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2022/08/10 09:06:32 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Differenzerfahrung und Adressatenb ezug in Reisedarstellungen des 15.–18. Jahrhunderts |
Datum | 2022/08/13 10:50:26 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Bannbegehung am 15. August 2022, 10 Uhr |
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2022/08/31 23:23:28 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] das "französische neue Land " 1766 |
Betreff | 2022/08/10 09:06:32 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Differenzerfahrung und Adressatenb ezug in Reisedarstellungen des 15.–18. Jahrhunderts |
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2022/08/10 09:06:32 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Differenzerfahrung und Adressatenb ezug in Reisedarstellungen des 15.–18. Jahrhunderts |
Autor | 2022/08/13 10:50:26 Roland Geiger via Regionalforum-Saar [Regionalforum-Saar] Bannbegehung am 15. August 2022, 10 Uhr |
Date: 2022/08/10 09:08:59
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)...
Die Frauen und Kinder deutscher
Kriegsgefangener.
Integriert, ignoriert und instrumentalisiert, 1941–1956
Autor Ann-Kristin Kolwes,
Erschienen Bielefeld 2021: Transcript
– Verlag für Kommunikation, Kultur und soziale Praxis
Anzahl Seiten 322 S.
Preis € 48,00
ISBN 978-3-8376-5464-6
Inhalt=> meinclio.clio-online.de/uploads/media/book/toc_book-59846.pdf
Rezensiert für H-Soz-Kult von Agnes Laba, Bergische Universität
Wuppertal
Eine Geschichte der Ehefrauen und Familien von Kriegsgefangenen
des Zweiten
Weltkrieges liegt bislang lediglich für Frankreich und Österreich
vor.[1] In ihrem Buch „Die Frauen
und Kinder
deutscher Kriegsgefangener“ widmet sich Ann-Kristin Kolwes nun den
Familien von
Wehrmachtssoldaten, die in Kriegsgefangenschaft gerieten. Der
Untersuchungszeitraum erstreckt sich vom Angriff der Wehrmacht auf
die
Sowjetunion am 22. Juni 1941, seit dem überhaupt erst deutsche
Soldaten in
umfangreichen Zahlen in Kriegsgefangenschaft gerieten, bis zur
Ankunft des
letzten Heimkehrtransportes aus russischer Gefangenschaft am 16.
Januar 1956. Untersucht
werden die Lebensumstände von Frauen und Kinder im
Nationalsozialismus, in der
Britischen sowie der Sowjetischen Besatzungszone, der
Bundesrepublik
Deutschland und der DDR. Diese Anlage der Arbeit als
„asynchrone[r] Vergleich,
der die jeweiligen Besonderheiten berücksichtig“ (S. 9),
überzeugt, macht er
doch nicht nur die systembedingten Unterschiede deutlich, sondern
verweist auch
auf die Wechselbeziehungen zwischen beiden deutschen Staaten.
Im Zentrum steht die Frage, welche Auswirkungen der Status des
Ehemannes und
Vaters als Kriegsgefangener auf das Leben seiner Familie vor dem
jeweiligen
politischen und sozio-kulturellen Kontext hatte. Den
Untersuchungszeitraum
teilt die Autorin in drei Phasen, die sich auch in der
Kapitelstruktur
wiederfinden: Die erste Zäsur stellen Kapitulation und Kriegsende
im Mai 1945
dar, die zweite wird durch die Meldung der sowjetischen
Nachrichtenagentur TASS
im Mai 1950 gebildet, mit der das Ende der Repatriierung deutscher
Kriegsgefangener bekannt gegeben und die verbliebenen Internierten
zu
Kriegsverbrechern deklariert wurden. Die Gliederung folgt damit
nicht einer
gängigen politikgeschichtlich orientierten Periodisierung, die
eher die
Staatsgründungen in den Fokus gestellt hätte. Der alltags- und
erfahrungsgeschichtliche Zugriff macht sie jedoch plausibel und
kann zu einer
differenzierteren Ausleuchtung der gesellschaftlichen
Entwicklungen der
„Transformationsphase“ von Krieg in die Nachkriegszeit beitragen.
Kolwes
arbeitet dabei drei Momente heraus, die Einfluss auf das Leben der
Familien von
deutschen Kriegsgefangenen hatten: Erstens visiert sie die
sozialstaatlichen
Versorgungsleistungen an, die diese Familien erhielten, wodurch
sie so auch
gesellschaftliche Wertebezüge des jeweiligen politischen Systems
nachvollzieht.
Zweitens werden spezifische Rollen-, Wert- und Normvorstellungen
in den
Diskursen um Mütterlichkeit, Ehe und Familie untersucht. Drittens
zeichnet sie
den Umgang von Politik und Gesellschaft mit den Familien nach. Als
Quellengrundlage dienen Kolwes neben Verwaltungsakten, anderen
offiziellen
Dokumenten und dem Pressewesen zahlreiche Ego-Dokumente.
