Zeit Bestand haben würde. In einer Pest- und Hungerzeit schlossen sich Angehörige aller St. Wendeler Stände – Geistliche, Kleinadlige und Handwerker – zusammen und versprachen sich gegenseitigen Beistand in den Notlagen der Zeit. Was nicht für die Brüder und ihre Familien gebraucht wurde, wurde unter die Bedürftigen der Stadt verteilt. Später gingen alle Einkünfte an die Armen. So geschieht es auch heute noch. Die Bruderschaft sieht sich heute überkonfessionell und steht allen, die sich für ihre bedürftigen Mitbürger mit einer Spende engagieren wollen, offen. red
Auf einen BlickAb dem Gottesdienstende am kommenden Freitag, 20. Januar, kann die Spende für die Bedürftigen den Tag über im „Vaterhaus“ – Café Lerner, Balduinstraße – entrichtet werden. Der Spendenbetrag kann auch auf das Konto der Kreissparkasse St. Wendel, Konto-Nr. 37333, BLZ 592 510 20, beziehungsweise der St. Wendeler Volksbank, Konto-Nr. 144410, BLZ 592 910 00, eingezahlt werden. Als Bildandenken erhalten die Bruderschaftsmitglieder beim Entrichten ihrer Spende eine moderne Darstellung des Heiligen Sebastians. Sie stammt von der Hand des expressionistischen Malers Edvard Frank (*1900 in Korschenbroich, +1972 in Saarlouis). red
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Date: 2012/01/18 14:42:22
From: Elmar Peiffer <e.peiffer(a)gmx.net>
"Als Bildandenken erhalten die Bruderschaftsmitglieder beim Entrichten ihrer Spende eine moderne Darstellung des Heiligen Sebastians. Sie stammt von der Hand des expressionistischen Malers Edvard Frank (*1900 in Korschenbroich, +1972 in Saarlouis)". |
Date: 2012/01/21 12:42:20
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Hallo,
Dr. Sylvie Tritz aus Scheidt hat heute diese Info geschickt.
„Unter Canadiensern, Irokesen und Rebellen“ Johannes Scholten Pressestelle Philipps-Universität Marburg 19.01.2012 11:17 Holger Gräf, Lena Haunert (Hg.): Unter Canadiensern, Irokesen und Rebellen. Das Tagebuch des Hessen-Hanauer Jägers Philipp Jakob Hildebrandt aus den Jahren 1777-1781 (=Untersuchungen und Materialien zur Verfassungs- und Landesgeschichte 29), Hessisches Landesamt für geschichtliche Landeskunde 2011, ISBN 978-3921254790, 180 Seiten, 19,80 Euro Abenteuerliche Erlebnisse im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg und persönliche Eindrücke von Land und Leuten stehen im Zentrum des Tagebuchs eines hessischen Kriegsteilnehmers, das Marburger Historiker nun erstmals in einer wissenschaftlichen Edition zugänglich gemacht haben. Die Aufzeichnungen des Philipp Jakob Hildebrandt (1733-1783) entstanden während seines Einsatzes mit den Hessen-Hanauer Jägern. Hessen stellte zur Zeit des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges das mit Abstand größte Kontingent in englischen Diensten, erläutert Professor Dr. Holger Gräf, der das Werk zusammen mit Lena Haunert herausgegeben hat: „Im Laufe des Krieges waren rund 20.000 hessische Söldner in Nordamerika – er war somit in unser Landesgeschichte ein Generationenerlebnis wie sonst nur der Erste und der Zweite Weltkrieg!“ Gräf hatte die Aufzeichnungen erst vor wenigen Jahren in einem privaten Nachlass entdeckt. Die Besonderheit, die diesem Tagebuch ihre herausragende Bedeutung verleiht, lässt sich dem Historiker zufolge in drei Punkte fassen: Anders als in den Regimentsjournalen werden hier die sehr persönlichen Eindrücke von Land und Leuten ebenso wie die Erlebnisse während der Kampfhandlungen und in den monatelangen Winterquartieren beschrieben. Darüber hinaus liefert Hildebrandt den einzigen Bericht über die Beteiligung der Hessen-Hanauer an der abenteuerlichen Expedition des britischen Brigadegenerals Barry St. Leger und der Belagerung des Fort Stanwix im August 1777, deren Scheitern wiederum als eine Voraussetzung für den amerikanischen Erfolg bei Saratoga und damit für die militärische Wende des Krieges gilt. Schließlich lernte Hildebrandt die Lebensgewohnheiten und Kriegsbräuche der Indianer und der „Canadienser“, also der Frankokanadier, aus nächster Nähe kennen, wodurch seine Aufzeichnungen als einzigartige Quelle für die Gesellschaft im erst anderthalb Jahrzehnte zuvor in britischen Besitz gelangten Kanada gelten dürfen. „Mit dieser Edition wird somit wichtiges Material zur Verfügung gestellt, das die Geschichte des Amerikanischen Unabhängigkeitskrieges und den Einsatz der hessischen Truppen ebenso berührt wie die frühe Landeskunde und Ethnographie Kanadas sowie die Fragen der Selbst- und Fremdwahrnehmung im inter- und transkulturellen Kontakt“, führt Gräf aus. In Zusammenarbeit mit dem Marburger Zentrum für Kanadastudien wird bereits an einer Übersetzung gearbeitet, die um die Jahreswende 2012/13 in einem kanadischen Verlag erschienen soll. Nach den im Jahr 2010 erschienenen Briefen und dem Tagebuch des Georg Ernst von und zu Gilsa (1740-1798) wird in Kooperation des Hessischen Landesamtes für geschichtliche Landeskunde und dem Fachgebiet Frühe Neuzeit mit diesem Band eine zweite, bislang unbekannte Quelle zum Einsatz hessischer Truppen im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg vorgelegt. Bibliografische Angaben: Holger Gräf, Lena Haunert (Hg.): Unter Canadiensern, Irokesen und Rebellen. Das Tagebuch des Hessen-Hanauer Jägers Philipp Jakob Hildebrandt aus den Jahren 1777-1781 (=Untersuchungen und Materialien zur Verfassungs- und Landesgeschichte 29), Hessisches Landesamt für geschichtliche Landeskunde 2011, ISBN 978-3921254790, 180 Seiten, 19,80 Euro Weitere Informationen: Ansprechpartner: Professor Dr. Holger Gräf, Fachgebiet Frühe Neuzeit Tel.: 06421 28-24579 E-Mail: graef(a)staff.uni-marburg.de |
Date: 2012/01/21 23:45:11
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Mit diesem ereignisreichen Jahr 2011 geht in Folge bundesweiter
Einspar- und Umstrukturierungsmaßnahmen der Bundesregierung nun auch die
Archäologiemaßnahme am Ringwall Otzenhausen zu Ende! Der damit verbundene
Personalabbau (Grabungsleiter, Grabungsmannschaft, Ehrenamtliche) ist für die
Arbeiten am Denkmal ein herber Rückschlag! Trotz der Bemühungen seitens der Gemeinde, des Landkreises und
sogar des Landes mit eilends berufener „Notfallgelder“ (>1,5 Mio. €) war es
leider unmöglich, diese Einsparung einzuschränken bzw. zu stoppen. So endet nun
die gemeinnützige und populäre Forschungsgrabung, die sich neben ihrem
wissenschaftlichen Anspruch auch durch ihre soziale Beschäftigungskomponente
ausgezeichnet hat. Immerhin konnte der Freundeskreis keltischer Ringwall e.V.
mit der Gemeinde Nonnweiler eine kleine Unterstützung gewährleisten, so dass die
Auswertungs-Arbeiten im Büro des Grabungshauses fortgesetzt werden können (wenn
auch im bescheidenen Umfang). Vornehmliches Ziel ist es nun, das bisher
gewonnene Fundmaterial und die Grabungsdokumentation einer mehrgliedrigen
Publikation zuzuführen. Während also ein völliges Zerbrechen der Forschungseinrichtung
verhindert werden konnte, blieb die Frage der aufgelassenen Grabungsflächen
ungelöst! Die Grabungen im Ringwall waren auf eine planbare Langfristigkeit
angelegt; somit ist ein Großteil der Grabungsflächen nicht abgeschlossen bzw.
unvollständig ausgegraben und liegt nun unbeaufsichtigt offen. Sie befinden sich
in einer sensiblen, ja zerbrechlichen Situation, die nicht von langer Dauer sein
darf! Die dort befindlichen Arbeiten des Jahres 2010/2011 haben den Eindruck
eines besonderen Kultplatzes sowohl in der keltischen als auch römischen Epoche
verstärkt. Die Grabungen befinden sich laut Grabungsleiter M. Koch „kurz vor
einem neuen Highlight“, einer bislang unerkannten geschichtlichen Facette des
Ringwalls. Leider sind die Spuren sehr schemenhaft und nur mit der neu
entwickelten Grabungsmethode wahrnehmbar. Der Vorstand des Freundeskreises Keltischer Ringwall e.V. beabsichtigt daher, im Jahr 2012 in Zusammenarbeit mit der saarländischen Denkmalpflege und der TERREX gGmbH ein Grabungscamp in den Sommer- und Herbstferien durchzuführen, um wenigstens einen Teil dieser Spuren noch retten zu können. Quelle: Blickpunkt Hunnenring 32, Dezember 2011 |
Date: 2012/01/22 19:02:19
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Eckhardt, Benedikt; Martin, Katharina (Hrsg.): Geld als Medium in
der Antike. Berlin: Verlag Antike 2011. ISBN 978-3-938032-46-6; 180 S.; EUR 32,90. Inhaltsverzeichnis: <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/media/beitraege/rezbuecher/toc_17584.pdf> Rezensiert für H-Soz-u-Kult von: Sven Günther, Deutsche Schule Tokyo Yokohama E-Mail: <guenther(a)dsty.ac.jp> "Geld regiert die Welt" - so scheint es uns momentan zumindest, wenn wir auf die Wirtschafts- und Finanzkrise blicken und die täglichen Hiobsbotschaften und Kassandrarufe vernehmen. Die "Sprache des Geldes" ist so in der heutigen Welt anscheinend ein bestimmender Faktor unserer Wahrnehmung und unseres Handelns geworden. Es stellt sich zurecht die Frage, ob Geld tatsächlich nur noch als "Mittler", als Medium im klassischen Sinne, gilt oder schon längst und darüber hinaus aktiv Rahmenbedingungen vorzeichnet und seine Funktion(en) quasi autonom zu bestimmen vermag. Die dahinter stehende Theoriediskussion um den Medien-Begriff in den Sozial- und Kulturwissenschaften hat, so scheint es, bislang die Altertumswissenschaften noch nicht recht erfasst. Denn auch hier haben wir es mit Geld, vor allem in Form von geprägten Münzen, als (Massen-)Medium zu tun. Insofern wird klassischerweise "Geld" insbesondere die Funktion eines tertium comparationis bzw. Wertspeichers im ökonomischen Bereich zugeschrieben, darüber hinaus wird im kommunikativen Bereich auch seine Rolle bei der Verbreitung (politischer) Botschaften in einem einfachen Sender-Empfänger-Modell vom Herrscher zu den Beherrschten in Form von "Macht der Bilder" betont. Dass dies jedoch unter vollständig anderen zivilisatorischen Voraussetzungen geschah, in Gesellschaften, in denen es eben noch keine Ausdifferenzierung der verschiedenen Systembereiche (Politik, Religion, Wirtschaft usw.) gab oder verschiedene Formen von Massenmedien vorlagen, blieb bislang eher unbeachtet. Diesem Defizit entgegenzuwirken und die theoretische Durchdringung des Medien-Begriffs in anderen Disziplinen auch für die Altertumswissenschaften nutzbar zu machen, ist nun der schmale, aber inhaltlich reiche Band "Geld als Medium in der Antike" angetreten. Hervorgegangen aus einem Vortragsabend zur "Sprache des Geldes in der Antike" im Berliner Museum für Kommunikation und theoretisch fundiert durch die Arbeit der beiden Herausgeber im Münsteraner Exzellenzcluster "Religion und Politik in den Kulturen der Vormoderne und der Moderne", sind hier fünf Beiträge mit ganz unterschiedlichen Zugängen zum Titelthema versammelt. In einer kurzen Einleitung (S. 7-13) positionieren die beiden Herausgeber das Anliegen des Bandes im weiten Spektrum des Medien-Diskurses und weisen auf die unterschiedlichen Ansätze der Beiträger bei der Nutzung für und Implementierung von methodisch-theoretischen Konzeptionen in altertumswissenschaftliche Fragestellungen hin. Als Paradebeispiel für eine gelungene Verbindung zwischen systemtheoretischer Konzeption und Adaptation in die Alte Geschichte darf gleich der erste Beitrag aus der Feder von Benedikt Eckhardt gelten (S. 14-56). Unter dem Titel "Geld, Macht, Sinn. 