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2014/01/19 10:40:12
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] wie das Saarland des Ersten Weltkriegs gedenkt.
Datum 2014/01/22 13:37:02
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] Archäologentage Otzenhausen : Archäologie in der Großregion vom 7. – 9. März 2014
2014/01/19 10:40:12
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] wie das Saarland des Ersten Weltkriegs gedenkt.
Betreff 2014/01/27 23:05:49
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] wikipedia
2014/01/19 10:40:12
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] wie das Saarland des Ersten Weltkriegs gedenkt.
Autor 2014/01/22 13:37:02
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] Archäologentage Otzenhausen : Archäologie in der Großregion vom 7. – 9. März 2014

[Regionalforum-Saar] Wie schreibt man eine Haus-, Abschluss- oder Doktorarbeit?

Date: 2014/01/19 23:25:34
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)...

From:    Karin Orth <karin.orth(a)...   20.01.2014
Subject: Sammelrez: Wie schreibt man eine Haus-, Abschluss- oder
         Doktorarbeit?
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Thomas-Johaentges, Ursula; Thomas, Carmen: Dein Schreib-Coach!
Bachelor-, Master-, Doktor- und Projektarbeit. Vom Rohtext bis zur
Endfassung. Norderstedt: Books on Demand - BoD 2013. ISBN
978-3-8482-1819-6; 127 S., Abb.; EUR 19,90.

Krajewski, Markus: Lesen Schreiben Denken. Zur wissenschaftlichen
Abschlussarbeit in 7 Schritten (= UTB 3858). Köln: UTB 2013. ISBN
978-3-8252-3858-2; 118 S.; EUR 12,99.


Rezensiert für H-Soz-u-Kult von:
Karin Orth, Historisches Seminar, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
E-Mail: <karin.orth(a)... schreibt man eine Haus-, Abschluss- oder Doktorarbeit? Dieser Frage
widmen sich die beiden hier zu besprechenden Bücher. Beide behandeln das
Thema kurz und knapp auf je rund 120 Seiten, aber auf sehr
unterschiedliche Weise. Das Buch von Ursula Thomas-Johaentges und Carmen
Thomas gliedert sich in neun Kapitel: Nach einleitenden Bemerkungen zum
wissenschaftlichen Schreiben als Schlüsselkompetenz geht es um die
Gliederung einer wissenschaftlichen Arbeit, das Finden beziehungsweise
Eingrenzen des Themas, Planung und Zeitmanagement, um zentrale Techniken
des Schreibens sowie einen angemessenen Schreibstil, um die Gestaltung
von Text, Tabellen und Grafiken sowie um Zitationsregeln und
Literatursuche. Zahlreiche Abbildungen und Diagramme machen das
Beschriebene anschaulich. Alle Kapitel sowie das gesamte Buch schließen
mit einer kurzen Zusammenfassung. Ergänzt wird das Ganze um eine knappes
Quellen- und Literaturverzeichnis, ein Register hingegen fehlt.

Die Veröffentlichung von Thomas-Johaentges/Thomas versteht sich explizit
als "Praxishandbuch" und versammelt viele gute Ratschläge und Tipps zum
Vorgehen, etwa wie sich die Mind-Map-Methode zur Erstellung einer
Gliederung anwenden lässt, wie ein Zeitplan für eine Haus-, Bachelor-
oder Doktorarbeit idealtypisch aussieht oder wie man Literatur zu einem
bestimmten Thema findet. Ein Schwerpunkt der Darstellung bildet das
Schreiben selbst, indem unter anderem Kreativitätstechniken vorgestellt
oder Unterschiede zwischen Nominal- und Verbalstil erläutert werden. In
den entsprechenden Kapiteln zum Schreiben sind auch umfangreiche
Synonymlisten abgedruckt. Für alle, die am Anfang ihres Studiums stehen,
vielleicht das erste Mal eine Seminararbeit schreiben und sich
grundsätzliche Fragen stellen, bietet das Praxishandbuch einen guten
Einstieg. Vieles wird hier angesprochen und allgemeinverständlich
erklärt, was idealerweise in einem Tutorat zu einem geistes-, sozial-
oder kulturwissenschaftlichen Proseminar behandelt wird. Wer nicht in
den Genuss eines solchen kommt, kann sich hier informieren und bekommt
vieles ganz genau erklärt.

