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2013/09/15 09:48:52
Jean Nicolas Bouschbacher
[Regionalforum-Saar] Veranstaltung in Forbach am 21 und 22 September 2013 Genealogie und Heimatkunde im Bassin Houiller de Lorraine
Datum 2013/09/20 09:00:50
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] September
2013/09/09 13:39:04
Dr. Max Lindemann
Re: [Regionalforum-Saar] Hochburg des Hexenwahns
Betreff 2013/09/09 18:25:28
Stephan Friedrich
[Regionalforum-Saar] Mühlen im Saarland - Hans-Wer ner Paulus
2013/09/09 12:18:49
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] Hochburg des Hexenwahns
Autor 2013/09/20 09:00:50
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] September

[Regionalforum-Saar] Mühlen im Saarland - das ne ue Buch von H.W. Paulus

Date: 2013/09/17 15:46:36
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)...

Hallo,

 

da ich neugierig war, habe ich bei Hans Werner Paulus aus Völklingen sein neu erschienenes Mühlenbuch „Mühlen im Saarland“ für 45 Euro erworben (Preis 39,80 Euro plus Porto und Versand für 5,20 Euro). Es kam heute an, und ich habe mir den Teil angesehen, der sich mit der Stadt St. Wendel befaßt.

 

Herr Paulus hat dort ein unglaubliches Chaos angerichtet.

 

Er nennt fünf Mühlen, die im Bereich der Stadt St. Wendel liegen:

- die Göckel oder Neue-Mühle zu St. Wendel

- die Breitener Mühle zu St. Wendel

- die Walk- und Ölmühle zu St. Wendel

- die Fausenmühle zu St. Wendel

- die Bürgermühle zu St. Wendel/Niederweiler (mit Nennung der Notmühle im Text)

 

Tatsächlich gab es in St. Wendel zwischen 1304 und heute mindestens 16 Mühlen. Aber die finden sich nun mal nicht alle in der Saarbrücker Zeitung bzw. in Max Müllers „Geschichte der Stadt St. Wendel“, Herrn Paulus' bevorzugte Quellen für Mühlen in St. Wendel.

 

Das sind die „großen“ Wassermühlen, zu denen es auch jede Menge Unterlagen gibt:

- Fausenmühle an der Blies

- Felsenmühle an der Blies

- Göckelmühle an der Blies

- Neumühle an der Blies

- Niederweilermühle (II) an der Blies

- Niederweilermühle an der Blies

- Urweilermühle am Todbach

 

Und die „kleinen“ Mühlen, die sich als Hinweise hier und dort finden lassen:

- Brespacher Loemühl am St. Annenbach

- Burgnotmühle an der Blies

- Cettos Mühle auf dem Langenfelderhof

- Johannismühle am Johannisbach

- Lohmühle bei den Gerbhäusern am Todbach

- Lohmühle in der Brühl

- Ölmühle am St. Wendeler Bahnhof

- Schneidemühle am Johannisbach

- Walckmühle am St. Annenbach

 

Daß sich die „kleinen“ Mühlen in Paulus’ Buch nicht finden, kann ich nachvollziehen, Unterlagen dazu findet man fast nur in Archiven, die in seiner Aufsstelung auf Seite 644 nicht genannt sind. Aber daß er zwei der „großen“ nicht kennt – die Felsenmühle und die Urweilermühle -, das zeugt nicht von sorgfältiger Recherche zum Thema.

 

Seine Texte zu den beschriebenen Mühlen sind entsprechend.

 

(Seite 633)

„Vor dem Jahr 1804 wurde lange Zeit die Ruine der Burg Nohfelden teilweise für Baumaterial ausgeschlachtet. Es wurde berichtet, dass die Burgsteine als Baumaterial für die Göckelmühle benutzt wurden. (Gerd Meiser, Saarbrücker Zeitung. Saarland und seine Nachbarn. Nr. 6 S. 10 vom 8/ 9. Jan. 2000.).

1795 wurde die Mühle errichtet. Gespeist wurde sie über einen Mühlteich von der Blies. Bis 1818 stand hier auch eine Ölmühle. Der erste Müller war Conrad Kneip aus Ramstein. Im 19. Jahrhundert gehörte sie der Familie Cetto. 1935 ging das Anwesen an die Familie Schlotterbeck.

1861 wurde die Neue Mühle mit sieben Einwohnern als besonderer Wohnplatz genannt. Später wurde diese Göckelmühle genannt und liegt auf der Banngrenze St. Wendel-Baltersweiler, gehört aber zu St. Wendel.“

 

Schau’n wir mal, was wir da haben.

 

Die arme Burg Nohfelden, die muß für alles mögliche herhalten. Da geht alles auf Hörensagen, Belege gibt es dafür nicht. Die SZ als Quelle zu nehmen, das zeugt nicht für die Qualität der Arbeit des Autors.