'Überpekuniarisierte Verhältnisse' im Athen des fünften und vierten Jahrhunderts v.Chr." zeigt er Möglichkeiten und Grenzen des Luhmannschen Modells für die Bedeutung des Geldes in der Zeit des klassischen Athens auf. Anders als in einer funktional ausdifferenzierten Gesellschaft heutiger Prägung seien in Athen die Grenzen zwischen Politik, Recht, Wirtschaft, Religion noch nicht so starr vorhanden gewesen. Daher habe hier Geld als Medium nicht nur auf den Wirtschaftssektor - wie im Modell Luhmanns - eingewirkt, sondern auch politische, religiöse und personale Wahrnehmung wie Kommunikation neu strukturieren können. Insofern sei tatsächlich von "überpekuniarisierten" Verhältnissen zu sprechen, da diese gesellschaftlichen Strukturen zumindest zum Teil von der Sprache des Geldes mitgeformt und überformt gewesen seien. Zu ergänzen wäre hier noch, dass aus Sicht des Rezensenten diese strukturschaffende und -verändernde Funktion des Geldes nicht erst mit der klassischen Zeit der athenischen Demokratie, wie Eckhardt meint, bzw. mit dem Ausprägen von Münzen zum Ende des 6. Jahrhunderts v.Chr. in der Peisistratidenzeit einsetzt, sondern mit den timokratischen Reformen Solons in Verbindung zu bringen ist. Mithilfe des Luhmannschen Kommunikationsmodells gelingt es anschließend Gunnar Dumke (S. 57-90), eine einleuchtende alternative Deutung der Goldprägungen mit der Legende nbw nfr des Pharaos Nektabenos II. (360-343 v.Chr.) vorzustellen. Entgegen der communis opinio der Forschung, die eine Prägung dieser Goldstücke für griechische Söldner annimmt, zeigt Dumke, dass das Bildinformationsprogramm sowie die Mitteilungsform dem Sinnhorizont des sozialen Systems der griechischen Söldner nicht vollständig entspricht: Zwar wären die Goldstücke von den Söldnern durchaus als Münzen verstanden worden, auch wäre die Abbildung des Pferdes unter der Bedeutung "Agon" noch von ihnen nachzuvollziehen gewesen; hingegen wären ihnen die Hieroglyphen auf dem Revers schlicht unverständlich geblieben, auch wäre in diesem Fall eine Gold- statt einer Silberausprägung ungewöhnlich gewesen. Demgegenüber hätten gebildete ägyptische Schichten das Bildprogramm vollständig entziffern können, nämlich als "gutes Gold" mit dem Prägeherrn "Pharao", symbolisiert durch das Pferd auf dem Avers. Lediglich die Mitteilungsform "Münze" sei im ägyptischen Kontext neu bzw. noch gewöhnungsbedürftig geblieben. Plausibel versteht Dumke diese Goldstücke nicht in der Funktion als Geld/Münze, sondern als Ehrenabzeichen an verdiente Personen; mithin habe dies die Brücke zwischen beiden sozialen Gruppen, den gebildeten Ägyptern und den griechischen Söldnern, geschlagen. Katharina Martin widmet sich hernach der Sprache der Bilder auf antiken Münzen (S. 91-138). Im und durch den Vergleich mit der modernen Medienikonographie kann sie dabei an verschiedenen Beispielen (so der Paarrepräsentation oder dem Kindersegen) aufzeigen, wie Bildsprache in der Antike funktionierte und wie, trotz unterschiedlicher Rahmenbedingungen und gruppenspezifischer Ansprache, bestimmte Gesten und Symbole auch heute noch "verstanden" werden. Da sich leider die Effizienz der antiken Bildersprache kaum in der literarischen Reflexion nachweisen lässt[1], sind der Erforschung dieses Phänomens natürliche Grenzen gesetzt, wobei archäologische Auswertungen, etwa über die Verteilung bestimmter Bildmotive oder Nominale in bestimmten Regionen, hier (noch) weiterführen können. Literaturwissenschaftlich nähert sich darauf Meike Kimmel dem Medium Geld (S. 139-154). In den plautinischen Komödien kann sie dabei eine doppelte Funktion von "Geld" nachweisen: Einerseits diente es als effizientes Mittel, um das in den Komödien gespiegelte Alltagsleben zu bestimmen sowie die Handlung voranzubringen, so etwa im Poenulus mit der Einführung des Komödiengeldes; andererseits konnte es auch die Rolle als effiziertes Objekt einer Handlung einnehmen, so beispielsweise im Pseudolus, in dem ein Sklave Geld für seinen verliebten Herrn beschaffen muss. Dass er dabei zum "Er-finden" des Geldes schreitet und dies explizit mit der Tätigkeit des Dichters vergleicht, erweist zudem die hohe Selbstreflexivität des Komödienschaffers Plautus. Der abschließende Beitrag von Fabian Wittreck (S. 155-171) widmet sich dem antiken Gerechtigkeitsdiskurs um Geld, vornehmlich in der späteren Rezeption durch Averroes und Thomas von Aquin. Dabei geht er von der aristotelischen Geldtheorie aus und führt an den beiden Faktoren "Münzveränderung bzw. -manipulation" und "Wucher" vor, wie das antike Verständnis in der islamischen wie christlichen Kultur des Mittelalters, jeweils unterschiedlich wegen des verschiedenen kulturellen-religiösen Kontextes, nachwirkte. Gerade bei der Beschreibung der aristotelischen Geldtheorie fehlt jedoch das Aufzeigen der Gesamtzusammenhänge, in die Aristoteles seine Überlegungen einbettet. Hier hat Birger P. Priddat auf der Tagung "Ordnungsrahmen antiker Ökonomien" an der Universität Mainz im September 2010 sehr deutlich den konservativen Ansatz des Aristoteles herausgearbeitet, der in Kreditgeld und Zinsstreben eine Gefährdung der wohlgeordneten Polis erblickt habe.[2] Der mit einem Stellenindex sowie einem Stichwortregister versehene Band zeichnet sich, insgesamt gesehen, durch einen erfrischenden Blick auf das nur anscheinend alte Thema "Geld als Medium in der Antike" aus. Insbesondere die Vernetzung zwischen theoretischen Konzepten und den "harten" altertumswissenschaftlichen Disziplinen ist hier mit der gelungenen Abwägung zwischen Übertragbarkeit und Modifizierung solcher Modelle auf antike Verhältnisse als äußerst gelungen zu bezeichnen. Die Aufsatzsammlung sei daher der Lektüre anempfohlen. Anmerkungen: [1] Es gibt jedoch einige, wenn auch wenige Hinweise. Vgl. dazu beispielsweise die Sammlung von Stellen für die römische Kaiserzeit bei Reinhard Wolters, Nummi signati. Untersuchungen zur römischen Münzprägung und Geldwirtschaft, München 1999, S. 308-320. [2] Birger P. Priddat, Aristoteles über Markt und Geld, in: Sven Günther (Hrsg.), Ordnungsrahmen antiker Ökonomien. Ordnungskonzepte und Steuerungsmechanismen antiker Wirtschaftssysteme im Vergleich, Wiesbaden 2012, S. 5-21 (erscheint voraussichtlich April 2012). Diese Rezension wurde redaktionell betreut von: Udo Hartmann <hartmannu(a)geschichte.hu-berlin.de> URL zur Zitation dieses Beitrages <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2012-1-045> |
Date: 2012/01/22 19:04:03
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
ANR-DFG Forschungsgruppe "Euroscientia"; Historisches
Institut, Universität Köln; in Zusammenarbeit mit dem Cologne Center for eHumanities 25.11.2011-26.11.2011, Köln Bericht von: Manuel Manhard/Markus Kohle, Lehrstuhl für Geschichte der Frühen Neuzeit, Universität Augsburg E-Mail: <manuel.manhard(a)phil.uni-augsburg.de>; <markus.kohle(a)gmx.net> Historische Sachverhalte in Karten darzustellen, ist an sich gängige Praxis. Durch die Fortschritte der computergestützten Kartographie wurden deren Möglichkeiten in den letzten Jahren entscheidend bereichert. Gleichzeitig stehen die Geschichtswissenschaften vor der Herausforderung, sich digitale Arbeitsweisen zunutze zu machen, um komplexere Raumkonzeptionen, wie sie im Gefolge des spatial turn ins Zentrum historischen Interesses gerückt sind, erfassen und darstellen zu können. Eben dieser Herausforderung möchte sich die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Agence nationale de la recherche geförderte Forschergruppe "Euroscientia" stellen. Für ihr Projekt, das die Zirkulation von "staatsbezogenem" Wissen in ihren geographischen, sozialen und zeitlichen Dimensionen (ca. 1750-1850) erforscht[1], ist die dynamische Darstellung komplexer historischer Prozesse von besonderer Relevanz. Zur Vorbereitung organisierte die deutsch-französische Forschergruppe einen zweitägigen Workshop in Köln - für das technisch anspruchsvolle Vorhaben ein nicht allein wegen seiner zentralen Lage sehr passender Tagungsort. Schließlich sind an der dortigen Philosophischen Fakultät deutschlandweit die meisten Lehrstühle für Digital Humanities angesiedelt und arbeiten inzwischen zusammen im Rahmen des Cologne Center for eHumanities (CCeH), einem der beiden Gastgeber der Tagung. Dort wurde mit internationalen Gästen in englischer und französischer Sprache über die kartographische Umsetzung des "Euroscientia"-Projekts diskutiert: Experten aus dem Bereich der Digital Humanities wiesen auf grundsätzliche Möglichkeiten und Schwierigkeiten eines solchen Unterfangens hin, und Leiter, Entwickler beziehungsweise Koordinatoren anderer - bereits fortgeschrittener oder abgeschlossener - kartographisch arbeitender Projekte aus den Geschichtswissenschaften brachten zusätzlich praktische Erfahrungen ein. Die Erwartungen der Forschergruppe an die computergestützte Kartographie skizzierten eingangs die beiden Projektleiter JAKOB VOGEL (Paris) und CHRISTINE LEBEAU (Paris). Neben den klassischen Bestandteilen geographischer Karten (wie Landschaftsformen und politischen Grenzen), stünden für "Euroscientia" besonders Elemente sozialer Räume im Fokus: die Vernetzung von Personen und Institutionen, die räumliche Verteilung und Konzentration von Wissensbeständen und die Dynamik von Wissensräumen. Um diese Phänomene in ihren räumlichen und zeitlichen Zusammenhängen sichtbar zu machen, sei beabsichtigt, die im Rahmen der Teilprojekte erhobenen Daten mittels automatisierter, benutzerseitig