Suche Sortierung nach Monatsdigest


Datum 2023/06/05 08:35:14
Roland Geiger via Regionalforum-Saar
[Regionalforum-Saar] ASF-Treffen am Dienstag, 26. Juni. Vortrag: Taufpaten
2023/06/05 12:02:43
Roland Geiger via Regionalforum-Saar
Re: [Regionalforum-Saar] ASF-Treffen am Montag, 26. Juni. Vortrag: Taufpaten
Betreff 2023/06/27 10:41:35
Roland Geiger via Regionalforum-Saar
[Regionalforum-Saar] Gegen die Pervertierung amerikanischer Werte


Autor 2023/06/05 08:35:14
Roland Geiger via Regionalforum-Saar
[Regionalforum-Saar] ASF-Treffen am Dienstag, 26. Juni. Vortrag: Taufpaten

[Regionalforum-Saar] Führung Jüdischer Friedh of am 04.06.2023

Date: 2023/06/01 11:08:26
From: Hans-Joachim Hoffmann via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)...

Die versteinerte Lebensgeschichte der jüdischen Gemeinde Ottweiler

Führung am Sonntag, 04. Juni 2023, 17.00 Uhr

 

„Gräber sind Wege in die Vergangenheit.“ Mit dieser Feststellung eröffnet Leena Ruuskanen ihre Dokumentation über den Heidelberger Bergfriedhof („Der Heidelberger Bergfriedhof. Kulturgeschichte und Grabkultur. Ausgewählte Grabstätten“, Heidelberg 1992).

Am „Tag des offenen Denkmals“ am 08. September 2013 fand auf Anregung von Klaus Burr, Ehrenmitglied des Stadtgeschichtlichen Museums Ottweiler, zum ersten Mal in Zusammenarbeit mit dem Landesdenkmalamt Saarbrücken eine Führung über den Jüdischen Friedhof Ottweiler statt. Über 100 interessierte Bürger*innen nahmen die Möglichkeit wahr, den normalerweise verschlossenen Friedhof zu besichtigen und sich über die Geschichte der ehemaligen jüdischen Gemeinde Ottweiler zu informieren. Wegen der großen Resonanz bietet die KVHS Ottweiler daher in Verbindung mit dem Stadtgeschichtlichen Museum Ottweiler und der Stadt Ottweiler seit nunmehr 10 Jahren interessierten Besucher*innen eine Führung über den jüdischen Friedhof Ottweiler an, um diesen Weg in die historische Vergangenheit Ottweilers, insbesondere in die wortwörtliche Vergangenheit der jüdischen Gemeinde Ottweiler, mitzugehen. Diese Führungen verstehen sich als Ergänzung zu den Stadtführungen mit Historischen Figuren, bei denen wegen der räumlichen Entfernung des Jüdischen Friedhofs vom Stadtzentrum dieses Kulturdenkmal nicht einbezogen werden kann. Da aber die Geschichte der jüdischen Gemeinde unstrittig Teil der Stadtgeschichte Ottweilers ist, setzt die KVHS Ottweiler am Sonntag, den 04. Juni 2023, 17.00 Uhr, die Reihe der Friedhofsführungen fort.

Mit dem jüdischen Friedhof verfügt Ottweiler über ein unbequemes Denkmal, denn es erinnert an eine dunkle Seite unserer Stadtgeschichte. Die Geschichte der ehemaligen jüdische Gemeinde Ottweiler nahm ihren Anfang um die Wende 18./19. Jahrhundert und endete am 22.10.1940 mit der Deportation der letzten jüdischen Bürger*innen des Ortes im Zuge der Aktion Bürckel nach Gurs und von dort in die Vernichtungslager des Ostens. Nur der jüdische Friedhof bietet als letzte noch erhaltene authentische Stätte jüdischen Lebens und jüdischer Kultur interessierten Bürger*innen die Möglichkeit – wenn auch eingeschränkt auf den Totenkult – sich mit der lokalen Geschichte des Judentums  auseinanderzusetzen.

Abgeschlossen (wie unsere Kirchen auch) ist der Friedhof die einzige Erinnerungsstätte, die das Zusammenleben jüdischer Bürger*innen mit Angehörigen anderer Konfessionen in Ottweiler in unser Bewusstsein zu rufen vermag. Gleichzeitig fordert er uns alle auf, sich dem Vergessen zu widersetzen.