 

Daß die Göckelmühle 1795 errichtet wurde, ist eine Annahme, die darauf beruht, daß die Mühle im Bannrenovationsprotokoll von P.E. Röhn von 1788 noch nicht auftaucht und ab 1795 der erste Müller Conrad Kneip genannt wird. Eigentümer der Mühle war aber nicht Kneip, sondern der Geometer Johann Zangerle aus St. Wendel (Erstnennung 1808). Ob er sie erbaut hat, wissen wir nicht. Auf der Schmittschen Karte von 1797 ist sie nicht vorhanden, auf der von-Müffling-Karte von 1817 als „Goeckelmühle“.

 

Ob Kneip aber 1795 tatsächlich auf der Göckelmühle war, ist auch nicht sicher. Er hat aus erster Ehe sechs Kinder, von denen die ersten beiden (1793 und 1794) auf der Fausenmühle geboren wurden und binnen weniger Tage oder Monate dort auch starben. Das dritte Kind, Wendel, wird am 15.11.1795 auf der „Schneidemühle“ geboren (das ist nicht die Göckelmühle). Das vierte Kind, Katharina, wird dann 25.08.1797 tatsächlich auf der Göckelmühle geboren, während das übernächste 1802 wieder auf der Fausenmühle zur Welt kommt. Wackelige Sache.

 

Das Eigentum ging 1824 von Zangerle auf Cetto über; er läßt 1818 eine Ölmühle abreißen. Ob die hier stand – möglich. Der letzte Cetto, Edmund, stirbt 1893; 3 Jahre zuvor war das Konkursverfahren schon eröffnet worden. Unter Edmunds Sohn Nikolaus wird das Anwesen an den Hauptgläubiger, Glashüttenbesitzer Köhl aus Quierschied, versteigert. Dann geben sich binnen weniger Jahre verschiedene neue Eigentümer die Klinke in die Hand. 1906 ist aus der Mühle die „Hofgut und Tonwarenfabrik Göckelmühle GmbH“ geworden, die sich 1907 schon in Liquidation befindet. Die Schlotterbecks sind seit 1919 Pächter des Anwesens.

 

Daß Paulus die Göckelmühle als „Neue Mühle“ bezeichnet, zeigt, daß er sich hier oben bei uns überhaupt nicht auskennt. Die Göckelmühle taucht als „Goekelmühle“ schon 1802 in einem Notariatsakt auf, während die „Neue Mühle“ genau das ist, nämlich die „Neumühle“ in Breiten am Ende des sog. „Neumühlenwegs“.

 

Paulus meint, die „Bürgermühle zu St. Wendel/Niederweiler“ sei die älteste der Stadt (1343 Ersterwähnung). Dummerweise wird die Felsenmühle die „Bürgermühle“ genannt (Ersterwähnung 1591); die älteste Nennung gebührt der Neumühle mit „1304“.

 

Mit den Eigentümern hat er es auch nicht so, er nimmt manches einfach so hin und denkt nicht nach, wenn er etwas hinschreibt. Wieder bei der Niederweilermühle: Die Kirche gibt die Mühle in Pacht an die Stadt St. Wendel, 1591 soll diese wieder an den Kurfürsten zurückgegangen sein. Wieso an den Kurfürsten zurück, wenn die Kirche Eigentümerin war? Ein paar Sätze später verstrickt er sich völlig in dieser Frage: einmal verpachtet die Stadt, ein andermal die kurfürstliche Domainenverwaltung. Völlig konfus wird er mit der Aussage, der Betreib der Mühle sei „ausgangs des 20. Jahrhunderts zum Erliegen“ gekommen. Das geschah um die Mitte des 19ten Jahrh.

 

Über die Fausenmühle weiß er, daß sie Anfang des 19. Jahrh. erwähnt wird, aber z.B. nicht daß sie bereits im 1600 als „Anthoni Schleifmühle“ genannt wird und erst 1849 an Franz Bruch kam.

 

Völlig chaotisch. Der Autor schreibt im Vorwort, seine Arbeit habe zum Ziel, alle Mühlen des Saarlandes mit ihren Pächtern, Erbbeständern und Eigentümern aufzuführen. Das ist ihm zumindest im Bereich der Stadt St. Wendel nicht gelungen. Hier wäre keine Veröffentlichung besser gewesen als diese Mischung aus Halbwahrheiten, Vermutungen und falschen Schlüssen. Hier ist keine Berichtigung im Detail möglich, wie er im Vorwort schreibt, sondern nur ein Einstampfen und völlig neu herausgeben.

 

Meine Meinung.

 
Mit freundlichem Gruß
 
Roland Geiger