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[Regionalforum-Saar] Gestern abend in Saarbrücken- Scheidt: Das Grabtuch von Turin

Date: 2024/03/27 10:32:55
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)...

Gestern abend in Saarbrücken-Scheidt beim Mitgliedertreffen der Arbeitsgemeinschaft für Saarländische Familienkunde (ASF) sprach Ute Hennig aus St. Wendel über ihre Art des Glaubens, nämlich seine Lehren nicht einfach hinzunehmen, sondern ihn zu hinterfragen, mit Fakten zu untermauern und gewissen Sachen auf den Grund zu gehen. Heute am Beispiel des Turiner Grabtuchs.

So habe ich sie verstanden:

Ute Hennig zeigte erst einmal, was das Grabtuch war - die durch Druck entstandene Darstellung eines Mannes, der schweren Mißhandlungen in Form von römischen Peitschenhieben ausgesetzt war, der ans Kreuz genagelt und dort gestorben war und dem von links unten mit einer Lanze durch die Brust ins Herz gestochen worden war.

Sie stellte die Geschichte des Tuchs über 2000 Jahre hinweg dar - ich habe verstanden, daß es eine Lücke von ca 200 Jahren im späten Mittelalter gibt, wo man nicht weiß, was damit geschah. Das leere Tuch kam - nachdem der Leichnam aus dem Grab verschwunden war - an eine Person, die lateinisch „puero“ genannt wird, also einen Jungen. Aber die Lesart im Originaltext, der nicht lateinisch war, läßt auch den Namen „Petrus“ zu, der in der Originalschrift wohl ähnlich oder gleich aussieht. Ute könnte das besser erklären, als ich - der ihre Worte nacherzählt. Wobei es sinnvoller wäre, daß Petrus als Anführer der Jünger das Tuch an sich nähme, in dem man seinen besten Freund beerdigt hatte. Nochmal verwendet werden durfte es nicht, weil es nicht mehr rein war. Über zeitliche und örtliche Umwege kam es nach Edessa, wo man es so faltete, daß nur das Gesicht zu sehen war und in einem Hohlraum in einer Mauer verbarg. Dort blieb es während des ersten Jahrtausends nach Christus und kam dann über weitere Umwege über eine oder mehrere adelige Familien und vermutlich die Tempelritter nach Turin, wo er heute noch aufbewahrt wurde.
Die katholische Kirche sieht ihn nicht als Reliquie, sondern als Ikone.

Im zweiten Teil ging die Referentin auf das Tuch selbst ein, sprach von den Brandlöchern und wie sie entstanden, von der C14-Methode und ihren Tücken und warum sie vermutlich „14. Jahrhundert“ als Ergebnis hatte: das Tuch wurde immer wieder gezeigt und dabei am Rand an verschiedenen Stellen angefaßt. Natürlich nutzen sich deshalb die angefaßten Randstellen mit der Zeit ab. Das kenne ich von der Peutinger Tafel, einer Landkarte, die 30 cm hoch und über vier Meter lang und früher aufgerollt war. Das erste Blatt - zeigt Spanien und England - ist im Laufe der letzten tausend Jahre durch den Gebrauch zerbröselt. Im 15. Jahrhundert wurde das Turiner Grabtuch von Spezialisten einige Male ausgebessert, vor allem an den Stellen, wo es angefaßt wurde. Genau diese Stellen wurden mit C14 untersucht. Sie müssen dazu herausgeschnitten werden und wurden während der Untersuchung zerstört - das liegt in der Natur der Sache. Als wir vor unserem Haus in den Ruinen des ehemaligen römischen Hauses gruben und menschliche Knochen fanden, haben wir einen mit C14 datieren lassen (950 AD), der Knochen wurde dabei betriebsbedingt zerstört.)
Ute sprach über Kopien des Tuchs und Falschinterpretationen des Ergebnisses. Der Abdruck des Kopfes zeigt einen Vollbart und volles Haar. Oben auf der Stirn sind zwei oder drei Haarsträhnen zu sehen, die vom Mittelscheitel ins Gesicht hängen. Das sind nur keine Haarsträhnen, sondern ist Blut, das vom Kopf ins Gesicht gelaufen war.