Manchmal freilich wird die Grenze zum Banalen überschritten. Muss man
wirklich ausführen, dass ein Inhaltsverzeichnisses darauf zielt, "dem
Leser einen schnellen Überblick über die Kapitel der Arbeit und die
dazugehörenden Seitenzahlen zu liefern" (S. 20)? Oder muss erklärt
werden, was der Begriff "alphabetische Anordnung" meint? ("Bei der
alphabetischen Anordnung [des Literaturverzeichnisses] werden die
Autoren von A bis Z angeordnet." [S. 31]) Auch die Zusammenfassungen am
Ende jedes Kapitels ("Zwischenfazit"), die aus drei, vier kurzen Thesen
oder Aufforderungen bestehen, die allesamt mit einem Ausführungszeichen
abschließen, passen stilistisch eher in die zeitgeistige
Lebensratgeberliteratur, denn in ein Handbuch zum wissenschaftlichen
Arbeiten und Schreiben - etwa: "4. Packen Sie auch die kleinen Probleme
an! 5. Und dann: Lassen Sie los!" (S. 63). Unklar bleibt schließlich,
warum auch der "Projektbericht" im Rahmen des Ratgebers behandelt wird.
Dass ein "Projekt" bzw. die "Projektarbeit" offenbar etwas anderes ist,
als eine im universitären Kontext entstehende schriftliche Hausarbeit,
machen die Autorinnen selbst deutlich, indem sie definieren, ein Projekt
sei ein "zeitlich begrenztes Vorhaben" mit exaktem Anfang und Ende, das
unter "einmaligen Bedingungen statt[findet] (DIN-Norm 69901)" (S. 15).
Hier bleibt der Leser genauso ratlos zurück wie beim Titel des Buches
("Dein Schreib-Coach!").

Das Buch von Markus Krajewski hat einen anderen Charakter. In sieben
Kapiteln wird der Prozess der Verfertigung einer wissenschaftlichen
Seminar- oder Abschlussarbeit in den Geistes-, Kultur- und
Sozialwissenschaften schrittweise nachgezeichnet. Das Buch schließt mit
einem Literaturverzeichnis und einem Register, das Personennamen und
Schlagworte enthält. Nicht praktische Tipps stehen im Mittelpunkt
(obgleich auch diese nicht fehlen), sondern das Kreisen um das, was das
wissenschaftliche Arbeiten in den Geistes-, Kultur- und
Sozialwissenschaften im Kern ausmacht, und von Krajewski auf die
griffige Formel "LSD" gebracht wird: Lesen, Schreiben, Denken.

Der Autor behauptet nicht, dass man diese drei Tätigkeiten im
Arbeitsprozess voneinander trennen könne, sondern verweist im Gegenteil
auf die Interdependenzen (S. 8f.). Gleichwohl liege der Produktion eines
wissenschaftlichen Textes ein Schema zugrunde, das dem Leser dann in
sieben Kapiteln nahe gebracht wird. Im ersten Teil geht es um das Finden
einer (guten) Idee, die der zu schreibenden Arbeit zugrunde liegen
sollte, und die sich im Laufe des ersten Recherchestadiums zu einer
Hypothese oder These verdichtet. Unabdingbar ist dafür, davon handelt
das zweite Kapitel, die Suche und vor allem die Lektüre von
Forschungsliteratur zu eben dieser Idee bzw. zum Thema. Wie man im
akademischen Kontext richtig liest, wird in Kapitel 3 erläutert. Denn
das wissenschaftliche Lesen unterscheidet sich ja in der Tat von der
Zeitungs- oder Romanlektüre. Es geht zunächst darum, sich einen
Überblick über den Gesamtzusammenhang zu verschaffen, um dann immer
weiter in das Spezialthema einzudringen, nicht zuletzt um die eigene
Fragestellung zu präzisieren. Das problemorientierte Lesen und die
Verarbeitung des Gelesenen wird im nächsten Kapitel näher erklärt. Hier
geht es um das "Verzetteln" (S. 61), das heißt das zur
wissenschaftlichen Lektüre unabdingbar dazugehörende Exzerpieren. Da die
Exzerpte heute nicht mehr in einem hölzernen Zettelkasten landen,
sondern wie sie mit einer geeigneten Software erstellt und aufbereitet
werden können, auch das wird hier exemplarisch vorgeführt. Durch die
Sammlung des Stoffs, das Spiel mit Fragen und Antworten, die neue Fragen
hervorbringen, erfolgt allmähliche die Durchdringung des Materials und
des Themas, so dass peu à peu ein Thesengerüst für die zu schreibende
Arbeit entsteht. Mit dem Erreichen einer kritischen Masse kann dann das
Erarbeitete zu Papier gebracht werden. Mit der Abfassung der Arbeit und
dem Schreibprozess, in dem das Neue, Eigene endgültig entsteht, befasst
sich das fünfte Kapitel. In den beiden letzten Abschnitten stehen zwei
eher formale Aspekte im Mittelpunkt, nämlich das korrektes Zitieren
sowie eine gefällige Formatierung der Haus- oder Abschlussarbeit.
Krajewskis Buch bietet also weniger einen Werkzeugkasten, als vielmehr
übergreifende Gedanken zum Prozess des wissenschaftlichen Arbeitens
selbst. Ob einem der Stil des Buches gefällt, ob man diesen - wie der
Verlag - für "flott" und "pfiffig" hält oder eher als blumig und um
Originalität bemüht empfindet, ist sicherlich Geschmackssache.

