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[Regionalforum-Saar] Mark Twain und der Fragebogen

Date: 2017/11/27 23:39:22
From: Roland Geiger <alsfassen(a)...

Aus den Frankfurter Heften, 1948:


Mark Twain und der Fragebogen

 

Nach der Meinung aller Deutschen sind es die Amerikaner gewesen, die den Fragebogen erfunden und in unser geschlagenes Land gebracht haben. Man hält ihn hier geradezu für einen besonders charakteristischen Ausdruck des Amerikanismus und war glücklich, daß wenigstens in diesem Falle einmal die Schuldfrage zu unseren Gunsten geklärt war.

 

Leider müssen wir nun anhand von Dokumenten, unsere Leser tief enttäuschen: leider sind die Deutschen, wie an allem Bösen, das seit mindestens hundert Jahren in der westlichen Welt geschehen ist, auch an den Fragebogen schuld. Die anderen mögen die Tatsache, daß es sich hier nebenbei auch noch um einen Beitrag zur Mark Twain-Philologie handelt, als ein Zeichen dafür nehmen, daß wir Deutschen sogar aus unseren Sünden wissenschaftliches Kapital zu schlagen verstehen.

 

In einem aus dem Brand geretteten Kasten fanden sich mehrere, aus dem Ende des vorigen Jahrhunderts stammende Fragebogen, die offenbar aus einem stattlichen Band herausgerissen waren. Es handelt sich um eine Art Gästebuch. Jedes Blatt trägt die Photographie des Unglücklichen, der sich da über die von ihm bewunderten menschlichen Eigenschaften, seine Idee von Glück und Unglück, seine Lieblingshelden und so fort auslassen mußte. Eines dieser Blätter, ausgefüllt am 15. August 1893 in Bad Tölz, trägt die Unterschrift S. L. Clemens, den bürgerlichen Namen Mark Twains. Ihn selbst sieht man salopp und schlank auf einem Stuhl sitzen, mit buschigem Haupthaar und dickem Schnurrbart, ein unerschöpfliches Arsenal von Humor, versteckt hinter einer ein wenig grimmig anmutenden Miene. Darunter seine Lebensregel: So leben, daß sogar der Bestattungsunternehmer trauert, wenn du zum Sterben kommst.

 

Und nun einige von den vierundzwanzig Fragen und Mark Twains Antworten darauf:

 

Welcher Beruf scheint Dir der beste?

Zu versuchen, die Leute vom Seufzen und Klagen abzubringen.

 

Wer möchtest Du sein, wenn nicht Du? Ein Engel.

 

Wo möchtest Du leben? Mit den anderen Engeln.

 

Wann möchtest Du gelebt haben? Viel früher, mitten unter den alten früheren Engeln.

 

Deinen Lieblingsschriftsteller?  Carlyle.

Deinen Lieblingsmaler und Bildhauer:  Die Natur.

Deine Lieblingskomponisten?  Wagner.

Lieblingshelden in der Geschichte?  Washington und Lincoln.

Lieblingsheldinnen in der Geschichte?  Jeanne d’Arc.

Deine unüberwindliche Abneigung?  Derjenige Autor, der übermäßige Bewunderung seiner eigenen Eigenschaften verrät.

Wovor fürchtest Du Dich?  Durchschaut zu werden.

Welchen Fehler würdest Du am ehesten entschuldigen?  Unpünktlichkeit beim Henker.

 

Abgesehen davon, daß die Antwort auf die letzte Frage durchaus aktuell ist, sieht man, daß dieser Fragebogen recht raffiniert zusammengestellt war und wirklich ein treffendes Bild dieses großen amerikanischen Schriftstellers gibt. Aber es zeigt auch noch etwas anderes: daß wieder einmal, wie auch in anderen Sparten der Weltgeschichte, so auch im Falle der Fragebogen, das Unheil, das heute über uns gekommen ist, im neunzehnten Jahrhundert ausgebrütet wurde. Damals wurden auch die Amerikaner, die in unser Land kamen, damit geplagt. Nun plagen sie uns. Damals war es eine Art Gesellschaftsspiel.

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Mit freundlichen Grüßen
 
Roland Geiger
 
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Roland Geiger
Historische Forschung
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