kombinierbarer Auswertungsmodi in relationale Graphiken und thematische Karten umzusetzen. Dafür wolle die internationale Forschergruppe mit einer zunächst internen Online-Datenbank arbeiten. Langfristig plane sie jedoch, deren Auswertung auch externen Interessenten anzubieten. MANFRED THALLER (Köln), der Sprecher des gastgebenden CCeH, skizzierte im ersten Beitrag Entwicklungen im Bereich der computergestützten Kartographie für die historische Wissenschaft und stellte verschiedene Anwendungsgebiete von Geoinformationssystemen (GIS) vor. Dabei schickte er einige kritische Überlegungen zur technischen Umsetzung und Finanzierbarkeit voraus. Thallers Vortrag und die anschließende Diskussion verdeutlichten unter anderem die Tragweite pragmatischer Fragen (etwa nach der Kompatibilität verwendeter historischer Karten mit modernen Systemen oder dem möglichen Zugriff auf bestehende Daten) für die Nutzung und Produktion historischer Karten innerhalb des Projekts. Als praktisches Beispiel eines bereits weit fortgeschrittenen Projekts wurde "Mapping the Republic of Letters"[2] von NICOLE COLEMAN (Stanford, USA) vorgestellt. Das Projekt verfolge das Ziel, große Datenmengen zu intellektuellen Netzwerken übersichtlich darzustellen. Dabei habe sich die Projektgruppe früh von der Idee eines GIS verabschiedet. Stattdessen seien verschiedene Formen abstrakterer Darstellungen erprobt worden, die die Daten nicht mehr in geographische Zusammenhänge einbänden, sondern in Kontexte, die jeweils konkreten Erkenntnisinteressen geschuldet seien. Über benutzerdefinierte Parameter könnten dynamische Darstellungen generiert werden, die es erlaubten, die vielfältigen Korrespondenzbeziehungen innerhalb der République des lettres graphisch zu verdeutlichen. Grundsätzliche Überlegungen zur Infrastruktur kooperativer Forschungsprojekte wurden von STÉPHANE LAMASSÉ, BENJAMIN DERUELLE und JULIEN ALERINI (alle drei Paris) eingebracht. Angesichts zahlreicher, in bereits abgeschlossenen historischen Forschungsprojekten erstellter Datensets, die sich bald nach Fertigstellung als lückenhaft, ungenau und damit für weitere Forschungen unbrauchbar erweisen[3], schlugen sie ein Historical Information System (HIS) vor, das den Arbeitsprozess der beteiligten Historiker/innen von der Quelle zur Interpretation unter Zuhilfenahme eines Metamodells mitverfolge und dokumentiere.[4] Es ermögliche anderen Forschern, vorgefundene Daten zu übernehmen, zu ergänzen bzw. zu korrigieren und mit alternativen Ansätzen zu bearbeiten. Eine derartige Forschungsinfrastruktur erlaube es, die "Spuren" des Arbeitsprozesses der beteiligten Historiker/innen von der Auswahl der ausgewerteten Quellen über die Normalisierung der Daten bis hin zu ihrer Auswertung zurückzuverfolgen. Auf diese Weise könne der Verlust relevanter Informationen minimiert werden. Der zweite Tag diente vorrangig der internen Diskussion über die Nutzung von Datenbanken und historischer Kartographie in der "Euroscientia"-Forschergruppe. Einführend dazu stellte MARTIN STUBER (Bern) zwei von ihm bearbeitete Forschungsprojekte zu Albrecht von Haller[5] und der Oeconomischen Gesellschaft Bern[6] vor. Beide Projekte basierten auf einer Kerndatenbank mit Informationen zum Korrespondenznetz Hallers (derzeit etwa 17.000 Briefe von 1.200 Korrespondenten umfassend). Durch Verknüpfungen mit weiteren Datenbanken - beispielsweise zu Institutionen, Gelehrtenpublikationen oder untersuchten Nutzpflanzen - werde die Datenbankstruktur laufend erweitert. Der Zugriff über das Internet erlaube Forschern mit verbundenen Interessen, ihre eigenen Untersuchungen an das Projekt anzuschließen. Auf diese Weise könne die Datenbank zum beiderseitigen Vorteil genutzt und erweitert werden. Im letzten Beitrag präsentierte ANDREAS KUNZ (Mainz) eine Auswahl der kartographischen Projekte des Instituts für Europäische Geschichte in Mainz[7], wobei die aus der Verwendung konkreter Daten und Dateiformate resultierenden Möglichkeiten - teils aber auch deren Grenzen - ersichtlich wurden. So gewährleiste die Verknüpfung mit GIS-Daten insbesondere projektübergreifende Kompatibilität, ermöglicht also etwa den Austausch und Export von Daten beziehungsweise das Einblenden externer, ebenfalls georeferenzierter Elemente. Vektorisierte historische Grenzen oder Verkehrsnetze, deren Entwicklung teils in Jahresschritten in einer Reihe von Karten nachverfolgt werden kann, erlauben die präzise Rekonstruktion historischer Verhältnisse in Abhängigkeit von Raum und Zeit. In geographische Räume eingebettete Diagramme erleichtern es außerdem, sozialhistorische Informationen in ihren geographischen Zusammenhängen zu sehen. Gewisse Probleme bereite dennoch die Abbildung der komplexen sozio-politischen Verhältnisse vormoderner Gesellschaften: auch wenn die technischen Möglichkeiten der kartographischen Darstellung beispielsweise der Territorien im Heiligen Römischen Reich seit 1648 noch nicht ausgereizt seien, bleibe die Recherche und Eingabe der Daten bei entsprechender Präzision sehr zeitintensive Handarbeit. Dabei stellt sich stets die grundsätzliche Frage, ob die Vielschichtigkeit vormoderner Herrschaftsverhältnisse in einzelnen Karten überhaupt angemessen darstellbar ist. Insgesamt ließ die Tagung zahlreiche Perspektiven für die kartographische Umsetzung von Projekten wie "Euroscientia" erkennen. Problematisiert wurden aber mit Blick auf die Vormoderne gerade die Präzision und der Gegenwartsbezug bestehender GIS. Auch wenn (weitgehend) vereinheitlichte Geodaten zur Verfügung stehen, beziehen diese sich doch zunächst nur auf Orte in aktuellen Räumen und sind nur sehr eingeschränkt auf historische Zustände übertragbar bzw. für sie aussagekräftig. So haben die politischen Grenzen in Europa um 1800 mehrfach gravierende Veränderungen erfahren. Die Ausdehnung von Städten hat sich in der Regel massiv verändert, doch auch Flussläufe und Küstenlinien blieben keineswegs konstant. Die exakten Relationen innerhalb historischer Räume umfassend und über eine längere Zeitspanne hinweg zu rekonstruieren, bedeutet bei genauerer Betrachtung stets einen immensen Forschungsaufwand. An diese Feststellungen schlossen sich weitere Überlegungen zur Kartographie als Analysewerkzeug in den historischen Wissenschaften an. Zweifellos können in einem bestehenden Informationssystem schnell und flexibel rechnerische Auswertungen durchgeführt und graphische Outputs generiert werden. Wenn diese aber nicht nur zu Illustrationszwecken, sondern auch für historische Analysen herangezogen werden sollen, müssen wesentlich höhere Anforderungen an die zugrundeliegenden Daten in puncto Vollständigkeit und Präzision gestellt werden. Um ein Beispiel zu nennen: die geographische Distanz zweier Städte lässt sich mit modernen Methoden ohne weiteres ermitteln und darstellen. Für die historische Forschung nützt diese Information jedoch nur wenig, solange unklar bleibt, welche Verkehrswege und Hindernisse sich zwischen den beiden Städten im konkreten Untersuchungszeitraum befanden. Wenngleich dieser Workshop in erster Linie dazu diente, die kartographische Umsetzung des "Euroscientia"-Projekts vorzubereiten, lassen sich - dank der durchwegs pragmatischen Konfrontation mit konkreten Problemen - einige Aussagen über das Potential von Karten für die historische Forschung allgemein formulieren. Besonders historische Kartographieprojekte erfordern ausgiebige Reflexionen darüber, welche Daten für ihre Ziele vonnöten und ermittelbar sind, bevor die technische Aufbereitung in Angriff genommen werden kann. Sollten Daten nicht in ausreichendem Maß erhoben werden können, um auf ihrer Grundlage computergestützte Analysen durchzuführen, stellt die bewusste Abwendung von exakten geographischen Informationen durchaus eine Option dar. Schließlich kommt abstrahierenden, vorrangig relationalen, dynamisch generierten Graphiken die Rolle eines wichtigen Zwischenschritts zu: Mit ihrer Hilfe können komplexe Zusammenhänge sinnfällig gemacht werden, um sie anschließend im Detail zu untersuchen. Falls hingegen die Analyse der kartographischen Informationen selbst beabsichtigt und angesichts der vorhandenen Datenmenge gerechtfertigt ist, stellt die computergestützte Kartographie eine unschätzbare Hilfe dar. Mit veränderlichen Parametern erlaubt sie, eine manuell nicht zu bewältigende Zahl gleichförmiger Operationen durchzuführen. Die Erhebung und methodisch saubere digitale Umsetzung der zugrundeliegenden, möglichst umfassenden Daten bleibt freilich eine Herausforderung, die den beteiligten Historiker/innen keine noch so ausgefeilte Software abnehmen kann. Konferenzübersicht: Jakob Vogel, Paris/Manfred Thaller, Köln: Welcome Christine Lebeau, Paris/Jakob Vogel, Paris: Introduction Manfred Thaller, Köln: Mapping the Past for the Future: Trends in computer supported historical and cultural cartography Nicole Coleman, Stanford, USA: Mapping the Republic of Letters: Visualizing Early Modern Intellectual Networks Stéphane Lamassé/Benjamin Deruelle/Julien Alerini, Paris: Comprendre les traces : usage et perspective d'un système d'information historique Martin Stuber, Bern: Presentation of the database project on Albrecht von Haller and the economical society of Bern. Some reflections on the cooperation with "Euroscientia" Andreas Kunz, Mainz: Cartographic projects at the Institute of European History Mainz Discussion of the cartographical- and database project "Euroscientia" Anmerkungen: [1] Inhaltlich wurde eine Auswahl der "Euroscientia"-Teilprojekte bereits Mitte September auf einer Tagung in Augsburg vorgestellt. Siehe Birgit Näther: Tagungsbericht Grenzen und 'Kontaktzonen' - Rekonfigurationen von Wissensräumen zwischen Frankreich und den deutschen Ländern 1700-1850. 15.09.2011-16.09.2011, Augsburg, in: H-Soz-u-Kult, 29.10.2011, <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/tagungsberichte/id=3869> (21.12.2011). [2] Mapping the Republic of Letters. Exploring Correspondence and Intellectual Community in the Early Modern Period (1500-1800), <https://republicofletters.stanford.edu/> (21.12.2011). [3] Vgl. zu analogen Problemen in den Sozialwissenschaften Charles C. Ragin, Fuzzy-Set Social Science, Chicago 2000. [4] Die Idee baut auf dem in der Wirtschaftsinformatik bereits etablierten Konzept des Data-Warehouse auf, welches die Aufnahme von und Data-Mining in einer Sammlung ungleichförmiger Datenpakete erlaubt. [5] Haller 300. 1708-2008, <http://www.haller300.ch/home.html> (02.01.2012). [6] Nützliche Wissenschaft, Naturaneignung und Politik. Die Oekonomische Gesellschaft Bern im europäischen Kontext (1750-1850), <http://www.oeg.hist.unibe.ch/4/startseite.html> (02.01.2012). [7] Laufende Projekte sind unter anderem: IEG-Maps - Server für digitale historische Karten am Institut für Europäische Geschichte Mainz, <http://www.ieg-maps.uni-mainz.de/> (21.12.2011); HGIS Germany - Historisch-geographisches Informationssystem der Staaten Deutschlands und Mitteleuropas seit 1820, <http://www.hgis-germany.de/> (21.12.2011); The Atlas on European Infrastructures, Mainz, Germany/Eindhoven, Netherlands, URL: <http://www.atlas-infra.eu/> (21.12.2011). |