Im dritten Teil ging es in der Hauptsache um die Kreuzigung selbst, und da ging es schon ins Detail. Z.B. warum Arme so liegen, daß die Hände über der Scham liegen. Juden begruben ihre Toten mit seitlich liegenden Armen. Das ging hier aber nicht, weil durch die Kreuzigung die Arme ausgekugelt waren. Oder warum die Hände nur vier Finger zeigen und keinen Daumen. Das geht auf die Kreuzigung zurück. Der Nagel ging nicht durch die Handfläche, das wäre ausgerissen, sondern durch eine Stelle des Unterarms, etwa 2 cm oberhalb der Handfläche. Dort sitzt eine Knochenbrücke, die das Ausreißen verhindert und für Stabilität sorgt. Dort läuft aber auch ein Nerv durch, dessen Berührung bewirkt, daß der Daumen in die Handfläche springt und deshalb nicht sichtbar ist. Interessante, aber zugegeben scheußliche Details.

Die Verurteilten wurden vor der Hinrichtung gegeißelt. Die Römer verwendeten dazu eine Peitsche mit drei Seilen, an deren Ende zwei kleine Metallkugeln waren, durch einen Steg verbunden. Die Kugeln ließen die Haut aufplatzen, die Stege quetschten sie. Diese Verletzung sieht man vielfach im Tuch.
Vom Kreuzweg mit seinen 14 Stationen werden fünf nicht in der Bibel genannt - die drei Stürze, die Begegnung mit seiner Mutter und das Schweißtuch der Veronika.
Markus beschreibt in seinem Evangelium, daß die Römer Simon von Cyrene zwangen, für Christus das Kreuz zu tragen. Das war deshalb notwendig, weil ihn Pilatus, der ihn eigentlich freilassen wollte, stärker geißeln ließ als die anderen beiden Delinquenten. Deshalb war Jesus so geschwächt, daß er den steilen Weg nach Golgotha vermutlich nicht überlebt hätte, eine Blamage für die Römer. Auch wurde nicht das ganze Kreuz geschleppt, sondern „nur“ der Querbalken. Der Stamm saß oben auf dem Berg an der Richtstätte und wurde nie bewegt. Der Verurteilte wurde an den Balken genagelt und mit diesem den Stamm hinaufgezogen. Dann wurden die Füße übereinandergestellt und mit einem Nagel festgemacht. Ute Hennig zeigte ein Bild mit einem Querschnitt. Es zeigte einen Nagel, der durch zwei Füße durch das Holz getrieben und unten krummgeschlagen wurde, damit er hielt. Dort mußte das Holz abgeschnitten werden, um die Leichnam abnehmen zu können. Dieses Fundstück war natürlich nicht aus Palästina. Die Kreuzigung war ein beliebtes Hinrichtungsmittel der Römer und fand überall statt, nicht nur auf Richtstätten [nach dem Spartakusaufstand wurden die Rebellen an der Via Appia von Rom aus entlang der Straße gekreuzigt].

Mir wurde gestern abend etwas flau im Magen gerade im letzten Teil, vor allem, als ich gewahr wurde, daß wir uns in der Karwoche befinden. Daß also das, worüber wir hier sprachen, am nächsten Freitag vor gut 2030 Jahren geschehen sein soll (dem Leichnam, den das Grabtuch zeigt, wird ein Alter von Ende 30 zugesprochen, was paßt, weil man schon länger weiß, daß Christus nicht „null“, sondern etwa sieben Jahre vor der Zeitenwende geboren wurde).

Am Schluß des Vortrages herrschte erstmal Schweigen, bis dann zögerlich doch einige interessante Fragen aufkamen, die Ute Hennig nach bestem Wissen beantwortete.

Das war ein interessanter Vortrag, der mit Genealogie nur soweit zu tun hat, als es darum geht, die mögliche Identität einer vergangenen Person zu bestimmen.

St. Wendel, 27.03.2024

Roland Geiger