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2012/07/02 08:39:38
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] eigentlich nur die Glosse
Datum 2012/07/03 22:10:00
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[Regionalforum-Saar] Mönche, Schreiber und Gel ehrte. Bildung und Wissenschaft im Mittelalter
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Autor 2012/07/03 22:10:00
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[Regionalforum-Saar] ich traf Bernd Brill im Hiwwelhaus

Date: 2012/07/02 08:53:50
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)...

Also, ich traf ihn dort nicht, aber Dieter Gräbner von der SZ hat ihn dort getroffen. Und darüber einen Bericht geschrieben, der letzten Samstag in der SZ erschienen ist:
 
 

Das Hiwwelhaus ist der Stolz des Dorfes

Heimatmuseen im Saarland

In Alsweiler wurde ein altes bäuerliches Anwesen stilgerecht restauriert – Historisches Kulturzentrum

Im Saarland gibt es mehr als 100 Museen, in denen die Besucher den Lebenswegen und den Arbeitswelten der Vorfahren begegnen können. In einer Serie stellen wir Museen vor und suchen Antworten auf die Frage: Wie war das anno dazumal?

Von SZ-Mitarbeiter Dieter Gräbner

Alsweiler. Vor dem gelbbraunen Haus, dem Hiwwelhaus in Alsweiler, sitzt ein Korbflechter und zeigt, wie man aus geschmeidigen Weidenzweigen Körbe „rundflechten“ kann. Rund um das Hiwwelhaus stehen Verkaufsstände. Es ist großer Markt wie früher. Das Hiwwelhaus hat Geburtstag, wird 300 Jahre alt, und Alsweiler feiert das am 10. Juni laut und fröhlich. Mit Musik, natürlich auch mit ,,gudd gess“. Dazu wird auch gezeigt, wie das früher war, wie man lebte im Dorf Alsweiler vor 300 oder 200 Jahren.

Ein Schmied entfacht mit dem Blasebalg ein Feuerchen, erhitzt das Eisen, bis es glüht, und schmiedet es dann mit dem großen Hammer. Ein Sensenmann „dengelt“ seine Sense. So heißt es, wenn man die Sense für die Ernte schärft. Um Punkt 15 Uhr klettern drei Männer auf ein drei Meter hohes Holzgerüst, auf dem ein Buchenstamm liegt, und zeigen, wie man anno dazumal, als es noch keine Motorsägen gab, aus einem Buchenstamm Bretter sägte. Dazu singt das Alsweiler-Kabarett zur Melodie des Sechziger-Jahre-Gassenhauers „Das alte Haus von Rocky Docky“, den damals Bruce Low und auch Peter Kraus sangen, eine Ortsversion des Liedes. Der Refrain geht so: „Das alte Haus von Hiwweleggen hat vieles schon gesehen. Und war im Lauf der Jahre nicht hübsch und auch nicht schön. Das alte Haus am Hiwweleggen sah Leute komm'n und geh'n, hat Freud und auch viel Leiden im Lauf der Zeit geseh'n.“

Das „Haus auf dem Hügel“ wurde in den Jahren 1711/1712 erbaut. Es zerfiel teilweise und wurde dann zwischen 1993 und 1997 wieder aufgebaut und mit alten Stilmitteln restauriert. Die Geschichte des Hiwwelhauses wird an den Innenwänden mit alten Fotos und Zeichnungen dokumentiert und erzählt. 1,4 Millionen Mark (rund 700 000 Euro) kosteten Sanierung und Wiederaufbau. Die 1,4 Millionen Mark waren größtenteils EU-Mittel, wie in der Dokumentation „300 Jahre Hiwwelhaus Alsweiler – Unsere Tür in die Geschichte“ des Hiwwelhaus-Vereins und Vereins für Heimatkunde Alsweiler nachzulesen ist.

In Alsweiler (2300 Einwohner) ist man mit Recht stolz auf das Hiwwelhaus, nicht nur, wie Bernadette Dewes, die Vorsitzende des Hiwwelhaus-Vereins, erzählt, weil es „eines der ältesten erhaltenen Bauernhäuser des Saarlandes, sondern inzwischen auch ein angesagter und beliebter Treffpunkt und ein lebendiges Kulturzentrum ist. Wir veranstalten Kunstausstellungen, Konzerte, Diskussionen, Lesungen. Das Hiwwelhaus ist Treffpunkt und Mittelpunkt des Ortes.“

Am 300. Geburtstag ist natürlich auch im Haus allerhand los. Dort, wo früher der Kuhstall war, sind die Tische gedeckt. Hier kann man die „Flammekuche“, die in der ehemaligen Küche im alten Steinofen gebacken wurden, bei einer Tasse Kaffee kosten. Im ersten Stock, dort wo früher die Schlafkammern waren, wird ein Vortrag gehalten – Thema: „Das Hiwwelhaus und seine Geschichte“.