Date: 2012/01/24 23:08:10
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
From: Anita Sauckel
<Anita.Sauckel(a)campus.lmu.de> Date: 25.01.2012 Subject: Rez. MA: J. Findeisen: Vinland - Die Entdeckungsfahrten der Wikinger ------------------------------------------------------------------------ Findeisen, Jörg-Peter: Vinland - Die Entdeckungsfahrten der Wikinger von Island nach Grönland und Amerika. Erik der Rote, Bjarni Herjulfsson, Leif Eriksson und Thorfinn Karlsefni [10 S/W-Abb.]. Kiel: Verlag Ludwig 2011. ISBN 978-3-86935-055-4; brosch.; 224 S.; EUR 19,90. Rezensiert für H-Soz-u-Kult von: Anita Sauckel, Institut für Nordische Philologie, Ludwig-Maximilians-Universität München E-Mail: <Anita.Sauckel(a)campus.lmu.de> Pünktlich zur Frankfurter Buchmesse im Herbst 2011 mit ihrem Ehrengast Island erschienen zahlreiche Neuveröffentlichungen zum mittelalterlichen literarischen und historischen Erbe des Inselstaats im Nordatlantik. Viele von ihnen richten sich an den interessierten Laien, so auch der vorliegende Titel. In neun Kapiteln versucht der Neuzeithistoriker Jörg-Peter Findeisen die Entdeckung und Besiedlung Grönlands durch die Isländer und die sich daran anschließenden Entdeckungsfahrten an die nordamerikanische Küste (altnordisch: Vínland) sowie das Ende der wikingischen Besiedlung auf Grönland im Spätmittelalter zu skizzieren. Darüber hinaus wird auf die Forschungsexpeditionen des 15. bis 17. Jahrhunderts eingegangen, die sich zum Ziel gesetzt hatten, sowohl den wikingischen Siedlern auf Grönland nachzuspüren und deren Nachkommen ausfindig zu machen, als auch die Küste Nordamerikas zu erkunden. Findeisen unternimmt in diesem Zusammenhang den Versuch einer Synthese aus Archäologie, Historie und Literaturwissenschaft. Die ersten drei Kapitel widmen sich den Voraussetzungen für die wikingische Expansion im Nordatlantik und stellen gleichzeitig die der Forschung zur Verfügung stehenden Quellen über diese Zeit vor, die sich aus archäologischen Funden und Befunden, lateinischen Schriftquellen und den Vínlandsagas, der Eiríks saga rauða und der Groenlendinga saga, zusammensetzen. Letztere sind der Textgattung der sogenannten Isländersagas zuzuordnen, bei denen es sich um in altnordischer Sprache verfasste, literarische Prosatexte handelt, die über die Zeit von 870 n.Chr. (Besiedlung Islands) bis circa 1030 n.Chr. über das Geschehen auf Island berichten und hauptsächlich die Schicksale der führenden isländischen Familien im Freistaat verfolgen. Das Textkorpus der Isländersagas umfasst ungefähr drei Dutzend Werke, von denen ein Großteil im 13. Jahrhundert entstanden ist, und in der Vergangenheit lange Zeit als eine Sammlung historischer Quellen zur isländischen Geschichte des Mittelalters betrachtet wurde. Noch im 19. und frühen 20. Jahrhundert wurde die Theorie vertreten, die Isländersagas seien mündlich tradierte, wahrheitsgemäße Berichte aus der isländischen Freistaatzeit der Jahre 930-1030 n.Chr., die anschließend starr, in unveränderter Form über die Jahrhunderte hinweg bis zum Zeitpunkt ihrer Verschriftlichung tradiert worden, und somit als vollwertige, historische Quellen zu betrachten seien. Obwohl heutzutage ausgeschlossen werden kann, dass es sich bei den Isländersagas um historische Quellen handelt, sind sie trotzdem keine rein fiktive, literarische Gattung des Hoch- und Spätmittelalters. Immerhin haben viele der Sagahelden tatsächlich gelebt, und auch bekannte historische Ereignisse, wie etwa die Christianisierung Islands, finden Erwähnung. Zudem wird vonseiten der Forschung die Existenz mündlich tradierter Vorstufen der späteren, schriftlichen Isländersagas, nicht bezweifelt. In den anschließenden Kapiteln begibt sich Findeisen auf die Spuren der Eríks saga rauða und der Groenlendinga saga: Als historisch gesichert gilt, dass Erik der Rote (Eiríkr rauði) aufgrund mehrfachen Totschlags zuerst aus Norwegen verbannt wird, sich anschließend auf Island niederlässt und letztlich wegen erneuter Vergehen das Land für einen Zeitraum von drei Jahren verlassen muss. Während dieser Zeit (circa 982-985 n.Chr.) versucht er, das Land zu finden, das der Eiríks saga rauða zufolge einst ein gewisser Gunnbjörn Úlfsson entdeckt hatte.[1] Nach Ablauf der dreijährigen Bannfrist kehrt Erik der Rote in seine Heimat zurück und wirbt dort Siedler für das neu erschlossene Gebiet an. Um möglichst viele Isländer von einer Auswanderung überzeugen zu können, nennt er das neue Land "grünes Land" (Groenland).[2] An der grönländischen Westküste errichtet er seinen künftigen Wohnsitz Brattahlíð am Eiríksfjörðr, der gleichzeitig Thingstätte und somit politisches Zentrum des wikingisch besiedelten Teils der Insel wird. In unmittelbarer Nähe lokalisieren Archäologen zudem die erste Kirche des Landes, die sogenannte "Thjodhildskirche", die den beiden Sagas zufolge von Eriks Ehefrau Thjodhild (Þjóðhildr) begründet wurde. Von diesem Ort aus werden auch die Erkundungsfahrten nach Vinland unternommen, das den Sagas zufolge von Eriks Sohn Leif entdeckt und von Archäologen an der neufundländischen Küste lokalisiert wird. Der Versuch einer Synthese aus Archäologie, Historie und Literaturwissenschaft gelingt im Großen und Ganzen: Der Leser erhält in chronologischer Abfolge klar und verständlich gegliederte Einblicke sowohl in die archäologischen Untersuchungen auf Grönland und an der neufundländischen Küste sowie in die Lebensgewohnheiten der wikingischen Siedler. Besonders interessant ist die Untersuchung der Ereignisse des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit einschließlich der europäischen Forschungsexpeditionen nach Grönland und Nordamerika - kommen diese in den Analysen der Archäologen und in der altnordistischen Forschung doch gelegentlich zu kurz. Die Forschungsdiskussion um die Lokalisierung skandinavischer Überreste im neufundländischen L'Anse aux Meadows sowie die Probleme der Toponymik in Bezug auf die Ortsnamenbezeichnung "Vínland" im Altnordischen werden thematisiert, jedoch nicht vertieft dargestellt, um ein Laienpublikum nicht unnötig zu strapazieren. Verwirrend ist dagegen die uneinheitliche Orthografie von Orts- und Personennamen, auch wenn Findeisen darauf bereits im Vorwort aufmerksam macht (S. 17). So wird beispielsweise Erik der Rote mal "Eirik", "Erik" oder "Erich" geschrieben. Bedauerlich ist außerdem, dass die anschaulichen Rekonstruktionsbeschreibungen vom Wohnsitz Eriks des Roten, Brattahlíð (S. 72-80), nicht durch entsprechende Bebilderung unterstrichen werden. Zwar ist das Werk sowohl mit einer modernen als auch einigen historischen Karten ausgestattet, doch sind sie entweder sehr klein geraten oder nur in unscharfen Graustufen abgedruckt und somit wenig wirkungsvoll. Insgesamt stellt "Vinland" ein für den interessierten Laien informatives Überblickswerk dar, das sowohl Archäologie als auch Historie und Literaturwissenschaft berücksichtigt. Ein umfangreiches Literaturverzeichnis am Ende sowie ein chronologischer Überblick über die Wikingerzeit und die Geschichte der Besiedlung Grönlands und der Amerika-Expeditionen von 778 bis zum Jahr 1978 sowie ein Orts- und Personenregister runden die Monografie ab. Als Einstieg in die historische Grönlandforschung ist Findeisens "Vinland" auch für Studenten durchaus geeignet. Anmerkungen: [1] Vgl. Eiríks saga rauða, in: Eyrbyggja saga. Groenlendinga sögur, hrsg. v. Einar Ólafur Sveinsson / Mathías Þorðarson, Reykjavík 1935, S. 193-237, hier: S. 199. [2] Vgl. ebd., S. 201. Diese Rezension wurde redaktionell betreut von: Wolfgang Eric Wagner <wolfgang-eric.wagner(a)uni-rostock.de> URL for citation of this contribution <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2012-1-050> ------------------------------------------------------------------------ Copyright (c) 2012 by H-Net, Clio-online, and the author, all rights reserved. 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Date: 2012/01/25 10:19:02
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
heute in der SZ:
Wie sah man früher zur Erstkommunion aus?Saarländisches Museum für Mode und Tracht sucht noch Aufnahmen für Sonderausstellung zu KirchenfestenDen Kirchenfesten Taufe, Kommunion und Konfirmation ist eine Sonderausstellung im Mai im Saarländischen Museum für Mode und Tracht in Nohfelden gewidmet. Hierzu werden alte Aufnahmen gesucht.Nohfelden. Die Sonderausstellung des Saarländischen Museums für Mode und Tracht in Nohfelden wird am Sonntag, 20. Mai, eröffnet. Unter dem Titel „Kleine Leute – Große Feste“ widmet sie sich den Kirchenfesten Taufe, Kommunion und Konfirmation. Museumsleiterin Heidi Meier erklärt die Motivation zu der Ausstellung und die kirchliche Tradition der Feste. In vielen Familien gebe es laut Meier Taufkleider, die von Generation zu Generation weitergereicht würden. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts habe die Taufe im Volksglauben als Schutz vor bösen Geistern und Dämonen gegolten. Daher sei das Kind bis zur Taufe, spätestens acht Tage nach der Geburt, im Haus geblieben. Die protestantische Kirche habe indes keinen festen Tauftermin gekannt. Doch auch sie habe eine baldige Taufe vorgesehen. Heute würden Kinder oft frühstens vier Wochen, nachdem sie auf die Welt kamen, getauft. Meier: „Somit passen die Taufkleider der früheren Generationen nicht mehr. Viele Taufkleider wurden daher im Museum abgegeben.“ Die katholische Kirche bezeichne mit Erstkommunion oder erste heilige Kommunion den erstmaligen Empfang des Leibes Christi in Gestalt der Hostie. Heute werde die Erstkommunion im dritten Grundschuljahr gefeiert. Bis 1918 sei das Zulassungsalter zur Kommunion 14 Jahre gewesen, dann zwischen zehn und zwölf Jahre. Meier hierzu: „Das Museum verfügt über Bilder aus der Zeit vor 1918, die 14-jährige Jungen als Schulentlassene in Erwachsenenkleidung in Anzug mit langer Hose und Hut zeigen. Ein Foto zeigt ein Mädchen in schwarzem Kommunionskleid.“ Die Konfirmation habe sich in der Reformationszeit entwickelt und in der evangelischen Kirche große Bedeutung. Mit 14/15 Jahren erfolge damit die Aufnahme der Christen als vollgültige Mitglieder der Gemeinde. Während eines feierlichen Gottesdienstes werden die Jungen und Mädchen erstmals zum Abendmahl zugelassen. „Die Bilder der Konfirmanden vor 1900 unterscheiden sich nicht von den Fotos der Kommunionsjungen. Die Konfirmation markierte den Übertritt in das Erwachsenenalter. Daher tragen die Jungen ihren ersten Anzug und einen Hut. Die Kleider der Mädchen waren schwarz“, erläutert Meier. Die Bekleidung der Kommunionkinder und der Konfirmanden habe sich mit der Mode geändert. Dies lasse sich anhand der Fotos nachvollziehen. lk Das Museum sucht noch alte Aufnahmen von Taufe und Konfirmation sowie Kommunion, insbesondere aus der Zeit vor 1918. Kontakt: Museum für Mode und Tracht, Altes Amtshaus, An der Burg, 66625 Nohfelden. Weitere Infos unter der Telefonnummer (0 68 52) 80 91 54 oder auch online. museum-nohfelden.de |