Die nationalsozialistischen sozialstaatlichen
Versorgungsleistungen in Form des
„Familienunterhalts“, die gemessen am Einkommen der Soldaten
direkt an deren Ehefrauen
ausgezahlt wurden, diskutiert Kolwes im Zusammenhang mit dem
„Ehegesundheitsgesetz“, nach dem nur Frauen Soldaten heiraten
durften, die
„erbgesund“ waren und somit zur „Volksgemeinschaft“ zählten. Die
Legitimität
dieser Leistungen hätten sich somit zum einen aus ihrer Ehe mit
einem Soldaten
ergeben, zum anderen müssten sie auch als Vergütung der Leistungen
dieser
Frauen für den Erhalt des „Volkskörper“ gesehen werden. Somit
waren Familien
von Kriegsgefangenen finanziell abgesichert, ideologisch waren sie
weiterhin
Bestandteil der „Volksgemeinschaft“, was sich wiederum auf das
Selbstverständnis der Ehefrauen als „Kriegerfrau“ ausgewirkt habe.
Kolwes
wertet den „Familienunterhalt“ folglich als „einen Aspekt von
staatlicher
Beruhigung mit gesellschaftsstabilisierender Wirkung“ (S. 37).
Dass die
Leistungen direkt an die Frauen gingen, habe für diese eine
gewisse Autonomie
bedeutet, was von staatlicher Seite gleichzeitig mit Sorge
betrachtet wurde.
Eine Gesetzesänderung von 1942, die „ehrloses oder unsittliches
Verhalten“
dieser Ehefrauen mit Kürzungen sanktionierte, stuft Kolwes als
staatlichen
Versuch ein, die Autonomie dieser Frauen zu beschneiden. Dass
diese durchaus
versuchten, ihre eigenen Handlungsspielräume auszuloten, zeigt
Kolwes anhand
ihrer zum Teil illegalen Strategien, an Information über ihre
Ehemänner zu
gelangen oder sogar mit diesen Kontakt aufzunehmen, auch dort, wo
die
nationalsozialistische Informationspolitik diese aus ideologischen
Gründen
zurückhielt.
Mit dem Ende des nationalsozialistischen Regimes sei schließlich
„ein Vakuum in
der nationalsozialistischen Versorgung“ (S. 83) entstanden, das
sowohl in West
als auch in Ost erst allmählich geschlossen werden konnte. Kolwes
arbeitet
dabei heraus, dass sich im Umgang mit den Kriegsgefangenen in den
verschiedenen
Besatzungszonen, später in der DDR und der Bundesrepublik, der
jeweilige Umgang
mit der nationalsozialistischen Vergangenheit widerspiegelte.
Ferner müsse er
immer auch im Kontext der Abgrenzung zum jeweils anderen Teil
Deutschlands
gesehen werden. Mehr als die beiden Staatsgründungen war für die
Angehörigen
von Kriegsgefangenen dabei die TASS-Meldung vom 4. Mai 1950
einschneidend. In
der Bundesrepublik wurde die darin kommunizierte
Statusverschiebung der
internierten Männer von Kriegsgefangenen zu Kriegsverbrechern von
Politik und
Gesellschaft scharf verurteilt. Innerhalb des bundesdeutschen
„Opfer-Diskurses“
der Nachkriegszeit habe es keinen Raum für eine Auseinandersetzung
mit der
Schuld der Wehrmachtssoldaten gegeben, die als Opfer von
Nationalsozialismus
und Krieg angesehen wurden. Die Konsequenz war die Einführung
eines
Unterhaltshilfegesetzes, das die Familien dieser Männer als eigene
Statusgruppe
anerkannte und finanziell unterstützen sollte. Auf diese Weise
wurden nun auch die
Angehörigen von Kriegsgefangenen offiziell zu Opfern des Krieges
stilisiert,
die durch den Unterhalt durch Staat und Gesellschaft entschädigt
werden
sollten.
Kolwes verweist darauf, dass dies auch dem Selbstverständnis und
der
Anspruchshaltung der Ehefrauen gegenüber dem Staat entsprochen
hätte.
Gleichzeitig hätte die Unterhaltsbeihilfe der Aufrechterhaltung
des
patriarchalen Familienideals zugearbeitet, da sie sie
versorgungstechnisch den
Kriegerwitwen gleichstellte und somit einer vorzeitigen
Toderklärung des
Ehemannes entgegenwirken sollte. Auf diese Weise hätte das Bild
der
patriarchalen Familie als Norm aufrechterhalten werden sollen, für
die der
Staat (vorübergehend) die Rolle des Familienernährers übernahm –
ein Aspekt,
den Kolwes als Kontinuität zur nationalsozialistischen
Versorgungspolitik
sieht. Die Autorin zeigt dabei die Widersprüchlichkeit von
öffentlichem Diskurs
und Lebensrealitäten der Ehefrauen von Kriegsgefangenen auf:
Während öffentlich
vor allem durch den politisch einflussreichen Verband der
Heimkehrer,
Kriegsgefangenen und Vermisstenangehörigen Deutschlands e.V. (VdH)
das Bild der
„treu wartende[n] Ehefrau“ (S. 222) und der weibliche Opferstatus
betont
wurden, waren es eben diese Frauen, die die „Transformation“ von
Krieg zu
Frieden in den Familien aktiv voranzutreiben suchten. Noch während
der
Abwesenheit ihrer Ehemänner bereiteten viele Frauen deren Rückkehr
vor, indem
sie etwa versuchten, ihre zukünftigen Berufsperspektiven zu regeln
oder deren
Rolle und Autorität innerhalb der Familie zu stärken. Das
dahinterstehende
Movens war eine Rückkehr zur familiären Vorkriegsordnung, die von
vielen Frauen
mit einer Rückkehr zur Normalität gleichgesetzt wurde.