Ich bin mit dem Architekten Bernd Brill (54) verabredet, der in der Festbroschüre den Grundriss des Hauses, wie er früher war, gezeichnet und auch die Geschichte der Familie Laub aufgeschrieben hat, die vor über 250 Jahren im Hiwwelhaus wohnte. Brill erzählt: „Das Hiwwelhaus ist ein sogenanntes süddeutsches Quereinhaus. Das ist ein Haustyp, bei dem sich alle Funktionsräume des Wohnens und Wirtschaftens – also Stall, Scheune und Wohnräume – unter einem einzigen Dach mit durchlaufendem First befinden. So waren hier oben im Saarland viele Häuser. Oben unter dem Dach wurde das Heu gelagert, unten waren Kuhstall und Scheune und daneben der Wohntrakt. Das Haus hat eine Grundfläche von rund 150 Quadratmetern. Überliefert ist, das hier im 18. Jahrhundert 13 Personen wohnten.“ Bernd Brill hat in der Dokumentation das Leben der Familie Johann Laub beschrieben. Er konnte dafür auf die Familienforschung des Schullehrers Robert Groß als Grundlage zurückgreifen. Brill schreibt: „1773, das war zwar eine friedliche, aber auch eine entbehrungsreiche Zeit. Der Dreißigjährige Krieg war vorbei. Es ist die Zeit des Absolutismus, des Barock und auch von feudalen Repressionen. Die französische Revolution des Jahres 1789 steht bevor. “ In dieser Zeit bewirtschaftet die Familie Laub den Bauernhof mit seinen Feldern. Johann Laub ist 39 Jahre alt, zählt als „,Gemeinsmann“ zum oberen Stand im Dorf und darf Holz im Wald schlagen. Weil das Haus eine Feuerstelle hat, muss der Bauer eine Herdsteuer bezahlen. Seine Frau Barbara hatte das Haus 1757 von ihren Eltern übertragen bekommen.

Brill dazu: ,,Der erste Sohn Johannes wird 1758 geboren. Er stirbt im Säuglingsalter. 1760 wird wieder ein Junge geboren. Er heißt auch Johannes. Er ist, als der Bauer das Hiwwelhaus 1773 übernimmt, 13 Jahre alt, arbeitet im Hof und auf dem Feld. Insgesamt hat die Familie sechs Kinder. Nach dem Sohn Johannes werden die Töchter Anna Maria, Barbara, Maria und Anna Katarina geboren. Jüngstes Kind ist Sohn Michel. Die Kinder können die Pfarrschule in Alsweiler besuchen. Auf dem Hof arbeiten zeitweilig Tagelöhner und Vaganten (Wanderhandwerker aus dem Hochwald). Im Jahr 1773 leben 13 Personen im Hiwwelhaus. Die Familie Laub mit sechs Kindern, Großeltern, Tante, Knecht und Magd.“

Sie leben vom Anbau von Getreide, Gemüse und Hülsenfrüchten. Im Stall stehen bis zu acht Kühe, die auf die Weiden getrieben werden. Im Kuhstall werden auch Hühner und Gänse gehalten. Der angebaute Schweinestall befindet sich neben der Scheunen-Durchfahrt. Dort stehen auch die Pferde. Brill schreibt weiter: „Die Lebenssituation in Alsweiler ist im ausgehenden 18. Jahrhundert von Not und Entbehrungen geprägt, die ihren ersten Niederschlag in den Auswanderungen in das Banat haben, wo der österreichische Kaiser Joseph II. in dem von den Türken befreitem Gebiet deutsche Kolonisten angesiedelt hat.“

So viel zur Geschichte des Hiwwelhauses und der Lebenswelten damals in Alsweiler – vor 250 Jahren. Neugierig geworden, wie unsere Vorfahren im nördlichen Saarland lebten? „Das alte Haus am Hiwweleggen sah Leute komm'n und geh'n.“

Aus dem Jubiläumslied für das Hiwwelhaus

Auf einen Blick

Info: Hiwwelhaus Alsweiler, Reitersberg 1, 66646 Alsweiler, Träger: Gemeinde Marpingen, Tel.: (0 68 53) 40 02 42.

Öffnungszeiten: nach Vereinbarung.

Lesetipp: „300 Jahre Hiwwelhaus Alsweiler – Unsere Tür in die Geschichte“, herausgegeben vom Hiwwelhaus-Verein und Verein für Heimatkunde Alsweiler, Edition Schaumberg, Alsweiler 2012, 100 Seiten, ISBN 978-3-941095-11-3, 14 Euro. gräb

alsweiler.de