Date: 2012/01/25 10:21:03
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
heute in der SZ:
Heiliger Rock gibt Rätsel aufWissenschaftler in Trier möchten die Tuchreliquie erneut untersuchenDer Heilige Rock von Trier gibt Wissenschaftlern Rätsel auf. Ein Theologe und Kunsthistoriker hat eine neue Theorie, wann die Tuchreliquie entstanden sein könnte – und würde das angebliche Gewand Jesu Christi gerne nochmal wissenschaftlich untersuchen lassen.Von dpa-Mitarbeiterin Birgit ReichertTrier. Der Heilige Rock von Trier birgt noch viele Geheimnisse. Ob es tatsächlich das Gewand ist, das Jesus Christus bei seiner Kreuzigung getragen hat, wird wohl nie zu klären sein. Andere Fragen aber, etwa zur Entstehung der vielschichtigen Textil-Tunika und ihrer Veränderungen über die Jahrhunderte, könnten möglicherweise noch genauer erforscht werden. Aber: Der Heilige Rock liegt normalerweise verschlossen in einem klimatisierten Schrein in einer eigenen Kapelle im Trierer Dom. Nur ganz selten, wie demnächst bei der Heilig-Rock-Wallfahrt in Trier vom 13. April bis 13. Mai, können Pilger das Gewand überhaupt sehen. Dazu werden 500 000 Menschen erwartet. Der Trierer Theologe und Kunsthistoriker Markus Groß-Morgen würde den Rock nach der Wallfahrt gerne erneut wissenschaftlich untersuchen lassen. „Es geht darum, der Geschichte der Reliquie auf die Spur zu kommen. Nicht um deren Echtheit“, sagte der Wissenschaftler, der das Bischöfliche Dom- und Diözesanmuseum in Trier leitet und sich intensiv mit der Tuchreliquie beschäftigt hat. Zuletzt für die Ausstellung „Das Gewand – 500 Jahre Wallfahrt zum Heiligen Rock nach Trier“, die am 23. März im Museum beginnt. Bei den Vorbereitungen hat er eine neue Theorie entwickelt. Dazu muss man wissen: Das Gewand, das wir heute sehen, ist eine Hülle und nicht die eigentliche Tuchreliquie. Diese steckt – in Form eines stark verfilzten Wollteils – im Rückteil des Gewands. Bislang gingen Forscher davon aus, dass die Hülle im Jahr 1512 geschaffen wurde, als man den Heiligen Rock im Hochaltar des Trierer Doms fand. Groß-Morgen aber ist der Ansicht, dass der Heilige Rock bei seiner Auffindung bereits die Form und Hülle hatte, die wir heute kennen. Heißt: Er wurde bereits 1196 bei der Weihe des Hochaltars in Tunika-Form in eine Truhe gelegt und im Altar verborgen – so seine Theorie. Er begründet dies mit Beobachtungen von Augenzeugen, die 1512 ein blumiges Muster mit Figuren (Vogelmuster) beschrieben und von dem äußerst feinen Stoff angetan waren. Dabei handele es sich um byzantinische Seidenstoffe aus dem 7. oder 8. Jahrhundert. Wann diese Hülle angebracht wurde, sei unklar. „Wir wissen nichts über den Rock vor 1196“. Der Legende nach hat die Heilige Helena das Gewand auf einer Pilgerfahrt nach Jerusalem im 4. Jahrhundert entdeckt und es der Trierer Kirche zum Geschenk gemacht. Die neue Theorie von Groß-Morgen könnte stimmen, meint Textilarchäologin und Kunsthistorikerin Regula Schorta, Direktorin der Abegg-Stiftung in Riggisberg bei Bern. Sie kommt regelmäßig nach Trier, um Zustandskontrollen am Rock zu machen. „Da schauen wir in der Regel, ob das Klima stimmt, oder ob sich Schimmel gebildet hat.“ Auch sie fände ein Forschungsprojekt zur Untersuchung der Tunika sinnvoll. Man müsse aber abwägen: „Jede große Untersuchung ist ein Eingriff, bei dem man möglicherweise Nähte öffnen muss“, sagt sie. Und der Rock sei ohnehin in einem schlechten Zustand. „Ganz klar: Er verfällt“, sagt Groß-Morgen. Die Abegg-Stiftung ist seit den 1970er Jahren für die Restaurierung des Rocks zuständig. Die letzte größere wissenschaftliche Untersuchung war in den Jahren 1973/74. Über die Jahrhunderte waren immer wieder neue Schutzhüllen dazukommen, immer wieder blätterten Teile ab. Besonders geschadet hat eine Gummilösung, die man 1890 als Kleber verwendet hatte, um das Ablösen zu stoppen. Auch Schimmel habe dem Gewand zugesetzt. Nach Angaben des Trierer Wallfahrtsleiters Georg Bätzing steht eine wissenschaftliche Untersuchung derzeit nicht auf der Agenda. „Da gibt es momentan keine konkrete Planung.“ Foto: dpa „Wir wissen nichts über den Rock vor 1196.“ Groß-Morgen |
Date: 2012/01/25 12:57:28
From: Stefan Reuter <stefan.reuter62(a)googlemail.com>
heute in der SZ:Heiliger Rock gibt Rätsel auf
Wissenschaftler in Trier möchten die Tuchreliquie erneut untersuchen
Der Heilige Rock von Trier gibt Wissenschaftlern Rätsel auf. Ein Theologe und Kunsthistoriker hat eine neue Theorie, wann die Tuchreliquie entstanden sein könnte – und würde das angebliche Gewand Jesu Christi gerne nochmal wissenschaftlich untersuchen lassen.
Von dpa-Mitarbeiterin Birgit ReichertTrier. Der Heilige Rock von Trier birgt noch viele Geheimnisse. Ob es tatsächlich das Gewand ist, das Jesus Christus bei seiner Kreuzigung getragen hat, wird wohl nie zu klären sein. Andere Fragen aber, etwa zur Entstehung der vielschichtigen Textil-Tunika und ihrer Veränderungen über die Jahrhunderte, könnten möglicherweise noch genauer erforscht werden. Aber: Der Heilige Rock liegt normalerweise verschlossen in einem klimatisierten Schrein in einer eigenen Kapelle im Trierer Dom. Nur ganz selten, wie demnächst bei der Heilig-Rock-Wallfahrt in Trier vom 13. April bis 13. Mai, können Pilger das Gewand überhaupt sehen. Dazu werden 500 000 Menschen erwartet.
Der Trierer Theologe und Kunsthistoriker Markus Groß-Morgen würde den Rock nach der Wallfahrt gerne erneut wissenschaftlich untersuchen lassen. „Es geht darum, der Geschichte der Reliquie auf die Spur zu kommen. Nicht um deren Echtheit“, sagte der Wissenschaftler, der das Bischöfliche Dom- und Diözesanmuseum in Trier leitet und sich intensiv mit der Tuchreliquie beschäftigt hat. Zuletzt für die Ausstellung „Das Gewand – 500 Jahre Wallfahrt zum Heiligen Rock nach Trier“, die am 23. März im Museum beginnt.
Bei den Vorbereitungen hat er eine neue Theorie entwickelt. Dazu muss man wissen: Das Gewand, das wir heute sehen, ist eine Hülle und nicht die eigentliche Tuchreliquie. Diese steckt – in Form eines stark verfilzten Wollteils – im Rückteil des Gewands. Bislang gingen Forscher davon aus, dass die Hülle im Jahr 1512 geschaffen wurde, als man den Heiligen Rock im Hochaltar des Trierer Doms fand. Groß-Morgen aber ist der Ansicht, dass der Heilige Rock bei seiner Auffindung bereits die Form und Hülle hatte, die wir heute kennen.
Heißt: Er wurde bereits 1196 bei der Weihe des Hochaltars in Tunika-Form in eine Truhe gelegt und im Altar verborgen – so seine Theorie. Er begründet dies mit Beobachtungen von Augenzeugen, die 1512 ein blumiges Muster mit Figuren (Vogelmuster) beschrieben und von dem äußerst feinen Stoff angetan waren. Dabei handele es sich um byzantinische Seidenstoffe aus dem 7. oder 8. Jahrhundert. Wann diese Hülle angebracht wurde, sei unklar. „Wir wissen nichts über den Rock vor 1196“. Der Legende nach hat die Heilige Helena das Gewand auf einer Pilgerfahrt nach Jerusalem im 4. Jahrhundert entdeckt und es der Trierer Kirche zum Geschenk gemacht.
Die neue Theorie von Groß-Morgen könnte stimmen, meint Textilarchäologin und Kunsthistorikerin Regula Schorta, Direktorin der Abegg-Stiftung in Riggisberg bei Bern. Sie kommt regelmäßig nach Trier, um Zustandskontrollen am Rock zu machen. „Da schauen wir in der Regel, ob das Klima stimmt, oder ob sich Schimmel gebildet hat.“ Auch sie fände ein Forschungsprojekt zur Untersuchung der Tunika sinnvoll. Man müsse aber abwägen: „Jede große Untersuchung ist ein Eingriff, bei dem man möglicherweise Nähte öffnen muss“, sagt sie. Und der Rock sei ohnehin in einem schlechten Zustand. „Ganz klar: Er verfällt“, sagt Groß-Morgen.
Die Abegg-Stiftung ist seit den 1970er Jahren für die Restaurierung des Rocks zuständig. Die letzte größere wissenschaftliche Untersuchung war in den Jahren 1973/74. Über die Jahrhunderte waren immer wieder neue Schutzhüllen dazukommen, immer wieder blätterten Teile ab. Besonders geschadet hat eine Gummilösung, die man 1890 als Kleber verwendet hatte, um das Ablösen zu stoppen. Auch Schimmel habe dem Gewand zugesetzt. Nach Angaben des Trierer Wallfahrtsleiters Georg Bätzing steht eine wissenschaftliche Untersuchung derzeit nicht auf der Agenda. „Da gibt es momentan keine konkrete Planung.“ Foto: dpa
„Wir wissen nichts über den Rock vor 1196.“
Groß-Morgen
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Date: 2012/01/26 12:24:06
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
In einer eMail vom 25.01.2012 23:35:25 Westeuropäische Normalzeit schreibt
stefan.reuter62(a)googlemail.com:
aus gegebenem Anlass hier ein Link zu einem älteren, aber dennoch interessanten Artikel im "Spiegel" Nr.16/1959 zum so genannten "Heiligen Rock" (Titel: "Der gemanagte Rock"): Hallo, Stefan,
interessanter Artikel. Besonders gut gefiel mir Luthers "Bescheißerey". Nur
hat Maximilian damals den Reichstag in Trier gehalten, nicht in Köln (oder
besser: erst im August in Köln). Aber sonst ein wirklich interessanter Artikel.
