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2010/12/11 23:16:06
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] Franz Kugler über die Kirch en zu Tholey und St. Wendel, 1854
Datum 2010/12/13 08:36:59
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[Regionalforum-Saar] wie das saarland fliegen lernte
2010/12/22 17:05:29
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[Regionalforum-Saar] und gleich nochmal Geschichte des Bistums Trier
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[Regionalforum-Saar] WALLERFANGEN. Römischer B ergbau auf Azurit und die Produktion von Ägyptisch Blau
2010/12/11 23:16:06
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[Regionalforum-Saar] Franz Kugler über die Kirch en zu Tholey und St. Wendel, 1854
Autor 2010/12/13 08:36:59
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] wie das saarland fliegen lernte

[Regionalforum-Saar] Vortrag über die Grundwerte unserer Gesellschaft

Date: 2010/12/13 08:32:54
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... oder: warum der Zweck die Mittel heiligt.
 
heute in der SZ:  

„Friedlich erreicht man nichts“

„Nazi-Jägerin“ Beate Klarsfeld über den Kampf gegen Rechts – Vortrag am Mittwoch

Saarbrücken. Anlässlich der Wanderausstellung „Sonderzüge in den Tod“ ist am kommenden Mittwoch die Ausstellungsmacherin Beate Klarsfeld (71; Foto: dpa) in Saarbrücken zu Gast. Sie berichtet über die 11 400 aus Frankreich deportierten jüdischen Kinder – ein Teilaspekt der Schau. SZ-Redakteur Johannes Kloth sprach mit der „Nazi-Jägerin“ und 68er-Ikone.

Was kann Ihre Ausstellung bei Besuchern bewirken?

Klarsfeld: Sie kann besonders Jugendliche erreichen. Sie sehen dort die Fotos von strahlenden Kindergesichtern. Man fragt sich, wie Menschen diese Kinder in Gaskammern schicken konnten. Die Ausstellung soll Jugendliche darin bestärken, sich gegen Ungerechtigkeit und Rassismus zu engagieren.

Immer mehr Zeitzeugen sterben. Die historische Distanz zum Dritten Reich nimmt zu. Wird Erinnerungsarbeit nicht immer schwieriger?

Klarsfeld: Nein, es gibt ja so viele Museen. Unsere Kinderfotos sind in Auschwitz zu sehen, in Paris, in New York. Es gibt viele Organisationen, die Zeitzeugen auf Video aufgenommen haben. Und wir vom „Verein der Söhne und Töchter der jüdischen Deportierten aus Frankreich“ (FFDJF) haben auch noch einige Zeitzeugen an der Hand, die Schülergruppen nach Auschwitz begleiten.

Ist der Kampf gegen Rechts überhaupt noch nötig? Historiker wie Arnulf Baring sagen, die wahre Gefahr gehe heute vom Linksextremismus aus.

Klarsfeld: Ich war erst vor kurzem in Schwerin. In Mecklenburg-Vorpommern sitzen immer noch sechs Abgeordnete der NPD im Landtag.

Sie gelten als „Nazi-Jägerin“, sind einst Kriegsverbrechern hinterher gereist und haben versucht, sie zu entführen. Was hat Sie angetrieben?

Klarsfeld: Mein Mann Serge ist Jude, sein Vater ist in Auschwitz ums Leben gekommen. Als wir heirateten, beschlossen wir, dass sich jeder von uns auf seine Art engagieren werde. Serge als Jude und ich als Deutsche, die ihren moralischen historischen Verpflichtungen nachkommen muss. Ich arbeitete damals beim Deutsch-Französischen Jugendwerk und schrieb 1967 in der Zeitschrift „Combat“ in einem Artikel, dass Deutschland mit Kurt-georg Kiesinger von einem Nazi-Propagandisten regiert wird. Ich wurde fristlos entlassen. Wir sahen, dass all diejenigen, die für die Deportation der 76 000 Juden aus Frankreich zuständig waren, in Deutschland ungestraft leben konnten. Es kam einfach eins zum anderen.

Welche Rolle hat es für Ihre Arbeit gespielt, dass sie selbst keine Jüdin sind?

Klarsfeld: Als Jüdin hätte ich nie die Reaktionen erhalten, die ich als Deutsche erhielt. Ich wurde als Deutsche von Israel zweimal für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen.

Hatten Sie nie Angst?

Klarsfeld: Angst? Wenn man glaubt, etwas erreichen zu können, legt man die Angst zur Seite. Und wir merkten, dass man mit friedlichen Mitteln nichts erreicht. Der Prozess in Köln (eine Gruppe um Klarsfeld hatte es nach etlichen Aktionen 1979 geschafft, die SS-Verbrecher Kurt Lischka, Herbert Hagen und Ernst Heinrichsohn vor das Kölner Landgericht zu bringen, Anm. der Red.) ist nur gelungen, weil wir und hunderte Juden aus Frankreich in Köln demonstrierten und die Fensterscheiben des Lischka-Büros einschlugen. So machten wir die Presse aufmerksam.

Frau Klarsfeld, Ihr Name wird von vielen Deutschen immer noch in erster Linie in Verbindung gebracht mit . . .

Klarsfeld: . . . der Ohrfeige, ich weiß . . .

Genau, 1968, die Ohrfeige für den damaligen Kanzler Kurt-Georg Kiesinger. Denken Sie noch oft daran?

Klarsfeld: Mein Mann sagt immer: ‚Wenn Du mal von den Deutschen geehrt werden solltest, dann vielleicht, wenn Du schon nicht mehr laufen kannst.' Ich wurde mehrmals für das Bundesverdienstkreuz vorgeschlagen. Zuletzt hat es Guido Westerwelle abgelehnt.

Wegen der Ohrfeige?

Klarsfeld: Ich glaube, dass es einen Zusammenhang gibt. Diese symbolische Aktion hat bei so vielen Menschen der älteren Generation Unbehagen ausgelöst. Ich kann es nicht verstehen. Nicht die Ohrfeige war der Skandal, sondern die Tatsache, dass ein Nazi Kanzler war.

Glauben Sie, dass Sie eines Tages noch geehrt werden?

Klarsfeld: Ach, man weiß nie. Ich bin ein optimistischer Mensch. Aber ich habe auch so viele positive Dinge, an denen ich mich erfreue. Ich führe eine glückliche Ehe, habe zwei wunderbare Kinder, zwei Enkelkinder, viele Tiere. Ich bin kein Menschen, der klagt.

Der Vortrag von Beate Klarsfeld findet am Mittwoch, 18 Uhr, im Haus der Stiftung Demokratie Saarland, Bismarckstraße 99, in Saarbrücken statt. Der Eintritt ist kostenlos. Infos unter Tel. (06 81) 90 62 60.