Durch ihre sehr unterschiedlichen Herangehensweisen ergänzen sich beide
Bücher gut, eignen sich vielleicht auch für andere Zielgruppen. Während
das Praxishandbuch von Thomas-Johaentges/Thomas praxisnahe Ratschläge
für Studienanfänger/innen bietet, werden in Krajewskis Buch wohl eher
die fortgeschrittenen Studierenden fündig. Ob die beiden Ratgeber aber
auch für das Schreiben einer Dissertation hilfreich sind - beide
beanspruchen dies - scheint fraglich. Denn eine geistes-, sozial- oder
kulturwissenschaftliche Doktorarbeit unterscheidet sich von einer
studentischen Haus- oder Abschlussarbeit ja insofern, als hier eine
umfangreiche wissenschaftliche Monografie entsteht. Der oder die
Promovierende verfasst erstmals eine eigenständige Forschungsarbeit und
ist insofern nicht mehr als Studierender anzusehen, sondern als
(Nachwuchs-)Wissenschaftler/in. Bezogen auf die Voraussetzungen, die
Dauer und den Forschungsprozess selbst lässt sich eine Dissertation kaum
auf eine Stufe mit einer Bachelor- oder gar einer Hausarbeit im
Proseminar stellen. Und wer bei der Niederschrift seiner Dissertation
(noch) nicht weiß, wie man bibliografiert und korrekt zitiert, der hat
ein ernsthaftes Problem, das auch durch die Lektüre der beiden Bücher
nicht zu beheben ist. Die meisten Nachwuchswissenschaftler/innen
brauchen, wenn sich Probleme im Forschungs- oder Schreibprozess ergeben,
weniger einen standardisierten Ratgeber, der Zitation und Formatierung
erläutert, sondern Unterstützung auf der Suche nach einer individuellen
Lösung. Hier hat sich Coaching, das inzwischen auch speziell für
(Nachwuchs-)Wissenschaftler/innen angeboten wird, sehr bewährt.

Zudem ist bei beiden Büchern zu monieren, dass die Autor/innen die
Rahmenbedingungen ausklammern, unter denen Studierende vielfach ihr
Studium absolvieren. Viele Seminar- und Abschlussarbeiten werden auch
deshalb unzureichend, auf die letzte Sekunde oder gar nicht
fertiggestellt, weil Nebenjobs, familiäre Belastungen oder übervolle
Studienpläne eine kontinuierliche Auseinandersetzung mit dem zu
bearbeitenden Thema verhindern. Eine weitere Rahmenbedingung besteht
darin, dass es sich bei einer Haus- oder Abschlussarbeit nicht um
irgendeinen wissenschaftlichen Text handelt. So schreiben
Thomas-Johaentges/Thomas, der Titel entscheide oft darüber, "ob die
Arbeit überhaupt gelesen wird" (S. 19). Eine Seminar- oder
Abschlussarbeit wird jedoch nicht nur auf jeden Fall gelesen, nämlich
vom Dozenten bzw. den Betreuern, sondern sie wird auch beurteilt und
bewertet. Dass dieser Umstand erheblichen Einfluss auf den
Arbeitsprozess haben kann, wird in beiden Ratgebern nicht
berücksichtigt. Trotz dieser Einwände sind beide - auf ihre je eigene
Art - eine nützliche Lektüre für Studierende der Geistes-, Sozial- oder
Kulturwissenschaften, die sich mit wissenschaftlichem Schreiben schwer
tun oder keine entsprechende Anleitung im Studium selbst erhalten.

Diese Rezension wurde redaktionell betreut von:
Stefan Jordan <jordan(a)... zur Zitation dieses Beitrages
<http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2014-1-041>