Roland |
Date: 2012/01/26 12:49:23
From: Stefan Reuter <stefan.reuter62(a)googlemail.com>
In einer eMail vom 25.01.2012 23:35:25 Westeuropäische Normalzeit schreibt stefan.reuter62(a)googlemail.com:aus gegebenem Anlass hier ein Link zu einem älteren, aber dennoch interessanten Artikel im "Spiegel" Nr.16/1959 zum so genannten "Heiligen Rock" (Titel: "Der gemanagte Rock"):Hallo, Stefan,interessanter Artikel. Besonders gut gefiel mir Luthers "Bescheißerey". Nur hat Maximilian damals den Reichstag in Trier gehalten, nicht in Köln (oder besser: erst im August in Köln). Aber sonst ein wirklich interessanter Artikel.Roland
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Date: 2012/01/27 09:46:26
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
heute in der SZ:
Trier zeigt Schau über Karl MarxAusstellung „Ikone Karl Marx – Kultbilder und Bilderkult“ stellt 2013 mehr als 100 Exponate ausDie Stadt Trier widmet ihrem berühmtesten Sohn Karl Marx zum 130. Todestag 2013 eine große Schau mit mehr als 100 Exponaten. Dabei geht es um die Frage, weshalb Marx-Darstellungen bis heute präsent sind.Von dapd-Mitarbeiter Von Marcus StölbTrier. Er war nie ihr Ehrenbürger, doch der berühmteste Sohn der Stadt ist Karl Marx allemal. Aus Anlass seines 130. Todestages widmet das Stadtmuseum Trier der „Ikone Marx“ 2013 eine große Ausstellung. Etwas Vergleichbares habe man noch nicht gesehen, versprechen deren Macher. Für Aufsehen dürfte eine Installation des Aktionskünstlers Ottmar Hörl sorgen: Er will Hunderte Marx-Skulpturen aufstellen. Nur einen Steinwurf vom Stadtmuseum entfernt verbrachte Marx seine Jugend. Wer etwas über sein Leben und Wirken erfahren möchte, wird eher in seinem Geburtshaus fündig. In früheren Jahrzehnten gaben sich hier Staatschefs aus dem Ostblock die Klinke in die Hand, auch SPD-Größen schauten in dem Museum vorbei. Heute sind prominente Gäste selten, doch noch immer zieht es jedes Jahr mehr als 40 000 Besucher in das Geburtshaus, darunter Tausende Chinesen. In der Volksrepublik ist Trier dank Marx so bekannt wie Berlin, doch auch außerhalb Chinas gilt er bis heute als eine Größe – ob als Heiliger, Hass-Objekt oder Kultfigur. Sein Konterfei findet sich in Schneekugeln und auf Aschenbechern, auf Postern und Postkarten. „Das hat den Charakter von Devotionalien“, sagt Sonja Mißfeldt. Mißfeldt ist Kunsthistorikerin im Trierer Stadtmuseum. Hier laufen die Vorbereitungen für die große Schau „Ikone Karl Marx – Kultbilder und Bilderkult“. Mehr als 100 Exponate werden zwischen März und Oktober 2013 gezeigt. „Das wird keine Ausstellung zu Leben und Werk“, stellt Mißfeldt klar, im Mittelpunkt stehe vielmehr die Frage, weshalb Darstellungen von Marx bis heute derart präsent seien. „Erstaunlicherweise hat in der Forschung bisher noch niemand versucht, einen Gesamtüberblick der bildlichen Repräsentation von Karl Marx zu geben“, erklärt die Direktorin des Stadtmuseums, Elisabeth Dühr. „Nie wurde systematisch die Frage nach den visuellen Konsequenzen dieser für die politische wie die Geistesgeschichte des 20. Jahrhunderts so prägenden Figur gestellt“, ergänzt sie. Ähnlich wie Che Guevara profitiert Marx posthum von einem enormen Wiedererkennungswert: Der gewaltige Kopf, vor allem aber der weiße Rauschebart, verleiht ihm etwas Unverwechselbares. Während sich die wenigsten ein Bild von Friedrich Engels machen können, scheint Karl Marx noch vielen präsent; auch Menschen, die ihn nur aus der Werbung kennen. Apple nutzte das Antlitz von Marx ebenso für eine Anzeigenkampagne, wie die schwedische Möbelkette Ikea, die mit dem Slogan „Wie man gute Ideen erfolgreich umsetzt“ warb. Doch Marx wurde bekanntlich auch heroisiert und propagandistisch genutzt, was sich in zahlreichen Gemälden niederschlug. Die Trierer Ausstellung will die verschiedenen Facetten abbilden und auch Werke des „sozialistischen Realismus“ zeigen. Läuft alles nach Plan, könnte Marx im nächsten Jahr allgegenwärtig sein – zumindest im Schatten der Porta Nigra. Hunderte Skulpturen sollen im Umfeld von Triers weltbekanntem Wahrzeichen aufgestellt werden. Ottmar Hörl soll sie entwerfen. Der Aktionskünstler sorgte schon bundesweit für Aufsehen; etwa mit seinen Zwergen, die den Mittelfinger oder den Hitlergruß zeigen. „Marx ist die Botschaft“, antwortet er auf die Frage, ob er sich auch für diese Skulpturen eine besondere Geste ausgedacht habe. Welche Farben die rund einen Meter großen Kunstobjekte haben werden, hat er noch nicht entschieden: „Rot ist naheliegend“, sagt Hörl, aber denkbar sei auch ein „solides Grau“. |
Date: 2012/01/27 09:47:43
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
heute in der SZ:
Bannsteine erzählen von der Geschichte des DorfesMainzweiler Arbeitskreis ließ vier Grenzsteine restaurieren sowie sieben Steine neu anfertigenDie restaurierten beziehungsweise neu angefertigten Steine wurden an ihrem ursprünglichen Standort aufgestellt. Das Projekt war nur möglich mit Hilfe zahlreicher Sponsoren. Geplant ist auch eine Bannsteinwanderung.Mainzweiler/St. Wendel. Die heutigen Gemeindegrenzen wurden bereits zu Beginn des 18. Jahrhunderts unter der Herrschaft der Grafen von Nassau-Saarbrücken weitgehend festgelegt. Das Gemeindegebiet, auch als Gemeindebann bezeichnet, wurde zunächst von Landmessern eingemessen und mit massiven Grenzsteinen, auch Bannsteine genannt, markiert. Vielerorts sind die über 300 Jahre alten und mit eingeschlagenen Grenzzeichen versehenen Kleindenkmale noch recht gut erhalten. Seit fünf Jahren beschäftigen sich Werner Butz und Hermann Wälder vom Arbeitskreis Bannsteine in Mainzweiler mit Verlauf und Abgrenzung des dortigen Gemeindebannes. In einer ersten Bestandsaufnahme waren im Jahr 2007 von insgesamt 63 Steinen noch über die Hälfte in mehr oder weniger gutem Zustand erhalten. Nachdem 2009 mit weiteren Helfern des Arbeitskreises die Restaurierung eines zerstörten Steines fachmännisch gelungen war, wagte man sich 2011 auch an die Herstellung von neuen Grenzsteinen, die nicht mehr vorhandene Steine ersetzen sollen. Neben der Finanzierung, ein Stein kostet in der Fertigung zwischen 500 und 900 Euro, waren auch behördliche und technische Probleme zu meistern. So schaffte man es 2011 im Mainzweiler Arbeitskreis, vier Steine zu restaurieren sowie sieben Steine neu anzufertigen und an ihrem Standort aufzustellen. Eine Rekonstruktion der Grenzsteine war durch die Auswertung alter Bannbuchbeschreibungen und Vergleiche mit noch vorhandenen Nachbarsteinen möglich. Als Dankeschön an die Sponsoren sowie alle, die an der Umsetzung der Maßnahmen beteiligt waren, hatte der Arbeitskreis zur Projektvorstellung in das Mainzweiler Sängerheim eingeladen. Werner Butz ging dabei in seiner Präsentation auf die Entwicklung des Projektes ein. Wichtige finanzielle Hilfen zum Bannsteinprojekt kamen von der Staatskanzlei aus Saarbrücken, der St. Wendeler Volksbank, der Kreissparkasse St. Wendel, dem Neunkircher Unternehmen Teralis und der Vereinsgemeinschaft Remmesweiler. Das Katasteramt Neunkirchen und die Stadtverwaltung Ottweiler halfen bei der Umsetzung der Maßnahmen. Klaus Gessner aus Remmesweiler, Landwirt Hans Rose, Julian Baldes und Edgar Gapp aus Mainzweiler sowie der ortsansässige Steinmetz- und Bildhauermeister Lars Gräß waren mit technischem Gerät zugegen und leisteten fachliche Hilfe. Unterstützung fand das Vorhaben auch durch die Gemeindeverwaltungen, die Ortsvorsteherin Margret Geiger aus Urexweiler sowie die Ortsvorsteher Leander Alles aus Remmesweiler, Hartmut Schiffler aus Niederlinxweiler und Udo Zägel aus Mainzweiler. Neben einer Bannsteinwanderung will der Arbeitskreis in diesem Jahr auch ein Patenschaftsmodell zur Erhaltung der Bannsteine vorstellen. red |
Date: 2012/01/29 21:14:18
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
VHS
Marpingen Bildungsreise nach
Israel 22.10. – 31.10.2012 (Herbstferien
2012) Das Bild Israels in Deutschland ist
hauptsächlich geprägt vom „Nah-Ost- Konflikt“ und davon, wie dieser in unseren
Medien dargestellt wird. Über das eigentliche gesellschaftliche, kulturelle und
politische Leben in diesem Land ist bei uns in aller Regel ziemlich wenig
bekannt. Diese Reise soll dazu beitragen, das ein wenig zu ändern. Israel ist
ein Staat in schwieriger politischer Lage – außen umgeben von Feinden, die ihn
vernichten wollen, und innen voller Widersprüche und Dynamik. Die einzige
parlamentarische Demokratie nach westlichem Muster im Nahen Osten zeigt eine
tiefe politische Spaltung, die von den säkularen Bürgerrechtsbewegungen bis hin
zu den ultraorthodoxen Siedlern reicht. Sie ist geprägt von einer ethnischen
Vielfalt, wie wir sie in Deutschland nicht kennen und die von den
alteingesessenen Juden dieses Gebietes über die Überlebenden des Holocaust und
ihren Nachkommen bis hin zu Einwanderern aus aller Welt von Äthiopien bis
Russland reicht. Israel ist ein spannendes Land in jeder Beziehung, was man auf
dieser Bildungsreise hautnah erleben wird. Schwerpunkt der Reise wird sein,
Israel in politischer, kultureller und geographischer Hinsicht näher
kennenzulernen, wobei neben der Erkundung Jerusalems auch der Besuch vieler
biblischer Orte auf dem Programm steht. Vorgesehenes Programm
(Die Programmpunkte können sich je
nach Bedarf ändern.) 1.Tag, Montag, 22.10.2012:
Anreise
ab Frankfurt/Main
nach Tel Aviv, Transfer nach Jerusalem in ein Hotel in der Nähe der Altstadt.
Zimmerbelegung, Abendessen. Je nach Ankunftszeit Gelegenheit zu einem ersten
Rundgang in der Altstadt, Übernachtung in Jerusalem. 2. Tag, Dienstag, 23.10. 2012:
Besichtigung
der Altstadt von
Jerusalem, Tempelberg, Felsendom, Ölberg, Stadtrundfahrt, Übernachtung in
Jerusaem. 3. Tag, Mittwoch, 24.10.2012:
Besuch
der Gedenkstätte
Yad Vashem, Besuch der Knesset, Zeit zur freien Verfügung, Übernachtung in
Jerusalem. 4. Tag, Donnerstag, 25.10.2012:
Besuch
von Bethlehem,
nachmittags freie Zeit zur Erkundung Jerusalems auf eigene Faust, Übernachtung
in Jerusalem. 5. Tag, Freitag, 26.10.2012:
Fahrt
zum Toten Meer,
Besuch und Besichtigung von Qumran und der Festung Massada, Möglichkeit zum Bad
im Toten Meer, Fahrt zum See Genezareth, Übernachtung in einem Kibbuz am See.