In den Mittelpunkt der Führungen stellt Hans-Joachim Hoffmann die Entstehung und Entfaltung der jüdischen Gemeinde Ottweiler, aber auch ihre Vernichtung durch den Nationalsozialismus. Dabei betont er die Bedeutung des jüdischen Friedhofs als historische Quelle: Die Grabmale bieten die Möglichkeit, über die Familiengeschichte das Leben der jüdischen Gemeinde Ottweiler zumindest ansatzweise zu rekonstruieren. Erläuterungen zu Grabinschriften und den Symbolen auf den Grabsteinen ergänzen die Ausführungen.

Ausgehend von dem besonderen Grabmal, der Stele „Gebrochene Säule“, die zugleich als Symbol für das kurze Leben der jüdischen Gemeinde Ottweiler steht, beschreibt Hans-Joachim Hoffmann einzelne Grabmale in Verbindung mit der Biographie der in diesen Gräbern bestatteten Personen. „Denn mit den Namen, die wir auf den Grabsteinen lesen, steigen in uns Bilder aus der Erinnerung auf, aus denen Vergangenes lebendig wird.“ (Heidelberger Bergfriedhof, S. 9). Damit Bilder aus der Erinnerung an die jüdische Gemeinde Ottweilers auftauchen konnten, bedurfte es zeitaufwändiger Recherchen. Einige wenige hochbetagte Ottweiler Bürger*innen konnten noch Erinnerungen an die Familien Barth, Gäßling 42 - Cahn, Wilhelm-Heinrich-Str. 12 sowie die Familien Marx-Salomon, Tensch 25 und Salm, Martin-Lutherstraße und Enggass 5 mitteilen. Mitglieder der genannten jüdischen Familien verloren ihr Heimatrecht in Ottweiler und damit zugleich ihr Leben im Zuge der nationalsozialistischen Herrschaft, sofern sie nicht frühzeitig die Gefahr für Leib und Leben erkannten und auswanderten. Heute erinnern an diese Familien „Stolpersteine“, die in den letzten Jahren verlegt wurden.

An die großen, einflussreichen jüdischen Familien der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts Albert - Buxbaum - Coblenz und Levy erinnern in Ottweiler nur noch die erhaltenen Grabsteine. Die Verdienste dieser Familien fielen der Vergessenheit anheim, vielleicht auch deshalb, weil viele Nachkommen in zweiter und dritter Generation Ottweiler wieder verließen, vielleicht auch, weil eine nationalistische Geschichtsschreibung sie schlichtweg ignorierte. Wäre der jüdische Friedhof Ottweilers in der NS-Zeit zerstört worden, hätte Hoffmann in „Lebenswege jüdischer Mitbürger“ die biographischen Skizzen zu den Familien Coblenz und Levy nicht verfassen können, in denen er die politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Leistungen dieser Familien für die jüdische Gemeinde Ottweiler, für die Stadt Ottweiler und die jüdische Religionsgemeinschaft in Deutschland zumindest ansatzweise andeutete. Die Ergebnisse dieser Nachforschungen stießen bzw. stoßen auf reges überregionales Interesse: So steht der Referent gemeinsam mit Dr. Franꞔois Van Menxel (Münster), einem weitläufigen Nachfahren der Familie Coblenz, in regem Kontakt mit der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg und der Dehmelhaus-Stiftung (Hamburg) sowie dem Arbeitskreis Jüdisches Bingen, der 2017 die Publikation „Die jüdische Familie Simon Zacharias Coblenz (1836–1910) aus Bingen“ veröffentlichte. Eine (geplante) Edition des familiären Briefwechsels von Ida Dehmel-Coblenz dokumentiert eindrücklich die Assimilation einer jüdischen Familie in die deutsche Gesellschaft, und zwar sowohl im Bereich der Kunst/Literatur als auch im sozialen und politischen Leben. Auf die angesprochenen Familien wird Hoffmann bei dem Rundgang über den jüdischen Friedhof eingehen und dabei auf Inschriften und Symbole verweisen.

Die kostenlosen Führungen finden mit Unterstützung der KVHS Neunkirchen statt; eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass die Teilnahme an diesen Führungen auf eigenes Risiko erfolgt; insofern stellen die Teilnehmer*innen sowohl den Landkreis als Träger der KVHS als auch die Synagogengemeinde Saar, die Stadt Ottweiler und das Stadtgeschichtliche Museum Ottweiler als Mitveranstalter und den Referenten von etwaigen Schadensersatzansprüchen frei.

 

Termin: 04. Juni 2023 – 17.00 Uhr

Ort: Friedhof, Ottweiler Maria-Juchacz-Ring

Dauer: ca. 1 ½ Std.