Suche Sortierung nach Monatsdigest


Datum 2023/08/01 20:08:06
Hermann Scheid via Regionalforum-Saar
Re: [Regionalforum-Saar] „Quo vadis“-Buch: De r Skandal der Skandale
2023/08/30 23:21:11
Roland Geiger via Regionalforum-Saar
[Regionalforum-Saar] Eine Ode an die Meister des Unm ögliche
Betreff 2023/08/20 09:43:06
Roland Geiger via Regionalforum-Saar
[Regionalforum-Saar] Geheimes Massengrab: Suche nach deutschen Wehrmachtsoldaten
2023/08/17 12:39:00
Robert Groß via Regionalforum-Saar
Re: [Regionalforum-Saar] „Ortsfamilienbuch THELEY I I ab ca. 1800“ online erschienen
Autor 2023/08/01 22:04:11
Roland Geiger via Regionalforum-Saar
[Regionalforum-Saar] Spurensuche in Spichern - auf einer Website

[Regionalforum-Saar] Erinnerung in Stein an die Toten von Spichern

Date: 2023/08/01 18:39:15
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)...

heute in der Saarbrücker Zeitung:

Gefallene von 1870/71 - Geschichtsbuch zum Ehrenfriedhof in Saarbrücken

Neues Buch von Roland Isberner und dem Heimatkundlichen Verein Warndt widmet sich detailliert dem Saarbrücker Ehrental.

Von Marco Reuther Redakteur

Man sollte meinen, schreckliche Dinge werden nicht vergessen. Doch die Zeit vergeht, und dann passieren manchmal auch Dinge, die noch schrecklicher sind, wie der Zweite- und der Erste Weltkrieg, die den vorherigen Krieg, den von 1870/71, fast in Vergessenheit geraten lassen. Es gibt aber noch sichtbare Erinnerungen an diesen Krieg, der in seinen ersten Tagen auch direkt bei Saarbrücken tobte, auf den Spicherer Höhen, wo preußische Truppen die Soldaten Napoleons III. in einer blutigen Schlacht besiegten.
Noch sichtbar sind dieser Krieg und diese Schlacht deshalb, weil ein Teil der Gefallenen ihre letzte Ruhe im „Ehrental“ fand. Heute liegt der Friedhof mit den alten Grabsteinen im Deutsch-Französischen Garten. Roland Isberner vom  Heimatkundlichen Verein Warndt hat sich in einer Neuerscheinung sehr detailliert den alten Grabstätten gewidmet.
Der Deutsch-Französische Krieg 1870/1871 tobte zwischen dem letztlich besiegten Frankreich und dem Norddeutschen Bund unter Führung Preußens und den verbündeten süddeutschen Staaten Bayern, Württemberg, Baden und Hessen-Darmstadt. Als Auslöser gilt ein Streit zwischen Frankreich und Preußen um die spanische Thronkandidatur des Prinzen Leopold von Hohenzollern-Sigmaringen. Am 19. Juli 1870 erklärte Frankreich unter Kaiser Napoleon III. – ein Neffe Napoleons I., der sich an die Macht geputscht hatte – Preußen den Krieg. Entgegen der Erwartung des Kaisers, der im Laufe des Krieges abdanken musste uns sich in Gefangenschaft begab, traten die vier süddeutschen Staaten in den Krieg ein. Die Schlacht am Spicherer Berg wurde hochstilisiert, war aber nicht entscheidend. Ein Ergebnis des Krieges war die Gründung des Deutschen Reichs. Frankreich musste diesem Elsaß-Lothringen abtreten. In dem Krieg, er dauerte keine zwölf Monate, kamen fast 190
.000 Soldaten ums Leben, mehr als 230.000 wurden verwundet.

Auf gut 160 Seiten im DIN-A-4-Format zeigt „Das Ehrental – Grabstätte zum Krieg 1870/71 im Deutsch-Französischen Garten in Saarbrücken“ viele farbige Abbildungen: Fotos der Grabsteine und Denkmäler, alte Postkarten, Drucke und Todesanzeigen. Mit dem Buch, so Isberner im Vorwort, wolle er auch den auf den Denkmälern genannten Namen ein Gesicht geben. Was er jedoch auf keinen Fall wolle, sei eine Glorifizierung des Krieges – an dieser Stelle zitiert er Kurt Tucholsky mit den Worten: „Jede Glorifizierung eines Menschen, der im Krieg getötet worden ist, bedeutet drei Tote im nächsten Krieg.“

Der kleine Friedhof wurde zum Platz der letzten Ruhe sowohl für Deutsche als auch Franzosen, teils während der Kämpfe getötet, teils an den Verwundungen gestorben – die medizinische und hygienische Situation war schlecht. Aber auch später verstorbene Veteranen des Krieges sind hier bestattet.