6. Tag, Samstag, 27.10.2012:
Besuch
der heiligen
Stätten am See Genezareth (u.a. Tabgha, Kapernaum, Magdala), Ausflug zu den
Golanhöhen und der Jordanquelle, Übernachtung im Kibbuz am See Genezareth.
7. Tag, Sonntag, 28.10.2012:
Fahrt
mit Besuch und
Besichtigung von Nazareth und Akko, Übernachtung im Kibbuz am See Genezareth.
8. Tag, Montag, 29.10.2012:
Fahrt
nach Caesarea und
Besichtigung der alten Römerstadt, Weiterfahrt nach Tel Aviv, Übernachtung in
Tel Aviv. 9. Tag, Dienstag, 30.10.2012:
Besichtigung
und Erkundung von
Tel Aviv und Jaffa, Zeit zur Erkundung Tel Avivs auf eigene Faust, Übernachtung
in Tel Aviv. 10. Tag, Mittwoch, 31.10.2012: Rückflug von Tel Aviv nach Frankfurt/Main Weitere Rückfragen bitte direkt an die VHS in Marpingen richten: vhsmarpingengabywagner(a)hotmail.com |
Date: 2012/01/30 18:54:36
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
heute in der SZ:
Appell gegen das Vergessen und VerdrängenRoland Jahn, der neue Leiter der Stasi-Unterlagen-Behörde, hat gestern bei einem Festbankett der Siebenpfeiffer-Stiftung dazu aufgerufen, auch in der Demokratie eine Kultur des Widerstands zu pflegen. Anlass des Banketts war der 180. Geburtstag des von Phillip Jakob Siebenpfeiffer mitinitiierten „Press- und Vaterlandsvereins“.Homburg. Wie sieht es wirklich aus, das Leben in einer Diktatur? Wie viel Weiß, wie viel Schwarz und wie viele Zwischentöne prägen es? Auf diese Fragen wollte Roland Jahn, der Leiter der Stasi-Unterlagen-Behörde, gestern bei seinem Besuch in Homburg Antworten geben. Dabei wertete er die Realität der früheren DDR sehr differenziert. „Ja, Freiheit musste man sich nehmen. Aber wie sollte man das machen angesichts der Allmacht von SED und Stasi?“ Im Schatten dieser Allmacht skizzierte Jahn ein Gesellschaftsbild in vielen Graustufen, erzählte von Tätern, Mitläufern und Gegnern – mit durchaus fließenden Grenzen. Als Festredner der Matinée der Homburger Siebenpfeiffer-Stiftung stellte Jahn dabei sein Leben im zunehmend offenen Widerstand gegen das SED-Regime, gipfelnd in Haft und Ausbürgerung 1983, in einen Kontext mit dem Leben der Täter. Diese müssten sich, so Jahn, ihrer eigenen Biographie stellen. Jahns Rede gestaltete sich als Appell gegen das Vergessen und Verdrängen, als Fürsprechen für die historisch einmalige Chance, anhand der Stasi-Unterlagen das Wesen der Diktatur zu ergründen und als Mahnung, auch in der Demokratie eine Kultur des Widerstands zu pflegen. „Wenn ich in die Politik schaue, dann staune ich, was so alles durchgewunken wird. Regieren bedeutet oft, die eigene Partei auf Linie zu bringen, statt die Diskussion zu suchen. Widerspruch wird mir zu oft platt gemacht.“ Dabei sei es, so Jahn, vor allem das Ringen um die beste Lösung, die entscheidend sei: „Das ist das Lebensblut der Demokratie.“ Deswegen gelte es, vor allem bei den nachfolgenden Generationen das Demokratieverständnis zu stärken. thw |
Date: 2012/01/31 20:26:15
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Rebekka Voss, Seminar für Judaistik Frankfurt am Main; Wolfram
Brandes, Max-Planck-Institut für Europäische Rechtsgeschichte Frankfurt am Main; Felicitas Schmieder, Historisches Institut der FernUniversität in Hagen 23.10.2011-25.10.2011, Frankfurt am Main Bericht von: Felicitas Schmieder, Historisches Institut, Geschichte und Gegenwart Alteuropas, Fernuniversität Hagen E-Mail: <felicitas.schmieder(a)fernuni-hagen.de> Nach den "Endzeitvorstellungen der großen monotheistischen Religionen" im Jahre 2005 und der "Figur des Antichrist" 2007 nahm sich die dritte interdisziplinäre Endzeiten-Konferenz den "Völkern der Endzeit" als besondere Gruppe unter den Protagonisten der letzten Zeiten an. Alle drei monotheistischen Kulturen in ihren unterschiedlichen Spielarten kennen legendäre und utopische Völker, von denen am Ende der Zeiten eine mehr oder weniger fest umrissene Rolle erwartet wird. Die Juden hoffen auf die Rückkehr der sogenannten verlorenen zehn Stämme Israels, die bei der Eroberung des Nordreichs Israel durch die Assyrer im 8. Jahrhundert v.Chr. verschleppt worden waren, während den Christen und Muslimen ein jüdisches Volk der Endzeit nicht fremd war. Während die Juden auf die zehn Stämme als Retter warteten, evozierte ihre Ankunft als Gog und Magog bei Christen des Westens wie des Ostens und Muslimen Furcht. Das Reich der Söhne Moses, die nach der Bibel weinend an den Wassern Babylons saßen, wurde nach arabischen Quellen auch vom Propheten Mohammed besucht. Solche endzeitlichen Völker wurden zu unterschiedlichen Zeiten mit verschiedenen, in heutigem Verständnis realeren Völkern identifiziert. So fürchtete man im 13. Jahrhundert die in Europa einfallenden Mongolen als Gog und Magog - wie man schon in der Spätantike die Goten oder Hunnen (und andere) mit ihnen identifiziert hatte. Sie fanden Eingang in den Koran und man meinte nach der Entdeckung Amerikas in den Indianern die zehn verlorenen Stämme der Juden wiederzuerkennen. Noch in der Moderne fanden Reisende die zehn Stämme Israels endlich in China, Äthiopien oder dem Jemen. Noch heute werden in vielen politischen Semantiken Anspielungen an diese alten Traditionen wirksam. Die Vorträge widmeten sich einem breiten Spektrum von Völkern und waren grundsätzlich chronologisch angeordnet mit einem weiteren Augenmerk auf Nähe im Thema oder in der Erzählstruktur. VERONIKA WIESER (Wien) begann in der europäischen Spätantike, als Christen wie Heiden den permanenten Niedergang des Römischen Reiches und dann den Fall Roms 410 angesichts der Aufnahme oder des Eindringens zahlreicher fremder Völker an allen Grenzen verarbeiten mussten. Kirchenväter wie Augustinus und Ambrosius sowie die Geschichtsdeuter Orosius und Sulpicius Severus diskutierten die Deutung der neuen Völker anhand biblischer Muster und stellten diese Erklärungssuche in den Dienst christlicher Identitätskonstruktion. WOLFRAM BRANDES (Frankfurt am Main) identifizierte in der gleichen Epoche die Hunnen als den "echten" Hintergrund der negativen mit "den" Endzeitvölkern Gog und Magog verbundenen Vorstellungen. Besonders symptomatisch seien hierbei die in den zentralen historiographischen Werken bis in späteren Jahrhunderten aufgegriffenen Beschreibungen von Zauberei unter den Hunnen in Kombination mit besonders fremdartigen, "skythischen" Verhaltensweisen und deren seit alter Zeit überlieferten Konnotationen. Um 500 n.Chr., ein Datum, zu dem Berechnungen des Weltendes kulminierten und dessen sich KATHARINA ENDERLE (Tübingen) annahm, traten im Osten mit den persischen Sassaniden andere mächtige heidnische, aber sesshafte Feinde dem griechischen Osten des Römischen Reiches gegenüber und nahmen eine entsprechend wichtige Rolle in den Endzeiterwartungen ein; Beispiele seien das "Orakel von Baalbek" und die edessensichen Stadtgeschichte des Ps. Josua Stylites. In das lang anhaltende Machtgleichgewicht zwischen Persern und Römern geriet zu Beginn des 7. Jahrhunderts Bewegung, als nicht zuletzt die "Tore des Nordens", hinter die einst Alexander der Große die Völker Gog und Magog eingeschlossen hatte, sich öffneten und Angriffe des ersten türkischen Großreiches in Zentralasien über den Vorderen Orient hereinbrachen. LUTZ GREISIGER (Jerusalem) widmete sich den in der spannenden Zeit des Umbruchs um 627 entstanden syrisch-christlichen eschatologischen Deutungen. In die Völkerbewegungen der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts im Vorderen Orient griff vor allem mit dem Islam die entstehende und machtvoll sich ausbreitende dritte monotheistische Weltreligion ein. Für deren eschatologisches Gedankengut sind von hoher Bedeutung die sogenannten Hadithe, in denen vor allem (angebliche oder tatsächliche) Aussagen des Propheten Mohammed gesammelt wurden und die reich an Aussagen über die Völkern der Apokalypse sind, vor allem in jenen Teilen, die als apokryph gelten. ASMA HILALI (London) mahnte für die Interpretation dieser Texte quellenkritische Vorsicht an, da die verschrifteten Sammlungen nicht vor das 12. Jahrhundert zurückgingen, als man begann, die mündliche Überlieferung (die gläubigen Muslimen als unmittelbar auf Mohammed zurückgehend gilt) zu systematisieren und auch als echt oder apokryph zu unterscheiden. Erneut der Türken, doch ihres Bildes in der muslimischen Apokalyptik, nahm sich DAVID COOK (Houston) an. Da die meisten dauerhaft in den Gesichtskreis arabischer und persischer Interpretatoren getretenen Türken relativ bald wie diese Muslime wurden, ergebe sich ein wechselhaftes Bild zwischen Endzeitfeinden trotz Islam und andererseits Verteidigern des Islam (im 13. Jahrhundert gegen das noch "schrecklichere" Steppenvolk der Mongolen). In den Westen der islamischen Welt und damit in ein politisch bereits frühzeitig vom Kalifat in Bagdad abgetrenntes Gebiet begab sich ANNA AKASOY (Oxford). Die Andalusier konnten Hoffnungsträger verbliebener sunnitischer Umayyaden-Anhänger auf endzeitliche Eroberung des schiitischen Ägypten sein, doch häufiger fänden sie sich (angesichts ihrer geographischen Position) als marginales, manchmal unter Häresieverdacht stehendes Volk, das nur selten explizit als eines der Völker der Endzeit angesehen werde. Während diese beiden Vorträge bestimmte historische Völker in ihrer eschatologischen Rolle verfolgten, nahm sich FAUSTINA DOUFIKAR-AERTS (Amsterdam) der biblischen Völker Gog und Magog an, die alle hier interessierenden Religionen im eschatologischen Programm haben. Schon die Erwähnung im Koran sei fast immer als eng mit den Erzählungen von Alexander dem Großen (Ishkander) verwoben verstanden worden, dem damit eine wichtige Rolle auch in der islamischen Eschatologie zuwächst. Islam-spezifischer dagegen sei das Volk der Banu al-Asfar, dem in Hadith-Tradition eschatologische Bedeutung zukomme, ohne dass klar sei, wer das Vorbild für dieses "Volk der Gelben" war. Die Forschungssituation, mit der sich MOHAMMAD MASAD (Dubai) auseinandersetzte, sei hier uneinheitlich, zumal Bezüge wie der auf die Byzantiner daran krankten, dass die Überlieferung teilweise räumlich weit weg von Byzanz zu verorten sei. Die Byzantiner oder "Römer" spielten eine wichtige Rolle auch in der armenischen Geschichte und dementsprechend in armenischen eschatologischen Vorstellungen. ZARA