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2025/02/02 17:09:49 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Heute hat unser Haus gebrannt. |
Datum | 2025/02/04 10:28:42 BurgLichtenberg-FP via Regionalforum-Saar Re: [Regionalforum-Saar] Elisabeth Schenck, geb. c a. 1713 in "Lichtenberg in Zweibrücken" |
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2025/02/19 12:06:25 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Fußballvortrag des Historisch en Vereins Homburg fällt aus |
Betreff | 2025/02/02 17:09:49 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Heute hat unser Haus gebrannt. |
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2025/02/02 17:09:49 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Heute hat unser Haus gebrannt. |
Autor | 2025/02/11 10:26:51 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] 21. Februar: Tag der Muddaschp ròòch und Weltgästeführertag - z.B. in St . Wendel |
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Date: 2025/02/03 20:26:53
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)...
Helvetia und die Helvetier. Eine Spurensuche
Autor Felix Müller,
Erschienen Zürich 2024: Chronos
Verlag
Anzahl Seiten 224 S., 20 SW-Abb., 67 farb. Abb.
Preis CHF 38.00; € 38.00
ISBN 978-3-0340-1782-4
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von
Thomas Maissen,
Historisches Seminar, Universität Heidelberg
Felix Müller war stellvertretender Direktor des Historischen
Museums in Bern
sowie Professor für Ur- und Frühgeschichte an der dortigen
Universität. Das
qualifiziert ihn hervorragend für eine kenntnisreiche sowie gut
lesbare
Darstellung zum Leben und vor allem Nachleben der keltischen
Helvetier. Dank
Julius Caesars De bello gallico weiß man von Divico, der mit dem
helvetischen
Teilstamm der Tiguriner 106 v. Chr. an der Garonne zwei römische
Legionen
vernichtend geschlagen habe und dann im Greisenalter an der Spitze
der
Helvetier stand, die 58 v. Chr. erneut aus dem schweizerischen
Mittelland
auswanderten. Caesar besiegte sie aber im Burgund bei Bibracte
(Mont Beuvray)
und schickte sie in die Heimat zurück. Das wird durch
archäologische Befunde –
etwa zu den vor dem Auszug verbrannten Häusern – nur lückenhaft
bestätigt,
weshalb Müller den exklusiven römischen Schriftquellen und sogar
der
Historizität von Divico mit Vorsicht begegnet. Dank Ausgrabungen
solider belegt
sind Siedlungen wie namentlich Aventicum (Avenches) östlich des
Neuenburgersees. Dort wurden Veteranen angesiedelt, nachdem
Vespasian 69 n.
Chr. Kaiser geworden war und die Helvetier in das Reich integriert
sowie
vollends romanisiert wurden.
Der verballhornte Name und die Beschreibung der Helvetier waren in
der
Caesar-Rezeption bereits greifbar, bevor sein Werk 1469 in Rom und
1473 in
Straßburg erstmals gedruckt wurde. Im 14. Jahrhundert machte ein
Kleriker aus
dem Hennegau aus den Helvetiern „Hericyni“ und lokalisierte sie in
Brabant;
einer illustrierten Handschrift von 1468 verdankt man die erste
Darstellung
ihres Auszugs. Gleichzeitig meinte Enea Silvio Piccolomini, das
Elsass habe
einst „Helvecia“ geheißen. Allerdings erfand er selbst diesen
Namen! Insofern
war es zwar naheliegend, aber nicht selbstverständlich, dass um
1500 Schweizer
Humanisten allmählich die „Helvetii“ als ihre angeblichen
Vorfahren entdeckten
und ihre noch lockere Eidgenossenschaft von Reichsstädten und
Landkantonen mit
dem Neologismus „Helvetia“ als politische Einheit nobilitierten.
Müller
behandelt dieses identitätsstiftende Phänomen zurecht wiederholt
parallel zur
Tellensage. Um 1550 präsentierte Aegidius Tschudi die
Eidgenossenschaft als ein
Bündnis, das die in der Völkerwanderung verlorene Freiheit und
Einheit der
Helvetier wieder herstellen sollte. Auf Tschudi gestützt schuf
Johannes Stumpf
eine Karte, auf der HELVETIA in Antiqua neben Regionen wie
GERMANIA und FRANCIA
eingezeichnet war, während für deutsche Namen Fraktur verwendet
wurde. Diese
Unterscheidung war in frühneuzeitlichen deutschen Druckwerken
üblich und rührt,
anders als Müller meint, nicht daher, dass die lateinischen Namen
aus De bello
gallico stammen. Im Unterschied zu Stumpf hatte Caesar „Helvetia“
ebenso wenig
wie „Francia“ oder „Anglia“ erwähnen können, die erst als
Ableitungen von
Völkerwanderungsstämmen entstanden.
Solche Namen waren also Neuschöpfungen, die nicht mehr einen
Personenverband
oder Stamm bezeichneten, sondern ein Territorium. Den Erfolg des
Namens
Helvetia in den folgenden Jahrhunderten könnte man insofern
stärker, als dies
Müller tut, vom (populär)wissenschaftlichen Interesse für die
Helvetier
unterscheiden. Letztlich geht es um verschiedene Anliegen und
Ausdrucksformen.