In der DDR habe hingegen auch nach der TASS-Meldung kein Interesse
an
spezifischen Versorgungsleistungen bestanden; Kriegsgefangene und
ihre Familien
galten hier nicht als „Opfer“. Auch hätte dies dem neuen
sozialistischen
Rollenverständnis der Frau widersprochen. Als Folge wurde
jeglicher öffentliche
Diskurs über die Kriegsgefangenen abgebrochen und an ihrem Status
als
Kriegsverbrecher öffentlich nicht gezweifelt. Interessant sind die
Einsichten
in den Umgang der Frauen und Kinder mit der Tatsache, dass Ehemann
bzw. Vater
nun als Kriegsverbrecher galt. Die Autorin vollzieht dies anhand
von Eingaben
an Regierungsstellen nach und wertet sie als Strategien, aktiv auf
die eigene
Situation Einfluss zu zunehmen. So zeigten die ausgewerteten
Beispiele, wie die
Angehörigen versuchten, einen Ausgleich zwischen der offiziellen
Linie der
politischen Führung und den eigenen Befindlichkeiten gegenüber
Ehemann und
Vater zu finden. Dabei arbeitet sie heraus, dass die
Kriegsgefangenenfrage
nicht nur ein Problem der Angehörigen war, sondern ein
weitreichender
„schwelender Kritikpunkt an der Politik der Regierung“ (S. 256).
Eine
systematische Stigmatisierung durch ihr soziales Umfeld erfuhren
die Familien
von Kriegsgefangenen in der Regel nicht.
Mit ihrer Arbeit greift Ann-Kristin Kolwes zentrale Aspekte der
deutschen
Nachkriegszeit auf: Zum einen den Umgang mit der
nationalsozialistischen
Vergangenheit, der sich an der Kriegsgefangenenfrage besonders
präsent zeigte,
zum anderen die Verwobenheit zwischen Staat und Familien, die am
Beispiel der
Familien von Kriegsgefangenen besonders zutage tritt. Auch wenn
die Autorin
explizit formuliert, dass es sich bei ihrer Studie „nicht
vorrangig um eine
frauen- bzw. geschlechtergeschichtliche Untersuchung“ handle (S.
11), zeigt sie
doch auf sehr eindrückliche Art und Weise, wie Familien während
des Zweiten
Weltkrieges und dessen Nachzeit ein zentrales Aushandlungsfeld von
Geschlechterordnungen waren. Vor allem die Passagen des Buches,
die die agency
der Frauen und Kinder von Kriegsgefangenen herausarbeiten,
verleihen der
vorliegenden Studie ihre Stärke, bewegen sich doch die
vorherrschenden
Narrative über deren Erlebnisse meist innerhalb der kollektiven
Erinnerung der
bundesdeutschen Gesellschaft zu Zweitem Weltkrieg und
Nachkriegszeit, innerhalb
der die Opfererzählungen von Kriegsgefangenen dominieren.
Spezifisch weibliche
Erfahrungen dieser Zeit werden darin zumeist mit Opferstatus
gleichgesetzt und
lassen sich auf Schlagworte wie Vergewaltigungen, Kriegerwitwen,
Onkelehen usw.
reduzieren. Wie diese Frauen und Kinder die Situation, dass
Ehemann bzw. Vater
als Kriegsgefangener abwesend war, tatsächlich erlebten, welche
Auswirkungen
dies auf ihren Alltag hatte und welche Strategien sie anwandten,
um diesen zu
bewältigen, stellt ein Forschungsdesiderat dar, zu dessen
Schließung die
vorliegende Studie entscheidend beiträgt.
Anmerkung:
[1] Sarah Fishman, We will wait.
Wives of French
Prisoners of War, 1940–1945, Yale 1991; Ela Hornung, Warten und
Heimkehr. Eine
Ehe während und nach dem Zweiten Weltkrieg, Wien 2005.
Zitation
Agnes Laba: Rezension zu: Kolwes, Ann-Kristin: Die Frauen und
Kinder deutscher
Kriegsgefangener. Integriert, ignoriert und instrumentalisiert,
1941–1956. Bielefeld
2021: ISBN 978-3-8376-5464-6, , In: H-Soz-Kult,
10.08.2022, <www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-94841>.