Roland Isberner hat zudem beschrieben, warum und wie der Friedhof im damaligen „Mockental“ entstand. Geweiht wurde er am 16. Oktober 1870. Schon während der Schlacht von Spichern wurden Gefallene nicht nur auf den Friedhöfen von Saarbrücken und St. Johann (heute Echelmeyerpark) beigesetzt: Auch direkt am Spicherer Berg entstanden Einzel- und Massengräber. So kam man in beiden Städten überein – Saarbrücken und St. Johann wurden erst 1909 vereint –, die Begräbnisstätte in unmittelbarer Nähe anzulegen, zumal man wusste, dass dort schon 1814 in Saarbrücken gestorbene französische Soldaten beigesetzt worden waren.
Der Ankauf des Geländes und das Anlegen des Friedhofs kosteten 6000 Taler, das Kriegsministerium beteiligte sich mit 2000 Talern. Schon bis April 1871 wurden 457 deutsche und französische Soldaten, darunter fünf Offiziere beigesetzt. Nur 44 von ihnen waren direkt in der Schlacht gefallen, die anderen kämpften noch lange um ihr Leben, erlagen den Wunden erst Tage oder Wochen später. Weitere in Folge der Kämpfe Verstorbene folgten, so auch 1890, als etwa 80 Leichname aus anderen Grabstätten ins Ehrental überführt wurden. Hinzu kamen noch Veteranen des Krieges – darunter Honoratioren der Stadt – die den Krieg überstanden und nach ihrem natürlichen Tod im Ehrental beigesetzt worden waren. Bis 1903 waren dort insgesamt etwa 500 Tote beigesetzt.

Der Name „Ehrental“ geht offenbar auf zwei Redakteure der Saarbrücker Zeitung zurück – Fritz Hofer und Conrad Herrmann: Offenbar hatte es spätestens Anfang September 1870 Beschwerden über wegen der schieren Menge nicht christlich bestatteten Soldaten gegeben. Da nun aber die Todeszahlen in den Lazaretten zurückgingen, solle man doch wieder zu würdevollen Einzelbestattungen übergehen, so der Vorschlag in der SZ, die auch eine Sammlung für Särge anstieß und den Namen „Ehrental“ anregte, statt wie bis dahin „Mockenthal“ oder „Galgendelle“.

Roland Isberner geht auch  auf die zahlreichen – heute teils verschwundenen – Denkmäler auf dem Gelände und deren Inschriften ein. Vor allem widmet er sich aber ausführlich den Einzel-Gräbern, insbesondre soweit dort noch die Namen der Verstorbenen zu erkennen sind, denn teils sind sie heute nicht mehr lesbar. Es war sicher eine Fleißarbeit, denn zu etlichen Personen hat der Heimatkundler noch genauere Informationen oder auch die Todesanzeigen zusammengetragen, alphabetisch geordnet von „Bieter, Karl“, von dem nur bekannt ist, dass er mit 82 weiteren Unglücklichen in einem Massengrab endete, bis zu „Zwicke, Adolf“, Generalarzt a.D., dessen letzten Ruheplatz ein prunkvoller Grabstein ziert und der zu den Glücklichen gehörte, die sich nach der Schlacht vom 6. August 1870 noch eines langen Lebens erfreuen durften – er starb erst am 29. Mai 1914 mit 68 Jahren – während eine Reise an einem „Herzschlag“ in Bern – und wurde als Kriegsveteran im Ehrental beigesetzt. Zwickes Sohn hatte um dessen Beisetzung im Ehrental gebeten, aus Isberners Buch geht aber auch hervor, dass mancher Mann schon zu Lebzeiten bestrebt war, nach seinem Ableben einen Platz auf dem Ehrenfriedhof zu bekommen.
Wobei es in den Gräbern tatsächlich eine nahezu reine Männergesellschaft ist. Nur eine einzige Frau findet sich darunter, obwohl es auch andere wie sie gab: Katharina Weißgerber, genannt Schultze Kathrin (1818-1886), die sich offenbar auch während der Kampfhandlungen um verwundete preußische Soldaten gekümmert hatte. Durch Spenden nach einem Aufruf in der Saarbrücker Zeitung wurde der Frau, die fast mittellos gestorben war, das Grab im Ehrental finanziert.

Das Buch „Das Ehrental – Grabstätten zum Krieg 1870/71“ (29,80 Euro) von Robert Isbernerg gibt es beim Heimatkundlichen Verein Warndt per E-Mail an: