Vom Nachforschungsfieber gepackt
Brasilianische Familie Telöcken macht sich in Oberkirchen auf die Suche nach
Vorfahren
Die Brasilianerin Benisia Telöcken und ihr Sohn Jonas weilten kürzlich für
einige Tage in Oberkirchen. Der Grund ihres Besuches: Sie wollten Spuren ihrer
Vorfahren finden, die im 19. Jahrhundert wahrscheinlich aus dem Kreis St. Wendel
dorthin ausgewandert sind.
Oberkirchen. War es ein Zufall oder eine glückliche Fügung? Als sich
Werner und Katharina Schuld aus Oberkirchen vor vier Jahren mit dem
Glacier-Express durch die Bergwelt fahren ließen, machten sie die Bekanntschaft
der Brasilianerin Benisia Telöcken und ihrer Söhne André und Jorge. Auf der
langen Fahrt nach Zermatt kamen sie miteinander ins Gespräch, weil Frau Telöcken
recht gut deutsch spricht. Ihr fiel auf, dass das Oberkirchener Ehepaar einen
ähnlichen Dialekt sprach wie einst ihre Mutter. Die weitere Unterhaltung
förderte eine interessante Auswanderergeschichte zutage. Benisia Telöcken ist
nämlich eine geborene Utzig, ein Name, den es im Kreis St. Wendel öfter gibt.
Ihr Vater war Johann Utzig und ihre Mutter eine geborene Wolf. Die Großeltern
väterlicherseits schrieben sich Peter und Katharina Utzig geborene Trokur,
mütterlicherseits Johann Wolf und Carolina, geborene Heckler. Ihr Schwiegervater
hieß August Telöcken, die Schwiegermutter Mathilde war eine Geborene Morsch.
So tauchten während des Gesprächs zahlreiche Namen auf, die womöglich einen
Bezug zum Kreis St. Wendel haben. Dagegen geht der Ursprung des Namens Telöcken
wohl auf Niedersachsen zurück. Die Neugierde von Benisia Telöcken war geweckt.
Immer schon hatte sie den Wunsch gehabt, Näheres über ihre Vorfahren und deren
Herkunft zu wissen. Die Bahnreisenden tauschten Adressen und Telefonnummern
untereinander aus. Schon im August 2007 kam der Sohn Jonas nach Oberkirchen zu
Besuch und machte einen Abstecher zu Klaus Lauck vom Deutsch-Brasilianischen
Freundeskreis. Vor einigen Wochen brachte Jonas Telöcken bei einer
Geschäftsreise nach Deutschland seine Mutter mit. Beide verbrachten einige Tage
bei dem Ehepaar Schuld in Oberkirchen.
Alles drehte sich in diesen Tagen um die Suche nach den Vorfahren der
Brasilianer. Es wurden Besuche gemacht, Gespräche geführt und in
Familienchroniken geblättert. Das Ergebnis blieb allerdings bescheiden: Es gibt
bis jetzt noch keine brauchbaren Spuren.
Alte Schriftstücke und Fotos
Benisia Telöcken hat das aber nicht traurig gemacht. Sie bleibt vom
Nachforschungsfieber gepackt und will daheim noch einmal nachschauen, ob es in
den Schubladen der Schränke nicht doch noch alte Schriftstücke und Fotos gibt.
Bei den brasilianischen Behörden nachzufragen, hält Jonas Telöcken für wenig
Erfolg versprechend: „In den Verzeichnissen dürften die Auswanderer damals kaum
eingetragen worden sein, weil das Meldewesen in Brasilien nicht so wie in
Deutschland funktioniert.“ So mancher Brauch der deutschen Einwanderer hat sich
in Brasilien erhalten, zum Beispiel die Fronleichnamsprozession. Und ein Dorf
mit Namen Selbach soll es in der Nähe von Telöckens Heimatstadt auch geben. Es
bleibt aber noch viel nachzuforschen und zu entdecken. Die brasilianischen Gäste
haben sich mit einem kühnen Gedanken aus Oberkirchen verabschiedet: Vielleicht
können Familien im Landkreis, die die Namen Utzig, Morsch, Wolf, Trokur und
Heckler tragen, weiterhelfen. gtr
Kontakt unter Telefon (0 68 55) 15 26.
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Ich habe diesen Brief hinterhergesandt:
Sehr
geehrte Frau Schuld,
ich
habe eben den Artikel in der SZ von heute morgen gelesen.
In
Josef Mergens „Auswanderungen aus den ehemals preuß. Teilen des Saarlandes im
19. Jahrh.“, Band II, finden Sie auf Seite 389 unter Nummer 88 den Ackerer
Johann Trokur, 23 Jahre alt, der sich am 5. März 1876 aus seinem Heimatort
Hasborn nach Brasilien aufmacht.
Einen
Utzig habe ich dort auch gefunden:
Seite
544 Nr. 744
Peter
Utzig, 32, wandert am 27.11.1890 aus Otzenhausen, allerdings in die USA. Den hab
ich grad im Internet gefunden, er stammt aus Schwarzenbach (geb. 15.02.1849) und
hat sich in Pittsburgh, Pennsylvania, niedergelassen. Das dürfte wohl der
falsche sein. Dieser Peter Utzig ist übrigens schon 1873 ausgewandert, die Tour
von 1890 war nur seine Rückreise in die Staaten.
Ein
Tipp vielleicht noch: weitere Informationen finden Sie in Saarbrücken im
Landesarchiv in den Akten der St. Wendeler Notare (Haus- Grundstücks- und
Mobiliarversteigerungen); allerdings müssen Sie dazu wissen, wann und von wo die
Auswanderer weg sind. Ich arbeite seit 10 Jahren an diesen Notariatsakten und
habe das 19te Jahrhundert so ziemlich durch, allerdings lag mein Hauptaugenmerk
auf St. Wendel.
Aber
vielleicht fragen Sie einfach mal nach beim Bürgermeistereiamt Tholey, ob sich
dort etwas zu der o.a. Auswanderung des Trokur findet. Irgendwoher muß Herr
Mergen seine Daten haben, leider gibt er keine Quelle an.
Mit
freundlichen Grüßen
Roland Geiger