Helvetia bezeichnet seit ihren Anfängen im 17. Jahrhundert die
nationale
Gemeinschaft in einer lateinisch gefassten Staatenwelt. Ähnliche
Namen und
Personifikationen gab es in anderen Ländern wie Svea oder Polonia,
wo jeder
Bezug zu antiken Völkern fehlte.
Allerdings sollte das anhaltende Interesse für die Helvetier
ebenfalls
Identität stiften, wovon in dem gut illustrierten Band auch
Historienbilder
zeugen: Das älteste, das den Auszug der Helvetier zeigt, stammt
von 1722.
Illustrationen schmückten auch die Studien des Berners Gottlieb
Walther, mit
dem in den 1780er-Jahren die kritische wissenschaftliche Forschung
zu den
Helvetiern einsetzte. Karl Müller von Friedberg, der spätere
Begründer des
Kantons St. Gallen, ließ sich 1779 zu einem „Staats-Trauerspiel“
über ihren
Auszug inspirieren und gab ihm den Titel „Das gerettete
Helvetien“.
Gegenüber der Selbstbezeichnung „Eidgenossenschaft“ mit ihren
religiösen
Implikationen hatte das säkulare lateinische „Corpus helveticum“,
das sich in
Diplomatie und Völkerrecht zusehends ausbreitete, einen doppelten
Vorteil. Es
ließ sich problemlos und unverwechselbar auf Französisch und
Italienisch
übertragen sowie aussprechen und schloss zudem die Sprache dieser
Landesbewohner ein, die noch keine vollwertigen „Schweizer“ oder
eben
„Eidgenossen“ waren. Insofern lag dem Adjektiv „helvetisch“ ein
integratives
und emanzipatorisches Potenzial inne. Das erklärt, weshalb es im
Aufklärungsjahrhundert so populär wurde und nicht zuletzt der
berühmten
„Helvetischen Gesellschaft“ (1762–1797) ihren Namen vermittelte.
Als die
früheren Untertanen 1798 vollwertige Bürger wurden, drängte sich
der Name für
den neuen, zentralistischen Einheitsstaat nach
französisch-revolutionärem
Vorbild geradezu auf: Helvetische Republik.
Dass daraus kein Königreich Helvetien wurde, wie es sich der
Großherzog von
Baden 1806 unter seinem Zepter erträumte, war Napoleon zu
verdanken. Hingegen
entstanden neben dem berühmten „New Helvetia“ von Johann August
Sutter in
Kalifornien auch in Lateinamerika und sogar in Griechenland
Siedlungen mit
analogen Namen. Im 19. Jahrhundert wurde der Sieg der Tiguriner
nicht mehr an
der Garonne verortet, sondern am Genfersee, was sich in Heinrich
Zschokkes
„Volksgeschichte“ (1822) und Joseph Anton Hennes Heldenepos
„Diviko“ (1826)
ebenso zeigte wie auf Charles Geyres Gemälde von 1858 oder in
Conrad Ferdinand
Meyers Gedicht „Joch am Leman“ (1861). An die Stelle kriegerischer
Eroberer
traten damit selbstbewusste Verteidiger ihrer Landesgrenzen.
Zugleich blieben
Darstellungen wilder Krieger mit Helmen aus Hirschgeweih populär –
nicht nur in
Schulbüchern, sondern auch zu Pferd bei städtischen Umzügen oder
in den
weitverbreiteten Heften des Schweizerischen Jugendwerks.
Helvetia repräsentierte ihrerseits den neuen Bundesstaat von 1848
in vielfältiger
Weise, so auf Briefmarken der neu gegründeten Post. Am
nachhaltigsten waren die
Münzen für die ebenfalls neue Einheitswährung des Franken, die bis
heute ihre
stehende Figur mit Wappen und dem Schriftzug HELVETIA zeigen.
Diese setzte sich
bereits 1848 gegen „Confoederatio Helvetica“ durch, was Müller mit
etlichen
Quellenbelegen, aber etwas unsystematisch in zwei verschiedenen
Kapiteln zum
selben Thema (Münzbild) nachzeichnet.
Am Schluss kommt Müller wieder zur Ausgangsfrage seiner anregenden
Synthese: Wie
lässt sich das nach ISO-Kodierliste normierte Kürzel CH als
Autokennzeichen,
für Postadressen oder als Top-Level-Domain erklären? 1909
beschloss dies
offenbar eine Pariser Konferenz, weil das S schon an einer
früheren Sitzung
ohne schweizerische Beteiligung an Schweden vergeben worden war.
Allerdings
hatte bereits das 18. Jahrhundert gezeigt, dass der lateinische
Name durchaus
innenpolitische Vorteile gegenüber der amtlichen Bezeichnung
„Schweizerische
Eidgenossenschaft“ hat, die in den romanischen Sprachen mit
„Confederaziun
svizra“ und analogen Übersetzungen wiedergegeben wird. Wie die
Helvetier, über
die wenig Solides bekannt ist, und wie Helvetia, die erst um 1500
erfunden
wurde, umfasst das lateinische CH ein mehrsprachiges Gebilde mit
einem Kürzel, das
allen Einwohnern gleichermaßen fremd ist.
Zitation
Thomas Maissen, Rezension zu: Müller, Felix: Helvetia und die
Helvetier. Eine
Spurensuche. Zürich 2024 , ISBN 978-3-0340-1782-4, in: H-Soz-Kult,
04.02.2025, https://www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-146040.