POGOSSIAN (Rom/Bochum) stellte eine Tradition eschatologischen Schrifttums vor, das nicht zuletzt in Zeiten der Bedrängnis eine gloriose Endzeitrolle des armenischen Königs beschwor. Nachdem sich die letzten Vorträge bei aller Auseinandersetzung mit älteren Traditionen vor allem im 12. und 13. Jahrhundert bewegt hatten, griffen die nun folgenden Beiträge wieder deutlich zurück in die frühmittelalterliche Geschichte der lateinisch-christlichen Eschatologie. JAMES PALMER (St. Andrews) konnte für die einschlägigen biblischen Anspielungen zum Beispiel an Gog und Magog neben apokalyptischer Interpretation auch gut begründet nicht-prophetisches Verständnis oder auch direkte "Deeschatologisierung" vermuten, so wenn Isidor von Sevilla seinem westgotischen Publikum von den Goten als Gog und Magog berichtete oder auch an anderen Stellen Gog und Magog zu Insidern der römischen Welt werden. Den eschatologisch reichhaltigen angelsächsisch-volkssprachigen Predigten um das Jahr 1000 wandte sich anschließend KATIE CUBITT (York) zu. Die "Nordmänner", die in unterschiedlichster Weise mit dem England der Jahrtausendwende in Berührung kamen - von Überfällen über Ansiedlung bis hin zur Herrschaftsübernahme - seien von Bischof Wulfstan so lange eschatologisch interpretiert worden, bis er in ihren Dienst trat und seine Endzeitmahnungen gegen andere richtete. Im Zusammenhang der Kirchenreform des 11. Jahrhunderts wandte sich die christliche Eschatologie vornehmlich nach innen und wurde teil des moralischen Verfallsdiskurses, so ANKE HOLDENRIED (Bristol), die sich anhand vor allem der im cluniazensischen Milieu zu verortenden Sibylla Tiburtina mit Meinungen der Forschung auseinandersetzte, ob man prophetische Eschatologie vom tatsächlich anstehenden Ende loslösen könne. Ebenfalls im Kontext der Kirchenreform, und zwar als Repräsentation des "Kampfes gegen das regnum" versteht DELIA KOTTMANN (Paris/Dresden) das Bildprogramm in Saint-Savin-sur-Gartempe. Anhand von Auswahl und Ausgestaltung der Szenen, ihrer Farbgebung und der Gewichtung von Personen und Zusammenhängen lasse sich glaubhaft machen, dass Maler und Auftraggeben offenbar den in die Zeitdiskussion eingreifenden Apokalypsekommentar des Bruno von Segni ihrer Darstellung zugrunde legten. Die lateinisch-christliche Prophetie wurde vor allem im Spätmittelalter immer reichhaltiger und ihre Erforschung wird zugleich durch eine nach wie vor schlechte Editionssituation erschwert. Umso erfreulicher ist es, dass vier junge Wissenschaftlerinnen für diese Zeit gewonnen werden konnten. Ins hussitische Böhmen führte PAVLINA CERMANOVA (Prag/Wien). Neben den Juden seien bei den hussitischen Eschatologen Gog und Magog vor allem als Personifikationen der Probleme der Zeit aufgetreten, so als Heuchler, Häretiker, falschen Propheten, Schismatiker, Begarden und Beginen. Aus dem 13. Jahrhundert stammt der zuerst altfranzösisch überlieferte, vielfach kryptische Livre de Sidrac, der in vielfachen Handschriften und mehreren europäischen Volkssprachen aus dem gesamten Spätmittelalter erhalten ist, dessen Überlieferungs- und Rezeptionsgeschichte aber noch weitgehend ungeklärt sind. Es handelt sich um einen enzyklopädisch angelegten Fragenkatalog mit passagenweise deutlichen eschatologischen Zügen, die PETRA WAFFNER (Hagen) vorstellte. Eine der Sprachen, in die der Sidrac übersetzt wurde und in denen er ein Weiterleben durch Benutzung in anderen Werken fand, ist das Mittelniederländische. ULRIKE WUTTKE (Gent) beschäftigte sich vor allem mit dem "Laienspiegel" des Jan van Boendale, der Defizite des Sidrac zu korrigieren scheint und die Griechen, die im Original zwar eine Rolle spielen, doch dann nicht mehr erwähnt werden, auch in der Endzeit wieder auftreten zu lassen. COURTNEY KNEUPPER (Chicago) schließlich hat süddeutsche Handschriften auf volkssprachiges eschatologisches Material gesichtet und stellte die Brüder Wirsberg vor, Laien, die visionäre Interpretationen des Kommenden auf dem Herzen hatten und in Briefen an Räte wichtiger Städte und an Herren ihrer Region vermittelten. Sie hätten stets demütig um Weisung gebeten, wollten nichts falsch machen, doch ihre Behandlung seitens kirchlicher Autoritäten zeige, wie stark die Eschatologie im vorreformatorischen 15. Jahrhundert zu einem "contested space" zwischen Geistlichen und Laien um die Geschichte der Zukunft geworden war. Zur Reformationszeit selbst sprach ANSELM SCHUBERT (Erfurt) zur Eschatologie der Täufer als einer reformatorischen Gruppe, die immer wieder in unmittelbarer und positiver Erwartung des Endes agierte, weil sie sich selbst als das in der Endzeit übrigbleibende Volk verstanden und ihr Zusammenleben in einer Monarchie nach biblischem Vorbild sowie unter Rückgriff auf jüdisch-rabbinische Traditionen entsprechend organisiert hätten. Doch das war eher die Ausnahme, der Normalfall war auch in der Frühen Neuzeit die Konzentration auf negative Feinde, die auch im England der Zeit um 1600 eher von außen kamen. ANDREAS PECAR (Halle) stellte das reichhaltige Text- und Bildmaterials der Zeit vor, in denen die Abwehr des spanischen Angriffs und des Gunpowder Plots (1588 und 1605) als doppelte Errettung Englands vor den Angriffen von Papst und Teufel gefeiert wurden. Gog und Magog begleiteten die gesamte Tagung, und sehr oft, wenngleich keineswegs immer, wurde die Tradition deutlich, sie mit Juden zu identifizieren. Die letzten vier Vorträge der Tagung nun legten den Fokus auf die Frage nach dem Bild der Juden als Endzeitvolk in unterschiedlichen religiösen Diskursen. SABINE SCHMOLINSKY (Erfurt) verfolgte Art und Wechsel der endzeitlichen Vereinnahmung der Juden (und am Rande auch der Heiden und Ketzer) durch das reichhaltige Schrifttum des lateinisch-christlichen Mittelalters. ALEXANDRA CUFFEL (Bochum) nahm sich anschließend der islamischen Perspektive auf die biblischen Zehn Verlorenen Stämme Israels an, die - wie im christlichen Bereich - vielfach mit Gog und Magog identifiziert wurden. Doch auch die Juden selbst waren in endzeitlichem Kontext interessiert an den verlorenen Stämmen Israels und ordneten sie in ihren eigenen positiven, messianischen Kontext ein. MOTI BENMELECH (Jerusalem) verfolgte die Stämme anhand der Korrespondenz zwischen Juden aus Italien und Israel, die Hinweise auf Informationsverbindungen nach Spanien, Frankreich und Deutschland enthalten und unter anderem zeigten, dass die Suche der Portugiesen nach dem Priesterkönig Johannes jüdische Hoffnungen auf ein Auffinden der Zehn Stämme wecken konnte. Zu guter Letzt widmete sich REBEKKA VOSS (Frankfurt am Main) den Roten Juden, einer spezifischen Charakterisierung der Zehn Stämme im spätmittelalterlich-frühneuzeitlichen Deutschland, die Juden und Christen teilten und über deren Deutung innerhalb der eignen religiösen Tradition sie miteinander rangen. In mehr als tausend Jahren traten gleiche oder ähnliche Völker immer wieder auf, in unterschiedlichen Kontexten aber zugleich, das ist besonders deutlich geworden, religions- und konfessionsübergreifend. Immer wieder ließ sich zeigen, dass die vormodernen religiösen Gruppen in Europa, Nordafrika und dem Vorderen und Mittleren Orient einander kannten und gerade auf dem Gebiet der Eschatologie deuteten, sich gegenseitig Rollen zuwiesen, die Differenz zu erklären und Ähnlichkeiten aushaltbar zu machen imstande waren. Die Sprache der Apokalyptik sollte bei der Erforschung jener Zeiten sehr viel intensiver berücksichtigt werden, als das üblicherweise geschieht. Konferenzübersicht: Veronika Wieser (Wien): Bewegungen des Untergangs. Barbaren und ihre apokalyptische Deutung während der Völkerwanderungszeit Wolfram Brandes (Frankfurt am Main): Gog, Magog und die Hunnen. Anmerkungen zur eschatologischen "Ethnographie" der Völkerwanderungszeit Katharina Enderle (Tübingen): Beobachtungen zur byzantinischen Apokalyptik um 500 n.Chr. Lutz Greisiger (Jerusalem): Opening the Gates of the North in 627. War, Anti-Byzantine Sentiment and Apocalyptic Expectancy in the Near East prior to the Arab Invasion Asma Hilali (London): Who are the Peoples of the Apocalypse in Hadith Literature? David Cook (Houston): The Image of the Turk in Muslim Apocalyptic Tradition Anna Akasoy (Oxford): The Andalusians in Islamic Eschatology Faustina Doufikar-Aerts (Amsterdam): Religiöses, Fabulöses und Böses. Gog und Magog im islamischen Raum Mohammad Masad (Dubai): Banu Al-Asfar in Islamic Apocalyptic Literature Zara Pogossian (Rom/Bochum): Romans, Armenians, Jews and the Infidel. Peoples and Destinies in Armenian Apocalyptic Texts James Palmer (St. Andrews): Apocalyptic Outsiders and their Uses in the Early Medieval West Katie Cubitt (York): Nation shall rise up against Nation. The Vikings and Apocalyptic Fears in England around the year 1000 Anke Holdenried (Bristol): The Suffering People. Christian Tribulation, Eschatological Narrative, and the Eleventh-Century Ecclesiastical Reform Movement Delia Kottmann (Paris/Dresden): Der Kampf gegen das regnum. Die Konzeption des Bildprogramms des romanischen Apokalypsezylus in Saint-Savin-sur-Gartempe als Kampf gegen die Völker Satans, Gog und Magog Pavlina Cermanova (Prag): Gog und Magog. Die Völker des Weltendes im Hussitismus Ulrike Wuttke (Gent): Tatars and Greeks. An Unholy Alliance in the 'Lekenspiegel' (The Laymen's mirror) of Jan van Boendale (14th c.) Petra Waffner (Hagen): Der altfranzösische Livre de Sidrac und die Endzeit Courtney Kneupper (Chicago): The Wirsberger Brothers' Prophetic Letter to the City of Nürnberg Anselm Schubert (Erfurt): Der Heilige Rest als Volk der Endzeit. Münster und christlicher Messianismus in der Reformationszeit Andreas Pecar (Halle): Der letzte Angriff der Gottesfeinde Gog und Magog? Die Bedrohung Englands durch die spanische Armada Sabine Schmolinsky (Erfurt): Juden, "Heiden" und "Ketzer" in der Endzeit Alexandra Cuffel (Bochum): Lost Tribes of Israel in Medieval Islamic Apocalyptic Speculation and Polemic Moti Benmelech (Jerusalem): The Ten Lost Tribes in Sixteenth-Century Jewish Messianic Discourse Rebekka Voß (Frankfurt am Main): Die roten Juden. Jüdische und christliche Färbung URL zur Zitation dieses Beitrages <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/tagungsberichte/id=4024> |